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Technodrome Soap Opera

- Der lange Weg -
von

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Kapitel 1

Technodrome Soap Opera

 

oder: der lange Weg
 

 

1.Kapitel
 

Gegenwart:
 

Müde Augen, von einem so tiefen Blau, dass sie fast schwarz wirken.

Eine violette, verwuschelte Irokesenfrisur.

Ein leichtes, verschämtes Grinsen das noch mehr spitze Zähne entblößt als nur die großen Hauer, die so beeindruckend aus dem Unterkiefer ragen.

Ein großes Plüschkissen, kindlich an eine breite Brust gedrückt.
 

Ebenfalls müde, braune Augen rutschen einmal über die Gestalt vor sich herab und dann wieder herauf, registrieren das alte rote T-Shirt mit dem Aufdruck von Duffy Duck und die schwarze Bermudashorts.

Nicht zu vergessen, die offenstehenden, ausgelatschten Turnschuhe.
 

„Chefchen?“ Bebops Stimme ist eine Mischung aus Betteln und Hoffnung. „Bitte, kann ich heute bei dir schlafen?“
 

Sein Chefchen zieht nur die rechte Augenbraue hoch und mustert ihn prüfend.
 

Bebop zögert sichtlich, doch dann gibt er sich einen Ruck, tritt ganz nahe auf seinen Boss heran, so dicht, bis er dessen Körperwärme spüren kann, streckt sich etwas und haucht ihm nur ein einziges Wort ins Ohr, das aber sehr gedehnt und extrem kehlig:
 

„Eeeeeeeeiiiinsaaaaam.“
 

Als er seinen Kopf wieder zurückzieht, streift er wie zufällig Shredders Wange. Es ist nur der Hauch einer Berührung, aber trotzdem erschaudert dieser kurzzeitig.
 

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drängt sich der Mutant an dem Japaner vorbei in dessen Quartier, wo er, kaum betreten, sofort aus seinen Schuhen schlüpft und sie ordentlich neben die des hiesigen Bewohners stellt. 

Um seine Mundwinkel zuckt ein zufriedenes Lächeln, während er zielstrebig auf den breiten Futoni zuhuscht, dort sein Plüschkissen ablegt und sich selbst unter die Decke kuschelt, als wäre dies sein naturgegebenes Recht.
 

Shredder seufzt einmal tief auf, schließt die Tür wieder, schaltet das Licht aus und kehrt im Halbdunkeln zurück zu seinem Bett. Kaum hat er sich dort hingelegt, spürt er auch schon, wie sich ihm ein muskulöser Arm um die Taille schlingt und sich der dazugehörige Körper an ihn schmiegt.
 

„So, einsam bist du also?“ hakt er leise nach, während seine Hand unter das rote T-Shirt schlüpft und träge über beachtliche Muskelpakete streichelt.
 

„Hm-hm“, brummt Bebop, dessen Hände ebenfalls mit einer sehr interessanten Wanderung über all das beginnen, was sich unter dem schwarzen Pyjama verbirgt. 
 

Seine Nase findet zielsicher diese empfindliche Stelle zwischen Halsansatz und Schulter, und er muß nur einmal über diese Stelle lecken und sein Chefchen zieht ihn sofort noch enger an sich. 
 

„Bebop…“
 

„Hm…“ der Mutant schmiegt sich fester an den begehrten Körper neben sich und vergräbt seine Nase in weichen, seidigem Haar. Seine Hand unter dem Pyjama ist inzwischen dazu übergangen, höchst anregende Kreise auf einem breiten Brustkorb zu ziehen.
 

„Be…“ der Rest des Namens erstirbt in einem leisen Seufzer, als Bebop ohne weitere Umschweife seinen Mund auf den des anderen drückt und ihm seine Zunge zwischen die Mandeln schiebt. 
 

Es hat einige Übung gebraucht, aber inzwischen weiß er nicht nur, wie er seine lange Zunge richtig einsetzen muß um den anderen um den Verstand zu bringen, sondern auch, wie schräg er seinen Kopf halten muß, damit der Atem aus seiner Schweinenase über das Ohr des anderen streichelt, was diesen immer so schön zum Erschauern bringt.

Für eine ziemlich lange Zeit ist in dem halbdunklen Raum nicht mehr zu hören als das Rascheln von Stoff, Kussgeräusche und wohliges Seufzen.
 

Etwas atemlos gelingt es Shredder schließlich irgendwann, den anderen etwas von sich zu schieben. Zumindest so weit, bis er ihm in die Augen sehen kann.
 

„Bebop, hör zu, bei aller Liebe: das ist das letzte Mal, dass ich dich nach Mitternacht in mein Bett lasse. Ich würde gerne mal wieder durchschlafen.“
 

Bebop grinst nur und beginnt sich aufreizend an Shredders Körpermitte zu reiben. Er weiß genau, daß der andere im Moment etwas ganz anderes will als schlafen. Das spürt er nur allzu deutlich. 

Und kurz bevor sich sein Chefchen auf ihn rollt und ihn in einen Kuss verwickelt, den er hungrig und verzweifelt entgegnet, dankt er allen existierenden oder nicht existenten Göttern dafür, dass er vor einem Monat den Mut aufbrachte, zum ersten Mal um diese Uhrzeit an diese Tür zu klopfen. 

Auch, wenn er dafür erst einmal von Rocksteady abgefüllt werden musste …

 

 

***
 

Vergangenheit:
 

„Kann ich das Modul auch mal steuern, Chefchen? Biiiittteee.“

Er hat seine violette Brille in die Stirn geschoben, so dass ihn seine blauen, fast schwarzen Augen mit all ihrer Kraft treffen. 
 

Ein Blick, so flehentlich und treuherzig, dass Shredder gar nichts anderes mehr übrigbleibt als unwillig einzulenken. 

Er will sich gerade aus dem Steuersitz des Transportmoduls auf einen der hinteren Plätze quetschen, da ist Bebop schon heran – erstaunlich flink und sehr geschickt – und macht es sich einfach auf seinem Schoß bequem.
 

Überrascht schnappt Shredder nach Luft und will ihn kurzerhand von sich herunterschubsen, als sich Bebop auch schon zu ihm umdreht und ihn regelrecht anstrahlt.
 

„Danke, Chefchen. Du bist der Beste.“
 

Sein Ellbogen streift dabei unabsichtlich den Hebel für die Hydraulik und Shredder beeilt sich, das zu korrigieren. Er beschließt, dass es für ihrer aller Sicherheit vielleicht besser ist, wenn er in Reichweite der Armaturen bleibt, also gibt er nur ein ungnädiges 

„Jetzt gib mal Gas“ von sich.
 

Vom Rücksitz ertönt ein jammerndes „das nächste mal will ich aber auch mal“ von Rocksteady, das er geflissentlich überhört.
 

„Jetzt geht’s los“, zwitschert Bebop freudestrahlend, und wenig später bohrt sich das Modul durch das Gestein und ein bis über beide Ohren grinsendes Warzenschwein mit lila Irokesenschnitt hält das Steuerruder stolz wie Oskar in den Pranken.
 

