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after Weiß

von

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Akt III


 

Still hockte er auf dem Dach im Schutze der Klimaanlage und beobachtete den Vordereingang des zweistöckigen Gebäudes. Sein Schwert zog er eng an seinen Körper, war es doch bis auf ein paar wenige Habseligkeiten sein einziges Eigentum. Seine Gedanken hingen an dem bevorstehenden Umzug. Wie sollte er nur in weniger als zwei Wochen eine neue Wohnung finden? In den Randbezirken könnte er Glück haben, doch da wollte niemand wirklich wohnen. Vielleicht konnte er sich bei verschiedenen Blumenläden vorstellen, immerhin hatte er ein Jahrzehnt Erfahrung in diesem Beruf, auch wenn er keine Ausbildung hatte. Wenn er damit Erfolg hatte, konnte er sich eine Wohnung in der Nähe suchen.

Bestätigend nickte er. Das klang nach einem guten Plan.

„Hab' alles!“, ließ Omi durch das Headset und Aya erhob sich. Der kalte Wind zog an seinem Mantel und sein Blick schweifte über die Lichter der Stadt. Für einen Moment wünschte er sich wenigstens noch einmal auf Schwarz zu treffen. Ein letzter Kampf klang für diesen Moment sehr verlockend. Er riss sich los und begab sich die Treppe hinunter. Seine Gedanken glitten zu den vier Männern ab. Es war schon über drei Monate her, dass sie das letzte Mal aufeinander getroffen waren. Ob sie überhaupt noch lebten? Kurz zuckte er mit den Achseln. Am Ende sollte es ihm gleich sein. Er war jetzt immerhin Pensionär.

An Yojis Seven wurde er schon erwartet. Omi wackelte mit der externen Festplatte und Yoji zündete sich eine Zigarette an. Aya blieb stehen. Dieses Bild wollte er sich bewahren. Seine drei besten Freunde und Kollegen zusammen. Er atmete durch und schritt auf sie zu.

„Das war's“, bemerkte er und erntete trauriger werdende Gesichter. „Wer will was trinken gehen?“, fragte Yoji mit der Zigarette zwischen den Lippen und einem geschafften Unterton. Vier Hände reckten sich stumm in die Höhe. Es war beschlossen. Sie stiegen in den Wagen, fuhren zum Laden um sich umzuziehen und die Festplatte sicher zu verstauen und trafen sich nur wenige Minuten später in ihrer Alltagskleidung wieder am Auto.

„Ich kenne einen guten Laden“, meinte Yoji und winkte seine Kollegen mit sich. Stille beherrschte die Fahrt über den Wagen, doch Aya konnte nicht sagen, dass sie unangenehm war. An der Bar angekommen stiegen sie aus und traten zusammen ein. Schnell wurde ihnen ein Tisch angeboten und Aya sah sich in dem überfüllten Laden um. „Vier Kurze!“, hörte er Yoji bestellen. Kurze Zeit später stand das Tablett mit der Bestellung zwischen ihnen.

„Also dann. Auf das Ende!“, rief Yoji und griff sein Glas. In einem Zug leerte er es und stellte es geräuschvoll auf den Tisch. Er schüttelte sich. Kurz verzog Aya die Lippen, doch er würde nicht meckern. Mit Ken und Omi schüttete er sich die farblose Flüssigkeit synchron in den Rachen, stellte sein Glas ab und schüttelte sich. Es war eiskalt in seinem Hals und brannte. Genau was er brauchte. Kurz blickte er in die Runde, ehe er schnaufte.

„Ich heiße übrigens Ran“, meinte er, wie nebensächlich und spürte die ungläubigen Blicke auf sich. Erneut schnaufte er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Yojis ungläubiger Blick allerdings amüsierte ihn. „Ich dachte mir, nun ist es auch egal, also …“, schob er nach und hob gleichgültig die Schultern.

„Darauf noch eine Runde!“, hörte er Yoji und schmunzelte.
 

Die Stunden vergingen und sie tranken. Yoji zahlte und sie bemühten sich einigermaßen geradlinig zum Auto zu kommen. Schwer ließ Ran sich in das Polster fallen. Sein Kopf war wunderbar leicht und sein Körper warm und schwer. Er hatte den richtigen Moment gefunden um aufzuhören. So konnte er ins Bett gehen und würde fantastisch schlafen ohne am nächsten Morgen Kopfschmerzen zu fürchten.

