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Das letzte Gefecht

Shinjitsu Wa Itsumo Hitotsu
von

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Akamizu – Sousa-Teil II, oder: Die rabenschwarze Bedrohung

Kapitel 4 - Akamizu – Sousa-Teil II*, oder: Die rabenschwarze Bedrohung
 

*Sousa = Ermittlungen
 

Samstag, 04. Juli, 18:15 Uhr, Wohnung der Familie Mori
 

Unruhig mit den Füßen, welche in weichen Pantoffeln steckten, vor- und zurückwippend, saß die Oberschülerin Ran Mouri auf ihrem Bett in ihrem Zimmer. Das beunruhigende Gefühl, welches sie heute Nachmittag beschlichen hatte, hatte sie im Laufe des Tages wieder und wieder überkommen, obwohl sie mit aller Macht versucht hatte, es zu verdängen und es auf ihre Fantasie zu schieben. “Was ist das nur für ein nagendes Gefühl? Irgendetwas stimmt hier nicht...” Sie hatte noch mehrmals am Fenster gestanden und hinausgespäht und einfach niemanden entdecken können. Trotzdem verging die Unruhe einfach nicht und war in der letzten Stunde sogar noch angewachsen.
 

Vielleicht lag es daran, dass sie nun bereits seit längerem allein Zuhause war. Ihr Vater hatte sich gegen 16:30 Uhr auf den Weg zu einem Treffen mit Inspektor Megure im Polizeipräsidium gemacht. Megure hatte ihn spontan angerufen und um seine Aussage gebeten. Es ging um einen Fall von letzter Woche, in der eine hübsche junge Frau Anklage gegen einen Stalker erheben wollte, sie fühlte sich ihres Lebens nicht mehr sicher und hatte Kogoro daher engagiert um Beweise gegen den Mann zu sammeln. Natürlich hatte sie Kogoro zuvor ein stattliches Honorar versprochen und Rans werter Vater, der zuerst kaum von dem Gedanken abzubringen gewesen war, seinen Schreibtisch und den Fernseher den Rest des Nachmittags noch einmal zu verlassen, hatte sich innerhalb von Sekunden umentschieden. In einem seiner zwar schon etwas älteren, aber doch einem der besten Anzüge hatte er sich von Ran verabschiedet und ihr erklärt, dass er spätestens um 20:00 Uhr wieder Zuhause sein würde.

Conan war ebenfalls außer Haus. Er hatte sich bereits früh heute morgen mit seinen vier Grundschulfreunden von der Kinderdetektivbande getroffen. Die Kinder wollten ins Tropical Land und dort zu einer Live-Veranstaltung von Kamen Yaiba. Damit auch möglichst viele Kinder die Show besuchen konnten, hatten die Veranstalter Sondereintrittspreise mit den Betreibern des Parks ausgehandelt. Da alle anderen Attraktionen des Parks heute ebenfalls geöffnet hatten, waren die Kinder sofort Feuer und Flamme gewesen und Rans Vater hatte sie am Morgen mit einem breiten Grinsen am Eingang des Parks abgesetzt. Froh, einen kompletten Tag seine Ruhe vor den kleinen Nervensägen, wie er sie sehr liebevoll nannte, zu haben, war er in bester Laune in seinem weißen Mietwagen davongetuckert.
 

Das Mädchen mit den langen braunen Haaren, welches wie üblich ihre Schuluniform auch am Wochenende trug, zog den Ärmel ihres blauen Blazers zur Seite und sah auf ihre Armbanduhr. Es war bereits 18:17 Uhr. Wo steckte Conan schon wieder? Er hatte ihr doch versprochen, dass er spätestens um 18:00 Uhr Zuhause sein würde. Sie erinnerte sich daran, dass die Kinder dieses Mal komplett allein unterwegs waren, da der Professor aufgrund der Arbeit an einer wichtigten, seinen Worten nach “bahnbrechenden” Erfindung nicht hatte mitkommen können. Sie selbst hatte heute Vormittag ein wichtiges Karate-Training gehabt und hatte die Meute daher heute nicht begleiten können. Kogoro hatte auf ihren Vorschlag hin, dass er doch einen netten Tag mit den Kindern verbringen könne, nur mit den Schultern gezuckt und auf ihren erbosten Blick hin nur gemeint: “Die sind alt genug. Die kommen schon zurecht.”
 

Hoffentlich war der Junge nicht schon wieder in einen Mordfall hineingeraten. Er schien diese furchtbaren Dinge wie magisch anzuziehen. Bei diesem Gedanken schlich sich unbewusst ein leises Grinsen auf ihr Gesicht. In dieser Hinsicht war er wie Shinichi. Auch Shinichi zog Fälle an wie ein Magnet Eisennägel anzog.
 

Ran stand auf und ging zu ihrem Fenster. Sachte zog sie die Vorhänge ein Stückchen zur Seite und warf einen kurzen Blick hinunter auf die Straße. Alles war ruhig, auf dem Bürgersteig vor der Detektei und dem Café Poirot tummelten sich die Menschenmassen. Die meisten Leute gingen zielstrebig ihres Weges, nur ein breitschultriger Mann mit langen blonden, zu einem Zopf gebundenen Haaren, blieb mitten auf dem Gehweg stehen und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn, bevor er weiterging.

Es konnte nicht sein. Da musste etwas Verdächtiges sein. Noch einmal wanderten ihre Augen aufmerksam über die vom abendlichen Verkehr eingenommende Straße und den überfüllten Gehweg, bis ihr Blick schließlich an der gegenüberliegenden Häuserzeile entlangglitt und auf dem Dach des Gebäudes direkt vor sich stehen blieb.
 

Ein eiskalter Schauder lief ihren Rücken hinunter, als sie sah, wer dort auf dem Dach stand.

Es war eine Frau. Sie trug einen enganliegenden schwarzen Motorraddress, unter ihren rechten Arm hatte sie lässig einen ebenso nachtschwarzen Motorradhelm geklemmt.

Auch wenn sie das Gesicht der Frau auf die Entfernung nicht im Detail erkennen konnte, diese langen blonden Haare und diesen stechenden, sie beinahe wie mit Messerklingen durchbohrenden Blick aus diesen kalten Augen, erkannte sie selbst auf diese Distanz. Diese Frau würde sie niemals vergessen. Sie erkannte, dass die Frau mit den westlich anmutenden Gesichtszügen sie direkt ansah, sie musste sie ebenfalls bemerkt haben. Erschrocken zog Ran hektisch den Vorhang wieder vor das Fenster, wobei sie ihn in ihrer Hast ein Stückchen aus der Vorhangschiene riss. Mit zitternden Knien setzte sie sich zurück auf ihr Bett.

