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Imperativ

Kontrolle über deine Sinne.
von

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Fünfzehn

-15-

 

Es war kein Traum. Das war das erste, was Sakura bewusst wurde, als sie ihre Augen aufschlug. Die Ereignisse vom letzten Abend waren tatsächlich real, genau wie die Schnitte an ihrem Hals. Sie lag nicht in ihrem eigenen Bett, sondern in dem von Naruto, der wiederum auf der Couch geschlafen hatte. Von draußen drangen vereinzelte Sonnenstrahlen am orangenen Vorhang vorbei durch das Fenster und warfen leuchtende Reflexionen auf die Wand neben dem Bett. Es musste bereits Mittag sein, was bedeutete, das Naruto sie vermutlich aus Rücksicht nicht geweckt hatte.

 

Einen kurzen Moment lang spielte Sakura mit dem Gedanken einfach liegen zu bleiben, dann schwang sie jedoch ihre Beine aus dem Bett. Das Laminat fühlte sich kalt unter ihren nackten Füßen an und sie schlüpfte schnell in ein paar Socken. Ihre restliche Kleidung lag noch immer wild verstreut auf dem Boden. Nachdem sie die Blutspritzer auf dem kuscheligen Wollpullover entdeckt hatte, hatte sie ihre Klamotten gar nicht schnell genug loswerden können und war mehr als erleichtert gewesen, als Naruto ihr eines von seinen T-Shirts zum Schlafen angeboten hatte. Nun jedoch begann sie damit, alles wieder aufzusammeln. Schließlich wollte sie sein Schlafzimmer in einem ordentlichen Zustand hinterlassen.

 

Mit dem Klamottenstapel in der Hand betrat sie dann das Wohnzimmer, wobei sie peinlich genau darauf achtete, möglichst nicht das am Stoff festgetrocknete Blut zu berühren. Sobald sie zuhause war, würde sie den Pullover erst einmal einweichen. Auf diese Weise konnte sie zwar nicht die Erinnerungen, zumindest aber die Flecken auswaschen und danach musste sie wahrscheinlich auch gleich wieder los, um pünktlich bei Sasuke zu sein. Ihr blieb nicht viel Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten und das bedeutete, dass sie es wohl einfach abhaken musste. Den Rat hatte ihr auch Naruto gestern Nacht gegeben.

 

Als sie das Wohnzimmer betrat, saß er gerade auf dem Sofa und sah sich irgendeine Zeichentrickserie im Fernsehen an. Da er sie noch nicht bemerkt hatte, räusperte sie sich verlegen.

 

„Sakura“, er sprang vom Sofa und strahlte sie fröhlich an „Konntest du ein wenig schlafen?“

 

Sie nickte nur und versuchte ihm ebenfalls ein kurzes Lächeln zu schenken. Er sollte sich keine Sorgen um sie machen, doch sie wusste, dass er das tat. Mittlerweile würde sie ihn ohne zu zögern als einen sehr guten Freund bezeichnen. Auch wenn sie am Anfang misstrauisch gewesen war, hatte Naruto mehrfach bewiesen, dass man sich auf ihn jederzeit verlassen konnte. Die Menschen in seiner Umgebung waren ihm zweifellos wichtig. Solchen Leuten begegnete man nur ganz selten im Leben und auch, wenn sie in einige unschöne Dinge verstrickt worden war, war Sakura mehr als nur froh, dass sie ihn getroffen hatte. Es war jetzt schon schwierig, das alles durchzustehen, aber ohne ihn wäre es vermutlich unmöglich.

 

„Pass auf, du gehst schnell duschen und ich mach uns solange Frühstück“, schlug er vor. „Ich hab dir schon ein Handtuch bereitgelegt und einen Pullover von mir, damit du das Ding nicht mehr anziehen musst.“

 

Er nickte in Richtung des Klamottenstapels, den sie noch immer fest umklammert hielt.

 

„Danke, Naruto“, sagte sie leise.

 

Es war überflüssig zu erwähnen, dass sie sich dabei nicht nur auf seine letzte Aussage bezog,.

