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Zwischen den Welten

von

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Leo...?

Irgendwann schafft sie es einzuschlafen. Als sie wieder aufwacht, kommt ihr Entführer gerade durch die Tür. Er schien wohl bereits unterwegs gewesen zu sein. „Du bist endlich wach!“ fährt er sie auch sofort an. Doch hätte es ihn wirklich gestört, dass sie so lange schlief, hätte er sie wohl geweckt. Das erkennt das Mädchen in ihrer Situation natürlich nicht und so entschuldigt sie sich in der Angst ihr könnte sonst etwas zu stoßen. „Schon gut“ erwidert er darauf hin unerwartet. In seiner Hand hält er einen kleinen Sack. Den lässt er nun auf den Tisch fallen und öffnet ihn. Heraus kommt das Frühstück der beiden. Eigentlich ist es aber exakt das gleiche wie am gestrigen Abend. Wieder wirft man ihr das Brot zu und sie fängt und isst ohne etwas einzuwenden.
 

Nach diesem recht einseitigen Frühstück holte der junge Mann noch etwas anderes hervor. Das Mädchen fragte sich kurz wofür er den Zettel und das wirklich winzige Stückchen Kohle bräuchte, erinnerte sich dann aber gehört zu haben, dass er einen Brief an ihre Eltern schreiben sollte. „Kannst du schreiben?“ fragte er sie nun allen ernstes und sie war ein wenig beleidigt darüber, dass er denkt sie könnte nicht schreiben nur weil sie ein Mädchen ist. „Natürlich!“ rutschte es ihr auch schon heraus. Ein kurzes Nicken und da ist auch schon der Knoten in ihren Fesseln gelöst. Sie kann kaum glauben, dass er den verflixten Knoten mit Leichtigkeit auf bekommt.
 

Für einen kurzen Moment fühlte sie sich wieder frei, da umschlang auch schon etwas anderes ihr Handgelenk. Sein Hand hatte nach ihr gegriffen und zog sie auf den Stuhl. Unfreiwillig wurde sie vor das Stück Papier gesetzt und man drückte ihr den „Stift“ in die Hand. „Schreib einfach was ich sage, ja?“ Sie sah nicht wirklich ein wieso sie nun diesen Drohbrief an ihre eigenen Eltern schreiben sollte. „Warum machst du das nicht?“ Mit dieser Frage hatte ihr Gegenüber nicht gerechnet und seine sonst so ruppige Ausstrahlung wurde auf einmal leicht nervös. Zumindest seine Stimme klang aufgeregt und vielleicht sogar ein bisschen schüchtern. „Emm… Das…“ Schnell konnte er diese kurze Nervosität überwinden und seine Stimme wird wieder so angsteinflößend wie zuvor. „Sei einfach ruhig und mach, was ich sage!“ befiehlt er und sie fragt nicht weiter nach.
 

Dann wendet sie sich dem Blatt Papier zu und nimmt das kleine Stückchen Kohle in die Hand. „Also wie heißt du?“ fragt er sie jetzt, denn ein Adressat war bei einem Brief recht wichtig. Schnell antwortet das Mädchen: „Aurora van Veyls“ Er nickte nur und blickte in die Luft, er dachte wohl nach.
 

„Okay!“ meinte er dann, als er sich etwas überlegt hatte und wandte seine Augen wieder Aurora zu. „Herr und Frau van Veyls, ihre Tochter ist in meiner….“ Weiter kam er nicht, denn sie unterbrach hin. „He, so schnell kann ich doch nicht schreiben!“ sagte sie hektisch, da sie jetzt schon nicht mehr mitkam. „Siehst du das nicht?“ fragte sie entrüstet. Der junge Mann nuschelte irgendetwas vor sich hin, was sie nicht verstand und wiederholte seinen Satz, diesmal etwas langsamer: „Herr und Frau van Veyls … ihre Tochter …. ist in meiner Gewalt …. Punkt. Bringen sie das Geld …. das Ihnen ihr Leben … wert ist … bis heute Mitternacht … zum folgenden Ort … sonst werden sie … sie nie wieder sehen.“ Desto mehr sie davon auf das Blatt Papier niederschrieb desto mehr begann ihre Hand zu zittern und desto schwieriger wurde es für sie leserliche Wort zu schreiben.
 

Grausam, dass er sie solche Worte schrieben ließ. Hoffentlich würden ihre Eltern bezahlen. Was sonst passieren würde wollte sie gar nicht wissen. Doch der Brief war noch gar nicht zu Ende. „Gut und jetzt schreib Ort Doppelpunkt und dann Lichtung nahe der alten Weggablung … im Eichenwald. Meinst du du wüsstest, wo das ist?“ Schnell nickte sie einfach, auch wenn sie absolut keine Ahnung hatte, wo das war. „Gut“ meinte er und sie meinte ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen erkennen zu können. „Jetzt fehlt nur noch ein kleiner Beweis.“ Damit holt er ein kleines Klappmesser aus seiner Hosentasche und lässt es laut aufschnappen.
 