Die Panik, die sie damals beim Zusammentreffen mit dieser Person empfunden hatte, überkam sie wieder mit voller Wucht. Ihr Herz klopfte plötzlich wie wild und ihre Angst schnürte ihr die Luft zum Atmen ab, als sich plötzlich wieder dort befand. Dort, am Hafen. Es war mitten in der Nacht, in der Ferne konnte sie vage die funkelnden Lichter der Tokioter Skyline erkennen, doch die Umgebung war für sie nur nebensächlich gewesen. Mit all ihren Sinnen hatte sich sich darauf konzentriert, das kleine Mädchen mit den rotbraunen Haaren zu beschützen. Wieder spürte sie Ais schmalen Körper und den harten Steinboden unter sich, fühlte, wie ihre Ellenbogen am Boden entlangschrammten und schmerzhaft aufrissen, als sie sich schützend über sie warf und sie ein Stück am Boden entlangglitten. Sie spürte wieder die Gegenwehr, die das Mädchen geleistet hatte und das Zischen der Pistolenkugeln und die lauten Schläge, als diese direkt neben ihren Körpern einschlugen. Sie erinnerte sich nur zu gut an die Todesangst, die sie damals hatte ohnmächtig werden lassen. “Move it, Angel!” Die Worte, die diese blonde Frau damals ausgesprochen hatte, klangen noch immer in ihren Ohren nach. Sie würde diese Worte, diese eiskalte, mörderische Stimme niemals vergessen. Die Frau, die sie ausgesprochen hatte, schien bereit zu sein, sie und das kleine Mädchen jederzeit zu töten.

Ran öffnete die Augen, die sie zuvor aufgrund dieser qualvollen Erinnerung geschlossen hatte. Jetzt erinnerte sie sich auch wieder, woher sie dieses nagende Gefühl kannte. Damals, kurz bevor Ai entführt worden war, hatte sie dasselbe ungute Gefühl gehabt. Langsam und sehr vorsichtig zog das Mädchen den Vorhang wieder ein Stückchen zur Seite und sah noch einmal auf das Dach des Nachbargebäudes. Die Frau war verschwunden. Fast so, als wäre sie niemals dort gewesen.

“Was… was mache ich denn jetzt? Hat sie es etwa wieder auf Ai abgesehen? Die Polizei. Ich muss die Polizei anrufen...” murmelte das Mädchen leise.

Ran erstarrte, als das Geräusch der Türklingel die im Haus herrschende Stille durchbrach.
 

Samstag, 04. Juli, 18:15 Uhr, Villa der Familie Kudo
 

“Hier spricht Subaru Okiya.” Subaru, der sich gerade im Augenblick im Wohnzimmer der Villa Kudo befand, nahm die Fernbedienung in die Hand, stellte das Volumen des Fernsehapparats leiser und nahm schließlich den Hörer des Telefongeräts ab.

“Ich bin es. Hör mir zu, ich habe nicht viel Zeit, ich rufe von einer öffentlichen Telefonzelle an, damit niemand dieses Gespräch zurückverfolgen kann.” Am anderen Ende der Leitung war Kir. Sie klang gehetzt und schien es sehr eilig zu haben.

“Ich höre.”

“Der Junge aus der Detektei Mori ist in Gefahr. Ich habe von Wermut im Auftrag von “ano kata” den Befehl erhalten, ihn zu beschatten. Du musst sofort alles Nötige in die Wege leiten, um ihn zu schützen.”

“Was?” Sofort warf Subaru einen Blick hinüber zum Haus des Professors. “Wenn sie ihn beschatten, dann sie vielleicht auch?” Subara schaltete blitzschnell. Doch es schien alles ruhig zu sein, wie immer hatte er das Haus den kompletten Tag beobachtet und nichts Ungewöhnliches bemerkt. Das Labor des Professors lag still und friedlich wie immer im strahlenden Sonnenschein da.

“Wie lautet der genaue Befehl? Hat sie etwas von einem Mädchen gesagt?”

“Wermut sagte: “Ich will, dass Du alles über diesen Jungen in Erfahrung bringst, was möglich ist und mir dann davon berichtest. Ich möchte über jede Auffälligkeit informiert werden, verstanden? Und dann sagte sie noch, dass nur sie informiert werden darf, niemand anderes. Sie würde direkt an den Boss berichten. Es war nur von dem Jungen die Rede. Ein Mädchen hat sie nicht erwähnt. Und Akai-san...”

“Ja?”

“Die CIA wird sich in diese Angelegenheit nicht weiter einmischen. Ich darf die Operation nicht in Gefahr bringen. Das FBI muss das allein regeln...” meinte Kir und Subaru meinte, leises Bedauern aus ihrer Stimme herauszuhören.

“In Ordnung. Ich veranlasse alles weitere. Wir werden uns trotzdem noch einmal über die Daten unterhalten, die Du “ano kata” präsentieren wirst. Pass auf Dich auf.”

“Verstanden.” Kir legte auf und verließ die Telefonzelle.
 

Samstag, 04. Juli, 18:20 Uhr, Tropical-Land, Akamizu-Showhalle
 

In dem Moment, als plötzlich das Licht anging, fühlte Haibara sich, als durchstächen tausende von winzigen Nadeln ihre Netzhäute und das Mädchen, welches in ihrer momentanen Aufmachung eher an eine Großmutter als an eine Grundschülerin erinnerte, hob sich erst einmal schützend die Hand vor die Augen. Als sie diese wieder zur Seite zog, langsam blinzelte und sich umdrehte, um nach einem Versteck Ausschau zu halten, sah sie direkt in das Gesicht einer Frau mit einem modischen Kurzhaarschnitt.

“Hab ich Dich!” Rief diese triumphierend und packte sie am Arm.

“Nein, lassen Sie mich los!”

“Was ist das, ich spüre überhaupt nichts...” dachte das Mädchen verwundert, als es verzweifelt versuchte, sich aus dem Klammergriff der Frau zu lösen.

“Aber warum lässt sie mich dann nicht los...” und da begriff sie. Haibara warf ihren Blick zu Boden und betrachtete die Füße der Frau, die in offenen, schicken Sandalen steckten. Sie starrte auf die feingliedrigen Zehen der Dame, die in Designersandaletten steckten. Sie hatte sich geirrt. Ihre Zehen zierte kein grellpinker Nagellack. Es war das hässlichste Hellrot, dass sie jemals gesehen hatte.

“Du hast mir einiges zu erklären, junge Dame! Wieso hast Du mein Seidentuch um den Kopf?” Fragte sie schnippisch und zerrte dem Mädchen das Tuch vom Kopf.

“Nein!” Hastig versuchte Ai, ihre Haare mit den Händen zu verdecken, auch wenn sie wusste, dass dies ein sinnloses Unterfangen war. Durch das Gezetter der Designerlady war vermutlich sowieso schon der halbe Saal auf die beiden Gestalten, welche vor der Eingangstüre standen, aufmerksam geworden.

“Nanu...” die Frau sah sie verwirrt an, als sie die rotbraunen Haare des Mädchens bemerkte.

Etwas im Blick der Frau änderte sich. Sie schien nun zu verstehen. Sie reichte dem Mädchen wortlos das Tuch wieder. Haibara starrte die Frau fassungslos an.

“Behalt es...” murmelte sie, dann fügte sie noch hinzu “Du solltest stolz auf Deine Haarfarbe sein, auch wenn sie für eine Japanerin vielleicht ein wenig ungewöhnlich ist. Immerhin ist sie das, was Dich mit jemanden, den Du sehr liebst, verbindet. Sie ist etwas Besonderes. Ich hoffe für Dich, dass Dir das klar wird, wenn Du erwachsen wirst. Dann wirst Du kein Tuch mehr brauchen.” Wie vom Donner gerührt sah Ai die Frau an. Sie verstand, dass die Frau davon ausging, dass sie sich für ihre Haarfarbe schämte. Trotzdem fühlte sie, wenn auch nur für einen ganz kurzen Moment, einen Stich in ihrem Herzen. Die Frau hatte einen wunden Punkt getroffen.

“D… danke...” Stotterte sie und machte sich auf den Weg, ein geeignetes Versteck zu finden. Das Organisationsmitglied schien sie noch nicht wieder entdeckt zu haben. Während sie gebückt hinter den Zuschauerreihen entlangschlich, rasten ihre Gedanken. Ja, tatsächlich hatte sie sich immer anders als alle anderen gefühlt. Als sie in den USA gewesen war, hatte man sie wegen ihrer asiatischen Gesichtszüge gehänselt. In Japan hatte man über sie aufgrund ihrer für ein Mädchen in ihrem Alter ungewöhnlichen Haarfarbe über sie getuschelt. Doch jetzt begriff sie. “Meine besondere Haarfarbe ist das, was mich mit einem Menschen, den ich sehr liebe, verbindet...” flüsterte sie und ein warmer Ausdruck trat in ihre Augen “Ja, so ist es. Nicht wahr, Mutter…?”
 

Samstag, 04. Juli, 18:20 Uhr, Wohnung der Familie Mori
 

Zögernd griff Ran Mouri nach dem Knauf der Wohnungstüre, als abermals die Klingel ertönte. Wer auch immer da draußen stand, schien sehr ungeduldig zu sein.

“W.. wer ist denn da?” rief sie unsicher.

“Mouri-san, ich bin es! Ich dachte mir, ihr möchtet vielleicht ein paar Sandwiches...” drang Tooru Amuros Stimme gedämpft von draußen zu ihr hinein. Ran fiel ein Stein vom Herzen und sie öffnete nun endlich die Türe. Draußen stand tatsächlich der junge Mann, der sich selbst zu Kogoro Mouris Lehrling erklärt hatte. Auf seinem Gesicht lag ein freundliches Strahlen und auf der Platte, die er in der Hand hatte, stapelten sich sechs reichlich belegte Sandwiches.

“Ich dachte mir, Du, Conan und Dein Vater könntet zum Abendessen ein paar Sandwiches vertragen?”

“Amuro-san… vielen Dank...” Tooru betrachtete das Mädchen eingehend. Sie schien nervös und mit ihren Gedanken an einem anderen Ort zu sein. “Hat sie etwa etwas bemerkt?”

“Mouri-san… Du siehst nicht gut aus. Ist etwas passiert?”

Ran sah ihn einen Moment lang unsicher an, sah den beinahe treuherzigen Ausdruck in seinen Augen, dann entschied sie, dass sie ihm trauen konnte.

“Möchten Sie vielleicht reinkommen, Amuro-san?”
 

Samstag, 04. Juli, 18:20 Uhr, Villa der Familie Kudo

“Der gewünschte Teilnehmer ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht verfügbar. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal...”

“Verdammt...” fluchte Shuichi Akai, noch immer unter der Maske von Subaru Okiya verborgen, mittlerweile sehr laut und sehr heftig. Er versuchte nun schon zum zweiten Mal, Conan zu erreichen, doch er schien sein Handy ausgeschaltet zu haben. Genau dasselbe galt für das kleine Mädchen mit den rotbraunen Haaren. Er überlegte einen Moment. Die Nummern der anderen Kinder hatte er nicht. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als diese von Professor Agasa zu erfragen. Das ging vermutlich schneller, als sie von einem seiner FBI-Kollegen in Erfahrung bringen zu lassen. Soweit er wusste, war der grauhaarige Mann Zuhause, Subaru hatte das Labor wie so oft den kompletten Tag im Blick gehabt. Er entschied, so schnell wie möglich zu Hiroshi Agasa hinüberzugehen. Zuvor musste er allerdings noch ein anderes wichtiges Gespräch führen.
 

Samstag, 04. Juli, 18:20 Uhr, Vergnügungspark Tropical Land, Akamizu-Show, Tatort
 

Gemeinsam sahen Takagi, Megure, Kogoro und Conan dabei zu, wie das Wasser langsam aus dem Teilbereich des gläsernen Beckens abfloss. Auf dem Boden waren noch immer blutrote Rückstande und feine Reste in Form von kleinen Körnchen des Färbemittels zu sehen, von einer Tatwaffe jedoch war nichts zu sehen.
 