Hinter ihnen ertönt das monotones „piep-piep“ von Rocksteadys Nintendo und aus den Lautsprecherboxen leise Popmusik.
 

Shredder läßt die Instrumente nicht aus den Augen und korrigiert manchmal etwas. 

Ohne groß darüber nachzudenken, legt er dabei seine rechte Hand auf Bebops Hüfte, stützt ihn und gibt ihm Halt, damit er nicht herunterrutscht. Der Mutant ist schwer, geballte Muskelmasse, und Shredders Oberschenkel schmerzen allmählich, und so spreizt er sie, bis Bebops Hintern von ihm runter auf das abgewetzte Sitzpolster rutscht. 

Seine Hand liegt immer noch auf Bebops Hüfte und seine Finger beginnen unbewusst mit den verschiedenen Talismanen an der Gürtelschlaufe zu spielen. 

Seine andere Hand liegt auf dem Armaturenbrett um notfalls sofort einzugreifen.
 

Irgendwann beugt er sich weiter nach vorne und stützt sein Kinn auf Bebops Schulter ab, um die Anzeigen besser im Auge behalten zu können.

Er denkt sich nichts dabei, dafür konzentriert er sich viel zu sehr auf die Instrumente und die Aufgabe, die vor ihnen liegt.
 

Bebop dagegen fühlt die Präsenz dieses großen, muskelbepackten Körpers hinter sich, seine Wärme und sogar jeden Atemzug, den der andere macht, weil dieser sich so eng an seinen Rücken lehnt. Er riecht diesen unverwechselbaren Kräuterduft, der den anderen stets umgibt und der von all den Räucherstäbchen stammt, die ständig in seinem Quartier vor sich hinglimmen.

Er spürt das Gewicht des behelmten Kopfes auf seiner Schulter. Und ganz besonders spürt er diese Hand an seiner Hüfte.
 

Und er wird nervös. 
 

Diese Nähe macht ihn ganz kribbelig. 

Er beginnt, Fehler zu machen. 

Einmal reißt er das Steuer zu weit nach oben und das Modul macht einen Satz, der Rocksteady hinter ihnen beschwerend aufzischen läßt – jetzt hat er das Level vergeigt und muß nochmal von vorne beginnen – und auch Shredder flucht.
 

„SorrySorrySorry“, haspelt Bebop und geht mit brennenden Wangen wieder auf Kurs. 
 

Aber das ist gar nicht so leicht, denn bei dem Ruckler eben hat sich Shredders Arm instinktiv ganz um seine Taille geschlungen und Bebop etwas fester an ihn gedrückt.

Nur langsam lockert sich dieser Griff wieder. 
 

Aber es ist vorbei mit Bebops Konzentration. Wie soll er auch, wo aus einem ihm unverständlichen Grunde gerade sein gesamtes Blut in seine Körpermitte abgerutscht ist?
 

Als das Modul endlich die Oberfläche durchbricht und schlingernd auf einer unbelebten Straße zur Ruhe kommt, schüttelt Shredder nur den Kopf und faucht ungnädig:
 

„Bebop - du Produkt eines Kaffeewärmers! Das ist das letzte Mal, dass ich dich das Modul auf meinem Schoß sitzend hab steuern lassen!“
 

Bebop rettet sich in einen blöden Spruch und bemüht sich, nicht auf dem Sitz hin und her zu rutschen.

Er kann sich nicht erklären wieso, aber er hat ein verdammt großes Problem.

 

 

***
 

„Na los, greift mich an!“
 

„Was, wir beide?“ zweifelnd kratzt sich Rocksteady am Horn.
 

Bebop sagt nichts, er versucht gerade, Löcher in den Boden zu starren. 

Es ist wirklich nicht das erste Mal, dass sie als Shredders Sparringspartner bei dessen täglichen Trainingseinheiten fungieren, aber in der letzten Zeit hat er immer versucht, sich möglichst darum zu drücken. Aber heute sind ihm leider die Ausreden ausgegangen. 

Und der mit roten Tatami-Matten ausgelegte Boden ist ein viel sicherer Anblick als der des Japaners vor ihm. 
 

Da kann er sich noch so oft einreden, dass es schließlich nicht das erste Mal ist, dass Shredder in seinem dunklen Karategi vor ihnen steht, der seine Figur umschmeichelt und verdammt viel bronzegoldene Haut entblößt – vor allem im Brustbereich, also genau das, was man normalerweise nicht von ihm zu sehen bekommt. 

Es nutzt auch nichts, wenn er sich sagt, dass all diese Muskeln auch  immer durch sein graues Shirt durchschimmern und nichts sind, was er nicht schon auf die eine oder andere Weise gesehen hat, oder daß er und Rock mindestens genauso viele Muskeln haben und genauso beeindruckend aussehen. 
 

Es. Nutzt. Nichts. 
 

Aber er will nicht daran denken. 
 

Er will nicht daran denken, wie elegant diese kräftigen Unterarme aus den weiten Ärmeln hervorlugen. 

Er will nicht daran denken, wie perfekt der Schwung seines Halses ist.

Und schon gar nicht daran, wie gut sich dieses schwarze Haar von dem weißen Stirnband abhebt.

Er will an all das nicht denken. 

Er will eigentlich gar nicht mehr denken.
 

Er will einfach nur noch hier raus.
 

„Komm schon, Schweinebacke.“ 
 

Rocksteady gibt ihm einen Stoß mit dem Ellbogen zwischen die Rippen, und er wird aus seinen panischen Gedanken gerissen. 

Rein instinktiv schließt er sich seinem besten Freund an, als sich dieser auf Shredder stürzt. Wirklich Mühe gibt er sich nicht, dazu ist er viel zu sehr bemüht, sein Chefchen nicht zu berühren, und so dauert er auch nicht lange und er schließt Bekanntschaft mit den roten Tatami-Matten.
 

Der Aufprall presst ihm glatt die Luft aus den Lungen, keuchend dreht er sich auf die Seite. Echte Schmerzen hat er nicht, aber genauso wenig hat er Lust wieder aufzustehen, kann allerdings auf der anderen Seite aber auch gut auf Spott und Hohn verzichten, also rappelt er sich auf. 

Schnell, denn er sieht schon den besorgten Blick, den ihm Shredder zuwirft, und bevor dieser zu ihm kommen und ihm aufhelfen kann, steht er schon wieder sicher auf seinen zwei Beinen, sieht zu, wie Rocksteady den Japaner mit einem Faustschlag bedrängt und dafür unsanft gepackt und über eine Schulter geworfen wird.

Alles in einer einzigen, fließenden Bewegung. 

Bebop spürt, wie sein Herz plötzlich aufgeregt in seiner Brust zu hämmern beginnt.
 

Er sieht den Blick, den Shredder seinem schimpfend am Boden liegenden Kumpel zuwirft, wie dieser abwinkt – nein, ihm geht es gut – aber als sich Shredder dann wieder ihm zuwendet, mit vergnügten Augen, die ihn unter zerzausten Haarsträhnen anblitzen – und wieder schwarz auf weiß und dazu goldbronzener Teint – wieso kann er als Warzenschwein nicht farbenblind sein? – und wieder will Bebop nur eines: raus.
 