 

„Du musst mir nicht danken, ich mache das gerne“, erwiderte er und setzte in dem Versuch die Stimmung ein wenig aufzulockern ein schelmisches Grinsen auf. „Trinkst du eigentlich Kaffee? Ich mag das Zeug nämlich nicht, aber für Sasuke hab ich immer ein bisschen was da. Nur dürfen wir ihm dann nicht sagen, dass du was davon getrunken hast, sonst gibt es vielleicht Ärger.“

 

Einen kurzen Moment lang zögerte Sakura. Der Kaffee gehörte Sasuke und der wäre sicher nicht begeistert, wenn er wüsste, dass sie sich einfach daran bedient hatte. Auf der anderen Seite schuldete er ihr quasi noch etwas, weil er sie gestern in so eine unangenehme Situation gebracht hatte.

 

„Ich würde einen nehmen“, entschied sie schließlich.

 

Schmunzelnd verschwand Sakura im Bad, während Naruto das Frühstück vorbereitete. Nur kurze Zeit später saßen sie beide an dem kleinen Esstisch, jeder mit einer Portion Rührei und Toast vor sich. Naruto trank ein paar Schlucke Milch direkt aus der Tüte, während Sakura eine Tasse Kaffee vor sich stehen hatte. Irgendwie erfüllte es sie mit Genugtuung, dass sie Sasuke auf diese Weise eins auswischen konnte. Es duftete köstlich und für einen Moment lang fühlte sie sich richtig geborgen. Solange bis Naruto wieder den gestrigen Abend ansprach.

 

„Du musst dir wegen Akatsuki echt keine Sorgen machen. Sasuke passt schon auf.“

 

Skeptisch zog Sakura eine Augenbraue nach oben.

 

„So wie er gestern aufgepasst hat?“, ihr Tonfall klang schon wieder ein wenig patzig, auch wenn sie das gar nicht wollte.

 

Es war Naruto gegenüber unfair und sie sollte ihre Launen nicht immer an ihm auslassen. Sasuke war in diesem Fall der Übeltäter und derjenige, der ihren Frust verdient hatte. Demonstrativ nahm sie einen Schluck aus der Kaffeetasse. Der Kaffee war stark, fast schon zu stark für ihren Geschmack, aber jetzt gerade tat es einfach nur gut und es machte sie wach.

 

„Ich bin mir sicher, dass er die Situation im Griff hatte“, erklärte Naruto überzeugt. „Er hätte nie zugelassen, dass dir wirklich was passiert.“

 

Sie zuckte nur abwehrend mit den Schultern. So sicher war sie sich da nicht. Zumindest aber hatte er sie gestern Nacht nicht allein gelassen, sondern war so geistesgegenwärtig gewesen, sie zu Naruto zu schicken. Auch wenn Sasuke nicht der Typ Mensch war, der sich persönlich um andere kümmerte, sorgte er zumindest dafür, dass jemand da war, der diese Aufgabe übernehmen konnte. Insgeheim fragte sie sich, ob es überhaupt jemanden gab, der Sasuke so wichtig war, dass er dieses Prinzip verletzen würde. Vielleicht Naruto? Oder sein Bruder?

 

 „Was ist eigentlich mit meinem Vorgänger passiert?“, erkundigte sie sich.

 

Die Frage hatte sie sich schon öfter gestellt, aber bisher war nie der richtige Zeitpunkt gekommen, sie auszusprechen. Abgesehen davon, dass sie sich nicht mal wirklich sicher war, ob sie die Antwort überhaupt hören wollte. Sasukes Geschäftsmodell war nicht gerade risikofrei.

 

„Du meinst Sai?“, fragte Naruto und schob sich eine Gabel voll Rührei in den Mund.

 

Er hob beide Augenbrauen und sah sie erwartungsvoll an. Sakura hatte das Gefühl, dass er irgendwie Zeit schinden wollte, auch wenn sie nicht wirklich wusste, warum. Vielleicht hoffte er, ihrer Frage doch noch irgendwie ausweichen zu können.

 

„Kann sein, dass er so hieß“, bestätigte Sakura.

