Zum Inhalt der Seite

after Weiß

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Akt IV


 

Erschöpft ließ Ran sich in seinem Stuhl zurück. Sein Blick wanderte über die Pappkisten, die er mit seinen wenigen Habseligkeiten gefüllt hatte. Seit vier Tagen suchte er nun intensiv nach einer neuen Wohnung. Den Laden hatten sie seit ihrem letzten Auftrag geschlossen. Sie alle hatten wichtigeres zu tun, als sich um den Laden zu kümmern. Ran fand das nur fair. Sollten sich seine ehemaligen Chefs doch einen Kopf machen, was aus dem Laden wurde.

Er seufzte. Natürlich tat es ihm um den Laden leid. Immerhin hatte er zehn Jahre hier verbracht und er hatte seinen Job wirklich gern gemacht.

Das Klingeln eines Handys riss ihn in die Realität zurück. Er nahm das Handy, das Yoji ihm für die Wohnungssuche geliehen hatte und nahm das Telefonat an.

„Hallo?“, begann er und lauschte der geschäftigen Stimme der Frau am anderen Ende. „Herr Fujimiya? Ich kann Ihnen die Wohnung schon heute zeigen, an der Sie Interesse hatten. Ich weiß, es ist sehr spontan, aber ... Können Sie in den nächsten zwei Stunden vorbeikommen?“ Ran bestätigte den Termin und legte auf. Ohne weitere Zeit verstreichen zu lassen nahm er sich seine Jacke und das Handy und verließ das Zimmer. Omi kam ihm schnaufend auf der Treppe entgegen und Ran sah ihn nur fragend an. „Ich habe ein Jobangebot bei einer Computerfirma erhalten. Aber sie wollen, dass ich zu ihnen in die Nähe ziehe“, gab er keuchend Auskunft und stützte seine Hände auf seine Knie.

„Ist dein Auszug dann nicht übereilt?“, wollte Ran wissen und Omi schüttelte den Kopf. „Musste alles ganz schnell gehen. Ich soll schon übermorgen dort anfangen“ Überrumpelt nickte Ran und trat langsam an Omi vorbei. Das musste er erstmal verarbeiten. In dieser Geschwindigkeit hätte er auch gerne einen Job in der Tasche, dennoch freute er sich für den Kleinen. Nun war schon mal einer von ihnen einen Schritt weiter gekommen.
 

Sein Weg führte ihn zu dem Gebäude, in dem die Wohnung seines Interesses lag. Es war eine der vielen alten Lagerhalle gewesen, die vor etlichen Jahren zu großen und kleinen Wohnungen umgebaut wurden. Die Wohnung, die er wollte lag in der oberen der zwei Etagen. Ein Zimmer, offene Küche, Bad mit Wanne und Fenster. Alles zusammen auf 40 Quadratmetern. Perfekt. Der Preis war unschlagbar. Ein wenig lächelte Ran. Omi hatte für ihn ein paar Gerüchte über diese Wohnung im Internet gestreut, die ihren Wert schmälerten und all zu neugierige Interessenten fernhalten sollten. Er atmete durch und trat auf die Frau zu, die sich suchend umsah.

„Herr Fujimiya?“, fragte sie nach und er nickte knapp. Sie lächelte und strich sich einige Haare hinter ihr Ohr. Sie war offensichtlich von ihm begeistert. Ein schmales Lächeln zog sich über seine Lippen. Ohne ein weiteres Wort folgte er ihr in die Wohnung und gab sich unbeeindruckt. Dabei reizten ihn die bis zu drei Meter hohen Decken mit ihren Stahlträgern und großen Fenstern. Er nickte nur und verzog keine Miene. Still ließ er sich das quadratische Bad mit Wanne und Anschluss für die Waschmaschine zeigen. Erneut nickte er. Die Frau wurde langsam nervös. Das konnte er ihr ansehen. Sie schien noch nicht sehr erfahren in ihrem Beruf zu sein. Seine Chance!

„Ich habe da einiges über diese Wohnung gehört“, warf er ein und sah sich noch einmal in dem Wohn – und Essbereich um. Die Frau lächelte nervös. „Alles Gerüchte!“, verteidigte sie ihre Immobilie und Ran sah sie durchdringend an. Er wusste genau, wie er mit diesem Blick wirken konnte. Kurz erstarrte die Frau und strich sich nervös die Haare hinter das Ohr.

„Ich muss mal kurz telefonieren“, gab sie von sich und trat von ihm weg um ihr Handy zu ziehen und eine Nummer zu wählen. Ran konnte das Gespräch nicht verfolgen, doch er hatte eine Ahnung, worum es darin ging. Sein Blick wanderte über die schlichte Einbauküche. Sie war ausreichend. Er brauchte nicht viel für den Anfang. Ein Bett, eine Couch und ein paar Kleinigkeiten würden für den Start in dieses neue Leben genügen.

„Zehn Prozent kann ich noch mit dem Preis herunter gehen“, erklärte die zarte Stimme hinter ihm hoffnungsvoll. Kurz zuckte Rans Mundwinkel, ehe er sich mit ausdruckslosem Gesicht umsah. Schnell rechnete er im Kopf. „Zwei Kaltmieten Kaution?“, vergewisserte er sich und sie nickte. Er kam zu ihr, stellte sich dicht neben sie und sah auf die Papiere auf ihrem Klemmbrett. „Schreiben Sie es auf!“, bestimmte er und legte seinen Finger auf das Papier. Zittrig kam sie seinem Wunsch nach und sah ihn erwartend an. Er griff in die Tasche seiner Jacke. Ein kleines Bündel Scheine legte er auf ihr Klemmbrett und entzog ihren schlanken Fingern den Schlüsselbund für diese Wohnung.

„Dann wäre ja alles geklärt“, meinte er, während er die Quittung ausfüllte und auf der hintersten Seite des angehefteten Mietvertrags unterschrieb. „Einfach die Tür zuziehen“, gab er von sich, ehe er die Frau in der Wohnung zurückließ.

Das Handy klingelte und er nahm ab.

„Hey, wie sieht es aus?“, fragte Yoji neugierig. „Alles erledigt. Ich ziehe dann morgen um“, gab er als kurze Antwort zurück und legte auf. Alles Weitere konnte er später erzählen. Jetzt musste er sich erst mal um ein Bett kümmern.
 

„Nicht weinen“, bat Ken Omi zum x-ten Mal an diesem Abend. Die blauen Augen ihres Jüngsten waren gerötet und er zog immer mal verdächtig die Nase hoch.

„Aber ich gehe jetzt und Ran zieht morgen auch aus. Wir müssen unbedingt in Verbindung bleiben!“, bestimmte er und widerstand dem Drang nicht sich Ken in die Arme zu werfen. „Auf jeden Fall!“, gab Ken zurück. Ran hob irritiert eine Augenbraue. Klang Kens Stimme etwa gerade genauso zittrig? Ken löste sich, schniefte kurz und räusperte sich dann.

„Komm! Sonst verpasst du deinen Flug!“, rief Yoji aus dem Seven und trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Omi sah zu Ran und ein schweres Schlucken ging durch seine Kehle. Er hatte den Kleinen erwachsen werden gesehen. Eine seltsam melancholische Stimmung legte sich über ihn und er schnaufte ergeben. „Na komm schon her!“, gab er sich geschlagen und spürte nur Sekunden später Omis Körper an seinem. Fest krallten sich Omis Finger in sein Shirt und seine Schultern begannen zu beben.

„Nicht weinen!“, bat Ran und fühlte sich im selben Moment überfordert mit der Situation. Er konnte nicht gut trösten. „Wir sind ja nicht aus der Welt und wir sehen uns sicher schneller wieder, als du uns vermissen kannst“, zählte er alle tröstenden Worte auf, die er kannte. Es schien zu helfen. Omi löste sich ein wenig, schniefte leise und nickte. Rüde rieb er sich über die Augen und löste sich gänzlich um zu Yoji in den Seven zu steigen. Tief atmete Ran durch und ging in den Laden zurück.

„Es wird still werden“, hörte er Ken sinnieren und nickte nur. Kalte Schauer liefen ihm über den Rücken. Diese Stille würde wohl am meisten an ihm nagen. Jetzt, wo er sich endlich an die Geräusche der anderen gewöhnt hatte, wurde es wieder still um ihn.

Ran ging in sein Zimmer und sah auf die wenigen, gestapelten Kisten. Er würde wohl nur einmal fahren müssen. Die Bauteile für sein Bett hatte er bereits in seiner neuen Wohnung. Morgen war also nichts anderes zu tun, als sein Bett aufzubauen und sich einzurichten. Sein Blick wanderte auf seinen Wecker. Kurz vor 20 Uhr. Jede Menge Zeit zum Nachdenken. Er musste sich ablenken. Entschlossen trat er auf den Flur hinaus und fing Ken ab.

„Hilfst du mir meine Sachen rüber zu bringen?“, fragte er und Kens Miene hellte sich auf. Offensichtlich war auch er froh nicht trübsinnig in seinem Zimmer sitzen zu müssen. Schnell nickte er noch zur Bestätigung und Ran öffnete seine Tür weiter, um Ken einzuladen.
 

Schneller, als gedacht hatten sie die Kisten erst in Rans Porsche und dann in seine neue Wohnung getragen.

„Schick“, bemerkte Ken und nahm Ran die Flasche ab, die er ihm reichte. Mit einem zischen öffnete Ran sein Bier stellte sich neben Ken und sah in seinen Wohnraum, ehe er ihm den Flaschenöffner reichte. Ein weiteres Zischen erklang und gemeinsam setzten sie die Flaschen an ihre Lippen.

„Das ist ja warm!“, schnaubte Ken und sah angewidert auf die Flasche. „Hab dich nicht so. Ich bin grade erst eingezogen“, konterte Ran unberührt und trank noch einen Schluck. Dabei wanderte sein Blick auf die Wanduhr, die er mitgenommen hatte. Viertel elf. Na es ging doch! Er war erfreut. Jetzt zurück, heiß duschen, ins Bett und der Tag wäre geschafft.

„Lass uns zurück. Yoji sollte auch schon wieder da sein. Dann essen wir noch was zusammen“ meinte Ken und trat den Rückzug aus der Wohnung an. Seine Flasche leerte er im Gehen und stellte das leere Behältnis auf das Fensterbrett neben der Eingangstür. Ran schenkte ihm einen mürrischen Blick. „Ist doch dein Pfand“, war die Antwort und Ken zuckte mit den Schultern. Ran folgte ihm unter einem leisen Knurren. Er würde das alles sehr vermissen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück