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Pride (abgebrochen)

von

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Adrian

Kaes gebrochene Stimme machte mich nervös. Sie hörte sich gar nicht gut an.

„Was ist denn los?“, erkundigte ich mich. Mit einem Mal vergaß ich, welchen Eros sie mich vor einer Minute gekostet hatte. „Ich… ich…“, brachte sie hervor, dann folgten ein paar Schluchzer. Heulte sie da gerade? Dass sie überhaupt dazu fähig war überraschte mich schon.

„Ich brauche dich, jetzt und hier.“, stellte sie fest. Sie brauchte mich? Wozu?

„Wo bist du denn eigentlich, wenn du mich genau da so unbedingt brauchst?“, fragte ich, etwas entnervt. Mir fiel es schwer, sie ernst zu nehmen. Wo sie doch sonst immer einen auf hart machte, heulte sie mir nun am Telefon die Ohren voll.

Schweigen. Mein sarkastischer Unterton gefiel ihr wohl nicht. „Adrian. Ich rufe dich nicht einfach so an und sage dir, ich bräuchte deine Hilfe. Wenn du nicht gleich hier auftauchst krepiere ich!“ Den letzten Satz schrie sie. Das Ganze könnte ja doch ernster gewesen sein, als ich dachte. „Ja, man, wo bist du jetzt?“, erwiderte ich und legte eine Hand an die Stirn. „Ich… ich weiß es nicht. Keine Ahnung!“, gab sie zurück. Also, professioneller konnte man ja nicht sein. Mir sagen, ich müsste auf Leben und Tod bei ihr aufkreuzen und nicht mal wissen wo sie ist.

„Dann schick mir deinen Standort.“, befahl ich ihr und startete den Motor des Wagens. „Standort?“ Ihr fraglicher Ton machte nichts einfacher. „Ja, per SMS! Heutzutage geht das!“, fluchte ich. „Ich glaube nicht… dass ich das noch hinkriege.“, stammelte sie. Ihre Stimme war rau, zwischendurch hustete sie immer wieder. „Aber ich versuche es.“ Damit beendete sie das Gespräch und legte auf. Die Frau hatte echt ihre Eigenarten.

Ich wartete eine Minute, zwei, drei. Nichts kam. Wusste sie nicht, wie man ein Handy bediente? Als ich den Motor wieder ausstellte, weil es wer weiß wie lange noch dauern würde, kam eine Nachricht. Und, hey, es war Kaes Standort. Wunder geschahen also wirklich.

Als ich den kleinen roten Punkt auf der Karte sah, stockte mir der Atem. Kae befand sich mitten in einem Ao Viertel, damit auch im sicheren Tod. In den Ao Vierteln wohnten verstreut viele Mitglieder der Ao’s, wenn sie Kae da finden würden, erkannten sie sie sofort. Kae war nun mal nicht unpopulär.

Den Motor wieder angeschaltet, wendete ich aus der Parklücke und drückte auf das Gas. Dabei war ich vom Amt des Bodyguards ja eigentlich entlassen gewesen. Ich hätte Kae besser erklären sollen, wo sie nicht hinzugehen hatte. Wie schaffte sie es denn bis dahin, und warum? Sie hatte gemeint, noch etwas erledigen zu müssen, aber warum da? War sie lebensmüde? Es ärgerte mich dass sich, wo ich doch eigentlich den Kopf an diesem Abend frei kriegen wollte, bei mir wieder alles um Kae drehte. In Zukunft müsste sie mir Einiges an Gegenleistung bringen.

Ich hielt dort, wo Kae sich aufhalten sollte. Eine Gasse? Ich hob unwillkürlich die Augenbrauen und stieg aus dem Wagen, schlug die Tür zu. Als ich mich der dunklen Gasse näherte, machte sich ein heftiger Gestank breit. Und da sollte sie ernsthaft sein.

Ich lugte zwischen ein paar Müllcontainern durch, Kae fand ich da nicht. „Kae?“, rief ich sie. Als Antwort bekam ich eine Art Röcheln, das hinter einem der Container herkam. Ich folgte dem Geräusch und fand Kae, blutüberströmt und zusammengekauert an der Wand. Sie hob den Kopf nicht, sie zeigte keinerlei Reaktion auf meine Anwesenheit. „Hey, Kae. Was ist los?“ Ich hockte mich zu ihr herunter und streckte meine Hand aus, um sie an ihr Gesicht zu legen. Sie schüttelte den Kopf und sah mich aus großen Augen an. An ihrer Stirn hatte sich eine Blutkruste gebildet, darüber lief frisches. Sie wischte es sich aus ihrem Auge, und an ihrem rechten Arm bemerkte ich eine Fleischwunde, als hätte man ihr ein Stück ihres Armes herausgerissen. „Soll ich dich in ein Krankenhaus bringen?“, fragte ich unsicher. Bei Kriegern wusste man nie, die hatten manchmal zu viel Stolz. Sie schüttelte ausdrucksvoll den Kopf. Na toll, so eine war sie also. Kurz davor draufzugehen und doch zu gut für Hilfe. Wobei sie mich ja schon darum gebeten hatte.

„Und was soll ich dann machen? Dir beim sterben zusehen?“ Ich sah sie vorwurfsvoll an. Was erwartete sie denn von mir? Ein paar Tränen rollten über ihre Wangen. Jetzt sah ich es also, live und in Farbe. Kae Mare konnte auch weinen.

Sie streckte ihren blutigen Arm aus und platzierte ihre Hand in meinen Nacken, um sich an mir hochzuziehen. Sie setzte sich auf und legte die Stirn in meine Halsbeuge, die andere Hand ebenfalls in meinen Nacken. „Tut mir leid.“, murmelte sie in mein Shirt und im nächsten Moment hackten ihre Zähne in meinen Hals. Ein leichtes aufschreien, aus Überraschung und Schmerz, konnte ich mir nicht verkneifen. Ich stützte mich an der Wand ab und hielt mir mit der Hand den Mund. Heilige Scheiße, das tat deutlich mehr weh als davor.

Sie sog fester an meinem Hals, ich kniff die Augen zusammen. Als ich sie wieder öffnete, sah ich wie die Wunde an ihrem Oberarm begann, sich langsam zu verschließen. Deswegen wollte sie nicht ins Krankenhaus, mein Blut war hilfreich genug. Allerdings, hui, ganz schön viel davon. Als sie von dem festen Biss an meinem Hals abließ, waren ihre Wunden soweit verheilt, dass sie nicht mehr bluteten. Mein Blut tropfte von Kaes Kinn.

„Kannst du laufen?“, sagte ich, nachdem ich einmal tief durchgeatmet hatte. „Kannst DU laufen?“, entgegnete sie mit einem seichten Lächeln. Gut drauf war sie also wieder.

„Du wirst in nächster Zeit einiges mehr als nur kochen müssen. Du bist mir dein Leben schuldig.“, verkündete ich und stellte mich auf. Ein kleiner Schwindel trat ein, doch dieser verflog schnell. Ich hielt Kae meine Hand hin, sie ergriff sie und ließ sich von mir aufhelfen. „Bring mich in die Wohnung, dann reden wir weiter.“, murmelte sie und suchte halt an mir. „Und nein, ich kann nicht laufen.“, bemerkte sie und guckte auf den Boden. Eine Weile standen wir nur so da, dann fasste ich Entschluss und hob sie auf meine Arme. Ein frustrierter Laut entfuhr ihr und sie griff nach meinem Shirt.

„Keine Sorge, wäre ja nicht das erste Mal dass ich dich trage.“, lachte ich und ging auf das Auto zu. Und in dem Moment wurde mir bewusst, dass es das erste Mal gewesen war, das Kae meine Hand ergriffen hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  AnniinaAgricola
2016-01-05T19:54:48+00:00 05.01.2016 20:54
Oh Gott! Ich hatte so Angst das er zu spät kommt! O.O
Frei mich schon auf die nächsten Kapitel.

LG CaSa



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