 

Der Name war schon ein paar Mal gefallen, aber sie war sich nicht mehr ganz sicher. Alles was sie wusste war, dass der Kerl wohl ziemlich gut gewesen war. Bisher war es ihm immer gelungen, den Bezirk Nummer sieben ohne Probleme gegen Akatsuki zu verteidigen. Was sie allerdings nicht wusste, war warum Sasuke dieses Jahr auf ihn verzichten musste. Es konnte zwar immer noch eine ganz harmlose Erklärung sein, wie beispielsweise ein Auslandssemester oder ein Umzug. Doch ihr Instinkt sagte ihr, dass da mehr dahintersteckte.

 

„Was ist mit ihm passiert?“, hakte sie noch einmal nach.

 

Naruto wich ihrem Blick aus. Sie konnte sehen, wie es hinter seiner Stirn ratterte und er versuchte wohl gerade, sich die richtigen Worte zurechtzulegen.

 

„Hm ja, das war eine blöde Sache“, murmelte er dann und verzog das Gesicht zu einer schiefen Grimasse. „Sai wollte mit dem ganzen Drogenzeug nichts zu tun haben, weißt du? Ihm ging es immer nur ums Sprayen und das war sein Ding. Sasuke hat ihn auch machen lassen, solange er seine Arbeiten erledigt hat, aber irgendwann war er plötzlich vom einen auf den anderen Tag verschwunden und hat sich nicht mehr gemeldet. Wir haben dann durch einen Kontaktmann erfahren, dass er festgenommen wurde.“

 

Innerlich atmete Sakura erleichtert auf. Festgenommen. Das war schon mal besser als spurlos verschwunden oder möglicherweise sogar tot.

 

„Aber läuft das nicht meistens auf eine Geldstrafe und Sozialstunden hinaus?“, erkundigte sie sich.

 

Seitdem sie wusste, dass Sasuke vorhatte, sie irgendwann zum Sprayen auf die Straße zu schicken, hatte sie sich schlau gemacht. Im Prinzip war in einem strafrechtlichen Verfahren eine Verurteilung von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe möglich, in der Praxis kam dies jedoch nur in seltenen Fällen und bei Wiederholungstätern vor. Demnach müsste Sai längst wieder auf freiem Fuß sein.

 

„Das dachten wir auch“, bestätigte Naruto. „Aber dann haben sie seine Wohnung durchsucht und Drogen bei ihm gefunden. Ziemlich große Mengen. Und auch nicht die üblichen weichen Drogen, sondern den richtig harten Shit, inklusive Pain. Die Polizei hat erst ein paar Tage davor bei einer Razzia Unmengen von dem Zeug gefunden, das aber nicht zugeordnet werden konnte. Die Päckchen, die er in seiner Wohnung versteckt hatte, kamen aus der gleichen Lieferung und so konnten sie ihn damit in Verbindung bringen.“

 

Sakuras Augen weiteten sich vor Schreck. Dadurch, dass Sai ihr Vorgänger in der Organisation war, fühlte sich sich ähnlich wie bei Deidara auf irgendeine Weise mit ihm verbunden. Sie teilten gewissermaßen ein Schicksal. Dass es für ihn so geendet hatte, wollte sie sich gar nicht vorstellen und Narutos Tonfall deutete zudem daraufhin, dass er ihn für unschuldig hielt.

 

„Denkst du, dass er wirklich etwas damit zu tun hatte?“, hakte sie trotzdem noch einmal nach.

 

Unwillkürlich musste sie an die Situation denken, in der der Polizist sie beide am Hintereingang des Shippuden durchsucht hatte. Auch Naruto war nicht so unschuldig, wie man auf den ersten Blick meinen konnte, und sie hatten in dem Moment einfach nur Glück gehabt, dass der Kerl offenbar eingeweiht gewesen war. Die Situation hätte noch böse enden können. Sowohl für sie als auch für Naruto.

 

„Sai? Niemals!“, entgegnete der im Brustton der Überzeugung. „Er ist zwar manchmal ein ziemlich seltsamer Kautz, aber soweit ich weiß, war er immer komplett clean und hat sich auch sonst aus allem herausgehalten.“

 

Sakura glaubte ihm, was die Sache jedoch nicht unbedingt besser machte. Denn es bedeutete, dass dort ein Unschuldiger für etwas im Gefängnis saß, mit dem er eigentlich nichts zu tun hatte.