„Soviel zu meiner Vermutung, die Tatwaffe könnte im Becken sein...“ meinte Megure und legte sich überlegend die Hand ans Kinn “Was hat die Leibesvisitation der Zuschauer ergeben?” Fragte Megure Takagi.

“Noch nichts, Herr Inspektor. Hier im Saal sind etwa 200 Zuschauer anwesend. Wir benötigen noch mindestens eine Stunde, eher noch länger, bis wir alle überprüft haben...” antwortete Takagi ihm schnell “aber so wie es aussieht, war es keiner der Zuschauer.”

“Bitte erklären Sie sich, Takagi...” brummte Megure.

“Ja. Wir haben die Zuschauer befragt, die den Bühneneingang direkt im Blick hatten. Niemand hat vor dem Auffinden der Leiche durch die junge Frau, bei der es sich übrigens um die Lichttechnikerin Miyu Ninomiya handelt, den Bereich betreten. Da die Türe durch das Notausgangsschild ein wenig beleuchtet wird, wäre jemand, der dort hindurchgetreten wäre, wohl durchaus aufgefallen. Die Dame befand sich übrigens den kompletten Abend im Raum für Lichttechnik. Hinter der Bühne gibt es natürlich noch einmal einen Eingang, der auf den rechten Teil der Bühne führt, doch wenn man durch diesen geht, kommt man automatisch am Raum für die Lichttechnik vorbei. Frau Amemiya hat ausgesagt, dass sie die Türe über die gesamte Dauer der Show hinweg offen gelassen hat. Es kann also niemand an ihr vorbei dorthin und anschließend wieder zurückgelangt sein…”

“Das bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass wir es mehr oder weniger mit einem hermetisch abgeriegelten Raum zu tun haben… da niemand den Bereich ohne gesehen zu werden, betreten oder verlassen konnte...” meinte Megure nun.

“Nun… ganz stimmt das leider nicht...” druckste Takagi herum.

“Was soll das heißen?” Mischte sich nun Kogoro ein und auch Conan spitzte die Ohren.

“Niemand hat vor dem Mord den rechten Bühnenbereich betreten, dass ist soweit korrekt. Allerdings hat ein Zuschauer ausgesagt, dass nach dem Auffinden der Leiche möglicherweise jemand die Bühne hastig verlassen hat...”

“Jemand hat die Bühne verlassen? Das bedeutet, jemand hat möglicherweise die Tatwaffe mitnehmen können und ist dann verschwunden?” Platzte Megure heraus. “Warum haben Sie das denn nicht schon früher gesagt, Takagi...”

“Bitte entschuldigen Sie Herr Inspektor, aber da es sich bei diesem Mann auf keinen Fall um den Mörder gehandelt haben kann, hielt ich es für nicht so wichtig. Der Mann, der beschrieben wurde, trug einen schwarzen Anzug und hat den rechten Bühnenbereich erst betreten, nachdem Fräulein Amemiya geschrien hat. Er hat die Bühne sogar noch nach dem zweiten Erstentdecker der Leiche, Herrn Hiroki Yamada, dem Herrn mit dem schwarzen Anzug und der schicken Krawattennadel und sogar noch nach Conan betreten...”

“Was…?” Nun blickte Conan erschrocken zu Takagi auf. “Ein Mann ist uns gefolgt, der dann anschließend wieder von der Bühne verschwunden ist? Es hat uns also tatsächlich jemand nachspioniert…” dachte er und alarmiert sah er sich um. “Hatte derjenige tatsächlich etwas mit der Tat zu tun oder war er wirklich hinter mir oder gar Haibara her? Wer könnte das gewesen sein?”

“Ich fasse es nicht, Takagi. Derjenige ist doch schon über alle Berge jetzt… aber da er erst nach dem Auffinden der Leiche die Bühne betreten und verlassen hat, ist es tatsächlich unwahrscheinlich, dass er die Tat begangen hat. Wichtig wäre es noch herauszufinden, ob er die Tatwaffe mitgenommen hat… möglicherweise ist er auch ein wichtiger Zeuge… sie müssen alles tun, um ihn zu finden, haben Sie verstanden?” Meinte Megure und warf Takagi einen vernichtenden Blick zu.
 

Samstag, 04. Juli, 18:22 Uhr, Vergnügungspark Tropical Land, an einem unbekannten Ort
 

Ein breites Grinsen erschien auf dem Gesicht des Mannes. Wer hätte gedacht, dass ihn tatsächlich jemand gesehen hatte, als er die Bühne betreten und verlassen hatte? Sie würden ihn niemals finden. Er hatte den Zuschauersaal schon lange verlassen, noch bevor die Security die Türen hatte schließen können. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seine eigene persönliche Show bereits lange ungestört verfolgen können.

Die Angst, die er für einen Moment in den Augen des Kindes hatte Aufflackern sehen, machte dies alles für ihn noch einmal interessanter.

Die scharfsinnigen Bemerkungen, die der Junge hin und wieder eingeworfen hatte, hatten ihn in seinem Glauben bestärkt, dass er ihn auf keinen Fall unterschätzen durfte.
 

Samstag, 04. Juli, 18:23 Uhr, Vergnügungspark Tropical Land, Akamizu-Show, Tatort
 

“Wir haben bereits den kompletten Bereich nach ihm abgesucht, aber das ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit, ihn zu finden. Es gibt hier im Saal genau 34 Männer mit dunkler Kleidung und dunklen Haaren, auf die die Beschreibung passt. Diese haben wir zuerst untersuchen lassen, keiner von ihnen war verdächtig oder hatte etwas dabei, was als Tatwaffe gedient haben könnte. Es ist auch möglich, dass der Mann es noch nach draußen geschafft hat, bevor die Türen verriegelt wurden...” erstattete Takagi Megure Bericht, dieser sah ihn nur unzufrieden an.

“In Ordnung. Ruhig bleiben, Shinichi. Um den Mann kannst Du Dir später Gedanken machen. Es könnte auch jemand gewesen sein, der die Leiche gefunden dann aus lauter Angst wieder davongerannt ist… wie es nach meinem Ermessen aussieht, war der Täter einer der Angestellten...” grübelte Conan.
 

Als Kogoro begann, eine ziemlich wirre Theorie bezüglich eines Selbstmords zum Besten zu geben, verdrückte Conan sich.
 

