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Die Wölfe 4 ~Die Rache des Paten~

Teil IV
von

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~Eine klare Ansage~

Mir ist so kalt und schlecht. Nie wieder, nie wieder! Eng schlinge ich die Decke um meinen bebenden Körper, doch mir wird nicht wärmer. Kalter Schweiß rinnt mir aus jeder Pore, während sich immer neue Krämpfe durch meine Beine ziehen. Das Hämmern und Dröhnen in meinem Kopf übertönt sogar den lautstarken Streit meiner Freunde. Ich werde mein Bett nie wieder verlassen, ich rühre auch nie wieder einen Schluck Alkohol an, wenn dieser Schmerz nur endlich nach lässt – schicke ich ein stummes Gebet gen Himmel, doch ich werde nicht erhört.

Ich rolle mich immer weiter zusammen und stöhne gequält, mein Atem schlägt mir entgegen. Ein seltsam wilder Geruch steigt mir in die Nase. So vertraut und irgendwie beruhigend. Etwas warmes umschließt meinen frierenden Körper und hält mich fest umschlungen. Das ist so angenehm, das ich mich an die Wärme lehne. Ein Brustkorb hebt und senkt sich unter mir, ein schneller Herzschlag durchdringt das Dröhnen in meinem Kopf. Irgendwas fehlt da. Das ist nicht der weiche Busen meiner Frau, auf dem ich sonst immer liege. Es ist hart und viel wärmer. Verstört öffne ich die Augen. Diese Umrisse, diese schulterlangen, dunklen Haare.

Toni? Erschrocken sehe ich in das dunkle Gesicht. Wieso kommt er in mein Bett? Was soll die feste Umarmung? Verdammt, und ich habe mich auch noch an ihn gelehnt, als wenn er Robin wäre. Ich versuche mich gegen ihn zu stemmen, ihn von mir zu drücken, doch ich habe keine Kraft in meinen Armen.

„Toni? Was soll das?“, will ich wissen, doch meine Stimme ist kaum zu hören.

„Lass los“, bitte ich ihn, doch seine Umarmung wird fester. Etwas nasses tropft mir auf den Kopf. Heult er etwa? Sein Atem geht stoßweise, immer wieder höre ich ihn leise Schluchzen.

„Was hast du?“, will ich wissen, doch wieder ist meine Stimme nicht mehr als ein Flüstern.

„Hast du überhaupt eine Ahnung, wie sehr ich dich vermisst habe? Und du, du erinnerst dich nicht mal.“

Ich seufze ergeben. Was soll ich darauf erwidern? Es ist nun mal wie es ist, das gibt ihm noch langer nicht das recht in mein Bett zu kommen. Noch einmal versuche ich ihn von mir zu stemmen, wieder vergebens. Seiner Kraft habe ich nichts entgegen zu setzen.

Ich seufze ergeben und schließe die Augen, den Kopf lehne ich wieder an seine Brust. Wenigstens ist mir jetzt nicht mehr so entsetzlich kalt.
 

Grelle Sonnenstrahlen fluten mein Zimmer, ich blinzle verschlafen. Dunkel frisst sich die Erinnerung an den vergangen Tag in mein Gedächtnis. Toni, er war hier, hier in meinem Bett. Ich reiße die Augen auf und sehe mich nach ihm um. Die zweite Hälfte des Ehebettes ist leer. Das Lacken und die Decke sind zerwühlt, aber von ihm fehlt jede Spur. Gott sei Dank! Ich atme auf. Hoffentlich habe ich das nur geträumt. Was sollte er auch für einen Grund haben, hier rein zu kommen? Auch wenn es irgendwie seltsam real war. So warm und geborgen. Ich schüttle diesen Gedanken ab. Ich wohne eindeutig zu lange mit Lui und Jan zusammen. Ist ja widerlich. Ich fahre mir durchs Gesicht und zwinge mich zum Aufstehen. Der Duft von Spiegelei und Kaffee liegt in der Luft, das Klappern von Geschirr ist zu hören. Verwirrt betrachte ich die geschlossene Tür. Robin ist doch noch bei ihrer Cousine und Jan und Lui stehen, wenn sie frei haben, nicht vor zwölf Uhr auf. Ich humple zur Tür und schaue neugierig in den Flur. Irgendjemand hantiert in der Küche, jetzt kann ich es ganz deutlich hören. Der leckere Duft lockt mich weiter.

„Guten Morgen, Na, hast du endlich ausgeschlafen? Geht's dir besser?“, begrüßt Toni mich. Er wirft gerade ein weiteres Ei in die Pfanne, zu den anderen fünf. Belustigt betrachtet er mich.

„Ich sehe bestimmt total scheiße aus!“ Ich fahre mir über den Kopf. Meine Haare stehen in alle Himmelsrichtungen ab.

„Kein Wunder, so wie du dich im Schlaf hin und her wälzt.“ Ich stutze bei seinen Worten.

„Willst du auch was?“, will er wissen und schiebt die Spiegeleier auf einen Teller. Ich vergesse glatt ihm zu antworten und starre ihn an. War das doch kein Traum?