 

„Habt ihr nochmal persönlich mit ihm darüber gesprochen? Ich meine, irgendwo müssen die Drogen ja herkommen.“

Naruto schüttelte langsam den Kopf.

 

„Sasuke denkt, dass es keine so gute Idee wäre, wenn wir plötzlich im Gefängnis aufkreuzen. Sai würde uns nie verpfeifen, aber am Ende ziehen sie noch eine Verbindung zu uns und finden wirklich etwas. Es ist besser für ihn, wenn wir uns da nicht blicken lassen.“

 

Auf der einen Seite konnte sie das Argument nachvollziehen, auf der anderen Seite war sie der Meinung, dass Sasuke es sich etwas zu leicht machte. Einer seiner Leute war festgenommen worden und das, als er in seinem Auftrag irgendetwas erledigt hatte. Offenbar hatte Sasuke zudem Beziehungen zur Polizei, sonst wäre die Sache damals im Shippuden nicht so glimpflich abgelaufen. Konnte er ihn also nicht da rausholen oder wollte er es einfach nur nicht?

 

Es ließ sich jedenfalls nicht leugnen, dass durch den Verlust von Sai eine große Lücke im Team entstanden war. Der Aufwand, den es für Sasuke bedeutete, sie für den Wettbewerb auszubilden, war das alles unmöglich wert. Egal womit Sai ihn möglicherweise verärgert hatte. Letztendlich hatte es für Sasuke also vor allen Dingen Nachteile, dass sein Sprayer nicht mehr verfügbar war.

 

Umgekehrt profitierten insbesondere Akatsuki von den gegebenen Umständen, da sie vorher nie in der Lage gewesen waren, Sai zu schlagen. Mit Sakura hatten sie nun einen denkbar einfachen Gegner vor sich, der zum einen keinerlei Erfahrung hatte und zum anderen leicht einzuschüchtern war. Nachdem Hidan und Deidara ihr bereits so offensiv gedroht hatten, konnte sie sich nur zu gut vorstellen, dass die Gruppe auch in der Drogensache mitdrinsteckte.

 

„Was denkst du, wer Sai die Päckchen untergejubelt hat? Akatsuki?“, sprach sie ihren Verdacht laut aus.

 

Die Alternativen wären, dass Sasuke entweder selbst die Verhaftung veranlasst hatte – aus welchen Gründen auch immer – oder es gab eine dritte, bisher unbekannte Partei, die ihre Finger mit im Spiel hatte. Allerdings schien es nicht gerade einfach zu sein, an so eine große Menge Pain zu kommen, wenn man nicht gerade die richtigen Kontakte zur Hand hatte, und Akatsuki und Sasuke waren derzeit nun mal die Big Player im Geschäft. Sie hätten es mit Sicherheit mitbekommen, wenn irgendjemand solche Mengen orderte.

 

„Auf den ersten Blick klingt das logisch“, stimmte Naruto ihr zu. „Aber es ist nicht ihr Stil. Akatsuki machen zwar schmutzige Geschäfte, aber sie würden niemals jemand anderen die Drecksarbeit für sie erledigen lassen und die Polizei da mitreinziehen. Also entweder, da hatte jemand etwas persönlich gegen Sai oder…“

 

Er kam nicht mehr dazu seinen Satz zu beenden, da in diesem Moment ein Schlüssel im Schloss der Wohnungstür herumgedreht wurde. Sakura konnte nicht verhindern, dass ihr Körper sofort auf das Geräusch reagierte und sich selbst in Alarmbereitschaft versetzte. Wahrscheinlich würde sie noch eine ganze Weile lang so reagieren, immer in Erwartung eines ungebetenen Gastes. Ruckartig drehte sie sich auf ihrem Stuhl um, um zu sehen, wer sie da so unangekündigt störte. Es war Sasuke.

