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Niños de la noche

von

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2. Kapitel

Wo steckst du? Meld dich zurück!

Simon betrachtete den gekritzelten Zettel, der auf seinem Bett im Hotel lag und seufzte resigniert.

Kontrollfreak, ging es ihm durch den Kopf.

Ein Blick auf sein Handy verriet ihm, dass es fast vier Uhr morgens war. Und dass er drei entgangene Anrufe hatte.

Er zog sich eine bequemere Jogginghose und machte sich auf den Weg nach Unten. Er hatte einen verdammten Hunger. Durst. Wie auch immer.

In der Küche blickte er sich zögerlich um. Es war etwas anderes, sich eben schnell ein Käsebrot zu schmieren oder sich einen wortwörtlichen Bloody Merry zusammen zu mixen.
 

„Du stinkst nach nassem Hund.“

Simon fuhr zusammen und drehte sich um. Hinter ihm stand Raphael an den Türrahmen gelehnt und hatte die Arme vor der Brust verschrenkt.

Der Unterweltler blickte ihn einen Moment lang mit undurchdringlicher Miene an, dann stieß er sich von der Wand ab und durchquerte den Raum mit den geschmeidigen Bewegungen einer Raubkatze.

Er griff an Simon vorbei nach einem der Gläser im Regal.
 

„Wieso warst du in Chinatown?“

„Wieso geht dich das etwas an?“, konterte Simon gereizt.

„Ich bin immer noch für dich verantwortlich, Idiota.“ Raphael wandte sich zu ihm um und reichte ihm das Glas, das nun mit roter Flüssigkeit gefüllt war. „Wenn du da draußen herumspazierst und irgendwelche Mundis anknabberst, hab ich ein ernsthaftes Problem, Chico!“
 

Simon trank das Glas in einem Zug leer und seine schlechte Laune hob sich augenblicklich.

Er musste das wirklich besser unter Kontrolle bringen. Was genau einer der Gründe war, warum er sich im Jade Wolf aufhielt. Luke, hoffte er, könnte ihm vielleicht helfen. Die Unterschiede zwischen Vampiren und Werwölfen waren gar nicht so groß, hatte er festgestellt. Auch wenn niemand es hören wollte, wurde das Leben beider von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Man bekam neue Kräfte geschenkt, musste dafür aber teuer bezahlen. Außerdem machte sich etwas in ihm breit, dass er zu beherrschen lernen musste, wenn er nicht wollte, dass es ihn in Zukunft beherrschte: Hunger.
 

Er musste sich eingestehen, dass das Clanoberhaupt nicht ganz Unrecht damit hatte, dass er von einem Fettnäpfchen ins nächste trat und jetzt alles ohne Umwege auf Raphael zurück fiel.

Verdammt, er hatte es ja noch nicht einmal geschafft sich auf Magnus’ Party nicht in eine Ratte verwandeln zu lassen.

Er ließ sich das Glas abnehmen und erneut füllen.
 

„Ich werde morgen ein paar meiner Sachen abholen.“, sagte er.

Sein Gegenüber sah ihn an mit einer Mischung aus mangelnder Begeisterung darüber, dass er schon wieder vor hatte draußen herum zu laufen und Überraschung, dass er tatsächlich seinen Kram herbringen wollte.

„Du willst also hier einziehen?“ Fragend hob er eine Augenbraue. Dann goss er sich selbst einen der blutigen Coctails ein und trank einen Schluck. Ein paar dunkelbraune Augen musterten ihn nachdenklich.

Simon hob ergeben die Schultern.

„Ist das Beste, denke ich. Ich kann meiner Mum nicht ständig eine Grippe vortäuschen und wenn ich ihr nich rund um die Uhr über den Weg laufe . . . Naya ich kann sie anrufen oder abends besuchen und mich soweit normal verhalten.“

Raphael nickte verstehend.

„Okay.“, meinte er und verschwand auf den Flur.
 

Als Raphael am darauf folgenden Abend die Tür zu Simons Zimmer öffnete, war dieser bereits verschwunden. Dieser verdammte Irdische war schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe!