„Hey, Bebop, ich warte!“
 

Bebop ist plötzlich nur froh, dass er sich für seine weit geschnittene Trainingshose entschieden hat.
 

„Bebop?“
 

„Ich … muss mal …“ so schnell wie es ihm möglich ist ohne gleich zu rennen, verläßt er den Trainingsraum.

***
 

ScheißeScheißeScheiße.

Augen, von einem so dunklen Blau, dass sie fast schwarz wirken, starren an die Zimmerdecke, die selbst im schwachen Licht des Nachtlichts noch weißgrau schimmert. 

Er versucht leise zu atmen, hofft, dass sein Freund im Bett nebenan nichts bemerkt hat. 
 

Diese verfluchten Träume!
 

Inzwischen hat er sie schon so lange, daß er gar nicht mehr weiß, wie es ist, ohne verklebte Shorts aufzuwachen. Ein Grund, weshalb er schon vor Wochen – Monaten? – dazu übergegangen ist, den Waschdienst freiwillig zu übernehmen.

Mühsam versucht er, seinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen, lauscht auf die Atemzüge seines Zimmergenossen.
 

„Scheiße.“ Verzweifelt vergräbt er sein Gesicht in den Kissen. „Ich bin nicht schwul“, wispert er dumpf in den weichen Stoff.
 

„Schweinebacke?“ tönt es schläfrig aus dem Nachbarbett. 
 

Er bekommt fast einen Herzinfarkt vor Schreck.
 

„Bebop? Alles okay, Kumpel?“ Rocksteady klingt sehr besorgt.
 

„Jepp“, schnappt Bebop ungnädig.

Frag mich nicht. Bitte frag mich nicht. Schlaf einfach weiter. Bitte.
 

„Bebop, wir sind doch Freunde, oder? Die besten, oder? Wenn … wenn du jemanden zum Reden brauchst, ich bin da, Kumpel.“
 

Für jeden Außenstehenden wäre der sanfte Tonfall in der Stimme des hartgesottenen Schlägers eine echte Überraschung, aber nicht für Bebop, denn so läuft das nun einmal zwischen ihnen. Sie sind Freunde, sie passen aufeinander auf, sie sind immer füreinander da und in Wahrheit butterweich unter ihrer rauhen Schale.

Sie können über alles miteinander reden. 

Aber nicht darüber.
 

„Jaja, ich weiß, Nasi. Mach dir keinen Kopf, ´s is’ alles okay. Hab nur schlecht geträumt.“
 

„Wieso gehst du nicht zu Shredder? Er kennt da ´ne tolle Methode. Zehn Minuten Massage und du schläfst wie ein Baby.“
 

Ja, das hätte mir noch gefehlt. 
 

Bebop kennt diese Massage, stöhnt unterdrückt und beißt in sein Kopfkissen. Die Vorstellung von Shredders Fingern auf seinen Schultern kommt völlig ungewollt, und obwohl er weiß, dass es sich dabei wirklich nur um eine harmlose Massage handelt, hat er jetzt wieder ein riesiges Problem.

Frustriert krabbelt er aus seinem Bett, bemüht Rocksteady trotz der im Raum herrschenden Dunkelheit immer den Rücken zuzuwenden.
 

„Ich geh duschen.“
 

Kalt, eiskalt, fügt er bitter in Gedanken hinzu.

Ihm ist einfach nur noch zum Heulen.

 

 

***
 

„Schwule Sau!“

Dunkelblaue Augen verdüstern sich hinter einer lila Brille, die sowieso nur als Accessoire dient, und dann kracht Bebops Rechte mit nasenzertrümmernder Wucht im Gesicht des frech grinsenden Neutrinos. Er sieht das Blut, hört den Schrei, aber er fühlt sich nicht wirklich anwesend. Es ist, als würde all dies einem anderen geschehen. 

Erst mit einiger Verspätung geht ihm auf, dass er gar nicht gemeint war.
 

Aber jetzt hat er die Aufmerksamkeit aller anderen in dieser kleinen, versifften Bar in der Dimension X, in der sich neben den spitzohrigen Neutrinos auch noch andere Aliens aufhalten, einer streitsüchtiger als der andere.

Und keine zehn Sekunden später sieht er sich in eine wilde Kneipenschlägerei verwickelt, Rocksteady wie stets an seiner Seite und die wie immer wenige Minuten und viele zertrümmerte Möbel und blaue Flecken auf allen Seiten später mit einem Rausschmiss endet.
 

„Was war denn das, Schweinebacke?“ Rocksteady kommt zu ihm und hilft ihm hoch.
 

„Sowas sagt man nicht“, erwidert er nur mürrisch, und da er nichts weiter ist als ein riesengroßer Pumbaa-Verschnitt, glaubt er, Rocksteady würde daher annehmen, dass es der Begriff „Sau“ war, der ihn so hat ausflippen lassen.
 

Rocksteady will etwas sagen, schluckt es aber hinunter und murmelt dann nur ungewohnt ironisch:
 

„Sicher, Dude.“

 

***

Kapitel 2

2. Kapitel

 

Gegenwart:
 

Keuchend wirft er den Kopf in den Nacken, und das schwache Licht bricht sich in seinen weitaufgerissenen dunkelblauen Augen, läßt sie von innen her erstrahlen, und dieser Anblick in Verbindung mit seinem gehauchten Namen ist alles, was Shredder braucht, um ihm über die Klippe zu folgen.
 

Schweratmend, einander fest umklammernd, spüren sie den letzten Nachwehen nach, bis auch das letzte Zittern erstirbt und nur diese träge Zufriedenheit zurückbleibt. 

Nur nach und nach kehren sie zurück ins Hier und Jetzt, und wie bei allem, was da zwischen ihnen wächst, lassen sie sich Zeit, genießen jede einzelne Sekunde, und so rollt sich Shredder auch nicht von ihm herunter, sondern rutscht nur, und Bebop dreht sich zur selben Zeit, so daß sie schließlich beide auf der Seite liegen, die Gesichter einander zugewandt und sich gegenseitig umschlingend.
 

Seufzend schließt Bebop die Augen, genießt die Hand, die ihn zärtlich hinter dem rechten Ohr krault und sich von dort langsam zu seinem Gesicht vorarbeitet. Über die Schläfe zu den breiten Wangenknochen, die kleine Narbe dort, um dann ganz sachte über die gesamte Länge seiner Schnauze zu streicheln.
 

Unwillkürlich lehnt er sich in diese Berührung hinein, schmiegt sich gleichzeitig fester an die breite Brust des Mannes neben ihm, der ihm so viel Halt und Sicherheit verspricht. 

Ruhig, verläßlich, trotz seines aufbrausenden Temperaments. 

Jemand, der ihn emotional auffängt, noch viel mehr als es Rocksteady je können wird. 

Jemand, der ihm Stabilität verspricht und den er gleichzeitig mit all seiner Liebe überschütten kann, von der er bisher gar nicht wusste, dass sie in ihm steckt.