„Ich glaub mir ist schlecht“, hörte er Omis verzweifelte Stimme. Er hatte jedoch nicht die Muße sich ihm zuzuwenden. „Dann fährst du aber mit dem Bus! Da kannst du dich gern übergeben.“, bestimmte Yoji hektisch. Sein Auto war ihm eben heilig.

„Aber du kannst ihn doch nicht allein mit dem Bus fahren lassen!“, protestierte Ken. Ran schloss entspannt die Augen. Diese Streitereien würden ihm fehlen. Es würde verdammt ruhig in seinem Leben werden. Mit einem Lächeln auf den Lippen sank er unbemerkt in einen leichten Schlaf.

Erst die warmen Finger an seinem Hals lockten ihn aus dem Schlaf zurück. Er sah zur Seite und erblickte Yojis unheilvoll lächelndes Gesicht.

„Ich bin zu betrunken um noch irgendwo hin zugehen, bin aber scharf“, erklärte er knapp seinen Zustand und seine Finger strichen weiter über Rans Hals, wanderten zu seinem Schlüsselbein. Ran seufzte angetan.

„Aber wenn du mich jetzt schubst, muss ich auch mit dem Bus fahren“, ließ er verlauten und hörte Yojis Lachen. „Das wäre blöd, oder?“, kicherte er und Ran nickte mit geschlossenen Augen. „Dann schubs du doch“, kam es amüsiert an sein Ohr und Ran schlug die Augen auf. Hatte er sich verhört? Skeptisch sah er zu Yoji hinüber. Dieser schien seinen Blick deuten zu können und winkte ab.

„Ich bin so betrunken, mir ist grade alles egal, solange ich … Erleichterung erfahre“ Misstrauisch zog Ran eine Braue nach oben. „Dann wird aber immer noch geschubst“, gab er zu verstehen und rieb sich leicht über den Magen. Er hörte Yojis schweres Seufzen. „Dann lenk mich wenigstens etwas ab, bis ich weiter fahren kann“, hörte er ihn murmeln. „Was fängst du mit deinem neuen Leben an?“

Ran schluckte trocken. „Keine Ahnung“, begann er und die Freuden des Alkohols schienen wie weggewischt. Er wusste nicht, was er nach Weiß tun sollte. Er hatte nicht mal einen „alten Beruf“ in den er zurückkehren konnte. „Und du?“, fragte er um von sich abzulenken.

„Ich gehe zurück, denke ich. Schnüffler werden schließlich immer gebraucht“ Das Kichern neben ihn ließ Ran noch tiefer in seiner beginnenden Verzweiflung versinken, aus der ihn erst das Klingeln von Yojis Handy riss.

„Wo verdammt noch mal seit ihr?“, dröhnte Kens wütende Stimme durch die Dunkelheit. „Omi ist eingeschlafen. Er hätte ruhig mit dir mitfahren können. Er hat sich nicht mal übergeben … Gut, ok. Einmal. Aber einmal ist bekanntlich keinmal. Also wo seid ihr? Es ist schweinekalt und ich habe keinen Schlüssel“ Yoji unterbrach Kens Schimpftirade indem er auflegte.

„Also ab nach Hause“, murmelte er und atmete tief durch um sich zu konzentrieren.

„Und du bist sicher, dass du fahren kannst?“, fragte Ran skeptisch und Yoji schüttelte den Kopf.

„Nö“, war die knappe Antwort und Yoji trat aufs Gas. Ran japste. Zu gern hätte er geschrien. Wahlweise gerne auch wie ein Mädchen, doch ihm fehlte vor lauter Anspannung die Luft um seiner Angst eine Stimme zu geben. Yoji heizte mit einer Geschwindigkeit durch die Straßen, die mit viel Wohlwollen als wahnsinnig bezeichnet werden konnte. Erst am Koneko fand Ran wieder die Luft zum Reden.

„Bist du bescheuert?“, wimmerte er, als er seine Finger aus dem Polster löste. „Willst du uns umbringen?“ Yoji lachte melodisch und schwang sich aus dem Wagen. Starr vor Schreck sah Ran ihm noch etwas nach, ehe er sich selbst aus dem Auto bewegte.

„Wir wollen den Kleinen doch nicht warten lassen. Nicht dass er noch krank wird“, scherzte Yoji beschwingt und öffnete die Tür des Ladens. Kens ungläubiger Blick traf Ran. „Du hast ihn so fahren lassen?“, fragte er tonlos und Ran schluckte.

„Ich wusste nicht, dass er so fahren kann“, gab er ebenso zurück und betrat den Laden. Sein Körper und sein Geist brauchten jetzt wirklich Ruhe. Er wollte nur noch in sein Bett. Ab morgen würde alles anders werden.



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