“Ich sollte mir diesen Typen einmal genauer ansehen von dem ich dachte, dass er mich und Haibara beobachtet...” er sah zu dem Mann mit der ausgefallenen Krawattennadel hinüber. “Er hieß Hiroki Yamada, wenn ich mich recht erinnere...”

Conan ließ den Inspektor, Takagi und Kogoro weiter diskutieren und ging zu dem Mann hinüber, der ein Stückchen abseits des Bühnenpersonals stand. Er wirkte noch immer mitgenommen.

“Sagen Sie mal, Onkel...”

“Ah, Du bist es, Kleiner...” der Mann lächelte ihn gewinnend an.

“...woher wussten Sie eigentlich, dass etwas passiert war? Sie sind aufgesprungen, noch bevor Frau Ninomiya begonnen hatte zu schreien. Außerdem...” der Junge sah ihn nun mit scharfem Blick an “woher kannte Sie den toten Onkel? Sie nannten ihn bei seinem Namen, als Sie am Tatort ankamen...” Yamada sah den kleinen, etwa sechsjährigen Jungen verwundert an, erstaunt über seine Direktheit.

“Nun… Du musst wissen, ich bin der Besitzer dieser Showhalle. Ich habe grundsätzlich einen Faible für Sportarten, die etwas mit Eis oder Wasser zu tun haben. Deswegen habe ich mich auch dazu entschlossen, diese Show hier im Tropical Land zu organisieren. Die Mitglieder des Ensembles habe ich mehr oder weniger selbst angestellt und ich bewundere jeden von ihnen für ihre Leistungen. Soweit es sich einrichten lässt, sehe ich mir mindestens dreimal die Woche diese Show hier an und das schon seit fast 10 Jahren. Als ich Frau Amemiya dort oben auf dem Eisberg stehen sah und ihren entsetzten, nach unten gerichteten Blick bemerkte, wusste ich sofort, dass etwas nicht in Ordnung ist...” schloss er seine Erklärung und sah den Jungen freundlich an. Irgendetwas in Conan sagte ihm, dass der Mann die Wahrheit sagte. Seine Aussage war vollkommen schlüssig. Zumindest, was seine Liebe zum Eiskunstlauf betraf. Schon in dem Gespräch, welches er mit den Kindern geführt hatte, war dies deutlich geworden. Auch seine ungewöhnliche Krawattennadel in Form eines Schlittschuhs stützte seine Aussage.

Konnte es etwa sein, dass er Haibara nur deswegen so genau betrachtet hatte, weil diese sich scheinbar so sehr für die Show interessiert hatte? Mittlerweile kam ihm der Kerl überhaupt nicht mehr verdächtig war. Er benahm sich vollkommen normal.

Nachdem er mit dem Mann gesprochen hatte, gesellte er sich zu Takagi, der zusammen mit den beiden anderen Herren nun Frau Amemiya befragte.

“Dann haben Sie also den Toten zuerst gesehen?” Hastig ging er zu der Hauptdarstellerin, die mittlerweile von der Polizei eine Decke erhalten hatte, die sie sich nun über die Schultern gelegt hatte. Conan hatte sich sowieso schon gefragt, ob die Dame in ihrem knappen Kostüm nicht fror. Immerhin war hier überall um sie herum Eis.

“Ja...” Sie machte nun den Eindruck, sich wieder gefangen zu haben.

“Als ich nach unten sah, bemerkte ich, dass Tsugimura nicht sofort aus dem Becken stieg, wie er es sonst immer tat. Stattdessen schien er sich verletzt zu haben, er rührte sich einfach nicht mehr… nach ein paar Minuten, die er sich nicht bewegt hatte, sagt ich Miyu über mein Bühnenmikrofon Bescheid, dass etwas nicht stimmte. Wir haben alle eins. Es ist für Notfälle gedacht. Falls jemand einmal seinen Text vergisst, agiert Miyu als unsere Souffleuse, d. h. sie geht das Drehbuch fast Wort für Wort mit durch und flüstert uns den Text ein. Als ich ihr Bescheid sagte, verließ sie den Raum, in dem die Lichteffekte geregelt wurden und ging nachsehen...”

“Das bedeutet, Frau Ninomiya, dass Sie der Leiche als erstes nahekamen, habe ich Recht?” Meinte Kogoro und sah die junge Frau mit den braunen Haaren an. Sofort begannen ihre Lippen zu zittern.

“Richtig… Risa erklärte mir, dass mit Ken etwas nicht stimmt. Also ging ich nachsehen… und dann… dann lag er da… und er bewegte sich nicht mehr, mit offenen Augen… es war so schrecklich...”

“Tatsächlich? War es nicht eher so, dass es ihm gut ging, er noch eine Weile im Wasser war und Sie ihm dann mit einem stumpfen Gegenstand eins übergezogen haben, junge Dame?” Megure sah sie ernst an.

Ninomiya schüttelte vehement den Kopf. “Nein! Ich sagte doch, als ich ihn fand, war er bereits bewusstlos… seine Augen waren offen...”

“Sie sagt die Wahrheit...” mischte sich nun Amemiya ein. “Ich konnte von oben sehen, dass sie sich Ken nicht genähert hat...”

“Wer sagt uns denn, dass Sie beide nicht unter einer Decke stecken...” murmelte Kogoro.

“Wie können Sie es wagen!” Empörte sich Amemiya und legte Miyu tröstend eine Hand auf die Schulter.

“Und Sie? Wo waren Sie beide zum Zeitpunkt der Tat?” Takagi wandte sich nun an die Frau Takata, die für die Requisiten und die Maske zuständig war und an Herrn Tsugumi Maeda, der für die Beckentechnik zuständig war.

“Ich befand mich in einer der Kühlkammern und habe mich um die Eis-Bühnenbilder für die nächste Show gekümmert. Leider war ich allein. Das kann also niemand bezeugen.”

“Aha.” Knurrte Megure.

“Und wo waren Sie?” Er besah sich Maeda, den Herrn mit dem Vollbart und dem blauen Overall noch einmal genauer. Seelenruhig stand er da und etwa zwei Minuten später, als Megure schon noch einmal nachhaken wollte, begann er zu sprechen.

“Ich war im Kontrollraum. Von dort aus habe ich alles im Blick. Die Technik wird ebenfalls von dort aus gesteuert. Es war alles ganz normal… Neben mir befand sich sonst keiner dort...”