Reflexartig weicht Aurora zurück und die Angst steht auf die Stirn geschrieben. „Du musst keine Angst haben“ versichert er ihr, „das wird nur ganz kurz wehtun.“ Was hatte er vor? Mit seiner freien Hand ergriff er erneut ihr Handgelenk, setzte das Messer an und ein kurzer Schrei entfuhr der jungen Schönheit, als man ihr in den Finger schnitt. Warmes Blut lief an ihrem Zeigefinger herunter und tropfte auf den Tisch. Schnell presste er ihren Finger auf den Brief und hinterließ einen Fingerabdruck. Damit war der Zweck der Aktion erfüllt und mit einem kleinen Stoffstreifen umwickelte er ihren Finger.
 

Zwar tat es jetzt immer noch weh, die Blutung war aber gestoppt und es bestand keine Entzündungsgefahr mehr. Nach getaner Arbeit blickt er nach oben und sieht wie eine kleine Träne an ihrem Gesicht herunterläuft. „Reiß dich gefälligst zusammen!“ zischt er und sofort wischt sie sich die Träne aus dem Gesicht, um zu zeigen, dass es schon besser war.
 

„Kann ich dich was fragen?“ meint Aurora nach einiger Zeit der Stille. Sie war bereits wieder am Haken angebunden und er kramte währenddessen irgendwelche Sachen zusammen. „Mach einfach!“ erwidert er ohne sie wirklich anzuschauen. „Wie heißt du?“ Überrascht hält er inne und sieht sie an. „Warum willst du das wissen?“ wirft er barsch zurück und sie kann darauf leider keine Antwort geben, wahrscheinlich war sie einfach nur neugierig. „Nur so“ antwortet sie. „Aha.“ Kurze Zeit bleibt er noch so stehen und setzt sich dann einfach wieder in Bewegung. Er würde ihr seinen Namen wohl nicht verraten. Sie lehnte sich wieder an die Wand und starrte durch das Fenster hinaus in die Freiheit.
 

„Leo“
 

Ruckartig sah sie zu ihrem Entführer herüber. Der schien aber nichts gesagt zu haben. Trotzdem entscheidet sie sich in diesem Moment ihn so zu nennen. Leo. Vielleicht kurz für Leonard oder Leon. Auf jeden Fall ein schöner Name. Kurze Zeit später schien er seine Sachen zusammengepackt zu haben und verließ den Raum wieder.
 

Ich versuchte erst gar nicht die Fesseln zu lösen. Erstens bekäme ich sie sowie so nicht auf und zweitens hatte er ja gesagt, solange meine Eltern zahlen, geschieht mir nichts. Also bin ich hier drinnen vielleicht sogar sicherer als da draußen irgendwo im Wald, wo ich einen Weg nach hause suche und womöglich noch einmal überfallen werde und diesmal an jemand komme, der mich in seinem Bett schlafen lässt, auf die schlechte Weise gemeint. Ich glaube ich hatte Glück im Unglück. Schließlich schien mir Leo bis auf seine etwas ruppige Art gar kein allzu böser Mensch zu sein.
 

Als Leo zurück war wirkte er irgendwie anders. Dauernd zuckten seine Augen von links nach rechts, als würde er sich beobachtet fühlen und bei genauerem Hinsehen zitterte er leicht. Langsam kam er auf mich zu ohne mich wirklich anzusehen und ich bekam es ein wenig mit der Angst zu tun. Ohne es zu bemerken wich ich zurück bis ich auf die Wand hinter mir stieß. Er griff ins innere seiner Hosentasche und holte erneut das Klappmesser heraus. Das klackende Geräusch als es aufging schallt in meinen Ohren. Ich wusste bereits wie scharf diese Klinge war und riss vor Angst die Augen auf. „B-Bleib weg...“ wisperte ich mit zitteriger Stimme. „Tut mir Leid… es geht auch ganz schnell...“ höre ich weit entfernt seine Stimme sagen. Was wird schnell gehen? Ich möchte weglaufen, aber meine Glieder bewegen sich nicht. Ich möchte schreien, aber kein Ton verlässt meinen Munde. Ich möchte weinen, verzweifeln, lachen, hoffen, aber ich sitze nur starr da die Gedanken blank.
 

Es ist sein Blick. Diese Augen, die mich entschlossen und dennoch mit Mitleid ansehen, sie lassen mir einen Schauer den Rücken herunter laufen. Immer näher kommt die Klinge in seiner Hand meinem Hals. Angespannt halte ich den Atem an und ich weiß, dass jetzt mein letztes Stündlein geschlagen haben muss. Ja, ich werde wohl sterben. Aber warum? Warum tut er das? Sagte er nicht ich würde heute wieder in meinem Bett liegen können? Die Übergabe sollte doch heute Nacht stattfinden! Verdammt, ich will nicht sterben. Endlich habe ich meine Stimme wieder und alles was herauskommt ist ein stechender, ein lauter, ein Angst-erfüllter Schrei, ein Schrei um mein Leben.



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