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Babylon-6 - 03

Gegenangriff
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Fragen

Als sich die NE´VAR drei Tage später den Vac´Tar-Sektor erreichte, stand Eireene Connally neben G´Ryka an der Kommunikationskonsole und blickte auf den großen Hauptbildschirm.

Noch wallte das düstere Rot des Hyperraums darauf, doch das würde sich bereits in wenigen Augenblicken ändern.

In den letzten drei Tagen hatte die blonde Frau auch den Rest der recht kleinen Besatzung kennengelernt. Neben fünf weiten Narn gab es an Bord noch drei Drazi, einen Brakiri, einen Menschen und eine Gaim. Letztere war Eireene Connally immer noch etwas unheimlich. Es gab manche Dinge, an die sich selbst der moderne Mensch nur sehr langsam gewöhnte. Die Blondine hatte G´Ryka von Generalmajor Hayes erzählt, und dass er siebzehn Schiffe unter seinem Kommando hat. Mehr preiszugeben war sie bislang nicht bereit gewesen. Sie hoffte nur, dass der General die Narn anhören würde, denn mittlerweile empfand sie so etwas wie Achtung gegenüber dieser energischen Narn, von der Eireene mittlerweile erfahren hatte, dass sie älter war, als gedacht.

G´Ryka ihrerseits hatte ihren anfänglichen Ärger auf die junge Menschenfrau begraben. Im Zuge weitere Unterhaltungen mit ihr hatte sie in den letzten Tagen erfahren, wie übel ihr während des Überfalls auf die KLOTHO mitgespielt worden war. Obwohl es die Narn nicht unmittelbar betraf fand sie diese Ereignisse ziemlich beunruhigend, denn sie kannte die Kampfkraft dieser Kreuzer-Klasse und ihr schwante nichts Gutes für die Chance auf Frieden, in der näheren Zukunft. Hauptsächlich deshalb hatte sie sich darauf eingelassen, diesen verlassenen Sektor des Weltalls anzufliegen und per Hyperfunk eine Nachricht in einem Erdcode verschlüsselt zu senden, den sie nach Eireene Connallys Anweisungen, selbst eingegeben hatte. Als sie ihren Finger von der Sendetaste nahm blickte sie zu der blonden Frau auf und erklärte: „Soweit zum Thema Unauffälligkeit der NE´VAR.“

Eireene lächelte fast entschuldigend. „Sie haben das Richtige getan, G´Ryka.“

Der Gesichtsausdruck der Narn drückte nur allzu deutlich aus, was sie von der Meinung der Menschenfrau hielt, doch sie widersprach nicht sondern grummelte leise: „Abwarten.“ Dann fügte sie etwas freundlicher hinzu: „Ich hoffe nur, dass es nicht Wochen dauert, bis ein Kontakt zustande kommt. Einige der medizinischen Güter in meinem Laderaum besitzen ein Verfallsdatum.“

Lieutenant Connally erwiderte: „Ich denke nicht, dass es sehr lange dauern wird, bis der zuständige Verbandsleiter handelt. Er gehört nicht zu den zögerlichen Typen, wie es heißt.“

G´Ryka nickte. „Hoffentlich haben Sie Recht, Lieutenant Connally, und hoffentlich gehört dieser Mann nicht zu den Flaggoffizieren, die alle Zivilisten, die sich widerrechtlich einen schwer bewaffneten Kampfkreuzer verschaffen, ohne Ausnahme als Verbrecher ansehen.“

 
 

* * *

 

„Ich soll mich nicht darüber aufregen, was Sie eben vom Stapel gelassen haben, Sir?!“

Mit vor Zorn lodernden Augen stand Commander Irina Zaizewa vor dem ausladenden Arbeitstisch im Büro von Generalmajor Lynden Benjamin Hayes und funkelte ihn wütend an. Sich mit ihren schlanken Händen auf der Kante der glatten Tischplatte abstützend beugte sie sich halb über den Tisch zu ihm und fuhr heftig fort: „Sie scheren mal wieder alle Telepathen über einen Kamm mit ihrer Bemerkung, dass Sie mit dieser, wie sagten Sie doch gleich, Mörderbande am liebsten kurzen Prozess machen würden, und ich soll darüber nicht wütend werden?! Vielleicht wollen Sie ja gleich mit mir anfangen?!“

