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Niños de la noche

von

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3. Kapitel

Simon stand in seinem Zimmer im Hotel und verstaute gerade die letzten Klamotten in seinem Schrank. Dann ließ er sich erschöpft auf die Bettkante fallen. Fertig.

Er sah sich in seinen neuen vier Wänden um und musste feststellen, dass er sich nun tatsächlich um einiges wohler fühlte. Das Zimmer war nich länger nur irgendein anonymes Hotelzimmer – es war jetzt sein Zimmer.

Ein Gutes hatte das ganze Schlamassel ja, denn er hatte schon länger vorgehabt auszuziehen und nun den nötigen Tritt in den Hintern bekommen. Seiner Familie hatte er erzählt, er würde mit einem Bekannten zusammen in eine WG ziehen – was nicht einmal wirklich gelogen war.

Allerdings graute es ihm vor dem Gedanken daran, was passieren würde wenn seine Mutter den Blutsauger eines Tages kennen lernen wollte und zum Dinner einladen würde.

Er schüttelte den Kopf um den wirren Gedanken zu vertreiben.
 

Nach einer Weile stand er auf und ging nach nebenan zu Raphael. Er öffnete die Zimmertür, ohne groß nachzudenken und fand sich dem Blutsauger gegenüber wieder, der mit freiem Oberkörper und noch geöffneter Jeans da stand und sich die nassen, schwarzen Haare gerade mit einem Handtuch trocken rubbelte.

Dunkle Augen blitzten ihn überrascht an.

„Hi?“

Okay – er sollte sich wirklich angewöhnen zu klopfen! Das war heute schon das zweite mal, dass ihm sowas passierte.

Seine Wangen färbten sich rot, als er an die Situation mit Clarry am frühen Abend dachte, woraufhin Raphael ihm einen merkwürdigen Blick zuwarf und ihn ein bisschen zu lange musterte.
 

Der Vampir trat auf ihn zu und Simon fiel auf, dass die Verletzung, die Camille ihm mit ihrem Messer zugefügt hatte, fast vollständig verschwunden war. Dafür blieb sein Blick an einer neuen, scheinbar frischen kleinen Wunde hängen. Einer leichten Verbrennung zwischen Hals und Brust, direkt unterhalb der Kette, die er um den Hals trug.
 

„Was hast du da gemacht?“ Simon streckte in einer automatischen und unüberlegten Geste die Hand aus und fuhr mit seinen Fingern über besagte Stelle auf seiner Haut.

Der Hispanoamerikater zuckte leicht zusammen, allerdings nicht vor Schmerz.

Einen Augenblick lang blieb er stehen, musterte den jüngeren und schien etwas anderes sagen zu wollen, als er dann letztendlich tat.

„Hab vorhin meine Mum besucht, bevor ich zum Jade Wolf gekommen bin.“, erklärte er. Dann wandte er sich ab, schmiss das Handtuch aufs Bett und kramte ein frisches T-Shirt aus seinem Schrank.

„Hatte hier früher immer ein Krizufix dran hängen.“ Er deutete mit einer Hand auf seine Kette. „Jetzt kann ich es nicht mehr lange tragen, aber für einen kurzen Besuch geht das schon.“

Er zog sich das Shirt über und sah Simon an, der inzwischen eins und eins zusammen gezählt hatte.

„Du bist noch gar nicht so lange ein Vampir.“, stelle er überrascht fest.

Raphael hob die Schultern. „Ein paar Jahre . . .“, meinte er ausweichend und Simon betrachtete ihn auf einmal auf eine ganz andere Weise, als bisher.

Er hatte sich nie Gedanken über die Verwandlung des anderen gemacht. Für ihn war er einfach der Anführer des New Yorker Clans gewesen, seit Camille sich diesen Posten verspielt hatte. Er hatte nie daran gedacht, dass er vielleicht mit den selben Problemen zu kämpfen hatte, wie er. Dass er eine menschliche Familie hatte.
 

„Es ist schwer, oder?“, meinte er verständnisvoll und ihm lagen auf einmal so viele Fragen auf der Zunge.

Einen Augenblick glaubte er eine gewisse Verletzlichkeit im Gesicht des Schattenweltlers zu erkennen.

„Ich werde sie nicht mehr lange treffen können.“

Simon sah ihn fragend an und verstand nicht gleich.

„Ich altere nicht. Ich besuche sie nun schon seit Jahren und habe mich kein Stück verändert.“, erklärte er. „Ich muss mir bald etwas einfallen lassen.“

Simon wollte etwas sagen, aber Raphaels Miene verschloss sich wieder und er wechselte das Thema.

„Aber deshalb bist du sicher nicht gekommen, oder?“
 

„Ich ähm, wollte mich für vorhin entschuldigen. Ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen, ich hab nicht nachgedacht.“ Er hatte aber auch einfach nicht damit gerechnet, dass Raphael nach Cinatown konnen würde. Ärger war damit mehr als vorprogrammiert gewesen.
 

Dieser hatte sich mitlerweile auf sein Bett gesetzt und zog nun seine Gitarre hervor und spielte gedankenverlohren etwas damit herum.

