Zum Inhalt der Seite

Der Elysianer

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]


 

Kapitel 2

 

[JUSTIFY]Cletus warf noch einen prüfenden Blick in den Spiegel und strich sich die Augenbrauen glatt. Er war heute morgen noch früher als sonst aufgestanden, um genug Zeit zu haben, sich wirklich angemessen zurecht zu machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte sich die Haare gewaschen und sie dann mit Gel in Form gebracht, wie es die neueste Mode war, aber kaum war er fertig gewesen, hatte er es sich anders überlegt. Er wusch das Gel wieder aus und frisierte sich noch einmal neu. Dieses Mal kämmte er den grünen Haarschopf mehr aus dem Gesicht, wie es Mama am liebsten gehabt hatte. Immerhin war dieser Tag für Mama.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Heute würden ihre sterblichen Überreste wieder in den Lebenskreislauf Elysiums gegeben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte Arron den ganzen Morgen immer wieder weinen gehört, wenn er an der Tür lauschte, aber was sollte man machen? Er hatte sich eben noch nicht so weit unter Kontrolle, dass er daran dachte wie verquollen die Augen von dem ganzen Weinen wurden, von dem ganzen Rotz unter der Nase noch zu schweigen. Cletus war sich jedenfalls sicher, dass Mama, die immer viel Wert auf Sauberkeit und ein hübsches Aussehen gelegt hatte, sich gefreut hätte zu sehen wie viel besser er mit der Situation umging.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er cremte sich gerade noch die Wangen ein, als hinter ihm plötzlich die Tür aufging und Divius in sein Zimmer trat. Cletus presste verärgert die Lippen zusammen, hielt sich aber noch davon zurück laut zu sagen, was er von Leuten hielt, die nicht einmal anklopften. Divius sah ohnehin noch schlechter gelaunt aus als sonst. Vielleicht hatte er ebenso wenig Lust auf die Zeremonie wie Cletus und war nur weniger gut darin, das zu verstecken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht zum ersten Mal fragte er sich, was Mama sich nur dabei gedacht hatte, diesen Typen zu heiraten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah ja nicht mal gut aus, wenn man von der durchtrainierten Figur, den seidig glänzenden Haaren und dem markanten Gesicht absah. Und außer einer Menge Geld und Einfluss brachte er auch nur ein bisschen Charme mit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Divius sah ihn eine Weile missbilligend an, als überlege er sich die richtigen Worte, dann sagte er unvermittelt: "Cletus, du kommst nicht mit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Na toll, jetzt redete der auch noch wirres Zeug.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was soll das heißen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Die Rückführung", erklärte Divius kühl. "Ich möchte nicht, dass du da mit hingehst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte ihn einen Moment mit offenem Mund an, aber als er gerade zu einem Protest ansetzen wollte, fiel Divius ihm sofort ins Wort. "Wir haben uns doch alle lange genug etwas vorgemacht. Du gehörst nicht in diese Familie. Sieh dich nur an. Du hast keine Träne um Denesha vergossen. Stattdessen sitzt du hier und himmelst dein Spiegelbild an."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte. "Aber Mama hat...", begann er, doch Divius packte ihn plötzlich am Kragen und zog ihn herum, sodass er wieder sein eigenes blasses Gesicht im Spiegel sah.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nenn' sie nicht deine Mutter. Ich weiß nicht woher du kaltherziges, kleines Monstrum stammst, aber du bist ganz bestimmt nicht Deneshas Kind. Arron hat mir erzählt was du getan hast. Wie du die Sicherheitsbots abgelenkt hast. Ich weiß nicht wie du das Ganze geplant hattest, aber es ist mir auch egal. Du hast die Sicherheit vieler aufs Spiel gesetzt und dabei ausgerechnet den einzigen Menschen getroffen, der dich vielleicht sogar mochte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Divius ließ ihn los und richtete sich wieder auf. "Ich mache dir ein Angebot. Du kannst hier bleiben, behältst dein Zimmer, dein Taschengeld und was du sonst noch so brauchst. Im Gegenzug hältst du dich von Arron fern. Und du nennst Denesha nie wieder deine Mutter. Das ist ein besseres Angebot als du verdienst, aber ich muss auch an meinen Ruf denken. Es wird wahrscheinlich nicht gut aussehen ein Kind wie dich vor die Tür zu setzen. Aber du kannst dir sicher sein, dass ich riskieren werde, dass man über mich tratscht, wenn du noch einmal meiner Familie zu nahe kommst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus sah nicht zu ihm auf. Seine Hände krallten sich in den engen Stoff seiner Hose, als er versuchte sich die aufkeimende Panik nicht anmerken zu lassen. Was, wenn Divius ihn wirklich hinauswarf? Würde er ihn vielleicht sogar von Elysium werfen? Noch gestern hätte er darüber gelacht, doch nun war er sich über nichts mehr sicher. Er konnte das nicht riskieren! Egal was Divius von ihm verlangte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, was sagst du? Haben wir eine Vereinbarung?