„Was ist?“

„Hast du heute Nacht bei mir im Bett gepennt?“

„Ja, wieso?“, sagt er locker und schiebt sich an mir vorbei, um sich aus dem Schrank ein Leib Brot zu holen. Entsetzt sehe ich ihm dabei zu, wie er in einer Schublade nach einem Messer kramt. Dann habe ich mich also wirklich an ihn … Ein fetter Kloß presst sich mir in die Kehle, meine Wangen werden heiß. Das ist doch nicht zu fassen, warum macht er so einen Mist?

„Warst du so besoffen, dass du mich mit deiner Frau verwechselt hast?“, presse ich ungehalten heraus. Toni dreht sich zu mir, er hebt eine Augenbraue und betrachtet mich fragend.

„Ich steh nicht besonders darauf, mit nem Kerl zu kuscheln. Schlaf gefälligst auf dem Sofa, wenn du hier bleiben willst!“, setzte ich nach und nehme den Teller mit den Eiern an mich. Das Frühstück ist das mindeste, als Entschädigung. Von dem Leib Brot breche ich mir ein großes Stück ab und nehme beides mit zum Sofa. Toni sieht mir ungläubig nach. Er sagt nichts, auch die Suche nach dem Messer gibt er auf.

Als ich mich auf dem Sofa fallen lasse, öffnet sich im Flur eine Tür. Die Schritte von Jan und Lui nähern sich dem Wohnzimmer. Als sie eintreten, bleibt ihr Blick an Toni hängen, sie halten abrupt inne. Die Drei tauschen feindselige Blicke aus. Weder Jan noch Lui wagen es, einen weiteren Schritt ins Zimmer zu tun. Ich sehe von einem zum anderen. An Jans Hals fallen mir dunkelrote Striemen auf, die an lange Finger erinnern. Seine Augen sind blutrot unterlaufen. Um Luis Hand ist ein Verband gewickelt. Ich lasse das Stück Brot sinken, dass ich mir gerade in den Mund schieben wollte.

„Was ist denn mit euch passiert?“, frage ich. Jan wendet seinen Blick nicht von Toni ab, als er mir antwortet: „Frag das deinen Kumpel!“ Fragend richte ich meine Aufmerksamkeit auf Toni. Er sagt keinen Ton, auch sein Blick weicht nicht von Lui und Jan. Also ist er wirklich für die Verletzungen der Beiden verantwortlich? Ich stelle den Teller und das Brot auf den Tisch und stehe auf.

„Okay, was war hier los, nachdem ich ins Bett bin?“, verlange ich zu wissen. Noch immer sieht mich keiner von ihnen an.

„Ja, Antonio! Was war gestern los? Sag's ihm! Mal sehen, was er dann noch von dir hält.“ Ich sehe mir Jans Hals genauer an. Die Male wechseln an einigen Stellen von rot zu lila, sie verlaufen um seinen ganzen Hals.

„Hast du ihn etwa gewürgt?“, frage ich fassungslos. Toni schnaubt nur verächtlich.

„Selbst schuld“, murmelt er und kann seinen finsteren Blick nicht von Jan lassen.

„Hast du den Verstand verloren? Wir laden dich hier her ein und empfangen dich gastfreundlich und du greifst meine Freunde an? Spinnst du?“, schreie ich ihn an und deute auf Jans Verletzungen, „Sieh dir das an, das ist übel. Wolltest du ihn umbringen?“ Toni lächelt bitter und zuckt mit den Schultern.

„Wenn ich das gewollt hätte, würde er jetzt nicht mehr hier stehen!“ Ist das sein verdammter ernst?

Toni wirft Jan einen letzten finsteren Blick zu, dann lässt er die Pfanne in die Spüle fallen und geht. Kein Wort der Verteidigung, er leugnet es nicht mal. Fassungslos bleibt mir der Mund offen stehen, während ich ihm nachsehe. Ohne Umwege hält er auf die Verandatür zu und öffnet sie. Er tritt ins Freie und schlägt sie nach sich zu. Während er auf die Klippe zu geht, zieht er eine Schachtel Zigaretten aus der Hosentasche und brennt sie sich eine Kippe an.

„Was stimmt denn nicht mit ihm?“, wende ich mich an Lui und Jan.

„Einmal Killer, immer Killer!“, meint Jan abschätzig und sieht hinaus.

„Das war nicht erfunden? Er bringt wirklich Menschen um?“, will ich entsetzt wissen. Lui und Jan schweigen, das ist mir Antwort genug.

„Wieso bringt ihr so jemand zu uns?“

„Weil er dein bester Freund ist und Lui ein Schwachkopf!“ Lui sieht zur Seite weg. Er reibt sich gedankenverloren über seine verletzte Hand.

„Und deine Hand, was ist damit?“, will ich streng wissen.

„Ich hätte eben nicht die Waffe zücken sollen“, meint Lui kleinlaut. Ich sehe von ihn zu Jan und wieder zurück und werde noch immer nicht schlau aus all dem.

