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Familyproject

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Einhundertneun

Toshiya Pov.
 

Nervös wackelte der Bassist mit seinen Beinen auf dem Stuhl herum, während er in einer dieser dämlichen amerikanischen Behörden saß. Noi hatte ihn hier hin geschleppt und quasi auf dem Stuhl drapiert. Heute erfuhr er, ob er das Baby nun zu sich nehmen durfte, mit dem alleinigen Sorgerecht, oder ob es nicht doch in ein Heim gebracht, beziehungsweise an eine Familie vermittelt werden würde. In einem Heim war das Kind im Moment ja schon, da sie es dem Bassisten eben nicht einfach so aushändigen wollten. Das hatte ihm tausende Nerven gekostet und ohne Noi wäre er wohl komplett durchgedreht. Zwar war die Kleine sonst immer total aufgedreht, aber in dieser Sache war sie die Ruhe selbst gewesen und hatte alles gemanagt. Der Kleine war nun drei Wochen schon auf der Welt und der Vaterschaftstest war auch eindeutig gewesen, woran Toshiya nie einen Zweifel gehegt hatte, und nun wollte er ihn endlich mit nach Hause nehmen, zudem sein Visum eh in einer Woche auslaufen würde.
 

„Kannst du jetzt endlich mal deine Stelzen still halten? Du machst einen ja komplett kirre“, ruckte Nois Kopf plötzlich in seine Richtung und Toshiya zuckte so sehr erschrocken zusammen, dass er beinahe laut gequietscht hätte. Sein aufgeregtes Herz tat nun schmerzlich in der Brust weh und selbst das Atmen hatte er schon fast vergessen.

„Musste das sein?“, murmelte er total durch den Wind und sah Noi schon beinahe ängstlich an, nachdem er wieder Luft geholt hatte.

„Ja, ich kann dein Gezappel nicht mehr tolerieren“, nickte die schmale Frau einfach und nahm ihm damit allen Wind aus den Segeln, da sie einfach nichts weiter sagte und er auch nichts zum Widersprechen hatte. Stattdessen fühlte er sich sogar schuldig und er senkte seufzend den Kopf.

„Tut mir leid, ich halte das Warten nur einfach nicht mehr aus. Es macht mich fertig in der Birne, da ich ja immer noch nicht weiß, ob das Baby nun mit nach Japan kommen darf oder nicht“, gab er zu und er unterdrückte mit Zwang sein Gezappel, knetete dafür seine Finger so sehr, dass sie am Ende total rot anliefen. Trotzdem wollte die Durchblutung nicht ganz so wie Toshiya, denn seine Finger waren eiskalt und schweißnass.

„Ich weiß, aber es ist gleich vorbei. Lange kann es schließlich nicht mehr dauern und dass du dich um dein Kind bemühst, haben die Behördenfutzies ja auch mitbekommen“, tätschelte sie sein rechtes Knie. Zum Glück konnten sie in ihrer Muttersprache sprechen und alles so formulieren wie sie wollten, es verstand sie ja eh keiner.

„Aber reicht das aus?“, schaute er unsicher zu seiner kleinen Begleiterin, die erst nickte, dann aber mit den Schultern zuckte.

„Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich habe ein gutes Gefühl“, lächelte sie sogar und ein wenig wackelig erwiderte der Bassist es, auch wenn er regelrecht spürte, wie seine Unterlippe dabei zitterte.
 

Eine halbe Stunde später verließ der Bassist so strahlend das Gebäude, dass selbst die Sonne eine Sonnenbrille benötigte. Tatsächlich hatte er den Zuspruch für das Baby bekommen und sie konnten es heute noch aus dem Kinderheim abholen. Vorher musste er zwar noch eine entsprechende Babyschale für die Reise besorgen, aber das sollte nicht das Problem sein.
 

Somit steuerten Noi und er einen Babymarkt an und kaum waren sie durch die Schiebetüren getreten, wusste der Bassist gar nicht mehr, was er eigentlich sagen sollte. So viel Kitsch und unnötiges Zeug hatte er auf einen Haufen ja noch nie gesehen und dabei dachte er eigentlich, dass sie Japaner in manchen Dingen schon sehr speziell waren.

„Lass uns mal da hinten gucken, sieht so aus als hätten sie da was“, zog Noi ihn dann schon mit und stolpernd folgte er der jungen Frau, die scheinbar schon wieder zu viel Energie übrig hatte. In der Abteilung angekommen standen sie aber schon wieder vorm nächsten Rätsel, denn die Teile gab es schon beinahe in allen Formen und Farben, dabei wollte Toshiya nur einen simplen Maxi – Cosi.
 

Überfordert holten sie sich nach einer viertel Stunde eine Verkäuferin ran, die gleich ausführlich zu jeden Teil was erzählte, zumindest vermutete der drahtige Mann das, verstehen tat er ja eh nix. Noi dagegen verstand alles und sie stellte genau so viele Fragen, wie die andere Frau erzählte. Das war der Moment, an dem sich Toshiya ausklinkte und sich in einen anderen Gang verzog, der ein paar Babyanzüge beherbergte. Dort stöberte er herum und sackte gleich eine Familienpackung Strampelanzüge an, die mit Elvis bedruckt worden waren. Zwar nicht gerade die schönsten, aber zumindest in Japan selten und er wollten den anderen beiden Babys auch was Gutes tun, zudem er Daisukes Prinzessin ja noch gar nicht zu Gesicht bekommen hatte.
 

„Ach hier bist du“, durfte er dann schon wieder zusammen zucken. Noi stand hinter ihm und hielt eine einfache, schwarze Babyschale hoch. „Wie sieht’s mit der aus?“

„Erschreck mich doch nicht immer so“, brummelte er und schielte danach auf den Maxi – Cosi. „Ja, der sieht gut aus“, wenigstens war das Ding nicht auffällig bunt.

„Gut, dann lass uns hier verschwinden und deinen Sohnemann abholen“, hakte sie sich bei ihm ein und zerrte den großen Mann wieder mit sich. Langsam aber sicher gewöhnte Toshiya sich an das Gezerre.
 

Bezahlt war schnell und vor dem Laden schaffte die Frau es schon wieder ein Taxi für sie zu beanspruchen. Kommentarlos ließ er sich auf die Rückbank gleiten und rutschte durch, damit Noi auch noch Platz hatte.

„Hast du dir eigentlich überlegt, ob du deinen Zwerg weiterhin Ken nennen willst?“, schaute sie ihn neugierig an, nachdem sie dem untersetzten Taxifahrer die Adresse des Kinderheimes genannt hatte.

„Hm… ja. Ich werde Ken wohl beibehalten, als Spitznamen allerdings“, nickte er. „Was hältst du von Kenji?“

„Oh, das klingt gut“, nickte seine Begleitung begeistert und sie strahlte ihn an. „Da muss ich mich wenigstens nicht an einen neuen Namen gewöhnen“, zwinkerte sie frech und der Bassist konnte es nachvollziehen. Die Leute im Kinderheim hatten seinem Sohn schon den Namen Ken verpasst und dummerweise hatte er sich selbst auch schon irgendwie dran gewöhnt, da Toshiya seinen Sohn jeden Tag besuchen war und seitdem feststand, dass es auch wirklich sein Fleisch und Blut war, war er sogar noch länger geblieben und die Mitarbeiter hatten ihn jeden Tag quasi mit einem Fußtritt vor die Tür setzen müssen. Doch heute würde er sich nur mit seinem Sohn verabschieden lassen, das stand definitiv fest.
 

Die Prozedur im Kinderheim ging dann sogar sehr schnell und ehe Toshiya sich versah, stand er mit Noi wieder vor dem Kinderheim und aus dem Maxi – Cosi lugten zwei kleine braun-grüne Augen heraus, die gegen das grelle Sonnenlicht ankämpften. Mit stolzer Brust trug er die Schale zum nächsten Taxi. Dort stellte er sich allerdings ein wenig dilettantisch an und es dauerte ein bisschen, bis er den Dreh mit dem Gurt und der Babyschale raus hatte. Doch irgendwann saßen alle gesichert im Taxi und ließen sich zum nächsten Supermarkt fahren, da sie noch ein bisschen Babynahrung benötigten, schließlich konnte der Bassist den Säugling nicht stillen
 

Nach einer ausführlichen Studie, welches Produkt nun das Beste für seinen Sohn war, marschierten sie zu den Kassen, bis Noi plötzlich stehen blieb und er sie beinahe über den Haufen gerannt hätte.

„Was bleibst du denn jetzt stehen?“, brummte Toshiya und schaute zu dem Baby in der Schale. Doch Kenji gähnte nur und ließ langsam seine Augen zufallen, dem hatte das Geschuckel scheinbar überhaupt nichts ausgemacht.

„Denk mal nach. Wie willst du die Milch denn füttern?“, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue, während Noi den Bassisten anschaute.

„Ehm… mit einer Flasche?“, zog er seine Augenbrauen zusammen. Mit was denn auch sonst?

„Ja und hast du eine Flasche?“, änderte sich noch nichts an Nois Gesichtsausdruck und erst jetzt bemerkte der drahtige Mann, dass da etwas ganz entscheidendes fehlte.

„Oh.“

„Ja, Oh, du Blitzmerker und wenn wir gleich dabei sind. Ich glaube an paar Windeln würden dem kleinen Mann auch nicht schaden“, drehte sie ihn einfach um und umfasste mit ihren kleinen Händen seine Schultern, um ihn vor sich her zu schieben. Gezielt dirigierte sie Toshiya durch die Gänge, bis sie bei hunderten Windelpackungen stehen blieben und daneben gab es ein kleines Regal mit Flaschen und Schnullern. Gemeinsam durchsuchten sie die Produkte nach dem besten und hatten bald alle Hände voll. Nun begaben sie sich aber wirklich mal zu den Kassen, bevor ihnen noch was anderes einfiel.
 

„Warum haben wir im Babymarkt nicht eigentlich dran gedacht?“, murmelte er fassungslos und schaute Noi dabei zu, wie sie alles aufs Band legte und schon mal die Dollar zusammen zählte, die sich noch in ihrer Tasche befanden.

„Ich glaube da waren wir so sehr mit einem tragbaren Untersatz beschäftigt, dass wir das schlichtweg vergessen haben“, murmelte sie abwesend und der Bassist musste lachen.

„Okay, die Ausrede klingt plausibel“, worauf er ein schiefes Grinsen von Noi erntete.
 

Nachdem alles bezahlt war, war ein Taxi wieder nicht weit und nach einer kurzen Fahrt waren sie wieder im Hotel angekommen. Da Kenji friedlich schlief, ließen sie ihn einfach noch ein bisschen und stattdessen kümmerten sie sich um den nächsten Flug nach Japan. Sie hatten Glück, dass sogar noch am gleichen Abend einer starten würde und ohne nachzudenken packten sie all ihre Sachen zusammen und konnten dann sogar schon zum Flughafen aufbrechen. Toshiya war darüber mehr als nur froh und er freute sich einfach nur noch auf sein Zuhause.



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