“Ist einem von Ihnen beiden etwas oder jemand verdächtiges aufgefallen?”

Maeda schüttelte nur den Kopf, doch Frau Takata begann vorsichtig zu sprechen:

“Ja, mir ist tatsächlich etwas Verdächtiges aufgefallen. Eine der Figuren, die dort eingelagert gewesen war und für die nächste Show hätte verwendet werden sollen, war nicht mehr da...” Kogoro horchte auf.

“Eine Bühnenskulptur ist verschwunden, meinen Sie?”

“Was hatte sie für eine Form?” Diese Frage kam nun von Conan.

“Es war eine längliche Säule...” meinte die Frau, sie beugte sich leicht zu ihm hinunter.

“Sehr merkwürdig...” murmelte Takagi.

“Können Sie uns diesen Raum bitte einmal zeigen?” Forderte Kogoro Frau Takata auf. Zu fünft machten sie sich auf den Weg, sich die Kühlkammer anzusehen.
 

Samstag, 04. Juli, 18:30 Uhr, Villa der Familie Kudo
 

“Ich habe verstanden. Jodie Starling und André Camel werden sich sofort zur Detektei Mori begeben und die Lage sondieren. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, müssen wir diskret vorgehen, auch, um Kir nicht zu gefähren. Also werden wir zuerst einmal nur schauen, wie viele von ihnen sich dort aufhalten und diese dann unter Beobachtung halten, damit Kogoro und Ran Mori nichts zustößt. Ich werde ebenfalls einen Mann ausschicken, der das Haus von Hiroshi Agasa im Auge behält und bei Gefahr eingreift.” James Blacks Stimme hörte sich noch ernster an als sonst.

“Bitte sag Jodie und André, dass sie äußerst vorsichtig sein sollen. Falls wirklich von “ano kata” ein Befehl kommen sollte, die beiden zu töten, kann das verdammt unangenehm werden… ich denke nicht, dass sie in akuter Gefahr sind. Immerhin sollte ja der Junge beschattet werden.”

“Konntest Du ihn schon erreichen? Machst Du Dich sofort auf den Weg zu ihm?”

“Er geht nicht an sein Telefon. Er hat heute morgen zusammen mit den anderen Kindern das Haus des Professors verlassen, sie wollten einen Ausflug machen, aber ich weiß nicht, wohin. Ich werde also zum Professor gehen und nach dem genauen Aufenthaltsort fragen. Vielleicht können wir eines der anderen Kinder erreichen. Ich mache mich dann sofort auf den Weg.”

“Akai-san.”

“Ja, James?”

“Keine Alleingänge, hast Du mich verstanden? Du wirst mich über alles, was Du planst, unterrichten...”

“Verstanden.” Shuichi Akai legte auf und steckte sein Handy in die Tasche. Er sah noch einmal hinüber zum Haus des alten Mannes. In diesem Moment hörte er es. Ein gedämpftes, lautes Krachen, wie von einer Explosion und kurz darauf das Geräusch von splitterndem Glas.

“Verdammt! Das kam vom Haus des Professors...” Er nahm die Beine in die Hand und rannte so schnell wie er schon lange nicht mehr gelaufen war. War das etwa “ihr” Werk? Bomben passten perfekt zu ihnen, sie löschten so ziemlich alles aus, was als verwertbare Spur verwendet werden konnte.
 

Samstag, 04. Juli, 18:30 Uhr, Vergnügungspark Tropical Land, Akamizu-Show, Tatort
 

“Das hier ist also die Kühlkammer, in der die Skulpturen verwahrt werden, ja?” Megure ließ seinen Blick durch den Raum wandern. Außer ein paar gigantischen Eisskulpturen und einer Werkbank mit Werkzeugen, auf der die Figuren wohl ihren letzten Schliff bekamen, fiel ihm nichts Besonderes auf.

“Ja...” meinte Frau Takata und zeigte dann mit ihrem ausgestreckten Zeigefinger auf eine leere Stelle in der Ecke des Raums. “Dort stand die Säule...”

“Ist das kalt...” bibberte Rans Vater und verschränkte die Hände vor der Brust.

Conan ging an dem fröstelnden Kogoro vorbei und besah sich die Stelle genauer. “Was ist das? Sind das etwa Eisspäne? Die sehen noch ziemlich frisch aus. Wenn man so etwas von Eis behaupten kann...” Schnell machte er kehrt und ging hinüber zur Werkbank. Er fand sofort, wonach er gesucht hatte. Eine elektrische Eissäge.

“Sagen Sie mal… dieses Ding da… ist das gefährlich?” Er deutete mit gespieltem kindlichen Charme auf die Säge mit feinen, eng aneinander liegenden Sägeblattzähnen.

“Oh ja, mein Kleiner. Damit kann man sogar die dicksten Eisblöcke zerteilen… sei also bitte vorsichtig und fass sie nicht an, ja?” Meinte Frau Takata.

“Ich verstehe. So hat er das also gemacht. Ein Teil des Rätsels habe ich schon einmal gelöst… dann fehlt nur noch der Rest...”

“Außer dem fehlenden Eisblock kann ich hier nichts Verdächtiges entdecken. Gehen wir lieber wieder zurück, sonst setzen wir noch Frostbeulen an...” meinte Kogoro an Megure gewandt, dieser nickte ihm zustimmend zu.

Als sie wieder im rechten Bühnenbereich angekommen waren, rannte Conan sofort zur Hauptdarstellerin Frau Amemiya.

“Sagen Sie mal… Sie waren doch da oben...” er deutete mit unschuldigem Gesichtsausdruck hinauf auf den Berg aus Eis. Wie kommt man denn da hoch?” Amemiya dachte sich nichts dabei, als sie ihm sofort antwortete: “Hinter dem Eislauffeld auf der linken Seite der Bühne befindet sich der Aufstieg. Du kommst über eine Treppe nach oben?”

“Eine Treppe? Aber wie kommt man da denn dann mit Schlittschuhen hoch? Ist das nicht gefährlich?” Fragte Conan scheinbar irritiert.

