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Yggdrasils Essenzen

Vier Jahre nach den Ereignissen von "Broken Soul"
von

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40. Kapitel – Sein letzter Wunsch

 

 

 

 

 

„Gebt nicht nach!“

Die Worte hallten noch immer in den Gedanken der beiden Männer wieder, die schon seit einer gefühlten Ewigkeit keinen Muskel zu rühren vermochten. Zu groß war das Risiko, dass ihrem Vater etwas Schlimmes geschehen konnte, denn Thanos hielt den Allvater nach wie vor fest und es brauchte bestimmt nur ein geringes Maß an Kraft um Odin den Hals zu brechen. Thor hätte vor Wut über die Aussichtslosigkeit der Lage am liebsten laut aufgeschrien, aber das würde ohnehin nichts bringen. Hilfesuchend sah er zu Loki, doch sein jüngerer Bruder schien nicht minder ratlos.

Es war egal, wie sie sich entscheiden würden, es wäre ihr Ende!

Gäben sie Thanos die Essenz, würde er alles vernichten, täten sie das aber nicht, würde er Odin töten und die Trauer würde die Brüder so lähmen, dass es für Thanos ein Kinderspiel wäre, ihnen Asgards Essenz abzunehmen.

>Gibt es denn keinen Ausweg?<, frage sich Thor und bemerkte gar nicht, wie sein Bruder ihn verwundert ansah. Den Grund ahnte der ältere von beiden gar nicht, aber es war mit der Vermischung ihres Blutes einhergegangen. Loki hatte gehört was Thor gedacht hatte und sein Bruder bemerkte nicht einmal die Verbindung, die nun geschaffen war.

>Scheinbar nicht!<, gab Loki zurück, hoffend dass Thor ihn hören würde und tatsächlich: Verwundert darüber Lokis Stimme zu hören, obwohl keiner von beiden gesprochen hatte, sah Thor zu seinem jüngeren Bruder, der ihm kaum merklich zublinzelte. Immerhin einen winzigen Vorteil hatten sie jetzt! Sie konnten das Problem besprechen, ohne dass Thanos ihnen zuhörte und seinen überflüssigen Senf dazugab.

>Wir können Vater nicht einfach sterben lassen, Loki!<, donnerte Thors Stimme in seinem Kopf und Loki unterdrückte den Impuls, sich die Ohren zuzuhalten. Wer hätte gedacht, dass der Erstgeborene Odins auch noch sehr laut dachte? Er warf Thor einen „Natürlich nicht!“-Blick zu und dachte schließlich:

>Das stand nie zur Debatte, aber er darf die Essenz nicht in die Hände kriegen! Schon schlimm genug dass er die der Erde hat…<

>Glaubst du nicht, dass wir zu dritt –Du, Vater und ich- eine relative Chance haben, ihm die Essenz wieder abzunehmen<

Das… war der blanke Wahnsinn. Wahnsinn, anzunehmen Thanos würde ihnen genug Zeit lassen, sich für einen Gegenangriff zu sammeln und  erst recht  Wahnsinn zu glauben, sie würden gegen Thanos ankommen, wenn er die Essenz hatte. Einen Trumpf hatten sie aber…Thanos war kein Ase und er hatte auch nicht lang genug in Asgard gelebt…die Essenz würde ihm Qualen bereiten, furchtbare Qualen und grausame Schmerzen. In diesem Moment würde er geschwächt sein und das war der Moment, in dem sie zuschlagen mussten. Sie hatten nur diese eine Chance, aber es war immerhin ein Plan!

>Schon,… eine winzig kleine, wenn die Essenz ihn schwächt. Aber wir müssen schnell sein…<

„Seid ihr beide dann mal fertig, euch anzustarren und entscheidet euch endlich? Sonst töte ich euer herzallerliebstes Papilein…wobei…“, er grinste Thor dreckig an. „Dein herzallerliebstes Papilein! Loki ist ja adoptiert!“

„Er ist mein Bruder, Thanos! Mein Blut und wir sind eine Familie! Dass du dich mit uns angelegt hast, war dein größter Fehler überhaupt!“, grollte Thor und deutete mit Mjöllnir auf seinen Widersacher. Der zeigte sich wenig beeindruckt und grinste nur breiter, anders als Odin. Ihn war klar, was sein ältester mit diesen Worten meinte und obwohl er sich in diesem Moment in höchster Gefahr befand, könnte er nicht stolzer auf seinen Sohn sein.