Besagter hatte sich bereits bei Sonnenuntergang direkt auf den Weg nach Brooklyn gemacht. Er hatte sich mit Clarry bei Luke verabredet, da ihre Wohnung nach wie vor zerstört war und er zum Institut vorerst keinen Zugang mehr hatte. Nicht das er den offiziell jemals gehabt hätte . . .

Der Werwolf öffnete ihm und zum ersten mal seit Tagen hatte er das Gefühl irgendwo wirklich willkommen zu sein.

„Clarry ist auf ihrem Zimmer.“, meinte Luke und Simon nickte dankbar. Dankbar für alles, was Luke und Clarry für ihn taten, dass sie ihn trotz allem akzeptierten und nicht wie einen Mundi oder Schattenweltler behandelten.
 

Das erste, was er warnahm, als er die Tür zum Gästezimmer öffnete, welches inoffizell Clarissas Zimmer war, war ein Schrei.

„Verdammt, Simon!“

Das zweite, was er warnahm und was er sah, war, dass das rothaarige Mädchen im BH vor ihm stand.

Hektisch griff sich nach einem Kleidungsstück und hielt es sich vor den Oberkörper, während Simon sie einen Augenblick nur geschockt anstarrte.

„Raus!“, quiekte sie und er setzte sich endlich in Bewegung, schloss die Tür wieder und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Seine Wangen glühten und er konnte nicht sagen, wie peinlich ihm die Situation gerade war.

Nicht, dass er seine beste Freundin noch nie nackt gesehen hatte. Aber das war, als sie beide noch zusammen im Sandkasten saßen!
 

Als sich die Tür hinter ihm öffnete, wäre er beinahe nach hinten über gefallen, da er noch immer an dieser gelehnt hatte.

Er sah Clarry verunsichert an und fuhr sich durchs Haar.

„Tut mir leid . . . Wirklich!“, brachte er hervor und auch sie war deutlich rot im Gesicht, dafür nun aber wenigstens vollständig bekleidet.

„Ähm, ja . . . Schon okay, war ja keine Absicht.“ Die junge Schattenjägerin beendete damit das peinliche Thema möglichst schnell und Simon war ihr im Stillen sehr dankbar dafür.
 

Als er Jace wenig später in der Küche vorfand, überraschte ihn das wenig. Doch auch wenn er nicht gerade begeistert war, diesen arroganten Typen wieder einmal an ihrer Seite zu sehen, fiel ihm auf, dass es ihn nicht mehr so sehr traf, wie anfangs.

Er konnte ihn einfach nicht leiden, mochte seine Art nicht und er wünschte sich etwas Besseres für Clarry. Diese brennende Eifersucht und das Gefühl, dass ihm jemand ins Herz stach, ließ jedoch allmählich nach.
 

Zu dritt machten sie sich auf den Weg zu Simons Wohnung. Seine Mutter begrüßte Clarry herzlichst, warf ihrem Sohn besorgte Blicke zu und fragte zum zehnten mal, ob sie den Umzug aufgrund dessen, dass er noch immer etwas kränkelte, nicht lieber verschieben wollten und betrachtete Jace mit einer gewissen Skepsis.

Simon beruhigte sie, indem er beteuerte, dass es ihm schon viel besser ging – tatsächlich sah er nun, da er regelmäßig Nahrung bekam, auch nicht mehr aus wie eine wandelnde Leiche . . . die er nun mal war – und dass er ja nur ein paar Dinge mitnehmen und sein altes Zimmer für Besuche bei ihr bestehen lassen wollte.
 

So packte er seine wichtigsten Sachen ein und die zwei Schattenjäger halfen ihm beim Tragen. Sie hatten sich Lukes Pick Up geliehen, der selbst sie nicht fahren konnte, da er nicht in die Nähe des Hotels kommen wollte und durfte.

Unterwegs legten sie allerdings einen Zwischenstopp im Jade Wolf ein.

„Hi Simon!“ Maia begrüßte ihn einerseits erfreut, andererseits unsicher. Als er noch ein Mundi war, hatten sie sich angefreutet, doch jetzt verkomplizierte diese ganze Werwolf-Vampir-Geschichte die Sache. Das Wolfsmädchen hielt noch immer eine gewisse Distanz zu ihm und die erneute, unterschwellige Ablehnung nagte an ihm.
 