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus versuchte gar nicht erst einen Ton heraus zu bekommen und nickte nur stumm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er saß noch eine Weile reglos da und starrte auf seine Hände, bevor er sich sicher war, dass Divius gegangen war.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Cletus sah noch immer nicht auf, als er sich seinen Weg durch die Straßen Elysiums bahnte. Es gab ohnehin nicht viel zu sehen. Es war viel später als die normale Zeit, zu der er sich sonst auf den Weg zur Schule machte, und die meisten Elysianer waren bereits mit dem beschäftigt, was sie am liebsten taten. Was für einige tatsächlich in Arbeit bestand, für den Großteil aber eher ein ausgedehnter Besuch in der Fun-Zone oder der Chill-Out-Zone war. Unterwegs waren nur noch ein paar wenige Nachzügler, die es nicht eher aus dem Bett geschafft hatten und Cletus nicht weiter beachteten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trotzdem hatte er das Gefühl, dass er von allen angestarrt wurde. Dass alle wussten, wie fehl am Platz er war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er bemühte sich den Gedanken hinunterzuschlucken, als er endlich an einem der Aufzüge angelangt war, die die Ebenen Elysiums miteinander verbanden. Meist traf er hier auf mehrere andere Kinder, die sich in den engen Raum drängten. Doch so sehr er dieses Gedränge und Geschubse verabscheute, so war die Stille und Leere an diesem Tag beinahe noch schlimmer. Er atmete tief ein und trat dann durch die aufgleitenden Türen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Normalerweise war es morgens gar nicht nötig dem Aufzug mitzuteilen wohin er wollte, da Ronnys Programmierer zumindest so schlau gewesen waren, dass er erkannte, dass ein Haufen Schulkinder mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Schulebene unter den Habitatebenen wollten. Doch nun, da er allein war, stand er einen Moment zögernd vor den Kontrollen, dann entschied er sich gegen die manuellen Einstellungen und drückte statt dessen auf den Knopf, der die Verkörperung von Elysiums Künstlicher Intelligenz auf den Plan rief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Rrrronnnyyy!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verdrehte die Augen und seufzte. "Hallo Ronny."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hallo, junger Mann. Na, sind wir nicht ein bisschen spät dran für die Schule? Ich hoffe, du bist gesund und munter!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hmm, ja. Du, Ronny, bevor du mich zur Schulebene bringst, wollte ich dich noch etwas fragen. Vor ein paar Tagen gab es doch einen schlimmen Unfall."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh jaaa! Die Techniker haben tagelang meine Sicherheitsroutinen durchgecheckt. Dabei war das völlig überflüssig. Aber wenn es den guten Leuten dann bessergeht, bin ich natürlich gerne bereit, das über mich ergehen zu lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was meinst du mit 'überflüssig'?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh, ich will dich nicht mit so düsteren Themen beunruhigen. Fahren wir einfach los und du kannst den Rest des Tages mit deinen Klassenkameraden spielen und deine Sorgen vergessen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lehnte sich vor. "Nein, bitte, Ronny. Ich muss das wissen. Was ist passiert?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, ein Geländer war defekt und als sich eine Frau dagegen lehnte, gab es nach und sie stürzte auf die Ebene darunter. Ich habe natürlich sofort meine Sanibots hingeschickt, aber es kam jede Hilfe zu spät."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und die Bots waren nicht irgendwo anders eingesetzt und kamen deshalb so spät?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ronny machte eine Bewegung mit einem seiner Blätter, die wie eine wegwerfende Geste aussah, wenn er Hände gehabt hätte. "Ach, das meinst du? Natürlich erinnere ich mich daran, dass du auch meine Bots angefordert hattest, aber ich habe nun wirklich mehr als nur ein paar, die ich losschicken kann. Nein, nein, das eigentliche Problem lag nicht an den Bots, sondern mehr an Mängeln in der Bausubstanz, die stellenweise mit billigerem Material gestreckt wurde, aber das will natürlich kein Inspektor hören. Dann müssten sie ja Zeit und Material investieren und wer hat das schon?" Die Blume kicherte, aber in Cletus' Ohren klang es düsterer als sonst. "Aber mach dir keine Sorgen. Sie haben das Geländer repariert und es wird bestimmt nicht so bald wieder kaputt gehen. Zumindest nicht an der Stelle."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Junge richtete sich wieder auf. Er atmete tief durch und nickte ,als habe er eine tiefgründige Wahrheit verstanden. "Wenn ich Inspektor wäre, würde ich mich nicht mit solchen halben Sachen zufrieden geben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ronny gluckste wieder. "Na, dann sieh mal zu, dass du in die Schule kommst und genug lernst, um das auch durchzusetzen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

