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Er liebt mich, er liebt mich nicht 2

[Secret Love]
von

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Takeda blieb ein wenig hilflos am Eingang zur Trainingshalle stehen. Beide Seitenwände des Raumes waren verspiegelt, sodass er unwillkürlich seinem eigenen Blick begegnete. Obwohl sich nur eine handvoll Schüler in der Halle aufhielten, wirkte der Raum durch ihre mehrfachen Spiegelbilder seltsam voll.

Noch ehe Takeda auf sich aufmerksam machen konnte, kam ein hochgewachsener Junge mit schmalrandiger Brille auf ihn zu: „Bist du vom Kendô-Club?“

Auf diese Frage war Takeda gefasst gewesen. Schließlich hatte er sich dazu entschlossen, zu seinem ersten Iaidô-Club-Treffen die alte Kendô-Uniform anzuziehen. Und wie es aussah, hatte er damit gar nicht so falsch gelegen: Die Uniformen unterschieden sich nur in der Farbe des Gi, dem traditionellen Oberteils, voneinander.

„Ich war letztes Jahr im Kendô-Club. Aber das war nicht so meins“, gab Takeda also zurück.

Unwillkürlich wandte er den Blick zur Seite und starrte auf die Wand, welche die Trainingshalle des Iaidô-Clubs von der des Kendô-Clubs trennte. Hinata musste gerade dort drüben sein – und Hirakawa natürlich...

„Bei uns kann jeder mitmachen, der genug Durchhaltevermögen hat. Also willkommen im Iaidô-Club“, riss der Schüler mit der schmalrandigen Brille Takeda aus seinen Gedanken.

„Also bist du der Club-Vorsitzende?“, wollte Takeda wissen, während er dem Jungen in die Halle hinein folgte.

Dieser wandte sich mit gerunzelter Stirn zu ihm um: „Nein, ich bin Kyosuke Murakami aus dem zweiten Jahr.“

„Aki Takeda. Ich bin auch im zweiten Jahr“, stellte Takeda sich rasch ebenfalls vor, ehe er hinzusetzte: „Wer ist denn der Vorsitzende?“

Murakami nickte mit dem Kopf in Richtung Stirnseite der Halle. Dort kniete ein Schüler, der sein langes schwarzes Haar zu einem Zopf zurückgebunden trug, den Blick starr in die Halle hinein gerichtet. Er wirkte deutlich älter als die Schüler aus Takedas Jahrgang – doch dieser Eindruck musste seinen harten Gesichtszügen geschuldet sein. Oder dem Ausdruck in seinen Augen. Ja, wahrscheinlich war es das. Er hatte Augen, die trotz seines jungen Alters bereits viel gesehen haben mochten. Wissende Augen.

„Das ist Toshiya Shirai. Er ist jetzt im dritten Jahr“, erklärte Murakami. „Zieh deine Schuhe aus.“

„Was?“

„Die Schuhe. Die brauchst du hier nicht“, sagte Murakami nun schon etwas nachdrücklicher.

Erst jetzt bemerkte Takeda, dass alle Schüler in der Halle barfuß waren. Wenn das zum Iaidô dazu gehörte, sollte es Takeda recht sein. Also streifte er sich rasch die Schuhe von den Füßen.

„Als erstes solltest du lernen, dich richtig zu verbeugen. Ich mache es dir vor und du versuchst es nachzumachen, in Ordnung?“, fuhr Murakami fort, doch Takeda unterbrach ihn: „Bekomme ich kein Schwert?“

„Du bekommst eins, wenn Shirai denkt, dass du eins verdienst. Und dann erstmal eins aus Holz, zum Üben. Du kannst dich mit Kuroi zusammentun, der ist schon fast ein halbes Jahr dabei und hat immer noch kein Schwert.“

Takedas Herz setzte einen Schlag lang aus. Hatte Murakami wirklich gerade Kuroi gesagt?

Hastig ließ Takeda den Blick durch die Halle schweifen – und tatsächlich. Hinter einer Reihe von Schülern, die alle dieselbe Folge von Schwerthieben einzustudieren schienen beinahe vollständig verborgen stand er: Yamato Kuroi.

Was hatte Kimura doch gleich zu ihm gesagt? Iaidô wäre ein empfehlenswerter Sport, weil Takeda die Erfahrung, die er mit dem Schwert gesammelt hatte, weiternutzen könnte. Verdammt, er hätte es sich denken können. Kuroi war vom Kendô ausgeschlossen worden – das hieß aber noch lange nicht, dass er keinem anderen Club mehr beitreten konnte. Hirakawa und Ishida hatten damals, als Takeda mit Kuroi aneinander geraten war, alles daran gesetzt, die Sache im kleinen Kreis zu halten. Und Takeda war ihnen dafür sehr dankbar gewesen. Doch das bedeutete natürlich nicht nur, dass Takeda das Gerede der Mitschüler erspart blieb, sondern ebenso, dass Kuroi weiter frei seiner Wege gehen konnte – wenn auch nicht mehr als Vorsitzender des Kendô-Clubs.

Verdammt. Wie war Takeda bloß auf die Idee gekommen, einen Rat von diesem verrückten Kimura anzunehmen?

„Ist irgendwas?“, wollte Murakami mit Blick auf Takedas Gesicht wissen, das vermutlich gerade die Farbe von Gischt auf der nahen See angenommen hatte.

„Äh, nein“, gab Takeda schnell zurück und zwang sich, den Blick von Kuroi abzuwenden. „Aber ich glaube, ich würde lieber alleine trainieren. Zeigst du mir die Verbeugung?“

Murakami zögerte noch einen Augenblick länger, dann nickte er und ließ sich langsam und geschmeidig wie eine Katze auf die Knie sinken. Er löste das Schwert von seinem Gürtel und legte es vor sich auf den Boden, ehe er die Hände langsam über seine Oberschenkel ebenfalls zu Boden gleiten ließ und den Oberkörper in eine gerade Linie zum Boden brachte. Er verharrte kurz in dieser Position, ehe er sich wieder aufrichtete, das Schwert befestigte, die Fersen aufstellte und sich zurück in den Stand schwang. Seine Bewegungen waren so weich und fließend, dass Takeda sich unmöglich vorstellen konnte, es ihm jemals auch nur annähernd gleich tun zu können.

„Wenn du das hinkriegst, bekommst du dein Schwert. Beobachte die anderen genau – und dich selbst im Spiegel. Mehr kann ich dir nicht sagen“, wies Murakami Takeda an und nickte ihm zu.„Kuroi ist kein Typ, der so leicht aufgibt. Ich hoffe, du bist es auch nicht.“

Und damit wandte Murakami sich ab, reihte sich wieder in die trainierenden Schüler ein und begann, genau dieselben Schwerthiebe wie sie auszuführen. Wohl ein Kata, das Gegenstand der heutigen Trainingseinheit war.

Takeda seufzte leicht. Das würde ein sehr langer Vormittag werden.



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