Jace saß ihm gegenüber und verspeiße gerade einen großen Teller Bratnudeln, während Clarry neben ihm an einer Apfelschorle nippte, als vor der Tür einiger Tumult ausbrach.

Luke erhob sich, um als Rudelführer nach dem Rechten zu sehen und der Schattenjäger hatte bereits seine Hand an einer seiner Seraphklingen.

Auch Simon und Clarry folgten den beiden und fanden auf der Straße eine Traube von Leuten vor, die heftig zu diskutieren schienen.

Drohendes Knurren ging durch die Menge, das Rudel wirkte mehr als angespannt und Luke bahnte sich einen Weg, um die Situation zu deeskalieren.

Als Simons Blick auf den Vampir fiel, der dort stand, brannten sich Raphaels Augen förmlich in seine.

„Ihr habt etwas, das mir gehört.“, sagte er an Luke gewandt.

„Was willst du hier, Blutsauger!“, rief jemand aus der Menge. „Du hast hier nichts verloren!“

Raphael sah sich angespannt um, bereit, jederzeit zu reagieren.

„Ich will nur meinen Jungen holen, dann seid ihr mich sofort wieder los.“

„Du hast unerlaubt unser Revier betreten, wir sollten dich töten!“, meldete Maia sich mit ungewohnt harter Stimme zu Wort.

Luke legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter und Simon fragte sich, wie die Chancen wohl standen, dass sein Babysitter einen Angriff des Rudels überstehen würde. Vermutlich schlecht, schlussfolgerte er.

Er trat einen Schritt vor und wandte sich an die Wölfe. „Schon okay, ich gehe mit ihm und wir verschwinden von hier.“ Jetzt bloß nichts falsches sagen, dachte er.

Raphael trat neben ihn und Simon konnte einen Atem im Nacken fühlen.

„Isst du wirklich so gerne chinesisch?“, flüsterte er vielsagend und in seiner Stimme klang Verärgerung, aber auch Besorgnis mit.
 

Jace und Luke brachten die Meute unter Kontrolle und die zwei Vampire gingen zum Pick Up, wo Raphael sich ohne zu zögern ans Steuer setzte, allerdings angewiedert das Gesicht verzog, aufgrund des aufdringlichen Hundegeruchs im Wagen.

„Du hast einen Führerschein?“, fragte Clarry offensichtlich verblüfft, nachdem sie die Erfahrung gemacht hatte, dass Schattenjäger und Unterweltler in der Regel eher das New Yorker U-Bahn Netz bevorzugten.

Der Vampir hob irritiert eine Augenbraue. „Si? Natürlich. Wobei mir Motorräder lieber sind.“, fügte er grinsend hinzu. „Jetzt steig schon ein, Idiota. A buen paso. Ich muss nicht unbedingt noch länger hier bleiben.“

Simon kletterte auf den Beifahrersitz und Luke trat zu ihnen.

„Alles okay. Aber ihr solltet wirklich von hier verschwinden.“ Dann warf er Raphael einen fragenden Blick zu. „Wie hast du ihn überhaupt hier gefunden?“

„Aufgespürt, er trägt mein Blut in sich.“, erwiederte dieser, als läge es offensichtlich auf der Hand.

Luke sah irritiert aus.

„Du weißt aber schon, dass nicht du, sondern Camille ihn verwandelt hat?“ warf er ein.

„Si . . . pero . . . ist eine lange Geschichte.” Der Vampir wand sich und auf seinen Wangen zeichnete sich ein leichter Rorschimmer ab. „Da war er eine Ratte. Kleines . . . Missverständnis.“

Luke hob fragend eine Augenbraue und sah den beiden kopfschüttelnd nach, als der Wagen los fuhr und schließlich hinter einem Häuserblock verschwandt.

„Da fährt er, mein Pick Up . . .“, stellte er resigniert fest und fragte sich, ob er ihn wohl je wieder bekommen würde.



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