Der kräftige Zweiundfünfzigjährige lehnte sich seufzend in seinem Sessel zurück und verschränkte seine Finger über dem, durch die Uniformjacke kaum zu bemerkenden Bauchansatz. Aber Commander, Sie wissen doch genau, dass ich nicht Sie persönlich damit gemeint habe. Es ist aber doch so, dass...“

„Ach, weiß ich das?!“, schnitt Irina Zaizewa ihrem Vorgesetzten das Wort ab. Der Anblick seiner im Moment geradezu aufreizend sanft schauenden, braunen Augen machte die Russin nur noch wütender und heftig ergänzte sie: „Ich kenne Sie nicht gut genug, um immer ganz genau zu wissen, was Sie gerade meinen, Generalmajor Lynden Benjamin Hayes!“

Hayes Augen musterten die schlanke Frau für einen langen Moment – ihr glänzendes, braunes Haar, dass ihr in einer weichen Welle, wie am Tag ihrer ersten Begegnung auf der Station MFB-VI-023, über die linke Schulter bis über den gold-silbernen Kommando-Streifen ihrer Uniform fiel. Heute, wie vor über vier Wochen, verdeckte es das kleine PSI-Symbol darauf, welches sie als Telepathin auswies. Ihre grün-braunen, oft golden wirkenden Augen, in denen nun ein lauernder Zug lag – fixierten den Mann, auf ein falsches Wort von ihm wartend, bei dem sie anschließend explodieren können würde.

Doch der Generalmajor war momentan nicht dazu aufgelegt sich zu streiten, besonders nicht mit Irina Zaizewa – was vor fünf Wochen noch ganz anders gewesen war. Darum lächelte er etwas nachsichtig, fast amüsiert und sagte sanft: „Es tut mir leid, wenn ich durch einige unbedachte Worte Ihre Gefühle verletzt haben sollte, Commander. Ich versichere Ihnen, dass ich nur die wirklich verbrecherisch handelnden Telepathen mit meiner Äußerung gemeint hatte. Übrigens, es klang irgendwie sehr nett, wie sie meinen Zweitnamen betont haben. Mögen Sie ihn?“

Die Russin presste, etwas überrumpelt wegen des abrupten Themenwechsels, die Lippen zusammen, bevor sie konterte: „Nicht die Spur, Sir.“

„Auch nicht schlimm“, erwiderte der General gleichmütig und deutete auf die beiden Sessel vor seinem Tisch. Etwas energischer meinte er dann: „Setzen Sie sich bitte, Commander. Ich möchte mit Ihnen den Rotationsplan für die Jagdverbände der Station nochmal durchgehen. Mir ist aufgefallen, dass Sie die Piloten momentan sehr stark ran nehmen. Natürlich müssen wir im Moment auf der Hut sein, aber allzu scharf macht schartig heißt es. Darum schlage ich vor, dass wir die Kampfübungen von jedem Tag auf alle zwei Tage zurückschrauben, wenn Sie damit einverstanden sind. Ich will das nicht im Alleingang entscheiden, Commander.“

Während die Frau sich geschmeidig in den rechten Sessel setzte warf Hayes einen schnellen Blick durch die großen Fenster, gegenüber seines Arbeitstisches, unter denen eine gemütliche Sitzgruppe, für Besprechungen im engsten Kreis der Führungsoffiziere, angeordnet war. Durch die Fenster blickte er auf einen Teil des Innenbereichs der Rotationssektion. Nachdem Irina Zaizewa sich im Sessel zurechtgesetzt hatte, blickte der Grauhaarige sie wieder direkt an.

Die Russin räusperte sich, bevor sie, etwas weniger emotional den Faden wieder aufnahm und meinte: „Aber das könnten Sie jederzeit tun, Sir.“

Hayes beugte sich im Sessel vor und legte seine Hände auf die Tischplatte, unterhalb der eingelassenen Monitorsektion. Ruhig erklärte er: „Sicherlich, das könnte ich tun, Commander. Aber das würde Ihnen doch nur vermitteln, dass ich Sie nicht als meinen Ersten Offizier auf dieser Station akzeptiere, und weiter entfernt von den Tatsachen könnten Sie damit gar nicht sein. Denn ich respektiere Sie und Ihre Meinung sehr, Commander. Sie haben auf dieser Station bisher sehr gute Arbeit geleistet. Abgesehen vom ersten Abend den ich auf der Station zugebracht habe.“

Bei seinen letzten Worten zwinkerte der Mann verschmitzt und nahm ihnen die Spitze.