„Also, Reden schwingen könnt ihr Asen ja alle ganz fein, aber…mehr auch nicht! Also beenden wir das Ganze, bevor es langweilig wird! Was darf es sein, Essenz für mich oder der liebe Odin tot?“

Loki warf seinem Bruder einen fragenden Blick zu, der verärgert die Lippen zusammenpresste und ihm knapp zunickte. Der Magier hob beide Hände vor sich in die Höhe, als hielte er eine unsichtbare Kugel in den Händen und sagte leise etwas, das keiner der umstehenden Personen verstand. Zwischen seinen Händen erschien eine Sphäre aus goldenem Licht, umschlossen von einem durchsichtigen Bannkreis. Diesen hatte Loki darum geschlossen, damit er Asgards Essenz leichter transportieren konnte. Die Essenz von Asgard ähnelte der der Erde sehr, doch wo das Licht von Midgard eine beinahe kindliche Reinheit ausstrahlte, verströmte Asgards Essenz eine Aura von Stärke und Macht. Alles in allem war es wunderschön mit anzusehen, wie Loki diese Lichtkugel aus reiner magischer Kraft, die Seele Asgards, in den Händen hielt. Auch wenn der Bannkreis die Macht der Essenz bannte, konnte er sie spüren. Sie legte sich um ihn wie eine schützende Rüstung aus Licht und es kostete ihn so unendlich viel Überwindung den Bann zu lösen und die Sphäre zu Thanos schweben zu lassen.

Dessen Gesicht hatte sich, kaum dass er Asgards Essenz zu Gesicht bekommen hatte in eine Maske der unbändigen Gier verwandelt. Oh, wie sehr er diese Macht doch endlich in seinen Händen haben wollte, wie er spüren wollte dass die Kraft Asgards durch seinen Körper pulsierte und wie das Leben aus der Welt der Asen wich…

Wie ein Kind, dass ein neues Lieblingsspielzeug bekommt, schenkte er Odin gar keine Aufmerksamkeit mehr und ließ den Allvater auch prompt los. Odin hustete schwer, denn Thanos hatte doch schon recht kräftig zugepackt und  hätte er nicht bald losgelassen, er wäre wohl erstickt. Ungelenk kam der König Asgards auf die Beine und wurde von seinen Söhnen gestützt, kaum dass er richtig stand.

„Vater, ist alles in Ordnung?“, fragte Thor und musterte seinen Vater besorgt und auch Loki schien sich vergewissern zu wollen, dass Odin nichts Schlimmeres geschehen war. Das ging aber völlig an dem Allvater vorbei, er sah  nur noch zu Asgards Essenz, die kurz vor Thanos in der Luft schwebte, während der Mann, dem sie alles Leid der letzten Jahren zu verdanken hatten, es musterte wie etwas unglaublich wundervolles. Noch nie hatten sie Thanos‘ Gesicht so frei von Wut und Hass gesehen, noch nie hatten sie Thanos dreinblicken sehen, wie ein Kind am Weihnachtstag, aber in diesem Moment sah er genau so aus!

„Was habt ihr nur getan!“, wisperte Odin entsetzt, als er sah, wie sie Thanos Hände um Asgards Essenz schlossen. Dessen Miene wandelte sich fast augenblicklich in eine schmerzverzerrte Maske. Es war unschön, sich vorzustellen, was für Qualen Thanos in diesem Moment durch litt.

In der Tat war es das Schlimmste, was Thanos jemals zu fühlen glaubte. Kaum hatte seine Haut die Essenz Asgards berührt, war ihm als würde jede Zelle seines Körpers mit einer Nadel durchstochen, der Schmerz fülle jeden Winkel in ihm aus. Er  hätte am liebsten geschrien, doch selbst in Angesicht einer solchen Qual weigerte sich Thanos, seinen Stolz herunter zu schrauben. Der Schmerz veränderte sich auf einmal, nun fühlte er sich, als würd man ihm bei lebendigem Leibe verbrennen.

>Reiß dich zusammen!<, mahnte er sich in Gedanken und fokussierte all seine Gedanken auf die inneren Barrieren, die er stets gegen Schmerz aufbaute wenn er damit konfrontiert wurde. Das hatte nichts mit Magie zu tun, sondern war viel mehr eine Art Mediation, die einem gegen den Schmerz abschottete. Die Qualen blieben und der Körper litt, aber man spürte es nicht mehr so schlimm, weil mein die Anwesenheit des Schmerzes akzeptierte.

>Du schaffst das Thanos! Konzentriere dich!<, dachte er sich weiter, während Loki sich an seinen Vater und seinen Bruder wandte.

„Also… jetzt wäre ein idealer Zeitpunkt für einen Angriff! Er müsste vor Schmerzen gelähmt sein, ich glaube nicht, dass er etwas ausrichten könnte, selbst wenn er wollte!“, sagte er und warf Thor einen vielsagenden Blick zu. Sein Bruder nickte und ließ Mjöllnir ein paar Kreise über seinen Kopf drehen, bevor er ihn nach Thanos warf. Es gab einen lauten Knall und ein blendendes Licht erstrahlte, so hell dass nicht einer von ihnen irgendetwas erkennen konnte. Auf den Knall folgte eine Druckwelle, die alle Beteiligten von den Füßen fegte, sogar Thanos selbst. Schließlich verblasste das grelle Licht und man konnte die Umgebung wieder erkennen. Thor stand als erster wieder aufrecht, Mjöllnir flog in seine Hand zurück und was er sah, ließ ihm glatt an seinem Verstand zweifeln.

