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Anne im Traumhaus

von

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Die Hochzeit

Schließlich war es endlich Anfang Juli und Gilbert kam nach Hause. Mr. Blythe war zusammen mit Anne auf den Bahnhof gefahren, um ihn abzuholen. Als Gilbert aus dem Zug stieg strahlte Anne. Er umarmte zunächst seinen Vater und dann umarmte und küsste er Anne. Es war ihm egal, ob die anderen Leute starrten. Endlich konnte er sie wieder in seinen Armen halten, diese wundervolle Mädchen, sollten sie sich doch das Maul darüber zerreißen. Mr. Blythe lud inzwischen das Gepäck auf den Wagen. Gilbert sah Anne in die Augen.
 

"Es tut so gut dich zu sehen, Karotte. Wie sehr ich doch diese Augen und Haare vermisst habe."
 

"Oh, Gil ich kann es noch gar nicht fassen, dass du endlich bei mir bist." Sie küsste ihn nochmals, auch Anne war es egal, was die Leute dachten. Für sie schien die restliche Welt in diesem Moment überhaupt nicht zu existieren. Mr. Blythe war inzwischen wieder auf den Bahnsteig zurückgekommen.
 

"Wie lange wollt ihr den noch hier stehen bleiben?" fragte er lachend.
 

Gilbert nahm Annes Hand und sie liefen zum Wagen. Er war ein wunderschöner Sommerabend.
 

"Wie wäre es, wenn wir zu Fuß gehen?" fragte Gilbert. "Dad, fahr du doch schon mal nachhause, Anne und ich werden uns die Beine ein wenig vertreten."
 

Sein Vater sah ihn an und lächelte. "Also gut, ich werde nachhause fahren und deine Mutter beruhigen, dass du bald kommst".
 

"Ich möchte nicht, dass sie verärgert ist,"sagte Anne zaghaft "schließlich will sie dich doch auch sehen, Gil."
 

"Das ist schon in Ordnung, Anne" warf Mr. Blythe ein "sie wird Verständnis dafür haben, dass ihr beide euch eine Menge zu erzählen habt."
 

Mr. Blythe fuhr los und Anne und Gilbert liefen Hand in Hand los. Es war ein wunderschöner Spaziergang. Sie redeten, umarmten und küssten sich immer wieder.
 

"Avonlea ist das schönste Fleckchen auf der Welt. Nicht wahr Gil?" fragte Anne während sie stehen geblieben waren und sich den Sonnenuntergang ansahen.
 

"Es ist unsere Heimat und darum lieben wir es über alles. Aber noch viel schöner bist du, mein Anne-Mädchen. Egal wo ich auf der Welt sein würde, solange du bei mir bist ist mir jedes Fleckchen recht." Er drehte sie zu sich um und sah ihr lange in die Augen. Annes Herz pochte wild. Wenn Gilbert sie so ansah, verblasste jeder Sonnenuntergang, es war viel schöner, als irgendetwas auf der Welt. Dann küssten sie sich.
 

"Ich liebe Dich, Gilbert", flüsterte Anne an sein Ohr. Er schlang seine Arme um ihre Talie und zog sie enger zu sich heran.
 

Die Planung für die Hochzeit war nun in vollem Gange. Am 30. Juli, sollte sie stattfinden. Auf dem sonst so ruhigen Green Gables herrschte so manches mal ein völliger Trubel.
 

Marilla, die sonst nicht aus der Ruhe zu bringen war, war total nervös. Noch nie hatte es eine Hochzeit auf Green Gables gegeben. Es war, als hätten Anne und Marilla die Rollen getauscht. Anne, die sonst immer schrecklich nervös werden konnte war die Ruhe selbst und Marilla die sonst immer gelassen war, war auf ihre Art ganz schön zappelig.
 

"Anne ich verstehe nicht, wie du auf einmal so ruhig bleiben kannst, " fragte sie Mrs. Lynde eines Abends.
 

"Es ist für mich nicht so wichtig, ob es eine perfekte Hochzeit wird, Rachel. Oder ob alle Gäste zufrieden sein werden. Mir ist nur wichtig, dass Gilbert und ich heiraten und wenn in ganz Avonlea das Chaos ausbricht", antwortete sie lachend.
 