Irina Zaizewa hatte sich inzwischen weitgehend wieder beruhigt und erstaunt stellte sie nun fest, dass ihr der Generalmajor mit seinen Worten förmlich den Wind aus den Segeln genommen hatte. Die Wut über seine vorherigen, verletzenden Worte war verraucht. Sie zögerte etwas, bevor sie sein Friedensangebot annahm und ruhig antwortete: „Ich bedanke mich für das Lob, Sir. Das bedeutet mir sehr viel, denn ich liebe das was ich hier tue.“

Hayes nickte und lehnte sich wieder zurück. „Nun, was meinen Sie zu meinem Vorschlag?“

Die Russin überlegte kurz. „Mittelfristig halte ich Ihren Vorschlag für gut. Die Ergebnisse der Gefechtsübungen sollten zuvor aber noch um fünf Prozent steigen, würde ich sagen.“

Hayes lächelte zufrieden und machte eine zustimmende Geste. „Dann wäre das entschieden, Commander.“ Er suchte nach den richtigen Worten, bevor er geradeheraus sagte: „Commander, bevor ich das letzte Mal von der Station aufbrach, da wollte ich...“

Der Meldeton des Hand-Kommunikators unterbrach den Redefluss des Generals. Entsagungsvoll die Augen rollend, aktivierte der Mann das kleine Gerät auf seinem rechten Handrücken, führte es zum Mund und meldete sich energisch: „Hayes hier, was gibt es?“

Funkleitstand, Ensign Ralf Larsen spricht. Sir, wir haben einen, nach dem neuesten Code der Erdstreitkräfte verschlüsselten Hyperfunkspruch empfangen. Keines unserer Schiffe. Der Ruf wurde von einer Narn namens G´Ryka gesendet, die, laut ihres Spruchs, einen Leichten Kreuzer der TH´NOR-KLASSE namens NE´VAR kommandiert. Sie hat, nach eigenen Angaben, einen unserer Offiziere, mit Namen: Eireene Connally, an Bord, und sie bittet nun darum, dass wir ein Raumschiff schicken und diesen Lieutenant abholen.“

Mit leichter Bestürzung blickte Commander Zaizewa ihren Vorgesetzten an, der ebenfalls eine erstaunte Miene machte. Wer wusste davon, dass sie in dieser Gegend waren?

Der General fasste sich schnell und erwiderte: „Danke, Ensign. Der Offizier vom Dienst soll Alarm geben. Welche Schiffe sind momentan auf Alarmstatus?“

„Außer der SHERIDAN und der THALIA, wie vor vier Tagen angeordnet, die HERAKLES, die ARTEMIS und die AGLAIA, Sir.“

Hayes lächelte und erwiderte dann: „Danke, Ensign Larsen. Informieren Sie Captain Esposito, dass ich in spätestens zwanzig Minuten an Bord sein werde. Hayes, Ende.“

Der Generalmajor schaltete den Kommunikator auf Stand-By und blickte fragend zu Irina Zaizewa. „Könnte das vielleicht jener Offizier sein, der noch vermisst wird, Commander? So weit könnte das Ganze passen.“

„Vielleicht ist es aber auch eine Falle, Sir“, gab die Russin zu bedenken. „Sollen die übrigen Schiffe auf Alarmbereitschaft gehen?“

Hayes erhob sich, straffte seine Gestalt und nickte zustimmend. „Ja, aber alarmieren Sie nur die Crews der fünf WARLOCK-Zerstörer. Die sollten als zusätzliche Unterstützung reichen, falls uns wirklich einer an den Kragen will. Veranlassen Sie das bitte, Commander.“

Die Russin bestätigte und blickte Hayes sinnend nach der rasch zum Ausgang des Büros eilte. Sie fragte sich dabei ironisch, wann sie nun endlich erfahren würde, was der General ihr bereits vor zwei Wochen hatte sagen wollen.



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