 

Neben sich spürte sie, wie Naruto sich anspannte. Auch er schien alles andere als begeistert von der Ankunft seines besten Freundes zu sein und irgendetwas sagte ihr, dass die beiden gerade nicht besonders gut aufeinander zu sprechen waren. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Stimmung trotz des ernsten Themas noch relativ locker gewesen. Jetzt fühlte sie sich an als hätte irgendwo jemand einen Stromhebel umgelegt und würde kontinuierlich immer wieder mehrere tausend Volt durch die Luft jagen.

 

Sasukes Blick streifte einmal kurz über den gedeckten Tisch und blieb dann ein wenig zu lange an dem viel zu großen Pullover hängen, in dem sie fast unterging. Obwohl Naruto ihr etwas von seinen Klamotten geliehen hatte, fühlte sie sich gerade nackter als je zuvor.

 

„Was willst du hier, Sasuke?“, fragte Naruto patzig. „Sakura wäre schon rechtzeitig rübergekommen.“

 

Tatsächlich hätte sie sich gar nicht getraut, noch einmal eine Verspätung zu riskieren. Die Konsequenzen des letzten Males waren ihr nur noch allzu deutlich in Erinnerung und außerdem hatte sie jetzt, wo sie wusste, dass nach dem Wettbewerb theoretisch alles vorbei sein konnte, eine ganz neue Motivation. Sie musste gewinnen. Und dafür brauchte sie nun mal Sasuke.

 

„Hallo Naruto, ich freu mich auch, dich zu sehen“, entgegnete der spöttisch. „Leider kann ich nicht mehr bis heute Nachmittag warten. Wir haben ein Problem.“

 

Sakura schnaubte.

 

„Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn wir mal keins hätten.“

 

Eigentlich hatte sie den Gedanken nicht laut aussprechen wollen, doch er war ihr einfach so rausgerutscht. Vielleicht war Sarkasmus die einzige Möglichkeit, die ihr blieb, um irgendwie mit ihrer Situation klarzukommen.

 

„Was ist denn so wichtig, dass du nicht warten konntest?“, erkundigte sich Naruto misstrauisch.

 

Obwohl er ihm nicht angeboten hatte, sich zu setzen, zog Sasuke einen Stuhl zurück und nahm wie selbstverständlich ebenfalls am Esstisch Platz. Da er einen Schlüssel für Narutos Wohnung hatte, war es wahrscheinlich nichts ungewöhnliches, dass er einfach so vorbeikam, aber normalerweise hatte Naruto auch nichts dagegen. Jetzt taxierte er ihn mit wütenden Blicken und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust.

 

„Wir haben ein wenig Zeitdruck“, erklärte Sasuke knapp. „Ich habe vorhin eine Nachricht von Orochimaru bekommen und so wie es aussieht, findet der Wettbewerb schon diesen Samstag statt.“

 

Sakura spürte, wie ihr Herz ein paar Takte aussetzte. Bis Samstag waren es nur noch wenige Tage. Noch dazu kannte Deidara jetzt den finalen Entwurf, was bedeutete, dass sie entweder nochmal eine Schippe drauflegen oder ganz von vorne anfangen mussten. Nicht gerade die besten Voraussetzungen zur Verteidigung ihres Bezirkes.

 

„Das ist... früh“, stellte sie ein wenig geschockt fest. „Wo sollen wir so schnell einen neuen Entwurf herbekommen?“

 

Sasukes Lippen verzogen sich zu einem dünnen Strich. Das Thema schien ihn mehr als nur zu ärgern und Sakura konnte sich auch ungefähr vorstellen, woran das lag. Für ihn selbst war es wahrscheinlich nicht allzu schwer, ein neues Logo zu entwerfen, das den Anforderungen des Wettbewerbs genügen würde. Allerdings reichte es ja nicht, dass er es zeichnen konnte. Letztendlich musste sie das Logo an die Wand bringen und dafür brauchte sie so viel Übung, wie sie nur irgendwie kriegen konnte.

 

„Drei“, knurrte Sasuke wütend. „Wir brauchen drei neue Entwürfe. Orochimaru hat wohl ein wenig an den Regeln geschraubt, nachdem es die letzten Jahre immer wieder Unstimmigkeiten gegeben hatte.“

 

Naruto, der gerade einen Schluck aus seiner Milchpackung hatte nehmen wollen, verschluckte sich und begann unkontrolliert zu husten.