Alle Einladungen waren verschickt worden. Unter anderem würde auch Miss Stacey kommen, was Anne ganz besonders freute. Sie liebte ihre frühere Lehrerin. Kathrine Brook würde kommen und Miss Josephine Barry. Miss Barry war inzwischen 80 Jahre alt und saß meistens in einem Rollstuhl, weil ihr das Gehen so schwer fiel, aber sie sagte zu. Annes Hochzeit wollte sie auf keinen Fall verpassen. Die Trauung würde im Garten von Green Gables stattfinden. Marilla putzte und schrubbte ganz Green Gables unermüdlich, dass es einem schon Angst und bange werden konnte.
 

Am letzten Abend vor der Hochzeit flüchtete Anne regelrecht. Sie traf sich mit Gilbert am See der glitzernden Wasser.
 

"Ich habe mich aus dem Haus schleichen müssen", lachte Anne, als sie die Arme um ihn legte. "Marilla und Rachel schrubben, planen und backen unermüdlich. Man könnte fast Angst bekommen, und als dann auch noch Mrs. Barry und Mrs. Andrews vorbeikamen hab ich es nicht mehr ausgehalten. Ich glaube sie haben überhaupt nicht bemerkt, dass ich nicht da bin. Wahrscheinlich würden sie morgen wie geplant die Hochzeit feiern, selbst wenn wir beide nicht da wären."
 

Gilbert lachte und zog sie an sich. "Sie sind einfach nervös vor so einem wichtigen Fest", versuchte er Anne zu beschwichtigen, "Bist du denn nicht nervös?"
 

"Nein", sagte Anne entschieden "du etwa? Wieso sollte ich nervös sein, wo doch morgen der schönste Tag in meinem Leben sein wird und sich meine sehnlichsten Wünsche erfüllen."
 

"Auch meine sehnlichsten Wünsche werden sich erfüllen. Dann wirst du meine Frau sein, Anne. Nach so vielen Jahren, die ich dich schon liebe. Wie froh ich doch bin, dass du mir damals deine Schiefertafel auf den Kopf gehauen hast. Seit dem war für mich klar, dass ich dich liebe und nur dich heiraten will."
 

"Oh, Gil, du bist wirklich süß. Was sollte ich nur ohne dich anfangen?"
 

Glücklich umarmten und küssten sie sich.
 

Am nächsten Tag war es dann endlich soweit. Diana war früh nach Green Gables gekommen, um dort bei den letzten Vorbereitungen zu helfen. Green Gables wirkte wie ein munterer Bienenstock.
 

Diana half Anne später beim umziehen und machte ihr die Haare.
 

Gilbert stand zu diesem Zeitpunkt ein wenig nervös am Fenster seines Zimmers. Sein Vater kam zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter.
 

"Du siehst gut aus mein Sohn. Bist du ein wenig nervös?"
 

"Um ehrlich zu sein ja, Dad ein wenig."
 

"Jeder Mann hat so kurz vor seiner Hochzeit Zweifel, das ist völlig normal. Schließlich ändert sich dein Leben von nun an."
 

"Es ist nicht so, dass ich Zweifel an meiner Liebe zu Anne hätte," sagte Gilbert und sah seinen Vater an "Vielmehr habe ich Zweifel an mir selbst. Werde ich ihr ein guter Ehemann sein? Kann ich Anne überhaupt glücklich machen? Ich möchte alles dafür tun, aber kann ich es auch?"
 

Mr. Blythe lachte: "Gilbert, ich wette Anne macht sich die gleichen Gedanken. Daran merkt man doch nur, wie sehr ihr euch liebt. Jeder möchte den anderen so glücklich wie möglich machen. Aber mach dir nicht so viele Gedanken. Du liebst Anne und sie liebt dich. Warum solltet ihr also nicht glücklich sein?"
 

Nun lachte auch Gilbert: "Du hast recht. Ich danke dir, Dad." Ja, dachte Gilbert, sie würden miteinander glücklich sein.
 

Anne stand fertig angezogen in ihrem Zimmer und sah aus dem Fenster. Inzwischen waren viele Gäste eingetroffen und im Garten von Green Gables herrschte ein reges Treiben.
 

Marilla betrat das Zimmer, um nach Anne zu sehen. In der Tür blieb sie stehen. Da stand nun ihre kleine Anne in dem Brautkleid ihrer Mutter. Das Kleid betonte Annes schlanke, lilienhafte Figur.Es schien, als sei es für sie gemacht worden. Im hochgesteckten Haar war der Schleier befestigt und Diana hatte dazu noch etwas Siebenstern dazu gesteckt, der in ihrem roten Haar zu leuchten schien. Marilla trieb es die Tränen in die Augen, als sie Anne sah.
 

"Marilla, was ist?" rief Anne und kam auf sie zu. Sie legte ihre Arme um die alte Frau.
 

"Gar nichts!" erwiderte sie "ich hab nur gerade das kleine Mädchen vor mir gesehen, dass Matthew mit vom Bahnhof brachte. Ein kleines Mädchen mit zwei roten Zöpfen, einem abgetragenen Strohhut und einem grauen Flanellkleidchen, in den Händen eine uralte Reisetasche. Und jetzt ist mein kleines Mädchen erwachsen geworden, sie wird heiraten und mich alte Frau verlassen."
 

"Oh, Marilla. Ich werde immer deine Anne sein, das weißt du. Egal wo ich lebe, ich bin immer deine Anne von Green Gables." Sie umarmten sich und Anne gab ihr einen Kuss auf die Wange.
 

"Jetzt ist aber Schluss mit der Gefühlsduselei" sagte Marilla die sich wieder in den Griff bekam "komm hinunter Anne, alle warten bereits auf dich."
 

Dann ging sie aus dem Zimmer. Anne sah sich noch einmal in ihrem alten Zimmer um. Hier hatte sie viele glückliche Jahre erlebt. In diesem Zimmer hatte sie geweint und gelacht. Sie sah in den Spiegel und wurde sich bewusst, dass nun ein neues Leben begann. Ein Leben mit Gilbert, den sie so sehr liebte. Dann hieß sie nicht mehr Anne Shirley von Green Gables, sondern Anne Blythe in ihrem Traumhaus. Die Straße machte eine Biegung und viele neue Dinge lagen dahinter. Mit Wehmut, dachte sie an das kleine Mädchen, das so ungern in den Spiegel gesehen hatte. Wie lange war das schon her. Anne seufzte, nahm ihren Brautstrauß und machte sich auf den Weg nach unten.
 

Am Ende der Treppe stand Mr. Blythe und wartete auf sie. Er sah Anne an, als sie die Treppe herunterkam. `Gilbert bekommt wirklich eine ganz besondere Frau` dachte er. Anne war wunderschön in ihrem Brautkleid, so schlank und elegant. Aber das war nicht der einzige Grund. Es war das Blitzen in ihren grau-grünen Augen, ihr Lächeln, ihre Stimme, ihre ganze Art, die sie zu etwas besonderem machte.
 

"Es ist mir eine Freude, eine so wunderschöne Braut zum Altar führen zu dürfen", sagte Mr. Blythe lachend."Bist du nervös, Anne?"
 

"Wenn ich daran denke, wie sie mich gleich alle anstarren werden schon."
 

"Vergiss die ganzen anderen Leute, Anne. Sieh nur nach vorne, dort steht Gilbert und den Rest um dich herum kannst du vergessen." Anne lächelte ihn strahlend an und er drückte ihr sanft den Arm, als sie sich beim ihm eingehakt hatte.
 

Sie schritten in den Garten von Green Gables hinaus. Es war ein wunderschöner Juli Tag. Der Himmel war strahlend blau, kein noch so winziges Wölkchen war zu sehen. Die Vögel zwitscherten lustig, es schien als wollten sie jubilieren zu diesem wundervollen Ereignis. Die Leute hatten auf ihren Stühlen Platz genommen und warteten geduldig. Als nun der Hochzeitsmarsch angestimmt wurde drehten sich alle neugierig um, um die Braut zu erspähen.
 