* * *

 

[JUSTIFY]Die Schule war ein ziemlich großer Komplex, gerade wenn man bedachte, dass die Anzahl der Menschen auf Elysium keine Zehntausend erreichte. Allerdings war es den Elysianern wichtig die Klassen recht klein zu halten oder im Falle der besonders Einflussreichen ihren Kindern sogar Einzelunterricht zu bieten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In vielen Bereichen sorgten Bots oder auch interaktive Lerncomputer für die Wissensvermittlung, doch gab es auch ein paar Menschen, die es als ihre Berufung ansahen, dem Elysianischen Nachwuchs die nötige Kultur zu vermitteln. Ein Paradebeispiel für letztere Gruppe war Fräulein Melli. Ihr eigentlicher Name war Melusine, doch sie schien der Ansicht, dass das für Kinder viel zu kompliziert war. Anfangs hatte Cletus versucht, ihr das Gegenteil zu beweisen, indem er stets ihren richtigen Namen gebrauchte, doch das hatte dazu geführt, dass sie überhaupt nicht mehr auf ihn reagierte. Schließlich hatte er entnervt aufgegeben und sie war entzückt gewesen, in ihrer Meinung bestärkt worden zu sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus legte das Ohr an die Tür seines Klassenzimmers und seufzte. Kein Zweifel, Fräulein Melli war da und sie sang mit den anderen ein fröhliches Lied über die Gärten Elysiums. Eigentlich mochte er sowohl das Singen - obwohl er es vorzog, sich Lieder über das, was er gerade tat auszudenken - als auch seine Lehrerin, doch gerade heute hatte er auf einen etwas nüchterneren Bot gehofft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er holte tief Luft und trat dann ein. Wie erwartet brach Fräulein Melli sofort das Lied ab, kaum, dass sie ihn sah und alle fünf seiner Klassenkameraden drehten sich zu ihm um. Nun gut. Er hatte den ganzen Weg geübt möglichst gleichgültig dreinzuschauen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus?" Fräulein Melli rückte ihre schmale Brille zurecht, als könne es ein Defekt ihrer Sehhilfe sein, dass er plötzlich in ihrem Klassenzimmer aufgetaucht war. "Was machst du denn hier? Ich dachte heute wäre die Rückführung deiner Mutter?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Glücklicherweise saßen die anderen, was es ein bisschen leichter machte, ihnen einen abschätzigen Blick von oben herab zu zu werfen. "Tja, was soll ich sagen? Ich wollte nicht riskieren, auf das Niveau der anderen abzurutschen, wenn ich noch mehr Zeit verschwendet und Stoff verpasst hätte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war stolz, dass er den einstudierten Text herausbekommen hatte, ohne dass seine Stimme zitterte. Der Effekt war ebenfalls der gewünschte. Fräulein Mellis Kinnlade klappte herunter und sie sah aus als könne sie sich nur mit Mühe davon zurückhalten, ihn vor die Tür zu setzen. "Dann nimm Platz. Wir wollen weitermachen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Blicke seiner Klassenkameraden, die ihm folgten als er sich an seinem Tisch in der ersten Reihe niederließ, waren so giftig, dass sie wahrscheinlich mit deponianischem Grundwasser mithalten konnten. Wegen seiner Mut-... wegen Denesha würde ihm jedenfalls keiner mehr sein Beileid aussprechen. Das würde es erheblich leichter machen, dem Thema aus dem Weg zu gehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fräulein Melli hatte ihre Fassung wiedererlangt und griff nach den Kontrollen an ihrem Pult. "Nun, nachdem wir 'Strahlendes Elysium' gesungen haben - oder zumindest fast gesungen haben", sie warf Cletus einen weiteren säuerlichen Blick zu, "kommen wir zu einem anderen wundervollen Thema: Utopia. Vielleicht haben eure Eltern schon einmal mit euch darüber gesprochen, was es damit auf sich hat. Ja, Lucia?