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Forever Love

Ich werde immer bei dir sein
von

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Forever Love

Forever Love -Ich werde immer bei dir sein-
 

Fassungslos starrte ich auf das Bett, vor dem ich stand, auf den Mann, der darin lag, auf den Mann, der nicht mehr aussah wie der Mann, den ich liebte.

Langsam öffnete ich meine Lippen, doch kein Ton kam über sie, streckte meine Hand leicht aus, doch ließ sie wieder sinken.

Zu viel Angst hatte ich davor, ihn zu verletzen, ihm weh zu tun.

Er sah aus, als hätte er Schmerzen.
 

Wieso?
 

Zögerlich setzte ich mich auf die Kante des Krankenhausbettes, erfasste seine Hand und konnte die stummen Tränen nicht länger zurück halten.

Kalt.

Seine Hand war so kalt.

Reita hatte keine kalten Hände, nicht mal im Winter, obwohl er nie Handschuhe trug.

Er hatte immer warme Hände gehabt, hatte meine kleinen, kalten Hände in seine genommen um mich zu wärmen. Seine Hand um meine bedeutete für mich schon immer Liebe und Schutz.
 

Warum?
 

Warum nur? Wir hatten doch gerade erst angefangen unser gemeinsames Leben zu leben, hatten uns letzten Monat in einer kleinen, privaten Zeremonie unsere ewige Liebe und Treue geschworen, Ringe getauscht, uns nach 13 Jahren wilder Ehe das Ja-Wort gegeben, nachdem dies in Ni-chōme auch für gleichgeschlechtliche Paare möglich war.
 

“Ich muss seine Familie anrufen.”, hauchte ich leise und legte meine freie Hand zögerlich an seine Wange. Sie war aufgeschürft, die gerissene Haut unter meinen Fingern fühlte sich so merkwürdig an. Wunden sollten heiß sein und pulsieren, seine Wange sollte sich eigentlich jetzt leicht verziehen, weil er immer zu lächeln anfing wenn ich meine Hand an seine Wange legte.
 

Er lächelte nicht.
 

Er würde nie wieder für mich lächeln. Für niemanden.
 

“Ruki. Ich... wir machen das schon.” Kais Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, seine Hand an meiner Schulter klamm und kalt und ich musste gar nicht aufsehen um zu wissen, dass er weinte, obwohl er sich alle Mühe gab für uns stark zu sein.
 

Wir alle weinten.
 

“Ich will etwas mit ihm alleine sein.”, hauchte ich und ließ mich langsam neben ihn auf das Bett sinken, kuschelte mich an ihn und hauchte einen Kuss auf seine Hand.

Ich schloss meine Augen, lauschte in die Stille des Zimmers, doch der einzige Herzschlag, den ich hören konnte, war mein eigener.
 

Warum?
 

“Ich liebe dich, Akira.” Vor 13 Jahren hatte ich diese Worte das erste Mal zu ihm gesagt. Es war genau wie damals.

Unser Tourvan hatte plötzlich bremsen müssen und eine schwere Kiste war ihm auf den Kopf gefallen. Er hatte ins Krankenhaus gemusst, nur um sicher zu gehen, dass er keine Gehirnerschütterung hatte oder ein Schleudertrauma. Ich hatte mich zu ihm ins Bett gelegt, nachdem er eingeschlafen war, hatte mich eng an ihn gekuschelt und ihm endlich meine Liebe gestanden, die ich schon seit zwei Jahren vor ihm verbarg.
 

Er hatte gar nicht geschlafen.
 

Zum Glück nicht, denn ich hätte mich nie getraut es ihm zu sagen, zu viel Angst hätte ich vor seiner Ablehnung gehabt.
 

“Wie oft hab ich dir schon gesagt, du sollst vorsichtig fahren?” Ich liebte und hasste es, wenn er Motorrad fuhr. Er sah so cool aus in seinen Bikerklamotten und früher war ich wirklich gerne als Sozius mit ihm mit gefahren, doch in den letzten Jahren nicht mehr. Ich bevorzugte mittlerweile einen ruhigen Tag in unserem kleinen Garten oder auf dem Sofa. Unser Job war doch aufregend und anstrengend genug, doch Akira war anders, er brauchte das Adrenalin und er liebte das schnelle Fahren viel zu sehr.
 

Aber ich hatte mir nie Sorgen um ihn gemacht, denn auch wenn er gerne schnell fuhr, er war ein vorsichtiger Fahrer gewesen.
 

Im Gegensatz zu dem Kerl, der ihm die Vorfahrt genommen, der ihn bei voller Fahrt gerammt, der ihn umgebracht hatte.
 

Meine Trauer entlud sich in einem lauten Schluchzen und meine Hand schloss sich fester um die meines Ehemannes.
 

Zu früh... viel zu früh...
 

“Akira... Akira... bitte komm zurück.” Ich wusste, wie lächerlich es war. Er war tot. Seit Minuten schon war er tot, war auf dem OP-Tisch verstorben. Er würde nie wieder kommen, doch ich wollte es nicht wahr haben, wollte es nicht akzeptieren.
 

Wir hatten doch gerade erst angefangen unser gemeinsames Leben zu planen, hatten eine Familie gründen wollen, hatten uns eine Leihmutter gesucht.

Wir wollten ein Kind, vielleicht zwei. Heute Morgen hatte uns die Klinik angerufen, die Frau, für die wir uns entschieden hatten, hatte zugesagt, wollte unser Baby für uns austragen, man wollte die erste künstliche Befruchtung in Angriff nehmen. Wir sollten uns nicht zu früh freuen, es klappte selten beim ersten Mal, doch wir waren trotzdem völlig aus dem Häuschen gewesen, hatten rumgesponnen, uns Namen überlegt.

So albern.
 

Er hatte sich so gefreut, hatte mich überschwänglich geküsst, mich herum gewirbelt und ich hatte so gelacht, mich so mit ihm gefreut.
 

Heute Abend hatten wir uns mit ihr treffen wollen, um alles mit ihr zu besprechen. Es würde ihr drittes Baby werden und unser erstes, wir tappten da völlig im Dunkeln.
 

Akira wäre ein toller Vater gewesen. Er hatte sich immer Kinder gewünscht, schon seit Jahren. Er hatte mich dazu überredet dieses Wagnis einzugehen.
 

Warum hatte ich nicht schon früher ja dazu gesagt? Sicher hätte Akira das Motorradfahren aufgegeben, hätte heute mit unserem Kind im Garten gespielt, statt eine Tour zu fahren.
 

Dann würde er noch leben! Hätte ich doch nur früher schon ja gesagt.
 

War es meine Schuld?
 

Gott... ich musste noch seine Eltern anrufen... ich musste ihnen sagen, dass ihr Sohn einen Unfall gehabt hatte, dass er tot war.
 

“Ruki... ich weiß es ist schwer für dich, aber wir müssen jetzt gehen.” Ich schüttelte unwillig den Kopf als ich Kais Stimme hörte, hatte keine Ahnung, wie lange ich schon hier lag, doch bestimmt eine Weile. Kai würde mir so viel Zeit geben, wie er konnte, doch ich wollte nicht. Ich wollte seine Hand nicht los lassen, wollte nicht von seiner Seite weichen.

Ich konnte ihn doch nicht alleine lassen.
 

“Ich kann ihn nicht alleine lassen.”, hauchte ich leise, doch wehrte mich auch nicht, als Kai mich sanft hoch zog, mich vorsichtig vom Bett hob. Meine Beine waren so weich, dass ich bezweifelte, dass sie mich würden tragen können, doch Kais Arme hielten mich mich fest, stützten mich, gaben mir Trost, als zwei Pfleger herein kamen, das Bett hinaus schoben, Akira hinaus schoben.
 

Die Tränen ließen mein Blickfeld verschwimmen, ließen Akira vor meinen Augen verschwimmen und als die Tür sich hinter den Pflegern schloss und er endgültig und für immer aus meinem Leben verschwand, ließ ich meiner Verzweiflung freien Lauf, schrie sie heraus und sackte in Kais Armen zusammen, als hätte man mir gerade mein Leben ausgesaugt.
 

Ich fühlte mich so leer und verloren.
 

~*~*~*~*~
 

“Wenn du was brauchst Ru... wir sind alle für dich da.”

“Danke Kai.”, nuschelte ich leise, meine Stimme rau und kratzig und meine Finger schlossen sich fester um die kleine Holzkiste, die sie hielten.
 

Das war alles, was von ihm noch übrig war, alles, was von mir noch übrig war. Nicht mehr als eine kleine Holzkiste voller Asche.

Ohne eine Verabschiedung von Kai betrat ich mein Haus. Unser Haus. Es war viel zu groß für mich allein, viel zu überladen mit glücklichen Erinnerungen und doch weigerte ich mich zu gehen.

Die Jungs hatten mir mehr als einmal angeboten für ein paar Tage oder Wochen bei ihnen zu wohnen.
 

Mit sicheren Schritten durchquerte ich das dunkle Wohnzimmer, hatte seit dem schrecklichsten Tag in meinem bisherigen Leben die Gardinen nicht mehr auf gezogen. Ich trauerte in Dunkelheit und Stille.
 

“Willkommen zu Hause.”, hauchte ich, meine Stimme brach und Tränen rannten über meine Wange, als ich die kleine Kiste auf den Kaminsims stellte, neben unser Hochzeitsfoto.

Ich hatte noch keinen Hausaltar.

Meine Stirn sank langsam gegen den kühlen Stein, heiße Tränen brannten auf meinen Wangen und gequälte Laute fielen haltlos von meinen Lippen.
 

Würde ich je wieder glücklich werden? Würde es je wieder einen lichten Moment in meinem Leben geben?

Was für eine dumme Frage. Wie könnte ich je wieder ohne ihn glücklich werden.
 

Ich wollte nicht mehr leben.
 

“Akira... warum? Ich vermisse dich so sehr. Ich will wieder bei dir sein.” Warum hatte er mich nur allein gelassen? Warum hatte er sterben müssen? Warum er? “Warum?”
 

Noch einmal strich ich über das glatte Holz der kleinen Kiste, bevor ich rüber zu dem Sofa ging, mich in die kleine Ecke knautschte, in der er sonst immer gesessen hatte. Seine Ecke.

Wie oft hatten wir zusammen hier gesessen, wie oft hatte er mich in seine Arme gezogen, mich fest gehalten und mir die süßesten Worte ins Ohr geflüstert.

Ich lachte leise auf, traurig, und wischte mir über die Augen, legte meine Hand auf das Leder, lehnte meinen Kopf gegen das Polster, als wäre er es, an den ich mich schmiegte.
 

Ich wollte nie wieder aufstehen, nie wieder diese Wohnung verlassen. Das hier... hier war Akira noch bei mir. Hier roch es nach ihm, hier konnte ich ihn spüren, hier war er noch bei mir und ich wollte mich an die Erinnerungen krallen, sie festhalten.
 

Vielleicht sollte ich ihm einfach folgen? Ich hatte nichts mehr, was mich hier hielt. Gazette war mit Akira gestorben. Meine Stimme war mit ihm gestorben. Ich würde nie wieder singen.
 

Welchen Sinn hatte dieses Leben noch?
 

Mein Blick wanderte zu dem kleinen Tisch neben mir, zu der Weinflasche und den Schlaftabletten.
 

Plätschernt fielen die kleinen Tabletten aus meiner Hand in das halb volle Weinglas, lösten sich sprudelnd auf und ich drehte das Glas kurz in meinen Händen. Ein Abschiedsbrief war wohl nicht von Nöten, allen dürfte mehr als klar sein, warum ich das hier tat, warum ich den Freitod jahrelanger Trauer vorzog.
 

“Wenn du willst, dass ich weiter lebe Aki... aus welchem Grund auch immer... dann ist das hier deine letzte Chance mir ein Zeichen zu geben Schatz.” Ich blickte rüber zu der kleinen Kiste auf dem Kaminsims, lächelte leicht. Gleich würde ich wieder bei ihm sein. “Ich liebe dich Akira.”, hauchte ich und führte das Glas zu meinen Lippen.
 

~*~*~*~*~
 

“Ist es wirklich schon fünf Jahre her?” Wir hatten uns alle an unserem üblichen Treffpunkt versammelt. Jedes Jahr am selben Tag, ein Tag, der viel zu schnell wieder in unser Leben trat.
 

Ich schaute in die Gesichter meiner zwei besten Freunde, die noch immer von der tiefen Trauer über unseren Verlust gezeichnet waren.
 

Seit einem Jahr hatte ich Aoi und Uruha nicht mehr gesehen, unsere Wege hatten sich getrennt, was irgendwie nicht verwunderlich war, aber es war schade. Ich vermisste meine Freunde, unsere Band, unser altes Leben.
 

Wenigstens hatten wir diesen Tag. Ein trauriger Tag, an dem wir jedes Jahr aufs Neue Abschied nahmen, uns aber auch jedes Jahr aufs Neue wieder trafen.
 

“Na komm Kai, lass uns zu den beiden.” Ich nickte auf Aois Worte hin, atmete einmal tief durch. Ich hasse es auf den Friedhof zu gehen.
 

“Hey ihr zwei.”
 

~*~*~*~*~
 

“Oh... hey ihr. Da seid ihr ja.” Ich stand langsam auf, umarmte Kai, Uruha und Aoi, als sie auftauchten. “Danke, dass ihr hier seid.”

“Das ist doch selbstverständlich, Ruki. Reita war unser bester Freund.” Ich erwiderte Kais Lächeln schwach, konnte nicht anders, als schon wieder zu weinen. Auch noch fünf Jahre nach seinem Tod war die Trauer um ihn so unermesslich. “Ich vermisse ihn so sehr, Kai.”, hauchte ich und lachte leise auf, als meine drei besten Freunde mich tröstend in ihre Arme schlossen.
 

“Wir vermissen ihn auch immer noch Ruki, aber wir haben uns ein Versprechen gegeben, erinnerst du dich?” Er strich mir die Tränen von den Wangen und ich nickte. “Ja, natürlich.”

Einmal im Jahr trafen wir uns an Akiras Grab, erzählten den anderen, und Aki, was seit dem letzten Jahr in unserem Leben passiert war. Heulen war nicht erlaubt. Wir wollten Akira ehren, der sein Leben so sehr geliebt hatte. Er würde nicht wollen, dass wir nur heulten.
 

“Hey Reila, sag Onkel Kai und den anderen beiden Hallo.” Ich drehte mich zu meiner Tochter um, lächelte, als ich das kleine Mädchen sah, das ihrem Vater so unendlich ähnlich sah, das mich am Leben hielt und mir jeden Tag einen Grund gab auf zu stehen und weiter zu machen.
 

Er hatte mir ein Zeichen geschickt. Gerade als ich das Weinglas an meine Lippen geführt hatte, hatte das Telefon geklingelt. Ich war nicht dran gegangen, doch hatte auch nichts von der giftigen Flüssigkeit in meinem Glas getrunken. Seine Stimme, als der AB ansprang, hatte mir fast das Herz zerrissen und als ich die Nachricht hörte, die darauf gesprochen wurde, fiel das Glas klirrend auf den Boden.
 

Es war die Klinik, man hatte heute einen Test bei der Frau gemacht. Sie war schwanger, die erste, kritischste Phase, in der ihr Körper den Embryo abstoßen würde, war überstanden.

Sie war schwanger mit Akiras Baby.
 

Er hatte mir ein Zeichen geschickt. Er würde weiter leben, in seinem Kind.
 

Ich nahm meine kleine Tochter auf den Arm, drückte ihr einen Kuss auf die Wange und drückte sie fest an mich, lächelte zärtlich zu dem Grabstein rüber, der die letzte Ruhestätte meines Mannes markierte und hauchte ein tonloses ‘Danke.’ an ihn.
 

Noch immer hielt er seine schützenden Hände über mich, hielt mich fest und gab mir Halt, wenn ich ins Straucheln geriet.



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