Es ist neu, es ist aufregend und wunderschön, aber vor allem auch erstaunlich unkompliziert.
 

Ein neckisches Ziehen an seinem Nasenring holt ihn aus seinen Gedanken.
 

„Hey!“ Spielerisch schnappt er nach diesen frechen Fingern und erntet nur ein leises Lachen, gefolgt von einem kleinen Kuss mitten auf die Nasenspitze.
 

Und dann fühlt sich Bebop noch fester in diese schöne, warme Umarmung gezogen, bevor sich Shredder auf den Rücken dreht und er, noch immer in dessen Armen, halb auf ihm zu liegen kommt. Zufrieden aufseufzend bettet Bebop seinen Kopf auf diese schöne, breite Schulter, legt ihm seinen freien Arm  - der andere dient Shredder als Nackenstütze - quer über die Brust und schmiegt sich genüsslich an ihn.
 

Das ist die Position, in der er sich wohl fühlt, in der er selbst Halt findet und genauso viel zurückgeben kann.
 

Es stört ihn nicht, dass Shredder bisher kein einziges Wort gesagt hat. 

Im Gegenteil. 
 

Er liebt diese stille Art, er mag es nicht, wenn alles zerredet wird. Außerdem – so viel Shredder sonst auch reden kann, die für ihn wirklich wichtigen Dinge erledigt er in absolut ernstem Schweigen.
 

Genau wie ihre allererste richtige Umarmung, von der er gar nicht wusste, dass es eine dieser Art war.

 

 

***
 

Vergangenheit:
 

Zwei Wochen ist die Kneipenschlägerei nun schon her.

Er zieht sich zurück.

Liest viel. 

Bücher ohne Bilder.

Weicht aus.

Vermeidet Augenkontakt, auch, wenn man das hinter seiner verspiegelten Brille nicht wirklich sehen kann.

Wird durch den permanenten Schlafmangel reizbar wie … nun ja, ein Eber.

Blüht nur dann auf, wenn sie auf die Turtles treffen oder auf andere, mit denen er sich prügeln kann.
 

Sein Benehmen ist so widersprüchlich und atypisch, dass es schnell auffällt.
 

„Bebop, was ist los mit dir?“
 

„Nichts, Chefchen.“ 
 

Er kann dem forschenden Blick dieser braunen Augen nicht standhalten und betrachtet interessiert seine roten Turnschuhe.
 

Plötzlich spürt er warme Finger unter seinem Kinn, die sanft, aber beharrlich seinen Kopf in die Höhe drücken. 

Hinter seiner lila Brille kneift er die Augen zusammen. Nein, er will den anderen nicht ansehen, will nicht die Sorge sehen, die sich zunehmend in diese braunen Augen geschlichen hat. 
 

„Ich … ich bin nicht …“ platzt es plötzlich aus ihm heraus, doch mitten im Satz beißt er sich erschrocken auf die Zunge.
 

„Was?“ hakt Shredder sachte nach. 
 

Er ist schon lange nicht mehr der strenge Boss, und wenn Bebop es sich genau überlegt, war er das auch nur, wenn sie mal wieder irgend etwas verbockt hatten.
 

„Du bist nicht was, Bebop?“
 

Bebop. 

Er nennt ihn inzwischen nur noch bei seinem Namen. 

Wann hat er ihn eigentlich zum letzten Mal mit einem seiner kreativen Schimpfnamen bedacht? 

Bei Rocksteady macht er das noch, aber bei ihm …
 

„Kein Loser“, murmelt Bebop. Er nimmt das erstbeste war ihm neben dem eigentlichen Problem einfällt.
 

Für einen unendlich erscheinenden Augenblick herrscht Stille. 

Er wagt es vorsichtig zu blinzeln, und sieht sofort die steile Falte zwischen Shredders Augenbrauen.
 

„Nein“, meint dieser dann gedehnt, und Bebop weiß aus jahrelanger Erfahrung, daß seine Lüge als solche durchschaut wurde. 
 

„Aber ich mag dich trotzdem.“ 
 

Ein aufmunterndes Augenzwinkern und eine Hand, die vergnügt durch seine Irokesenfrisur wuschelt.
 

Bebops Herzschlag setzt aus und beginnt danach doppelt so schnell zu hämmern. Er steht da wie gelähmt, sieht seinem Chef nach, wie dieser mit wehendem Umhang hinter der nächsten Biegung verschwindet und läßt sich dann kraftlos an der Wand hinunterrutschen.

 

***
 

Keuchend fährt er in die Höhe, noch ganz desorientiert von einem dieser Träume, und das, obwohl er sich fest vorgenommen hatte, nicht einzuschlafen, auf gar keinen Fall einzuschlafen, nicht, solange sie sich in dieser alten Fabrikhalle verstecken. Aber es ist passiert, und als er realisiert, wo er sich befindet, dass sie mal wieder auf der Erde sind, mitten in einem Einsatz, da ist alles auf einmal zu viel.
 

Und ehe er es verhindern kann, flüstert er heiser in das diffuse Halbdunkel:
 

„Ich bin nicht schwul.“
 

„Wen interessiert das?“ Rocksteady wirft ein Kissen nach ihm, dreht sich auf die Seite und zieht sich die Decke über den Kopf.
 

„Aber…“, zittert plötzlich Bebops ungewohnt kleinlaute Stimme an seine Ohren, „… mal angenommen wenn doch, wären wir dann immer noch Freunde?“
 

„Logo“, Rocksteady klingt müde und irgendwie beleidigt. „Dann bleiben mehr Bunnys für mich. Und jetzt halt die Klappe und penn weiter.“
 

Stille. 

Dann weht ein beinahe unhörbares „danke“ durch die Halle.
 

Shredder, der fünf Meter weiter an einem Pfeiler gelehnt Wache schiebt, hat das geflüsterte Gespräch mit Interesse verfolgt. Seine Augenbrauen sind derweil immer höher gekrochen, nähern sich jetzt aber wieder ihrer normalen Position. 

In seinen Augenwinkeln erscheinen kleine Fältchen, als sich seine Lippen unter dem Helm zu einem leichten Lächeln verziehen.

 

***
 

Zwei Tage später hängt das Technodrom nicht mehr in der Dimension X, sondern am Nordpol auf der Erde fest. 

Es ist bitterkalt. 

Schnee und Eis überall und die Heizung funktioniert auch nicht richtig. 

Aber der Himmel ist stahlblau und irgendwie erinnert ihn das ganze an eine Märchenlandschaft. 

Ein Wintermärchen, genauer gesagt. 
 

Die Luft ist eisig, aber unglaublich frisch, und nachdem er und Rocksteady beinahe eine ganze Fußballmannschaft aus Schneemännern gebaut haben, liefern sie sich jetzt eine Schneeballschlacht, in die sie Shredder, als dieser kommt, um die Footroboter, bei der Reparatur des Technodroms zu überwachen, einfach mit einbeziehen.
 

Unaufhaltsam fliegen Schneebälle durch die Luft, begleitet von laut krakeelten und nicht ernst gemeinten Herausforderungen und Beleidigungen. 

Irgendwann dreht sich Rocksteady um, weil ihm kalt wird und geht zurück ins mehr oder weniger warme Technodrom.
 

Bebop sieht ihm hinterher, überlegt sich, ob er ihm nicht doch lieber folgen soll, denn noch immer möchte er ungern in Shredders Nähe alleine bleiben, da trifft ihn ein Schneeball mitten ins Kreuz, und während er noch herumwirbelt, um es dem Übeltäter heimzuzahlen, wird er zu Boden gerissen und landet rücklings im Schnee. 
 

Er starrt direkt in ein Paar dunkler, mandelförmiger Augen und erstarrt augenblicklich.
 

Angepaßt an dieses Wetter trägt sein Chef nicht wie sonst seine Metallrüstung, sondern ganz normal wie er nur Mütze, Schal, Handschuhe, Mantel, Jeans und Stiefel. Er kann sehen, wie Shredders Atem in weißen Dampfwölkchen in die kalte Luft entweicht um sich dort irgendwo mit seinen eigenen Dampfwölkchen zu vermischen.
 

„Hab dich“, grinst Shredder und in einem Tonfall, der Bebop noch mehr Schauer über den Rücken jagt als all der Schnee, der in den Kragen seines Parkas gerieselt ist.
 

Von einem Moment zum anderen hämmert und klopft sein Herz so heftig gegen seine Rippen, daß er sich wundert, daß es niemand außer ihm hört.
 

„Ich …“, beginnt er mit rauher Stimme, die versagt, als ihm bewusst wird, daß Shredder ihn an den Handgelenken gepackt hat und sich auf seine Hüfte gesetzt hat. 
 

Seine Augen werden groß und rund vor Entsetzen, während sein Herz gleich noch etwas schneller pumpt.

Er hat Angst, dass der andere etwas bemerkt, trotz des dicken Parkas. Er sitzt verdammt ungünstig und er müsste jetzt nur einmal mit den Hüften nach oben … er würgt diesen Gedanken sofort ab, und auch diese verräterische Bewegung kann er im Keim stoppen.
 

„Bebop…“
 

Dieser kämpft noch immer gegen seine Instinkte und daher dringen die nächsten Worte nur wie durch einen Nebel zu ihm hindurch.
 

„Sag mir, was dich bedrückt.“ Als er Bebops deutliches Zögern bemerkt, fügt er hinzu: „Ich lasse dich erst wieder gehen, bis du mir die Wahrheit gesagt hast.“
 

Bebop holt einmal tief Luft, und in seiner Furcht, daß sein Körper ihn verraten könnte, gibt er auf.
 

„Ich … ich glaube, ich … ichglaubeichstehaufMänner“, haspelt er so schnell hervor, daß es eigentlich nicht viel mehr als ein Zischen ist, aber Shredder versteht ihn trotzdem.
 

Ängstlich wartet Bebop auf den Abscheu und die Verachtung, die ihn jetzt sicher treffen wird, aber Shredders Gesicht bleibt völlig ruhig. Wenn man von der Neugierde in seinen Augen absieht.
 

„Hm, meinst du das jetzt ganz allgemein, oder gilt das nur für jemand ganz bestimmten?“
 

„Wie? Was?“ 
 

Hat er ihn ertappt? 

Scheiße. 

Bebop versucht trotz seiner drohenden Panik ruhig zu atmen, und Shredders nächste Worte sind beinahe wie eine Erlösung.
 

„Vergiß einfach mal dieses strenge Schubladendenken und sei dir bewußt, dass sowas dem Herzen ziemlich egal ist. Man liebt, wen man liebt. So, und jetzt bleibt nur noch die Frage zu klären, ob

du aussteigen willst, wieder ein Mensch sein willst…“
 

Bebop starrt ihn nur mit offenem Munde an. Er versteht im Moment nicht wirklich, was hier abgeht – was auch immer noch an all dem Blut liegt, das sich anstatt in seinem Gehirn zu kreisen lieber auf seine Körpermitte konzentriert. 

Er erwacht erst wieder aus seiner Starre, als ihn ein behandschuhter Zeigefinger sachte an den großen Schweinerüssel stupst.
 

„Aber sei dir gewiss – wenn der Kerl dich wirklich liebt, dann deshalb, weil du bist, was du bist. Dann nimmt er dich auch als Mutanten.“
 

„Ah … Chefchen“, für Bebop klingt seine eigene Stimme absolut fremd, so tief und rauh wie diese plötzlich ist, „du würdest mich nicht fortjagen, weil ich … auf Kerle stehe?“
 

„Meine Güte, Bebop“, Shredder wirkt regelrecht erleichtert, „ist es das, weswegen du dich so komisch verhälst? Du hast Angst, ich würde dich feuern? Mal ehrlich, dafür gäbe es ganz andere Gründe, unter anderem nervende Inkompetenz, aber du bist noch immer hier, oder?“ 
 

Nervende Inkompetenz. Diese Worte tun weh, aber sie entsprechen ja nur der Wahrheit, wie er weiß. Und so nickt Bebop zögernd und atmet gleich darauf auf, als Shredder lachend hinzufügt: 
 

„Siehst du? Also, hör auf, dir über solchen Blödsinn den Kopf zu zerbrechen und erzähl mir lieber von diesem Kerl.“
 

Für einen kurzen Augenblick scheint es, als wolle Bebop ihm alles erzählen, aber dann dreht er nur den Kopf beiseite.
 

„Er will sowieso nichts von mir.“ Die Endgültigkeit in seiner Stimme überrascht ihn selbst.
 

„Oh“, macht Shredder nur mitfühlend, zögert und fragt dann leise: „Bist du sicher?“
 

Ob er sich sicher ist? 

Natürlich. 

Keine Chance. 

Und genau dies wird ihm erst in diesem Moment richtig klar. 

Und es tut weh. 
 

Mehr als ein Nicken bringt er daher nicht zustande, und seinem Chef dabei in die Augen zu sehen ist ihm auch unmöglich.

Er spürt aber ganz genau dessen prüfenden Blick, es ist einer dieser überaus seltenen, aber dafür für ihn umso typischeren, weil sie einem wirklich unter die Haut gehen.
 

Und plötzlich spürt Bebop, wie seine unerreichbare Liebe von ihm hinuntergeht, aber bevor er es auch nur im Ansatz bedauern kann, wird er am Handgelenk gepackt und auf die Füße gezogen.

Er wagt es immer noch nicht, ihn anzusehen und hält den Blick daher krampfhaft gesenkt.
 

Es macht ihn nervös, daß Shredder so gar nichts zu ihm sagt. 

Seine Augen beginnen zu brennen, und er senkt den Kopf noch tiefer.
 

Und dann, völlig überraschend, fühlt er zwei starke Arme um sich und findet sich Gesicht voran an einen dunkelbraunen Fellmantel gepresst wieder.

Er weiß nicht, wie lange sie wirklich dort stehen, ihm selbst kommt es wie eine Ewigkeit vor. 

Eine bittersüße Ewigkeit, denn er weiß, dass dies hier als eine rein freundschaftliche Geste gedacht ist. 

Und so wagt er es auch nicht, diese Umarmung zu entgegen.

Fast leblos baumeln seine Arme an ihm herab. 

Und leblos fühlt er sich auch.
 

Das penetrante Klingeln von Shredders Kommunikator, dem man sofort anhört, dass es nur Krang sein kann, der am anderen Ende hockt, erlöst ihn schließlich.

 

***

Kapitel 3

 

3. Kapitel

 

Gegenwart:
 

Da es im Technodrom keine Fenster nach draußen gibt und daher auch nicht in den Quartieren, ist das Licht so eingestellt, dass es eine Art Tag-Nacht-Rhythmus simuliert. Pünktlich um vier Uhr zweiunddreißig beginnen die kleinen Lampen heller zu glimmen, bis sie ungefähr nach einer Stunde ihr Tagesniveau erreicht haben.
 

Ein unwilliges Murmeln, und dann dreht sich der schlanke Mann zur Seite, drückt sich fester an den Körper, der neben ihm liegt und vergräbt das Gesicht an einer breiten Schulter. Atmet tief diesen ganz gewissen, herben Geruch ein und versucht krampfhaft, sich wieder in den Schlaf fallen zu lassen.

Er überlegt ernsthaft, den Bordcomputer derart umzuprogrammieren, dass der Tag demnächst zwei Stunden später beginnt. Er weiß, eigentlich sollte er aufstehen und sich an die Arbeit machen oder trainieren, aber genau das fällt ihm in letzter Zeit zunehmend schwerer. Viel lieber würde er noch hier liegen bleiben und mit seinem höchsteigenen Mutanten kuscheln. Oder andere unanständige Dinge machen. 
 

Deshalb wäre es ihm auch viel lieber, wenn Bebop nicht den ganzen Abend mit irgendwelchen Daddeleien verschwenden würde und zusammen mit ihm ins Bett ginge. Nicht, dass er genau dies nicht manchmal auch täte, aber wenn er mitten in der Nacht rausgeklingelt wird, fühlt er sich den ganzen Morgen wie gerädert. Es sei denn, er gewöhnt es sich an, genauso lange zu schlafen wie Bebop. Denn er kann ihm schließlich schlecht seine Daddel-Abende mit Rocksteady verbieten, an denen er gelegentlich ja auch dabei ist. 

Er hat ja auch ein schlechtes Gewissen, was den armen Rock betrifft. 

Jahrelang ist Bebop sein dickster Kumpel und jetzt muss er ihn teilen.

Auch, wenn sie es eigentlich tatsächlich good old Nasi Rocksteady zu verdanken haben, dass sie endlich zueinander gefunden haben… irgendwie jedenfalls.
 

Shredder lächelt, umschlingt die Taille seines noch fest schlummernden Liebsten und schmiegt sich fester an dessen breiten Rücken.

Dieser taucht kurz aus den Tiefen seines Schlafes auf, brummt leise, schnappt sich Shredders Hand und verschlingt ihre Finger miteinander, bevor er mit einem schläfrig genuschelten „Mein“ wieder einschläft.

 

***
 

Vergangenheit:
 

Die blauen Augen werden immer dunkler, jetzt glimmen sie wirklich schwarz, verdunkelt von einem Kummer, der ihm so furchtbar fremd ist, gehört er doch normalerweise zu den optimistischen Zeitgenossen. Und unglücklich verliebt war er ja schon oft, aber noch niemals ging es ihm dabei so schlecht wie jetzt.
 

Sie haben nicht viel zu tun, hier am Nordpol, nicht solange die Reparaturen noch nicht soweit fortgeschritten sind, dass sie mehr als nur die Transportmodule benutzen können. Das Dimensionstor ist immer noch tot und alle verfügbare Energie geht in die Roboter oder die Lebenserhaltungssysteme.

Zum Glück sind ihre Lebensmittelvorräte noch lange nicht aufgebraucht. 

Er und Rocksteady haben zwei linke Hände was Reparaturen betrifft, zumindest ist es ihnen in den letzten Jahren gelungen, genau diesen Eindruck zu erwecken, so dass man sie unbehelligt lässt. Shredder seinerseits steckt allerdings bis zum Hals in irgendwelchen Kabeln, Rocksteady spielt Videospiele und Krang … nun, Krang geht allen auf die Nerven wo er nur kann.
 

Bebop verbringt seine Tage zusammen mit Rocksteady bei irgendwelchen Daddelspielchen, aber spätestens am Nachmittag wird es ihm zu eng, dann bricht alles wieder über ihn herein, und er flüchtet sich nach draußen, wo er dann auf einer Schneewehe sitzt und blicklos in den Himmel starrt.
 

Polartag. 

Es ist immer hell, grausam hell, weil der Schnee jeden Lichtstrahl zurückwirft, und es schmerzt in den Augen, denn hier draußen trägt er seine Brille genau aus diesem Grunde nicht mehr. 

Er weiß, daß er schneeblind werden kann, aber das ist ihm egal.
 

Es ist diese Jahreszeit, in der die Sonne am Nordpol einfach nicht untergehen will. 

Und wenn er dann hier sitzt, eingemummelt in seinen dicken Parka und gefütterten Jeans, Fellstiefeln, die aussehen, als hätte er einen Tribble an den Füßen, vermummt in Schal, Mütze und Handschuhe, vergisst er die Welt um sich herum. 

Genießt den kalten Wind, der über seine Haut schrammt, das bisschen Haar in seinem Gesicht bietet keinen Schutz, aber das will er auch gar nicht. 

Er mag diese beißende, lähmende Kälte, die ihm die empfindliche Nase taub werden lässt und seine Augen zum Brennen bringt. 

Denn wenn ihm dann die Tränen über die Wangen laufen, kann er sich einbilden, dass es nur an dieser vermaledeiten Kälte liegt.
 

„He, Schweinebacke.“
 

Er zuckt zusammen, als er Rocksteadys Stimme hört und grunzt unwillig, als sich dieser neben ihm in den Schnee fallen lässt.
 

„Hier.“ Eine behandschuhte Hand taucht in seinem Blickfeld auf, zwischen den Fingern eine Thermoskanne. „Trink das. Du brauchst was, das wärmt.“
 

Bebop will nicht, er hat keinen Durst, aber er greift trotzdem danach, denn er kennt Rocksteadys Hartnäckigkeit in solchen Dingen.  

Schon der erste Schluck brennt furchtbar in seiner Kehle und er muss husten.
 

„Das ist kein Kaffee“, stellt er überrascht fest, als er wieder etwas Luft bekommt.
 

Rocksteady wirft den Kopf zurück und lacht schallend. 
 

„Nee, natürlich nich’. Ich hab Chefchens Sakevorrat geplündert! Der merkt das eh nicht, so selten, wie der sich daran bedient.“
 

„Er merkt’s spätestens dann, wenn nix mehr da ist.“
 

„So blöd bin ich nun auch wieder nicht, ihm gleich alles zu klauen. Und ich füll ihn ja wieder nach, sobald wir an einem passenden Geschäft vorbeikommen.“
 

Im Klartext: sobald sie wieder mobil sind und Supermärkte beklauen können.
 

Für einige Minuten sitzen sie nur zusammen und trinken, und irgendwann merkt Bebop, wie der Alkohol zu wirken beginnt, wie sich diese Wärme in seinem Magen ausbreitet. Irgendwann ist die Thermoskanne leer, aber da dreht sich schon alles um ihn. 
 

Und irgendwann, noch viel, viel später, wieso auch immer, liegt sein Kopf an Rocksteadys Schulter, und er redet sich alles von der Seele. Seine Worte kommen undeutlich, genuschelt, weil seine Zunge ihm nicht richtig gehorcht und richtige Sätze kann er auch nicht bilden, weil er irgendwann anfängt bitterlich zu schluchzen, aber Rocksteady unterbricht ihn nicht ein einziges Mal und hört nur ganz ruhig zu, legt ihm einen Arm um die Schultern und hält ihn fest.
 

Er ist weder geschockt noch erschüttert oder angewidert, nur voller Sorge um seinen besten Freund, dessen Elend in den letzten Tagen so offensichtlich zutage trat, dass ihm am Ende nichts weiter übrigbleibt als ihm mit heißem Sake die Zunge zu lösen.
 

Rocksteady wartet, bis sich sein aufgewühlter Freund etwas beruhigt hat, dann hilft er ihm mit folgenden Worten auf:
 

„Und jetzt gehst du hin und sagst es ihm, Dude.“
 

Bebop starrt ihn nur aus wässrigen Augen an. „Kann’ nich’ …“
 

„Doch, du kannst. Er wird dir nicht den Kopf abreißen, ganz bestimmt nicht.“
 

Dass Shredder ihn beim Klauen seines Sakes ertappt und ihn dann, nach Rocksteadys gestotterter Erklärung mit genau diesem Auftrag zu Bebop geschickt hat, behält er lieber für sich. 
 

„Aber … nein, das geht nich’…“ 
 

Aber ungeachtet des Protestes seines besten Freundes, zieht Rocksteady diesen einfach kompromisslos zurück ins Technodrom.

 

***
 

Er will nicht. 

Er sträubt sich. 

Er hat Angst, aber Rocksteady zerrt ihn unerbittlich vorwärts, und der Sake hat ihn müde und matt gemacht. 

Unter dem hartnäckigen Drängen seines besten Freundes klopft er tatsächlich an die Tür zu Shredders Quartier. Auch wenn es so zaghaft ist, dass man es auf der anderen Seite garantiert nicht hören kann.
 

„Da, bitte, ich hab geklopft…“ mit diesen Worten will er sich an Rocksteady vorbeidrücken, von hier verschwinden, doch dieser stellt sich ihm unnachgiebig in den Weg und funkelt ihn an.
 

Noch bevor es zwischen ihnen zu einer Auseinandersetzung kommen kann, öffnet sich die Tür und Shredder steht auf der Schwelle.
 

Bei dem Geräusch der zurückgleitenden Tür wirbelt Bebop unwillkürlich herum, und das ist irgendwie zuviel für seinen alkoholumnebelten Gleichgewichtssinn. 

Er gerät ins Taumeln. 

Blitzschnell schießt eine goldbraune Hand vor, umfasst seinen linken Oberarm und stützt ihn. Aber selbst, als er sich gefangen hat und wieder einigermaßen sicher steht, ist diese Hand immer noch da.
 

Warm. 

Beschützend.
 

Und das spürt er selbst durch seinen dicken Parka.
 

Rocksteady erkennt, dass sein Chef jetzt alles im Griff hat und zieht sich zufrieden zurück.
 

Bebop bemerkt nichts davon, alles, was ihm sein beduseltes Gehirn meldet, ist, wie unglaublich gut Shredder in diesem Norwegerpullover doch aussieht. Und er fragt sich, ob diese Wolle sich genauso weich anfühlt, wie sie aussieht.
 

Shredder seinerseits sieht diesen traurigen, leeren Blick, die geröteten Augen und zieht seinen wie betäubt wirkenden Mutanten erst einmal vom zugigen Gang in sein gut durchgeheiztes Quartier. Er verschwendet keine Worte, als er Bebop mit raschen Handgriffen von Mütze, Schal, Handschuhen und Jacke befreit. Obwohl er sonst sehr auf Ordentlichkeit bedacht ist, läßt er diesmal alles nur zu Boden gleiten, denn die Garderobe ist drei Schritte entfernt, und dazu müßte er Bebop loslassen, und das erscheint ihm als keine gute Idee.
 

„Du hast ganz kalte Hände…“ 
 

Sie sind wirklich die reinsten Eiszapfen, trotz der Handschuhe, und Shredder nimmt sie sofort in seine und reibt sie, um sie zu wärmen. 

Über ihnen knackt das Interkom und Krangs nasale Stimme schallt durch den Raum, er beschwert sich, wieso die Reparaturen in Sektion B so lange dauern und wieso Shredder nicht auf seinem Posten ist, es sei schließlich gerade erst zehn Uhr abends durch, aber dieser betätigt nur den Schalter an der Wand neben der Tür und Krangs Genöle verstummt.
 

Aber die nervtötende Stimme ihres „Arbeitgebers“ holt Bebop aus seinem Zustand der geistigen Abwesenheit. Er schreckt auf, blinzelt irritiert, und als sich sein verwaschener Blick auf den schwarzhaarigen Mann vor ihm einpendelt, senkt er sofort den Kopf. 

Nur, um dort seine Hände im Griff des anderen zu sehen. Sekundenlang starrt er sie nur an, hat nicht das Gefühl, daß diese Hände dort ihm gehören, aber er kann die Wärme von Shredders Fingern fühlen, wie diese allmählich die Kälte aus seinen Muskeln vertreiben. Ein warmes Kribbeln durchzieht seinen gesamten Körper, ausgehend von seinen Händen.
 

„Chefchen … entschuldige … ich…“
 

Shredder verdreht nur die Augen und zieht ihn wortlos in seine Arme.
 

Für einige Sekunden ist Bebop wie erstarrt, doch dann atmet er einmal tief durch und schmiegt sich – wenn auch noch etwas verhalten – in diese Umarmung, drückt sein Gesicht in diesen Pullover, der tatsächlich so weich ist wie er aussieht. Es tut gut, nicht selbst stehen zu müssen, denn ihm ist immer noch schwindlig.

Er macht noch einen tiefen Atemzug und der Duft von Kräutern lässt ihn unwillkürlich aufseufzen.
 

Shredder hält ihn so fest er kann, denn seinen mutigen, starken Mutanten so gebrochen zu erleben, schmerzt ihn tief. Seine rechte Hand zieht beruhigende Kreise auf Bebops Rücken. 
 

„Wer ist der Mistkerl, der dir das Herz gebrochen hat?“ flüstert er mit nur mühsam unterdrückter Wut. „Sag es mir, damit ich ihn in seine Einzelteile zerlegen kann.“
 

Bebops Schultern beginnen plötzlich zu zucken, und er gibt einen Ton von sich, der wie eine Mischung aus Schluchzen und Lachen klingt.
 

„Du. Du bist es.“
 

Shredder reißt erstaunt die Augen auf. 

Er fühlt sich … verwirrt. 

Geschockt. 

Und schuldig. 

Seine Hand hört auf über Bebops Rücken zu streicheln, und für einen kurzen, unbedachten Moment verkrallen sich seine Finger im Stoff von dessen roten Sweater.

Sein nächster Atemzug ist eigentlich nur ein tonloses Zischen.
 

„Bist …“ verzagt hebt Bebop den Kopf und sucht seinen Blick, er ist völlig zerknirscht und schämt sich sehr. „Bist du mir jetzt böse?“
 

„Was?“ entfährt es Shredder verwirrt, doch dann beeilt er sich klarzustellen: „Nein, ganz und gar nicht. Es ist nur …“ er bemerkt endlich, wie sehr seine Finger krampfen und lockert den Griff ein wenig, während er gleichzeitig nach den richtigen Worten sucht, schließlich kommt das jetzt doch sehr unerwartet. Er gibt sich einen inneren Ruck und springt über seinen Schatten.
 

„Ich mag dich, Bebop, ich mag dich sogar sehr. Nur habe ich keine Ahnung, ob das mit uns klappen könnte. Ich bin beziehungstechnisch absolut eingerostet und meine letzten gleichgeschlechtlichen Erfahrungen hatte ich als Teenager, und das war eher sehr einseitig.“ In Gedanken daran verzieht er kurz das Gesicht und schiebt diese Erinnerung entschlossen wieder in eine besonders dunkle Ecke zurück. 
 

„Der Vorteil ist allerdings, dass wir uns schon sehr genau kennen…“
 

Er überlegt kurz, versucht sich zu ordnen, und das merkt Bebop auch trotz seines nicht unerheblichen Alkoholspiegels, und so hält er still und versucht, sich emotional auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Beschließt, eine neutrale Miene beizubehalten, nicht allzu hoffnungsvoll oder enttäuscht auszusehen.
 

Shredder derweil lauscht tief in sich hinein und entscheidet, ihnen zumindest eine Chance zu geben. 

Denn SO verzweifelt  wie in den letzten Tagen will er seinen Bebop nie wieder sehen.
 

„Wir…“ seine Stimme bricht und er muss sich zweimal räuspern, bevor ihm endlich der erlösende Satz über die Lippen rutscht:
 

„Wir können es gerne versuchen.“
 

Bebops dunkelblaue Augen leuchten auf – das erste Mal seit langem – und er schmiegt sich glücklich an ihn, beginnt nun selbst, seine Arme um Shredders Taille zu legen und ihn festzuhalten.
 

Für ungefähr eine Minute stehen sie nur da, einander umarmend, der eine unglaublich erleichtert und froh und der andere noch immer leicht verwirrt, aber zugleich auch etwas … überrascht, wie gut es sich anfühlt, wenn Bebop ihn auf diese Weise umarmt.
 

„Ich … kann…“, murmelt Bebop erst an Shredders Schulter, in diesen schönen, weichen Pulli hinein und hebt dann doch noch – wenn auch etwas schüchtern – den Blick, begegnet braunen, sanften Augen und sofort beginnt sein Herz wieder zu rasen. Fast vergisst er, was er eigentlich sagen will.
 

„Darf ich hier bleiben?“ vollendet er seine Bitte schließlich leise. 
 

Der Sake entfaltet jetzt seine volle Wirkung, er fühlt sich unendlich müde und schlapp und irgendwie … na ja, kann er sich nicht vorstellen, sich jetzt von diesem warmen, Sicherheit versprechenden Körper zu trennen und in sein klammes Bett zu kriechen. 

Falls er dort überhaupt sicher ankäme.
 

„Sicher“, Shredders Hand zieht wieder diese beruhigenden Kreise auf Bebops Rücken.
 

Dessen Blick huscht kurz zu dem großen Futoni hinüber.
 

„Nur kuscheln“, flüstert er rauh und beinahe entschuldigend. 
 

Damit entlockt er Shredder tatsächlich ein leises Lachen.
 

„Für etwas anderes bist du auch viel zu betrunken, mein Lieber.“
 

Mein Lieber. Das klingt gut. Bebop erschauert wohlig und schmiegt sich unwillkürlich noch fester in diese Umarmung. Und es ist so ähnlich wie damals im Transportmodul – er kann Shredders Wärme fühlen, jeden Atemzug, und wenn er den Kopf etwas dreht, sogar, wie dessen Atem über seine empfindlichen Ohren streichelt. Plötzlich will er nichts mehr als sich in diese Nähe fallen zu lassen.
 

Wie Shredder ihn zu seinem Bett geleitet bekommt er gar nicht richtig mit, genauso wenig, wie dieser ihm die Stiefel auszieht, aber das, was dann geschieht, das durchdringt den durch zuviel Sake ausgelösten Nebel in seinem Hirn ganz genau:
 

Er spürt, wie er auf eine weiche Matratze sinkt, spürt das flauschige Flanell des Bettbezuges an seiner Haut und wie er dicht an einen großen Körper gezogen und von starken Armen gehalten wird. 

Weiche Wolle an seiner Wange, eine Brust, die sich unter ihm in gleichmäßigen Atemzügen hebt und senkt, sanfte Hände, die warm und schutzversprechend auf seinem Rücken liegen, ein Oberschenkel und ein Knie, das seines berühren, all das, eingehüllt in dem dezenten Geruch von Kräutern, und kurz, bevor er endgültig in den Schlaf abdriftet, spürt er weiche Lippen, die ihm einen beinahe schüchternen Kuss auf die Stirn drücken.
 

Und er ist glücklich.

Einfach nur glücklich.
 

 

- ENDE -

 



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  LammL
2017-02-18T23:30:17+00:00 19.02.2017 00:30
Ohhhhhh, so süß ^^
Das Ende war einfach nur SWEET!!!!!
Ich mag die Beiden. Sie passen so super zusammen.

Bye ^^
Antwort von:  MariLuna
21.02.2017 22:01
Dankeschön^^
hat auch Spass gemacht, das zu schreiben :)
ebenfalls bye ^^
Von:  LammL
2017-02-18T00:25:08+00:00 18.02.2017 01:25
Oh, die Kompi ist so sweet. ^^
Und der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit hat auch was. Man will unbedingt wissen wie es dazu gekommen ist.
Leider komm ich jetzt nicht mehr dazu das zweite Kapitel zu lesen. :-(
Es ist halb zwei und ich muss heute arbeiten O.o Aber danach, dann les ich weiter ;-)

Bye ^^ (nacht)
Antwort von:  MariLuna
18.02.2017 20:33
Freut mich *g* Danke für dein Kommi
Shredder und seine Mutanten sind sowieso mein liebstes Pairing, und ich glaube, das merkt man auch ^^
viel Spass bei den anderen Kapiteln und danke nochmals^^


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