„Ach was!“, entfährt es Jan, „Du hättest ihn über den Haufen schießen sollen und keiner wäre deswegen böse gewesen.“

„Würdet ihr endlich mal anfangen Klartext zu reden? Was war hier los?“, verlange ich lautstark zu wissen. Jan geht in die Küche, aus einem der Hängeschränke nimmt er sich ein Glas und füllt es mit Wasser.

„Er ist ausgetickt, das war los!“

„Einfach so?“ Ich verschränke die Arme vor der Brust. Irgend einen Grund muss es doch gegeben haben.

„Ja, einfach so! Der Typ ist ein Psychopat. Ganz ehrlich, schick ihn weg Enrico! Auf dich hört er wenigstens.“ Ich richte meinen fragenden Blick auf Lui. Er schaut zur Seite weg und schweigt. Irgendwas haben sie ausgefressen. Toni flippt doch nicht einfach so aus. Ich seufze ergeben. Hier werde ich wohl keine Antworten finden.

„Ich rede mit ihm“, schlage ich vor und löse die Verschränkung meiner Arme.

„Ja tu das, und sorge dafür, dass er heute noch abreist.“
 

Ich hole mir meine Jacke von der Garderobe und folge Toni vor die Tür. Er raucht bereits seine zweite Zigarette und sieht über das weite Meer.

„Sagst du mir wenigstens, was los war?“, will ich wissen und trete mit verschränkten Armen zu ihm. Meinen Blick richte ich ebenfalls auf den fernen Horizont.

„Du glaubst mir doch sowieso nicht, wozu sollte ich mir die Mühe also machen?“

„Du kannst es ja wenigstens mal versuchen.“ Toni wendet sich zum Haus, er wirft einen finsteren Blick durch die Glastür, bevor er sich wieder mir zuwendet.

„Ich hasse den Kerl einfach. Und Lui wollte auf mich schießen, er ist selber schuld.“

„Lui zieht seine Waffe nicht ohne Grund.“

„Wie schön, dass du auf ihrer Seite bist.“

„Sie sind meine Freunde und du hast sie angegriffen. Was erwartest du?“

„Ach und ich bin nicht dein Freund?“ Ich schaue skeptisch.

„Gerade bin ich mir da nicht mehr so sicher. Stimmt es, dass du Menschen umlegst?“ Toni zögert einen Moment, er zieht an seiner Kippe und wirft den Stummel über die Klippe hinaus ins Meer.

„Ich habe dir bereits gesagt, dass wir beide Killer sind. Wenn du dich daran nicht mehr erinnern kannst, ist das nicht mein Problem.“

„Komm mir nicht so doof. Ich weiß ja nicht, wie es bei euch in New York zugeht, aber hier in meinem Haus gelten andere Regeln. Wenn du meine Freunde angreifst, bekommen wir ein Problem miteinander.“

„Deine Freunde?“ Toni kommt einen energischen Schritt auf mich zu. „Diese Typen haben dich hier her verschleppt, deine Familie und Freunde belogen und dich auch. Du weißt nicht mal wer du bist, weil sie dir die Wahrheit vorenthalten.“

„Sie werden ihre Gründe haben. Diese Menschen haben mir mehr als einmal das Leben gerettet und...“, werfe ich dazwischen, doch er unterbricht mich rüde.

„Ach und ich dir nicht, oder was?“

„Woher soll ich das wissen? Das einzige, was ich von dir bisher mitbekommen habe ist, dass du meine Freunde beklaust, dass du einbrichst und nicht davor zurück schreckst andere zu verletzen. Vielleicht hat Jan ja recht und du bist wirklich ein Psychopath.“ Tonis steigt die Wut feuerrot in den Kopf. Er packt mich an der Jacke und sieht mich durchdringend an.

„Sag das noch mal!“, fordert er drohend. Ich wende meinen Blick nicht ab und sehe ihn meinerseits wütend an.

„Was denn? Willst du mir jetzt auch an die Gurgel gehen? Nur zu! Ich hab keine Angst vor dir.“ Wir starren uns lange direkt in die Augen, ohne ein einziges Mal zu blinzeln. Schließlich ist es Toni, der seinen Blick abwendet. Er gibt meine Jacke frei und meint leise: „Ich könnte dir nie was antun.“

„Aber meinen Freunden schon?“, keife ich noch immer wütend, „Verschwinde einfach. Geh zurück nach New York. Vergreif dich an den Menschen dort, aber lass uns in Ruhe!“

„Ist das dein ernst?“ Ich blase die angestaute Wut in deinem langgezogenen Seufzer heraus und sehe nach unten Weg. Bis heute Morgen habe ich mich wirklich wohl mit ihm gefühlt. Selbst das er bei mir gepennt hat, ist fast schon in Ordnung gewesen. Aber das mit Jan und Lui geht einfach zu weit. Auch wenn Jan ein echter Arsch sein kann, hat niemand das Recht so brutal Hand an ihn zu legen.

„Wenn du wirklich so krank drauf bist, dann ja! Geh! Verschwinde einfach!“ Ohne einen letzten Blick auf ihn, wende ich mich um und gehe zurück ins Haus.



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