“Ja, eine Treppe. Wir ziehen die Schlittschuhe immer vorher aus, wenn wir den Berg hinaufsteigen. Mit Schlittschuhen wäre es viel zu gefährlich. Es sieht zwar für die Zuschauer so aus, als bestünde auch die Plattform komplett aus Eis, aber das stimmt nicht. Aus Sicherheitsgründen tragen alle Schauspieler oben auf der Plattform spezielle Schuhe mit Gummisohlen. Auch der Boden ist gummiert. Das Publikum sieht das nicht, dass wir keine Schlittschuhe mehr tragen, da die Scheinwerfer nur die Körper, nicht aber die Füße der Schauspieler beleuchten.”

“Ach so...” scheinbar gelangweilt sah er sich nach hinten um. Megure und Kogoro, die sein Gespräch mit der Frau mitbekommen hatten, hatten nun denselben Gedanken wie er selbst.

“Da fällt mir ein...” fing Megure an “…wir waren noch überhaupt nicht persönlich auf der Plattform… würden Sie uns bitte einmal hinaufgeleiten?” er sprach nun direkt Frau Amemiya an.

“Natürlich...” Bestätigte sie ihm. Als Kogoro diese Worte hörte, wurde sein Gesicht blass.

“Ich… ähm… suche weiter hier unten nach Hinweisen...” stotterte er und ging langsam ein paar Schritte rückwärts.

“Nun seien Sie doch bitte keine solche Memme, Mori…” unbarmherzig zog Megure Kogoro mit hinüber zum Aufgang. Conan schlich sich auf leisen Sohlen mit dorthin.

Oben auf der Plattform angekommen, wagte er sich sofort direkt an die Absprungkante. “Von hier aus ist er nach unten gesprungen… die Aussage von Frau Amemiya scheint zu stimmen. Von oben aus kann man wirklich sehr deutlich sehen, wenn etwas nicht stimmt… ob es von hier oben aus passiert ist? Nein, das hätte ja jeder mitbekommen...”

“Geh nicht so nah an die Kante, Conan-kun...” Takagi zog ihn ein Stückchen zurück.

“Und Sie Mori, gehen Sie doch bitte ein Stückchen zu mir her! Von da hinten sehen Sie doch überhaupt nichts!” Meinte Megure zu Kogoro gewandt, der sich mit kalkweißem Gesicht an die Rückwand der Plattform gedrückt hielt.

“Ich will ja auch überhaupt nichts sehen!” Presste Mori hervor, der erkaltete Angstschweiß stand ihm deutlich auf der Stirn.

“Mensch Conan-kun, Herr Mori scheint ja eine ziemliche Angst zu haben, oder? Der arme Kerl...” flüsterte Takagi dem Jungen mit vorgehaltener Hand vor.

“Ja. Onkel Kogoro hat eine schreckliche Akrophobie...” murmelte der Junge geistesabwesend.

Takagi sah ihn nur erstaunt an. Woher hatte der Junge nur dieses Wissen?

Conan bemerkte den Ausdruck in Takagis Augen und fügte schnell hinzu “Höhenangst. Das ist eine Einschränkung, Herr Takagi! Man hat fast Symptome wie bei einer Allergie! Schweißausbrüche und Angstzustände...” er sah Takagi kurz an und fügte dann noch hinzu “dazu habe ich gestern einen Bericht im Fernsehen gesehen!”

Der junge Inspektor verwarf den Gedanken wieder, dass es sich bei Conan um kein gewöhnliches Kind handeln konnte. Er war einfach sehr intelligent, das war alles.

Conan jedoch, hielt inne. “Moment mal… Panik… eine … Akrophobie… Höhenangst… Allergie… Ach so, so war das also. Jetzt verstehe ich...” ein wissendes Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus.

Gemeinsam verließen sie die Kulisse wieder. Unten angekommen, flüsterte Conan Inspektor Takagi etwas ins Ohr. Sofort horchte dieser auf.

“Und Detektiv Mori hat das wirklich gesagt, ja?” Meinte er zweifelnd.

“Ja, und außerdem bittet er Sie darum, dass bei der Gerichtsmedizin anzufragen. Mittlerweile sollte das Obduktionsergebnis ja vorliegen, nicht wahr?” Der Junge lächelte ihn an.

“Ja, tatsächlich sollten sie soweit sein… ich frage gleich einmal nach...” Takagi drehte sich um und machte sich auf den Weg, Moris Bitte zu erfüllen. Das selbstsichere Grinsen auf Conans Gesicht wurde noch breiter.
 

Vollkommen erledigt setzte Kogoro Mori sich auf einen steinernen Absatz, auf dem ein großer Scheinwerfer festmontiert war. Noch immer war ihm schrecklich übel, sein bleiches Gesicht sprach Bände. Warum nur musste der Inspektor immer wieder darauf bestehen, ihn mit in schwindelnde Höhen zu nehmen? Natürlich hatte er schon mehrfach versucht, sich seine Schwäche abzutrainieren. Aber so leicht war das nicht. Erschöpft lehnte er sich mit seinem Rücken an die Scheinwerferhalterung. Er hatte am Nachmittag einfach mal wieder zuviel gebechert. Doch woher hätter er auch wissen können, dass der Inspektor ihn noch zu einer spontanen Zeugenaussage aufs Polizeipräsidium bitten würde?
 

Conan war Kogoro einen kurzen Blick zu. “Das passt ja ausgezeichnet, wenn er schon sitzt. Sobald ich die letzten Informationen zusammenhabe, können wir mit der Aufklärung des Falls beginnen...”
 

Samstag, 04. Juli, 18:35 Uhr, Professor Agasas Labor
 

Eilig rannte Subaru auf die Quelle des Explosionsgeräusches zu. Schon als er in den Vorgarten des Professors trat, bemerkte er, dass einige Fensterscheiben zersplittert waren. Rauch drang aus den nun offenen Löchern in den Fenstern hervor, auf dem Gehweg lagen Glasscherben herum. Es schien sich um eine kleinere Explosion gehandelt zu haben. Alarmiert schlich er sich nun zum Hintereingang. Bei einer früheren Gelegenheit hatte er das Haus des alten Mannes schon einmal inspiziert. Er wusste, dass dieser dazu tendierte, den Hintereingang nicht abzuschließen. Der Mann mit dem obligatorischen Rollkragenpullover öffnete leise die Türe und trat ein. Mit allerhöchster Vorsicht stieg er über mehrere selbstgebastelte Gerätschaften des Professors während er sich umsah. Er hielt seine, als reine Vorsichtsmaßnahme dienende Pistole in seiner rechten Hand. Als er ein knirschendes Geräusch hörte, wandte er sich sofort um und hob seine Waffe ein Stückchen. Angespannt ging er weiter, die Waffe im Anschlag.
 

Samstag, 04. Juli, 18:40 Uhr, Vergnügungspark Tropical Land, an einem unbekannten Ort
 

Beinahe enttäuscht beobachtete der Mann mit den schwarzen Haaren und dem dunklen Anzug den Mann, der sich selbst als Meisterdetektiv und den die Medien als “schlafenden Kogoro” bezeichneten. Dieser war äußerst unspektakulär und er hätte sich wesentlich mehr von ihm und seinem Auftreten erwartet. Der Mann trug einen Oberlippenbart, welcher schon seit gefühlt mehreren Jahrzehnten nicht mehr in Mode war. Sein Gesicht war blass und Augenringe zeugten davon, dass er wohl sehr lange wach gewesen war in der letzten Nacht. Entgegen seinem Ruf benahm er sich nicht sehr scharfsinnig, sondern eher peinlich, im Gegensatz zu seinem kleinen Freund mit der Brille, den er fast die ganze Zeit bis jetzt im Auge behalten hatte. Der Junge hatte dem Mann vorhin bereits einen Blick zugeworfen. Gespannt wartete er nun darauf, was als nächstes passieren würde.
 

Er konzentrierte sich wieder auf den Jungen. Der junge Inspektor, mit dem er zuvor getuschelt hatte und er ärgerlicherweise nur das halbe Gespräch mitbekommen hatte, flüsterte ihm nun wieder etwas zu. Dieses Mal standen sie allerdings etwas näher an der Wanze, sodass er beinahe die komplette Konversation mitanhören konnte.
 

“Es war genau so, wie Herr Mori gesagt hat. Die Kleidung…” nun flüsterte der junge Mann nun doch wieder so leise, dass er nichts verstehen konnte “...am Hals...” endete er.

“Perfekt! Danke, Inspektor Takagi...”

“Konnten Sie das, worum ich Sie gebeten habe, besorgen?”

“Ja, natürlich. Sie war noch dort, wo Du beschrieben hast und sie hat mir das Gewünschte ausgehändigt...”

“Und der Tatverdächtige?”

“Ist ebenfalls da...”

“Dann tun Sie mir doch bitte den Gefallen, und rufen alle hierher, damit Onkel Kogoro das Verbrechen auflösen kann...”
 

Der Mann starrte den kleinen Jungen fassungslos an und sah dann auf den Mann, der noch immer erschöpft an der Scheinwerferhalterung lehnte. Niemals traute er diesem Mann zu, die Fälle zu lösen, für die er in den Zeitungen berühmt geworden war. Täuschte ihn sein Eindruck? Und was genau spielte dieses Kind für ein Spiel? Konnte es sein, dass…?
 

Der junge Inspektor machte sich auf den Weg, alle zu versammeln. Er schien dieses Spiel bereits gewohnt zu sein, wenn er auf Zuruf eines kleinen Kindes sofort alles Stehen und liegen ließ und sogar Botengänge für dieses erledigte...
 

Samstag, 04. Juli, 18:42 Uhr, Vergnügungspark Tropical Land, Akamizu-Show, Tatort
 

Kogoro saß noch immer an dem Platz, an dem er noch mehrere Minuten zuvor gesessen hatte. Er hatte die Augen geschlossen, schon seit mehreren Minuten. Vielleicht war er tatsächlich eingeschlafen. Er schien die letzte Nacht nicht viel geschlafen zu haben. Typisch Kogoro, selbst wenn ein Mordfall passiert war, konnte er seelenruhig schlummern. Conan hatte bereits das Visier seines Narkosechronometers aufgeklappt und hielt es im Anschlag. Er musste sich beeilen, bald würden die Verdächtigen und der Inspektor eintreffen. Genau in dem Moment, in dem er abdrückte, packte ihn plötzlich jemand von hinten an der Schulter und sagte: “was machst Du denn da, Junge?” Es war der Beckentechniker Maeda. Erschrocken realisierte Conan, dass er die Betäubungsnadel zwar abgeschossen, aber ihre Flugroute nicht mitbekommen hatte.

“I… ich… das ist nur ein Spielzeug...” stotterte er und bemerkte entsetzt, dass zusammen mit Maeda alle anderen ebenfalls zu ihnen getreten waren. Der/die Verdächtige war ebenfalls anwesend. Allerdings schien niemand bemerkt zu haben, dass er die Nadel auf Kogoro gerichtet hatte.

“Verdammt… mir bleibt nicht mehr viel Zeit… habe ich ihn jetzt getroffen oder nicht?” Dem Jungen brach der kalte Schweiß aus.

“Aah, Mori, es geht also wieder los. Na dann lassen Sie mal hören!” Conan wartete ab, ob Kogoro auf Megures Worte reagierte. Nichts, er rührte sich nicht.

Hastig trat er hinter den Mann. “Onkel Kogoro, hörst Du mich?” Es half nichts. Er musste sichergehen, dass Kogoro wirklich schlief. Mit einer ganz leisen Entschuldigung zwickte er ihm kräftig von hinten in den Oberarm, doch er reagierte nicht. Er musste ihn also tatsächlich getroffen haben…

Er seufzte kurz, dann setzte er seinen Stimmentransposer an die Lippen an.

“Herr Inspektor, schön das Sie da sind. Was halten Sie davon, wenn ich mit meinen Schlussfolgerungen beginne?” fing Conan an, mit Kogoros Stimme zu sprechen.
 

Samstag, 04. Juli, 18:40 Uhr, Vergnügungspark Tropical Land, an einem unbekannten Ort
 

Fasziniert beobachtete er den kleinen Jungen, der nun mit der Stimme des erwachsenen Mannes zu sprechen begonnen hatte. Interessant. Sehr interessant. Vor allem dieses kleine “Spielzeug”, mit dem er auf den Mann gezielt hatte. Ein amüsiertes Grinsen umspielte seine Lippen, als er den Kragen des schnauzbärtigen Detektiven ein Stückchen heranzoomte. Dort, direkt hinter ihm, schien etwas in dem Seil zu stecken, mit dem der Scheinwerfer hinter dem Kerl an dem Podest festgemacht worden war. Er kniff die Augen zusammen, damit er es besser erkennen konnte. Was war das? War das etwa eine Nadel, die dort steckte?



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