 

„Das ist ein Witz, oder?“, fragte Sakura ungläubig.

 

Soweit sie das bisher beurteilen konnte, besaß Sasuke so etwas wie Humor nicht, aber vielleicht war das ja tatsächlich ein kläglicher Versuch, sie alle reinzulegen. Doch Sasuke machte keine Witze.

 

„Orochimaru hat Vorgaben gemacht für die Orte, an denen gesprüht werden soll. Ein Ort, der schwer erreichbar ist. Ein Ort, an dem viele Leute das Graffiti sehen können. Und ein Ort, der im Gebiet des Gegners liegt. Der Schwierigkeitsgrad der Orte, wird in die Bewertung miteinbezogen und derjenige, der am Ende zwei Battles für sich entscheiden kann, gewinnt.“

 

In Sakuras Gedanken tauchten sofort verschiedene Plätze auf, an denen es vor Graffiti nur so wimmelte. Sie würde zum ersten Mal in der Öffentlichkeit sprühen und dann auch noch an Orten, die möglicherweise gefährlich oder gut bewacht waren. Bisher war sie immer von einem Logo ausgegangen. Nun waren es drei.

 

„Als du ‘Samstag‘ gesagt hast, hast du aber nicht gemeint, dass alle drei Graffitis an einem Tag umgesetzt werden müssen, oder?“, wandte sie sich an Sasuke.

 

Der Begriff Tag war in diesem Kontext sowieso irreführend. Sie musste zumindest warten, bis die Dämmerung angebrochen war, damit sie möglichst unentdeckt ans Werk gehen konnte. Andernfalls würde es keine fünf Minuten dauern, bis irgendwer die Polizei alarmierte und man sie festnehmen würde. Also blieben ihr im Prinzip nur die wenigen Stunden, in denen es dunkel genug war, um sich ungesehen zu bewegen und das war selbst für ein Graffiti ein enger Zeitrahmen.

 

„Doch, genau das“, widersprach Sasuke bitter. „Und das bedeutet, dass wir einen perfekten Zeitplan brauchen. Wir können uns keine Fehler mehr leisten.“

 

Beinahe hätte Sakura gelacht. Keine Fehler mehr? Sie war eine blutige Anfängerin und das bedeutete, dass sie noch unzählige Fehler machen würde. Insbesondere, wenn man von ihr verlangte, drei Logos innerhalb von einer einzigen Nacht zu sprühen. In Sakuras Augen war das ganz und gar unmöglich und sie fragte sich, ob Deidara von dieser Regeländerung genauso überrascht worden war wie sie.

 

„Ich nehme an, du hast diesen perfekten Zeitplan schon. Sonst wärst du jetzt nicht hier“, warf Naruto ein.

 

Seine Stimme klang im Gegensatz zu Sakura hoffnungsvoll und er strahlte eine gewisse Zuversicht aus.

 

„Richtig“, bestätigte Sasuke. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und musterte ihn abschätzend. „Und ich bin auch hier um mit dir zu sprechen, Naruto. Als Ausgleich für die erschwerten Bedingungen darf Sakura jeweils eine Begleitperson mitnehmen. Wir waren der Meinung, dass…“

 

„Ich mache es“, unterbrach Naruto ihn sofort.

 

Er hatte nicht eine Sekunde lang gezögert. Er hatte nicht einmal gefragt, wohin es gehen würde. Sakura war noch damit beschäftigt, die Information zu verarbeiten, dass sie nicht alleine gehen musste, da hatte er sich schon eingeklinkt und schenkte ihr ein aufmunterndes Grinsen. Drei Logos in einer Nacht. Naruto gab ihr in diesem Moment das Gefühl, dass es irgendwie doch machbar sein würde und obwohl Sakura am liebsten niemanden mit in die Sache hineinziehen wollte, war sie einfach nur unendlich erleichtert, dass er an ihrer Seite war.