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Mädchen mit langem schwarzen Haar, das links von Cletus saß, nahm den Arm wieder herunter und antwortete: "Meine Eltern haben gesagt, dass wir in ein paar Jahren nach Utopia reisen. Und, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird bis es da dann so aussieht wie auf Deponia, wenn wir da nicht anders herangehen als unsere Vorfahren."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fräulein Mellis Lippen kräuselten sich. "Nun, Schatz, ich bin mir sicher, dass deine Eltern das nicht so düster gemeint haben, wie es vielleicht für dich geklungen hat. Immerhin werden wir auf Utopia die Chance haben, noch einmal ganz von vorn anzufangen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Stimmt es, dass wir Deponia sprengen und dann auf der Detonationswelle durchs All bis Utopia reisen? Das ist soo cool!", kam es von hinter Cletus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, Ennio, das ist richtig. Allerdings ist es ein gewaltiges Projekt und die Vorbereitungen werden noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia meldete sich wieder, wartete aber dieses Mal nicht ab bis sie aufgerufen wurde. "Was ist denn mit den Deponianern?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich fürchte, die Zustände auf unserem Heimatplaneten sind inzwischen so lebensfeindlich, dass es dort niemanden mehr gibt", antwortete Fräulein Melli mit betont bekümmertem Gesicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschränkte die Arme. "Ansonsten haben sie ja noch ein paar Jahre zum Verrecken."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das brachte ihm einen erneuten giftigen Blick seiner Lehrerin und einen erschrockenen von Lucia ein. Er rollte die Augen. "Was denn? So widerlich wie das da unten ist, sind solche Überlebenden wahrscheinlich eher froh, wenn die Sprengung kommt. Ein schnelles Ende ist ja wohl besser als jahrelanges Siechtum."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fräulein Melli räusperte sich. "Nun, wie dem auch sei, unser eigentliches Thema war ja doch eher Utopia. Ich habe hier ein paar Bilder davon wie sich ein Künstler das Leben dort vorgestellt hat." Sie drückte einen Knopf und an die Wand hinter ihr wurde von einem Projektor das Bild einer wunderschönen, blühenden Landschaft geworfen. "Außerdem möchte ich mit euch das Lied 'Wo die Wiesen sind grün' einstudieren. Ich lade es euch auf die Minidatasetten und dann singe ich es euch vor, während ihr die Bilder auf euch wirken lasst. Ich erwarte, dass ihr den Text bis nächste Woche könnt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie hüstelte ein wenig, dann startete ein weiterer Knopfdruck ihre Begleitmusik und sie begann zu singen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

Wo die Wiesen sind grün

ja, da zieht es uns hin

nach Utopia, nach Utooopiiiaaa

 

[JUSTIFY]Cletus stützte das Kinn auf die Hand und betrachtete das Landschaftsbild. Er war nicht allzu beeindruckt. Zwar gab es auf Elysium mehrere Gärten, doch es hatte ihn nie sonderlich dorthin gezogen. Er konnte sich interessantere Dinge für seine Freizeit vorstellen.[/JUSTIFY]
 

 

Dort sind Himmel noch blau

ja, ich weiß es genau

in Utopia, in Utooopiiiaaa

 

[JUSTIFY]Das Bild wechselte zu einer Gruppe junger Leute in sehr knappen Outfits, die im Schatten einiger Bäume auf Liegen herumgammelten und Cocktails tranken. Cletus fragte sich, ob sich Fräulein Melli wirklich alle Bilder vorher angesehen hatte und ob die Vorführung überhaupt für Zehnjährige gedacht war.[/JUSTIFY]
 

 

Rote Blumen sind dort

ja, genau, an dem Ort

auf Utopia, auf Utooopiiiaaa

 

[JUSTIFY]Nun war eben diese Gruppe zu sehen wie sie mit Frisbees spielten und verzweifelt so aussahen, als hätten sie wahnsinnig viel Spaß. Cletus fragte sich ob dem Künstler wohl bewusst war, dass man all diese Sachen genauso gut schon jetzt auf Elysium machen konnte. Seine Vorfreude steigerte das Ganze jedenfalls nicht sonderlich.[/JUSTIFY]
 

 

Und so finden wir Glück

wollen nie mehr zurück

 

Wenn wir endlich sind da

denn die Zeit ist so nah

 

[JUSTIFY]Fräulein Melli schien mit jeder Strophe enthusiastischer zu werden. Auch seine Klassenkameraden ließen sich langsam von der Stimmung anstecken und Cletus entschloss sich, die Mühe wenigstens mit einem Lächeln zu quittieren. Innerlich fragte er sich jedoch, ob das wirklich alles war, was er in seinem Leben als großen Höhepunkt erwarten konnte.[/JUSTIFY]
 

 

Utopia, Utopia, Utooopiiiaaa

 