Anne kam an Mr. Blythes Arm den Weg entlang. Alle staunten, ja einigen blieb so gar der Mund offen stehen. So eine schöne und strahlende Braut schien es in Avonlea noch nie gegeben zu haben. Anne fühlte alle Augenpaare auf sich, all die bekannten und vertrauten Gesichter starrten sie an. Sie fühlte sich nicht wohl dabei und ihr Herz pochte. Anne glaubte jeder müsse das laute Pochen ihres Herzens hören, es übertöne sogar den Hochzeitsmarsch. Dann erinnerte sie sich, was Mr. Blythe gesagt hatte, sie solle nur Gilbert ansehen und den Rest vergessen. Anne blickte nach vorne zu Mr. Allan, vor ihm stand Gilbert, er sah in seinem Frack unwahrscheinlich gut aus. Er sah Anne mit einem Staunen im Gesicht an und dann lächelte er.
 

Nun vergaß Anne wirklich alles um sich herum. Sie wollte nur zu Gilbert und ihm ihre Hand zu reichen. Sie wollte mit ihm den Bund fürs Leben schließen. Anne hatte gar nicht bemerkt, dass sie weiter gelaufen waren, nun stand sie neben Gilbert und sie blickten sich lächelnd an.
 

"Liebe Gemeinde", begann Mr. Allan "wir haben uns hier versammelt, um diesen Mann und diese Frau in den heiligen Stand der Ehe zu heben."
 

Die Zeremonie wurde fortgesetzt und sie war wunderschön. Nachdem Anne und Gilbert die Ringe getauscht hatten küssten sie sich und die ganze Gemeinde applaudierte.
 

Mrs. Lynde hatte während der ganzen Zeremonie geweint. Dann standen alle an, um den Brautpaar zu gratulieren und ihre Geschenke zu überreichen. Marilla nahm Anne in die Arme und wischte sich ein paar Tränen weg, bevor irgendjemand sie sehen konnte.
 

"Ihr Zwei gehört zusammen", sagte Marilla zu den beiden "ich wünsche Euch alles Glück der Welt. Wenn es jemand verdient hat, dann seid ihr das."
 

Es war ein gratulieren, umarmen und küssen. Mrs. Lyndes Augen waren immer noch ganz rot geweint.
 

"Ich war schon auf so vielen Hochzeiten in meinem Leben. Doch dies ist die schönste von allen. Ich habe geweint wie ein Baby", sagte Rachel und lächelte die beiden an.
 

"Mrs. Lynde, sie sind doch eine verwandte Seele", sagte Anne und nahm die alte Dame in die Arme.
 

"Ich denke, dass das ein Kompliment sein sollte, Anne."
 

Sie lachten und die Gratulationen gingen weiter. Mrs. Allan, Miss Stacey, Miss Josephine Barry, Mrs. Jones (Gilberts Tante) alle waren da und amüsierten sich. Das Brautpaar eröffnete den ersten Tanz.
 

Gegen Abend machten sich Anne und Gilbert zur Abreise fertig. Sie würden nach Charlettown fahren und dort zwei Wochen lang ihre Flitterwochen verbringen. Zunächst hatten sie gar keine Flitterwochen geplant, Anne wäre am liebsten sofort in ihr Traumhaus gezogen. Doch Mrs. Josephine Barrys Hochzeitsgeschenk waren die Flitterwochen gewesen. Sie hatte ihnen die Unterbringung im White Sands Hotel für zwei Wochen bezahlt und hoffte das Anne und Gilbert sie einmal besuchen würden, solange sie in Charlettown waren.
 

Sie hatten sich umgezogen und standen nun vor dem Wagen, der sie zum Bahnhof brachte. Jerry Boute sollte sie hinfahren, dass Gepäck war verstaut und nun hieß es Abschied nehmen. Marilla nahm Anne zuletzt noch einmal in die Arme und dann fuhr der Wagen los. Anne und Gilbert winkten ihren Gästen zu, die sich noch eine Weile amüsieren würden. Dann war der Wagen verschwunden.
 

Gilbert legte seinen Arm um Anne und fragte: "Bist du glücklich mein Anne-Mädchen?"
 

"So glücklich, dass ich es gar nicht beschreiben kann", flüsterte sie und schmiegte sich enger an ihn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Amy-Lee
2016-02-11T17:53:16+00:00 11.02.2016 18:53
Hi, es war wieder einmal ein Schönes Kapitel.

So, jetzt sind die Zwei Lieben endlich verheiratet und diese Hochzeit war sogar schöner als die von Josie,
finde ich, jedenfalls.
Ich bin gespannt was sie in ihren Flitterwochen erleben werden.

Bis zum nächsten mal.
Bye


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