„Schon okay. Ich hab gewusst, was ich riskiere, ich kann selbst auf mich aufpassen.“

Er hob den Blick von seinem Instrument und sah Simon an. „Was man von dir nicht behaupten kann.“ Ein Schumzeln umspielte die Lippen in seinem bleichen und doch attraktiven Gesicht.
 

Dann stand er auf und legte seine Gitarre auf dem Bett ab.

„Ich hatte dir versprochen, dir Tipps beim Spielen zu geben.“, sagte er und durchquerte den Raum. Er blickte über die Schulter, um zu sehen, ob Simon ihm folgte. Dieser war unübersehbar überrascht, allerdings nicht negativ.

Er nickte und folgte ihm auf den Flur und zu seinem Zimmer.

„Klar. Gerne!“
 

In Simons Zimmer sah Raphael sich interessiert um. Neben Klamotten, hatte er einige Bücher und viele CDs mitgebracht und als er die Cover überflog, erkannte er einige gute Bands darunter, die ihm selber sehr gefielen. Geschmack hatte der Junge, das hätte er gar nicht gedacht.

Drei Fotos hatte er neben dem Bett an die Wand gehängt – eins davon zeigte ihn mit seiner besten Freundin Clarry.
 

Simon hatte inzwischen seine Gitarre von der Wand genommen, die in einer Halterung gehangen hatte und setzt sich auf’s Bett.

Der ältere Vampir wandte sich vom Regal ab, dessen Inhalt er neugierig gemustert hatte und ließ sich neben ihm auf die Matratze fallen.

Er nahm ihm die Gitarre aus den Händen und begann sie zu stimmen. Angesichts seines guten Musikgeschmacks hatte er nun etwas Hoffnung, dass er vielleicht doch keine musikalische Vollkatastrophe war.

Er sollte in seiner Vermutung einigermaßen Recht behalten. Simon spielte zwar nicht so gut wie er selbst, konnte aber den ein oder anderen Tipp recht schnell und gut umsetzen und sie verbrachten eine ganze Weile damit zu fachsimpeln. Einen Augenblick lang, vergaß Raphael alles andere. Vergaß, wie nervtötend anstrengend der Irdische war. Vergaß, dass Valentin als greifbare Bedrohung über der Schattenwelt hing. Vergaß, was es hieß, die Sonne nie wieder zu sehen.
 

Er hatte auch die Zeit vollkommen vergessen. Als Simons Handy klingelte, war es schon nach 10Uhr morgens. Dadurch, dass das gesammte Hotel zugemauert war und kein Sonnenstrahl hinein drang, war die Tageszeit nicht immer gut einzuschätzen. Für Clarry jedoch, mit der Simon sich nun gut gelaunt unterhielt, hatte bereits ein neuer Tag begonnen.
 

Raphael gähnte herzhaft, als Simon im Gespräch durchs Zimmer wanderte und schließlich für einen Augenblick im Bad verschwand, vermutlich um etwas Privatsphäre zu bekommen, und beschloss gleich ins Bett zu gehen.

Sein Gedanke wurde jedoch abbrubt auf etwas völlig anderes gelenkt, als sein Blick auf einen noch nicht ausgeräumten Karton fiel.

Oben drauf an der Seite steckte eine Broschüre, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte und als er sie heraus zog, bestätigte sich sein Verdacht.

Was zum . . . ?!

Seine Augen flogen über den Titel und er blätterte die ersten Seiten auf, überflog sie eilig. Er warf einen Blick zur Badezimmertür und zögerte.

Dann las er.

. . . solltest du wissen, dass ich noch der gleiche Mensch bin, wie zuvor. Schwul zu sein, ist nicht das wichtigste an mir. Es ist lediglich ein Teil von der Person, die ich nun mal bin.

Ich weiß, dass du möglicherweise eine vorgefasste Meinung über Homosexuelle hast . . .

Als die Klinke der Badezimmertür herunter gedrückt wurde, fuhr Raphael zusammen, faltete das Heft zusammen und steckte es blitzschnell zurück in den Karton.
 

Mit unschuldiger Miene saß er auf dem Bett und gab sich alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Scheiße, wenn er das gerade richtig verstanden hatte – und eigentlich gab es da kaum etwas falsch zu verstehen . . .

Simon sah ihn fragend an. Vermutlich stand ihm die Verblüffung ins Gesicht geschrieben.

Verlegen wandte er den Blick ab und kam auf seinen ursprünglichen Plan zurück.

„Ich werd’ mal schlafen gehen.“, sagte er und stand auf.

„Ist schon mitten am Tag, ich bin totmüde.“

„Eher tot und müde.“, erwiederte Simon trocken, dann grinste er. Raphael lachte leise. Sieh mal einer an, der Kleine findet seinen Humor wieder!

„Ja, so in der Art.“, antwortete er schmunzelnd.
 

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Ich mag das 3. Kapitel, da die beiden anfangen sich besser kennen zu lernen und ihre Meinung über den anderen zu verändern. :3



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