[JUSTIFY]Er hatte sich noch nie so leer gefühlt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Ich weiß schon was ich schreibe", tönte Ennio, als sie nach Schulschluss zu den Aufzügen zurückschlenderten. Fräulein Melli hatte ihnen aufgetragen, über ihr zukünftiges Leben auf Utopia und ihre Pläne was sie dort alles machen wollten, zu schreiben. "Ich werde ein richtig großes Haus haben, viel größer als unser Apartment hier. Und für jeden Raum will ich einen eigenen Hausbot."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf ihm einen Blick zu und hob eine Augenbraue. "Wenn du dafür überhaupt die Ressourcen hast."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na, so ein bisschen Standard muss ja wohl sein. Zur Not gehen ja auch Klone, aber ich bin doch eher froh, dass die jetzt wieder weg sind. Die Hausbots reden nicht ungefragt mit einem."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia drückte ihre Tasche eng an sich und sah schon wieder erschrocken aus. "Das habe ich ja heute morgen gar nicht gemerkt: Die Klone sind alle wieder weg und die Hausbots wieder im Dienst. Ich wollte den Dienstbotenklon, der bei uns im Haus war eigentlich noch danach fragen, bis wann er denn bleibt und wo er dann hingeht, wenn die Überprüfung abgeschlossen ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie waren an den Aufzügen angelangt und teilten sich auf, je nachdem in welchem Bereich der Habitatebenen ihre Wohnungen lagen. Cletus wohnte nicht weit weg von Ennio und Lucia, sodass sich die drei einen Aufzug mit zwei weiteren, älteren Kindern teilten. Er hätte es vorgezogen seine Ruhe zu haben, doch Ennio sah anscheinend keinen Grund ihre Unterhaltung zu unterbrechen oder gar zu verschieben. "Ach, Lucia, die Klone gehen nirgendwohin. Das wäre doch totale Verschwendung, wenn sie gerade gar nicht gebraucht werden. Die werden wieder in ihre Bestandteile zerlegt, damit man beim nächsten Mal alle Komponenten gleich da hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia wurde blass. "Du meinst, die kriegen eine Rückführung?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein, keine Zeremonie. Aber sonst ist es schon so ähnlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nur, dass die Klone noch gelebt haben, dachte Cletus bei sich. Er behielt den Gedanken für sich, doch als sie an ihrem Ziel den Aufzug verließen, sah er in Lucias Augen Tränen stehen und vermutete, dass sie von sich aus auf dasselbe Ergebnis gekommen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ennio verabschiedete sich und Cletus ging ein Stück des Weges mit Lucia zusammen. Es war zu ärgerlich, dass sie nun doch wieder auf das Thema Rückführung gekommen waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was, wenn sie etwas sagte? Wie sollte er reagieren?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da. Sie waren angekommen. Jetzt musste er sich nur noch schnell verabschieden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du, Cletus, ich wollte dir nur sagen..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verdammt![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mann, Lucia, mach nicht so ein Drama draus", schnappte er hastig. "Es sind halt nur Klone, keine richtigen Menschen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sah perplex aus und er war sich recht sicher, dass dies nicht war, was sie gemeint hatte. Aber hoffentlich hatte es ihm genug Zeit verschafft, um sich aus dem Staub zu machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allerdings fing sie sich schneller als er erwartet hatte. Sie machte einen raschen Schritt auf ihn zu, schlang die Arme um seine schmalen Schultern und drückte ihn kurz fest an sich. Dann hauchte sie ein "Es tut mir so leid." in sein Ohr, ließ ihn los und eilte davon, ohne ihn noch einmal anzusehen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Dunkelheit hatte sich über Elysium gesenkt. Deponia hatte sich gedreht und Elysium an dem Hauptkabel mit sich gezogen, bis der Planet wie ein riesiger, schmutziger Schild zwischen der Raumstation und der wärmenden Sonne stand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus saß auf seinem Bett und betrachtete sein Reich. Von dem weichen Teppich, über die verschnörkelten Möbel und das Regal mit seiner Sammlung von Lexika bis zu den gut sortierten Kisten mit Spielzeug, war alles so, wie er es mochte. Er gehörte hier einfach hin und der Gedanke irgendetwas davon aufgeben zu müssen, tat ihm beinahe körperlich weh.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch immer waren Divius und Arron nicht zurück, doch wenn es nach ihm ging, konnte das auch noch eine Weile so bleiben. Er kam recht gut allein zurecht, vor allem da der Hausbot sich um Essen und Aufräumen gekümmert hatte. Nur eines vermisste er... Abwesend strich er sich über die Haare.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In diesem Moment hörte er gedämpftes Geklapper aus dem Eingangsbereich und wusste, dass seine Galgenfrist vorüber war. Er seufzte und löschte das Licht, doch bevor er sich hinlegen konnte, glitt die Tür zu seinem Zimmer auf. Der Lichtkegel, der vom Flur hereinströmte, fiel auf seinen Rücken, doch er machte keine Anstalten sich zu seinem Besucher umzudrehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er spürte wie eine kleine Gestalt neben ihm aufs Bett krabbelte und hoffte, dass sich Arron wenigstens vorher die Schuhe ausgezogen hatte und er später keine Krümel auf den Laken fand. Arron legte ihm die Hand auf die Schulter, aber noch immer konnte er es nicht über sich bringen, ihn anzusehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du hast mir gefehlt, Cletus." Arron schniefte und brauchte einen Moment, bevor er weitersprechen konnte. "Es war... Mama hätte gewollt... Es war blöd ohne dich. Papa hat gesagt, dass du nicht mitkommen wolltest, aber ich weiß nicht warum. Du hattest sie doch auch lieb."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fühlte sich als ob ihm etwas den Hals zuschnürte. War das ein Test? Er versuchte sich auf sein Zimmer zu konzentrieren, an all die Dinge, die ihm so viel bedeuteten, doch er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme ein bisschen zitterte, als er antwortete: "Sie war deine Mutter, nicht meine."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wagte es nicht den Kopf zu drehen, wollte Arrons Gesichtsausdruck auch gar nicht sehen. Er spürte nur, wie die warme Hand von seinem Arm glitt, wie das Gewicht von seinem Bett verschwand und hörte Arrons Schritte als dieser wortlos das Zimmer verließ. Als die Tür mit leisem Zischen zu glitt, war ihm, als höre er Divius flüstern: "Gut so." Aber er war sich nicht sicher, ob er sich das nur eingebildet hatte.[/JUSTIFY]



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück