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Liebe führt, auch in Russland, zu Dummheiten

von

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Emotionen

Rei sah verwundert auf, als jemand einfach ins Zimmer kam. Es gab eigentlich nur einen, der so unverfroren war und nicht klopfte. Sogleich hellte sich sein Gesicht deutlich auf und er entspannte sich etwas.

"Kai!"

Doch der sah ihn gar nicht erst an, sondern betrachtete seinen Besucher mit argwöhnischem Blick.

"Das ist Yuriy. Ich hab dir doch von ihm erzählt."

Natürlich war ihm klar, dass Kai längst wusste, wer da saß, schließlich hatte er mit ihm zusammen über ihn recherchiert, aber das musste Yuriy ja nicht wissen.

"Yuriy, das ist Kai. Mein..." Oh Mist, nein, er konnte ihn nicht als seinen Freund vorstellen. Nicht nur, weil Kai etwas dagegen haben würde, sondern auch, weil der rothaarige Russe diese Information sicherlich nicht gut aufnehmen würde.

"Lebenspartner", kam es dann aber kalt von Kai, woraufhin Reis Herz gleichzeitig vor Angst als auch vor schierer Freude einen Sprung machte.

War Kai eifersüchtig, oder warum steckte er sein Territorium plötzlich so ab? Er war sich bewusst, dass es nicht anderes als Besitzansprüche waren, die er da gerade markierte. Ihm sollte es recht sein.

Ein kurzer Blick in das stoische Gesicht seines ersten Besuchers, brachte nicht wirklich Erkenntnis über dessen Gedanken. Es kam ihm nur so vor, als wäre die Raumtemperatur gerade um einige Grad gefallen.
 

"Yuriy hat mir Schokolade mit gebracht.", versuchte Rei die Stimmung ein wenig aufzulockern und hielt auch Kai die Schachtel hin. Doch der lehnte mit einem Kopfschütteln ab und setzte sich gelassen an das Fußende des Bettes, legte sogar eine Hand auf eins seiner Beine. Von ihm aus konnte sein Freund öfter eifersüchtig sein.

Die beiden Russen ließen sich allerdings nicht aus den Augen, bis Yuriy dann seinen Blick auf Rei warf.

"Du sagtest du seist nicht schwul."

Rei seufzte genervt. War ja klar gewesen. Natürlich war genau das die jetzt gerade wichtigste Information, die man erfragen konnte. Manchmal fragte er sich wirklich, ob alle Menschen in dieser Hinsicht gleich waren.

"Bin ich auch nicht. Es gibt ein paar Milliarden Abstufungen zwischen hetero- und homosexuell. Ich neige mehr in die bisexuelle Richtung."

Kurz legte sich angespannte Stille über den Raum, ehe Yuriy wieder das Wort ergriff:

"Ich sollte dann wohl jetzt gehen."

Es lag etwas angeekeltes in der Stimme des Weltmeisters, als er sich erhob.

"Du musst nicht gehen. Also... du kannst ruhig bleiben. Mir macht das nichts und du bist ja gerade erst gekommen."

Doch Yuriy winkte nur ab und ging bereits in Richtung der Tür:

"Krankenhäuser sind sowieso kein Ort, an dem ich gerne bin. So stehe ich nicht unter dem Druck mir selbst eine Ausrede einfallen lassen zu müssen, um verschwinden zu können."

Und dann fiel die Tür ins Schloss und er war weg.
 

Rei seufzte und lehnte sich dann in seinem Bett wieder zurück.

"Merkwürdiger Kauz...", murmelte er. War er jetzt wegen seinem Outing gegangen und hatte die Krankenhausphobie als Ausrede genommen oder war das die Wahrheit gewesen? Er war sich nicht sicher.

Aber das machte ihm gerade nicht unbedingt so große Sorgen, wie die Befürchtung, dass im Internat jetzt herum gehen würde, dass er einen männlichen Partner hatte. Das könnte Probleme geben und das konnte er beim besten Willen nicht auch noch gebrauchen.

"Mach dir keine Sorgen. Er wird nichts sagen.", kam es plötzlich erstaunlich einfühlsam von Kai.

Verwirrt wandte Rei seinen Blick ihm zu: "Wie kommst du darauf?"

"Weil es ihn nicht interessiert. Der Ekel war aufgesetzt. Wahrscheinlich hat er gerade nur ein gesellschaftliches Protokoll erfüllt."

Rei legte die Stirn in Falten, skeptisch über diese Ausführung. Dann aber dachte er daran, wie ähnlich Kai und Yuriy sich sein konnten und vielleicht verstand sein Freund solche Menschen einfach besser als er selbst.

"Warum warst du eigentlich eifersüchtig?", fragte Rei dann grinsend, sich vollkommen bewusst, dass er den Russen damit reizte. Es war ihm schlicht und ergreifend egal, genau wie der eiskalte Blick, den er sich damit einfing. Wie sehr hatte er Kai vermisst.

"Ich war nicht eifersüchtig!"

Jeder Andere hätte jetzt wohl nachgegeben, aber Rei war nicht 'andere'. Er hatte keine Angst vor Kai und würde jetzt sicherlich nicht zurückschrecken.

"Oh und wie du das warst!"

Plötzlich hatte er das Gesicht seines Freundes direkt vor sich. Dunkles Rot schimmerte ihm aufreizend entgegen.

"Muss ich dir etwa erst Manieren beibringen?"

"Musst du wohl", schnurrte Rei ihm entgegen und spürte im nächsten Moment weiche Lippen, die sich fordernd auf seine legten.
 

~*~
 

Yuriy verließ das Krankenhaus mit gemischten Gefühlen. Einerseits war er erleichtert, endlich wieder dort raus zu sein. Er hatte etwas gegen Krankenhäuser. Sie erinnerten ihn an das Labor im Internat. Andererseits war er einfach nur geschockt Kai gesehen zu haben.

Er hätte sich niemals erträumt ihn noch einmal zu sehen. Damals hatte man urplötzlich einen Verwandten, angeblich seinen Großvater, gefunden und er war dann zu dem gezogen. Nach Japan. Tzz... Kai war genauso Russe wie er, warum sollte der einen japanischen Großvater haben? Das stank zum Himmel das ganze.

Dennoch... gerade weil er dann nach Japan abgereist war, hatte er nicht daran geglaubt ihn je wieder zu sehen. Es hatte ihn vollkommen unvorbereitet getroffen und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Es löste komplizierte Gefühle in ihm aus, die er nicht verarbeiten konnte oder auch nur wollte. Bilder flackerten vor seinem inneren Auge vorbei, die er nicht sehen wollte.

Er war Kai nicht böse, dass er damals gegangen war. Vor allem nicht nachdem, was kurze Zeit vorher vorgefallen war. Er wäre auch gegangen, wenn er es gekonnt hätte. Jeder würde gehen, wenn plötzlich jemand kam und sie adoptierte. Das geschah aber fast nie.
 

Trotz, dass er das wusste und auch damals schon gewusst hatte, hatte er sich verraten gefühlt. Kai hatte sie alle allein gelassen, einfach so und hatte sich dann nie wieder gemeldet.

Und jetzt kam dieses Gefühl des Verrats wieder, denn Kai hatte nicht einmal auf ihn reagiert, hatte einfach nur so getan, als würden sie sich nicht kennen.

War ihm seine Vergangenheit etwa peinlich? Schämte er sich dafür, einmal mit jemandem wie ihm befreundet gewesen zu sein? Mit ihm ein Zimmer geteilt zu haben? Wollte er das vor seinem noblen Freund verbergen?

Yuriy schnaubte verärgert. Sollte er doch machen was er wollte.
 

Es war sowieso egal. Kai war keiner von ihnen mehr. Kai war jetzt auch ein Lichtkind, egal zu welchem Preis ihn dieser ominöse 'Großvater' bei sich aufgenommen hatte, es war nicht zu den Bedingungen des Internats. Er konnte es in seinen Augen sehen. Er war frei, er hatte ein Leben. Seine Augen waren jetzt so viel lebendiger als sie es damals gewesen waren. Es sollte ihn freuen, das wusste er. Es sollte ihn freuen, dass einer seiner Kameraden zurück ins Leben gefunden hatte. Doch sein eigenes Herz kannte wohl nur Bitterkeit und Missgunst.

Er fühlte sich verraten, doch es war egal, es änderte nichts. Wenn er ihn nicht kennen wollte, dann sollte es eben so sein. Kai war sowieso nicht mehr der, den er einmal gekannt hatte. Er selbst war ja auch nicht mehr der Yuriy, der er damals gewesen war.

So waren sie so oder so nur zwei Fremde, die sich über den Weg gelaufen waren und so sollte es auch weiterhin bleiben. Denn es war ihm nicht erlaubt, mit einem Lichtkind unnötig zu interagieren.
 

Yuriy merkte nicht, wie das Stück Schokolade, dass er noch immer zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, langsam zu schmelzen begann.
 

~*~
 

Kai fühlte sich merkwürdig, als er einige Stunden später das Krankenhaus verließ. Das Zusammentreffen mit diesem Yuriy hatte ihn mehr überrascht und mitgenommen, als er es zugeben wollte. Kurz war das Gefühl von Vertrautheit in ihm aufgekommen, doch es war verschwunden, als er in die Eiskristalle gesehen hatte, die andere wohl als Augen bezeichneten.

Er hatte in seinem Leben noch nie jemanden angesehen, der so tot gewirkt hatte. Die ungewöhnliche, hellblaue Farbe, unterstützte das Gefühl von Kälte nur noch.

Dennoch kam ihm auch dieser Ausdruck seltsam vertraut vor, aber in einem anderen Kontext. Es hatte eine weile gedauert, bis er dahin gekommen war, doch dann war ihm klar geworden, dass er selbst so ausgesehen hatte, kurz, nachdem er Russland verlassen hatte.

Anfangs hatte er Spiegel vermieden, genauso wie Fotos oder irgendetwas, worauf er sonst seine eigenen Augen sehen konnte. Er hatte diesen Ausdruck verabscheut. Er hatte ihm gezeigt, dass die, bei denen er gewesen war, gewonnen hatten und das war etwas, was er nicht hatte akzeptieren wollen.

Heute waren seine Augen zwar immer noch kalt, aber fest entschlossen und nicht gewillt irgendjemandem oder irgendetwas nachzugeben. In seinen Augen ruhte ein Feuer, dass er mühsam über die letzten Jahre entfacht hatte und nun pflegte, damit es nicht wieder erlosch.

Das Eis in Yuriy Augen hingegen war starr und tot und es verschlang alles auf seinem Weg.
 

Seit er bei Rei war, hatte der Ausdruck in seinen Augen sich wieder etwas normalisiert. Das helle Funkeln, das er so sehr an ihm mochte, war wieder gekehrt und nur wenig der dunklen Schatten war noch geblieben. Doch jetzt wo er Yuriy gesehen hatte, war ihm klar, woher diese Schatten gekommen waren. Mit diesem Internat stimmte etwas nicht und er würde herausfinden was.
 

Irgendetwas in ihm warnte ihn davor, alldem auf den Grund zu gehen. Er hatte ein schlechtes Gefühl dabei, doch er nahm an, dass ihm einfach nur unwohl dabei war, gegen seinen Großvater aufzubegehren und mitten im Schuljahr sowohl das Land als auch die Schule zu wechseln. Das war riskant und könnte ihn die Chancen auf eine gute Universität kosten, aber das war es ihm wert. Er würde jetzt sicherlich nicht wieder zurückfliegen und Rei hier seinem Schicksal überlassen.

Glücklicherweise hatte er mehr als genug Geld um den Internatsvorstand davon zu überzeugen ihn nicht nur dort zur Schule gehen zu lassen, sondern ihn auch dort wohnen zu lassen und dann würde er sehen, was hinter der Fassade dieser angeblich so perfekten Schule eigentlich ab ging.
 

Dass er sich in irgendeiner Weise auf Reis Eltern verlassen konnte, bezweifelte er. Die bekamen es kaum hin ihren eigenen Sohn täglich zu besuchen, ihnen würde nicht einmal auffallen, dass mit Rei etwas nicht stimmte, zumindest so lange, bis es zu spät war. Nein, das musste er selbst in die Hand nehmen, beziehungsweise zusammen mit Rei. Denn nur wenn er ihm zeigte, dass etwas ganz gewaltig schief lief, konnte er ihn davor bewahren in ein dunkles Loch zu stürzen, aus dem er ihn nicht mehr so einfach heraus holen konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So.. damit dürften wir die eh... Einführung in die Story dann endlich hinter uns haben. *hust* Himmel, ich hab noch so viel vor, ich weiß gar nicht, wie ich das alles noch unterbringen soll. Schauen wir mal^^
Ist ein etwas kurzes Kapitel, aber ich hatte die Woche etwas viel zu tun und dachte, ehe ich euch noch ne Woche warten lasse, gebe ich euch wenigstens das hier schonmal^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  jasuminu
2016-01-27T23:06:04+00:00 28.01.2016 00:06
Halllooo ^.^ ich habe schon den ersten Teil dieser story gelesen und bin begeistert! Ich liebeee dieses paring *.* ich mag dein Schreibstil sehr und bin gespannt wie es weiter geht!
Antwort von:  Lyndis
09.02.2016 13:29
Oh hoppla, da hab ich doch tatsächlich vergessen dir zu antworten. Vielen lieben Dank, dass du mir so treu bist und danke für den lieben Kommentar :)
Hoffe ich kann dich auch weiterhin begeistern.


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