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Scheiß Dreck.

Wütend schmeiße ich mein Handy in die hinterste Ecke meines Bettes. Ich will es nicht mehr sehen, nicht mehr die Möglichkeit haben, auch nur eine Nachricht lesen zu können – diese verdammten Nachrichten, die alles nur noch schlimmer machen.

Stell dich nicht so an!, sagt meine innere Stimme. Es war doch keine richtige Abfuhr, du hast ihm ja nicht mal deine Gefühle gestanden! Er hat dir doch nur gesagt... Dass ich im Grunde nichts Außergewöhnliches für ihn darstelle. Ja. Danke. Das habe ich jetzt gebraucht. Liebevolle Aufmunterung.

Ich zeige meinem inneren Selbst den Mittelfinger.

Leise höre ich es aus der Ecke vibrieren.

Flugmodus.

Wozu gibt es diesen verdammten Modus, dank dem man nie die Leute erreichen kann, die man erreichen muss, wenn man ihn dann selber nicht anwendet, um ungestört zu bleiben?! Aber jetzt hinzukriechen und ihn zu aktivieren – zu riskant und zu verlockend... Verdammt.

Meine Augen füllen sich mit Tränen. Ohne dass ich es will und ohne, dass ich es stoppen kann. Ein großer Teil in mir brüllt: Schrei deinen ganzen Mist einfach heraus! Schrei, wie sehr dein Herz schmerzt und wie sehr du dich einfach in deinem Bett verkriechen willst. Ein anderer brüllt nicht unbedingt leiser: Heule kräftig. Laut und ausgiebig und schlaf dann ein, um am nächsten Morgen mit so roten Augen aufzuwachen, dass sich jeder fragen wird, welche Drogen du in der vergangenen Nacht genommen hast.

Und aus einer ganz weit entfernten Ecke flüstert leise eine Stimme:

 

Versteck dich.

 

Ich bringe die anderen Nervensägen zum schweigen und frage den kleinen, schüchternen Teil: Wo soll ich denn hin? Wo soll ich mich verstecken? In einer Kissenburg? Im Internet? Soll ich auf irgendwelchen Messageboards verzweifelt nach wem zum chatten suchen, mit wildfremden Typen flirten oder einfach in hirnlosen Ballerspielen dem nächstbesten Idioten das eh schon fast nichtexistente Hirn wegblasen?

Doch der kleine Teil schweigt. Na danke. Erst das Maul aufreißen und sich dann verzwitzschern. Aber die Idee mit dem Laptop scheint nicht doof.

Seufzend blicke ich noch ein Mal zu der Stelle, an der mein Handy liegt und schlurfe dann von meinem Bett zum Schreibtisch, um mich sofort wieder mit dem erbeuteten Laptop ins Bett zu verziehen.

Kopfhörer auf, Stecker rein und auf das iTunes-Symbol klicken. Shuffle-Modus. Egal was jetzt kommt, laute Musik ist jetzt das Einzige, was ich brauche.

What hurts the most von Cascada.

Piss dich, Laptop.

Bevor die ersten zwei Takte verklungen sind finde ich endlich die Alben, die jetzt das einzig richtige sind: Clean Bandits New Eyes und die ubgefuckteste Musik die ich je gehört hab – Hallelujah von Igorrr und setze damit dem schrecklichen – und vor allem unpassenden – Pop-Mist ein Ende.

Ich drehe die Lautstärke voll hoch und für einen kurzen Moment werden alle Gedanken vom lauten Bass einfach rausgesprengt.

Aber eben nur für einen kurzen Moment.

Wollte ich mich nicht eigentlich irgendwie verstecken?

Internet ist keine Option mehr. Zu realitätsnah. Zu echt. Zu... sozial.

Planlos durchkrame ich meine Dateiordner und lande in einem sehr vielversprechenden: Geschichten. Letztes Änderungsdatum: 13. September 2015.

Erleichtert atme ich auf. Das ist es, was ich gebraucht habe. Jetzt muss ich mich nur noch entscheiden –in welche Welt will ich eintauchen? Welche junge Frau möchte ich sein und auf welche Abenteuer will ich mich begeben?

Die Hälfte der Geschichten tue ich mit einem müden Kopfschütteln ab – romantische Kitschgeschichten in denen es um die unerwiderte Liebe eines Mädchens zu einem tollen Typen geht – ich verzichte. Warum sollte ich mich noch tiefer in diesen Liebeskummer reinsteigern, meine aktuelle Situation reicht mir.

Ich öffne zwei Geschichten. Ein Fantasy Abenteuer, dass ich vor einer halben Ewigkeit mal angefangen habe und ein Historien Drama, dass zwar auch Romantik beinhaltet, aber in dem ich meine Liebe zu Downton Abbey ausleben kann.

Minutenlang starre ich die beiden Dateien an.

Dann drücke ich auf Neues leeres Dokument und fange an zu schreiben: Scheiß Dreck...

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Moonshine-
2016-04-02T08:34:34+00:00 02.04.2016 10:34
Hey Susuri!

Ich hab eben mal in meinen Favoriten gestörbert und dort deine Geschichte "Elevator" gefunden und gedacht, ich schau mal vorbei, ob du etwas Neues hast. Und tatsächlich, ich wurde nicht enttäuscht. Auch wenn der One Shot schon ein paar Monate auf dem Buckel hat - besser sät, als nie.

Ich muss ehrlich sagen... ich LIEBE deinen Schreibstil. Und das sag ich echt nicht oft. Der One Shot hat mir richtig, richtig gut gefallen. Die Gedanken und Gefühle der Portagonistin wirken total lebendig und man ist im Nullkommanichts in der Geschichte drin ohne viel Drumherum. Ich mag auch diese selbstironische Art der Figur, die sich nicht ganz ernstnimmt, und dennoch kommen die Wut und die Verzweiflung gut rüber.
Meine Lieblingsstelle war übrigens das mit der Kissenburg. Was für eine großartige Idee! Dass sie es im Nachhinein nicht gemacht hat, ist verständlich, aber hatten wir nicht alle schon einmal das Bedürfnis? ;)
Und das hier: "Ein anderer brüllt nicht unbedingt leiser: Heule kräftig." *lach* Es ist so wunderbar, und wunderbar wahr.

Am Ende bleibt die Frage, ist das eine komplett fiktive Geschichte, oder hat da die Autorin ein bisschen aus dem Nähkästchen geschrieben? ;) Es ist aber eigentlich auch egal. Die Portagonisten ist absolut sympathisch, ob fiktiv oder nicht.
Du hast mir jedenfalls den Morgen versüßt. Ich hoffe, man liest sich wieder!

Liebe Grüße
Eli

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Antwort von:  Susuri
24.02.2017 19:20
Hey!
Ich hab deinen Kommentar jetzt erst gelesen, sehr, sehr spät, tut mir wirklich leid! Manchmal bekomme ich es nicht mit, ob ich einen Kommentar bekommen habe, oder nicht und dabei hast du einen so wunderbar lieben Kommentar geschrieben! Ich bekomme mich gerade nicht mehr ein! Danke dir so sehr für deine lieben Worte, für dein Lob, für das versüßen meines Abends!
Und in der Tat, die Autorin war in der selben Situation, als sie die Geschichte geschrieben hat, aus genau den selben Gründen, wie die Protagonistin (und hat auch wirklich ihr Handy dabei fast geschrottet... Upsi....) - deshalb bedeutet es mir irgendwie fast noch mehr, dass du dir die Zeit genommen hast, so viel zu dieser Geschichte zu schreiben!
Wirklich, danke!
Ich arbeite gerade an einer neuen Geschichte, "Philandering", ich würde mich freuen, wenn man sich da auch wieder lesen kann! ;) (Mal sehen, wann Mexx sie frei schaltet...)
Noch ein Mal: vielen Dank und es tut mir so wahnsinnig leid, dass es mit der Antwort so lange gedauert hat, ich muss ja furchtbar fies gewirkt haben... :/

Liebe Grüße,
Su


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