 

„Sehr gut.“ Sasuke nickte zufrieden. „Dann geht ihr beide zum Bahnhof. Karin und ich übernehmen die beiden anderen Orte.“

Sakura horchte auf.

 

„Karin? Vergiss es“, widersprach sie entschieden. „Nie im Leben mach ich das mit ihr.“

 

Wenn sie ehrlich war, war sie auch nicht besonders scharf darauf, mit Sasuke unterwegs zu sein, aber in diesem Fall war er immer noch das kleinere Übel. Karin hatte schon mehrmals deutlich gemacht, wie wenig sie von Sakura hielt und wahrscheinlich würde sie sich auch diesmal nicht zurückhalten. Wenn sie eines nicht gebrauchen konnte, dann war es eine unerträglich laute Zicke, die ihr pausenlos mitteilte, dass sie sowieso nichts auf die Reihe bekam. Und deswegen kam sie als Begleiterin überhaupt nicht in Frage.

 

„Das steht nicht zur Debatte“, entgegnete Sasuke jedoch entschieden. „Karin ist gut in dem, was sie tut und außerdem vertraue ich ihr."

 

Sakura schnaubte. Wenn sie nach Suigetsus Andeutungen ging, wollte sie wahrscheinlich gar nicht so genau wissen, womit Karin sich Sasukes Vertrauen verdient hatte. Fakt war jedoch, dass sie selbst kein besonders gutes Verhältnis zu ihr hatte und ihr deswegen keinen Zentimeter weit über den Weg traute.

 

„Das ist ja schön für dich, aber ich bezweifle, dass sie mir freiwillig helfen wird“, startete sie einen letzten Versuch, ihn davon zu überzeugen, seine Meinung nochmal zu ändern.

 

Allmählich wurde Sasuke ein wenig ungeduldig und warf ihr einen strengen Blick zu. Er war es offenbar nicht gewohnt, von ihr Gegenwind zu bekommen und versuchte gleichzeitig, sich irgendwie zusammenzureißen. Er brauchte Sakura. Und seit Deidaras Angebot, die Seiten zu wechseln, war er noch vorsichtiger als sonst.

 

„Das wird sie“, sagte er entschieden.

 

„Kann ich nicht einfach mitgehen?“, mischte sich nun auch wieder Naruto ein.

 

Sasuke begann sich entnervt die Schläfen zu massieren.

 

„Ein Begleiter pro Ort, Naruto“, antwortete er betont langsam. „Das ist jetzt wirklich nicht so schwer zu verstehen. Karin ist fest eingeplant und darüber werde ich nicht diskutieren. Drei Orte bedeutet außerdem, dass in den nächsten Tagen sehr viel Arbeit auf uns zukommt, weil wir drei Entwürfe brauchen. Dank dem Einbruch gestern Nacht haben wir momentan nicht mal einen.“

 

Damit hatte er leider Recht. Und gleichzeitig hatte er elegant das Thema gewechselt.

 

„Und wo kriegen wir auf die Schnelle drei Entwürfe her?“, fragte Sakura skeptisch.

 

Die Sache mit Karin hatte sie noch immer nicht abgehakt, aber wahrscheinlich hatte es keinen Sinn, jetzt mit ihm darüber zu diskutieren. Spätestens wenn Karin sich ebenfalls dagegen sträuben würde, ihre Begleitperson zu sein, müsste er sich sowieso nach einer anderen Lösung umsehen. Selbst Shikamaru wäre wahrscheinlich hilfreicher als diese Furie. Zuerst einmal aber hatten sie andere Probleme, um die sie sich kümmern mussten, und das waren die Entwürfe.

 

„Wir arbeiten zusammen“, erklärte Sasuke, so als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. „Hast du dein Skizzenbuch hier?“

 

Sakura war ein bisschen überrumpelt und wusste nicht recht, was sie dazu sagen sollte. Bedeutete das etwa, dass er sie in gewisser Art und Weise als Künstlerin anerkannte? Selbst wenn es nur die Notlösung im Angesicht des Zeitdrucks war, konnte sie nicht verhindern, dass sich ein warmes Gefühl in ihrem Bauch ausbreitete. Allerdings lag das Skizzenbuch noch immer im Haus der Uchihas.

 

„Nein, ich… hab es nicht mitgenommen.“

 

„Das macht nichts“, warf Naruto schnell ein. „Ich denke ich kann ein paar Blätter auftreiben.“

 

Sasuke nickte zufrieden.

 

„Hn.“

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Einen wunderschönen guten Tag ihr Lieben,

es hat ein wenig gedauert, aber hier ist nun das nächste Kapitel zu Imperativ und ich hoffe sehr, dass es euch gefällt. Vielen, vielen Dank nochmal für eure lieben Kommentare zum letzten Kapitel und ich würde mich auch diesmal wieder unglaublich über euer Feedback freuen. Genießt euer Wochenende und habt eine gute Zeit <3

Herzliche Grüße
-Zerschmetterling- Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  franny
2016-03-19T20:41:37+00:00 19.03.2016 21:41
Freu mich sehr das es weitergeht!!! :-)
Ich bin jetzt schon richtig gespannt wie es weitergeht und wie der Wettbewerb wird! ^^ Karin hilft sakura.... Bin gespannt ob das klappt ^^
Schreib schnell weiter :-) freu mich schon auf das nächste Kapitel.
Glg franny
Antwort von:  -Zerschmetterling-
25.03.2016 16:19
Es ist zumindest nicht die erste Kombination,
die einem so einfallen würde wahrscheinlich. ;)
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar
und ich wünsche dir schon mal frohe Ostern und ein schönes Wochenende. :)
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  Kleines-Engelschen
2016-03-19T19:10:43+00:00 19.03.2016 20:10
ein tolles kapitel. drei entwürfe.. und das alles in so kurzer zeit. bin gespannt wie sie das schaffen. weiter so!

greetz
Antwort von:  -Zerschmetterling-
25.03.2016 16:19
Es wird auf jeden Fall nicht leicht. :D
Ganz lieben Dank für deine Rückmeldung
und ein schönes Wochenende! :)
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  DasHasi
2016-03-19T13:27:18+00:00 19.03.2016 14:27
Yeay, es geht weiter! 😊
Antwort von:  -Zerschmetterling-
25.03.2016 16:18
Freut mich, dass du noch mit an Bord bist. ;)
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  MaddieFreeman
2016-03-19T11:54:42+00:00 19.03.2016 12:54
Jippi, es geht weiter! :D
Egal was ich gerade zutun hatte, als ich das neue Kapitel gesehen habe, musste ich sofort alles stehen und liegen lassen und anfangen es zu lesen.
Und, wie immer, wurde ich nicht enttäuscht.
Das Kapitel ist mal wieder super.
Die arme Sakura, es wird sie wahrschenlich noch ein bisschen verfolgen was dort im Haus der Uchihas passiert ist.
Sasuke schein es nicht zu gefallen, dass Sakura einen Pulli von Naruto trägt. Das kann ja noch interessant werden... :)
Allerdings bringt er auch nicht allzutolle Nachrichten. Drei neue Entwürfe, an drei verschiedenen Orten, in einer Nacht.
Der Druck ist höher denn je.
Und dann soll auch noch Karin Sakura zu einem der Orte begleiten... Ob das was wird?
Aber es kann ja auch sein, das gerade weil es Karin ist, Sakura aus sich rauskommt und was hinzimmert was alle überraschen wird. Ich hoffe Sakura schafft es, und wirft alle vom Hocker.

Mach bitte schnell weiter, ich kann es kaum erwarten!
LG
Maddie
Antwort von:  -Zerschmetterling-
25.03.2016 16:17
Freut mich, dass dich das Kapitel nicht enttäuscht hat. ;)
Für Sakura wird es mit der Zeit auf jeden Fall nicht leichter.
Die Sache im Uchiha-Haus steckt man eher nicht so einfach weg
und jetzt steigt zusätzlich noch der Druck.
Die Idee, dass sie gerade durch Karins Anwesenheit etwas richtig gutes hinbekommt,
finde ich übrigens sehr interessant. :)
Vielen lieben Dank für dein Feedback
und ich wünsche dir schon mal frohe Ostern und ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-


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