Thanos stand ihm gegenüber, mit einem siegessicheren Grinsen auf dem Gesicht und der Essenz Asgards in seiner Rechten, die schon die ersten Brandwunden hatte. Das schien Thanos aber herrlich wenig zu stören, er musterte die Essenz in seiner Hand wieder mit kindlicher Neugier.

„Ein faszinierendes Konstrukt der Magie, das muss man euch Asen lassen! Selbst deine Blitze kann sie abwehren, wer hätte das gedacht!“, sagte er und sah wieder zu seinen Widersachern,  die nun vor ihm standen wie ein Wall, Odin in der Mitte seine Söhne jeweils zu beiden Seiten.

Loki musterte seinen ehemaligen Verbündeten mit einer Mischung aus Zorn und Unglauben. Wie war es ihm nur gelungen, den Schmerzen zu widerstehen, die die Essenz an jene Ausstrahlte, die ihr nicht lange genug ausgesetzt gewesen waren?  

„So…“, unterbrach Thanos Lokis Gedankenflüche, denn er hatte im Bezug auf seinen Gegner tatsächlich ziemlich unflätige Worte gedacht und sah sich mit der Miene eines Eroberers um. „… ich denke ihr drei werdet so unbelehrbar bleiben und wollt mich bekämpfen, oder?“

„Mit Sicherheit werden wir das!“, donnerte Odin und schlug mit der Rückseite seines Speeres auf den Boden, so dass dieser wie bei einem Erdbeben erzitterte. Thanos lachte und machte lediglich eine herrische Handbewegung mit der Hand, in der er die Essenz hielt und die Erde war wieder ruhig.

„Lass deine kleinen Zaubertricks…alter Mann! Kämpfe ordentlich, wenn du es denn nicht sein lassen kannst!“

„Kannst du haben!“, brüllte nun seinerseits Thor und ließ Mjöllnir in seiner Hand wirbeln. Doch anstatt ihn wieder auf Thanos zu werfen ließ er den Hammer am Ende ein Runenartiges Symbol in die Luft malen. Das Symbol leuchtete kurz hellblau auf, bevor es erst verschwand und dann am Himmel über Thanos wieder auftauchte. Wolken verdunkelten die Sonne und ein nicht enden wollendes Arsenal an Blitzen schoss auf Thanos herab. Loki verfolgte das Schauspiel mit schwer verborgender Neugier und als sein Blick den seines Bruders fand, konnte er sich ein anerkennendes Grinsen nicht verkneifen. Da hatte Thor all die Jahre eine eigene Form der Magie gekannt und noch nie angewandt.

Thanos hatte seine rechte Hand über den Kopf gehoben, um Thors schier endlose Blitze abzuwehren, doch tatsächlich trafen ihn dennoch ein paar und hinterließen unschöne Brandblasen auf der graue-blauen Haut von ihm.  Schließlich kam der letzte Blitz von Himmel und das Siegel verschwand, die Wolken aber blieben. Thanos grinste noch immer, von ein paar Blitzen würde er sich doch nicht unterbuttern lassen. Niemals hätte er allerdings laut zugegeben, dass die Brandblasen furchtbar schmerzten und stark an dem mentalen Schild rüttelten, dass er aufgebaut hatte, um Schmerzen nicht mehr so stark zu spüren.

„Ein hübscher kleiner Trick!“, spottete der Dieb der Essenz und hob sein Diebesgut vor sich in die Höhe. „Soll ich auch mal tricksen?“

Kaum hatte er das gesagt, machte er mit der rechten Hand eine Bewegung, als wolle er die Kugel aus Licht auf Thor schleudern, doch natürlich blieb sie in seiner Hand. Doch eine Welle aus Licht schnellte auf den Donnergott zu, so schnell, dass dieser kaum reagieren konnte. Hart von der Energie getroffen wurde Thor mehrere Meter weit nach hinten geschleudert und knallte hart auf den Rücken. Er rappelte sich stöhnend vor Schmerz auf und bekam gerade mit, wie Thanos seinen Vater und Loki auf ähnliche Art angriff. Dann drang etwas anderes in sein Bewusstsein: Sein rechtes Sichtfeld war vollkommen… rot! Sie Energie der Essenz hatte sein Auge verletzt und er sah nichts mehr auf dieser Seite!

„Das bekommst du zehnfach zurück!“, raunte Thor, seine Stimme bebte vor schwer kontrollierter Wut. Loki landete unweit von ihm, er hatte eine Wunde, die sich von seiner linken Schulter bis unter seinen Hals zog und er verlor einen nicht unerheblichen Anteil Blut. Das alles schien den Magier aber nicht gerade groß zu stören, er sah zu Thor und als er die Verletzung sah, die die Essenz in seinem Gesicht hinterlassen hatte, stand er eilig auf und war in Sekundenschnelle neben seinem Bruder. Odin hielt derweil eisern Stand gegen die Angriffe, die Thanos mit der Essenz auf ihn feuerte. Er hatte Loki und Thor mehrere Jahrhunderte voraus, hatte die Essenz schon selbst genutzt, es brauchte etwas mehr um den Allvater von den Füßen zu fegen. Während Odin gerade zum Gegenangriff ausholte, nahm Loki sich die Zeit um das Auge  seines Bruders zu begutachten.

„Das Auge an sich ist nicht zerstört, nur das Drumherum. Du wirst nicht erblinden! Zumindest nicht, wenn ich einen schnellen Heilzauber wirken lasse…“, stellte er fest, nachdem er die gerade, schnittähnliche Wunde untersucht hatte, die sich längs über Thors Auge zog.

„Worauf wartest du dann noch? Schöneres Wetter? Das kannst du schön vergessen, die Wolken sind mein Anker für Angriffe und…“

„Halt jetzt die Klappe, damit ich dich heilen kann!“, fuhr Loki seinen älteren Bruder leise und legte seine Hand vorsichtig über Thors geschlossenes Auge. Dann wurden sowohl sein Blick als auch seine Stimme sanfter. „Entspann dich, ich hab’s gleich!“

Loki schloss seinerseits die Augen und konzentrierte sich vollends auf die verletzte Stelle von Thors Körper, visualisierte die geschundenen Muskeln, Sehnen und Zellen und ließ durch das Fließen von Magie jene verwundeten Teile sich wieder zusammenfügen, die durch Gewalt auseinander gerissen wurden. Thor spürte, wie die Kraft seines Bruders in ihn floss, wie die Wunde heulte und auch wie sich sein von Blut gerötetes Blickfeld langsam klärte und er immer besser sehen konnte.

„Ich kann nicht verhindern, dass eine Narbe bleiben wird!“, gab Loki zerknirscht zu, als er fertig war. „Gegen manche Aspekte Asgards Macht bin ich machtlos, aber…“

„Schon gut, Loki!“, beruhigte ihn Thor und legte seinen Bruder  beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Ich danke dir!“

Vorsicht!!!“, erklang der Ruf Odins hinter ihnen und die Brüder drehten sich alarmiert um. Im nächsten Moment sahen sie die Macht von Asgards Essenz in solch starker Konzentration auf sich zuschießen, dass sie sich sicher waren, es würde sie in Stücke reißen. Sie waren zu langsam, das stand fest und sie hatten sich ablenken lassen, Odin alleine kämpfen lassen. Schuldgefühle mischten sich mit Angst, reiner, kalter und unnachgiebiger Angst, die ihr Innerstes wie eine steinerne Faust umklammert hielt.

 

Die Angst der Söhne Odins wurde mit einem Wimpernschlag zu blanken Entsetzen, als sie beide sahen wie sich eine Gestalt zwischen sie und den Wall aus tödlicher Energie warf, der auf sie zu schnellte. Die Gestalt brach vor den beiden zusammen und als sich das blendende Licht der Essenz Asgards verzogen hatten, erkannten sie, dass es sich bei der Gestalt um Odin handelte. Hinter Odin stand Thanos dessen Gesicht einerseits Unglauben, über das Handeln des Allvaters wiederspiegelte und andererseits unbändige Freude, darüber einen seiner größten Widersacher einen solchen Schaden zugefügt zu haben. Nun hatte er am Ende beides bekommen: Odin besiegt zu seinen Füßen und die Essenz Asgards. Eigentlich hielt ihn nichts mehr hier, doch er wollte noch ein wenig bleiben und das Schauspiel genießen, dass sich ihm gleich biete würde. Sollten seine Söhne ruhig auf ihn losgehen, sie würden ihn ohnehin nicht besiegen können.

Besagte Söhne gingen neben dem am Boden liegenden  Odin in die Knie. Beide fühlten sich, als hätte man ihr Herz herausgeschnitten und ihnen stattdessen einen Klumpen Eis hineingelegt. Sogar Loki, der Kälte als solche ganz anders wahrnahm als Thor es tat, fühlte wie Schmerz und Traurigkeit sein Herz in einen Klumpen Frost verwandelten.

Schwach streckte Odin die Hände aus und legte je eine Hand einem seiner Söhne in den Nacken.

„Mein Jungs…“, brachte er schwer atmend hervor.

„Es tut mir leid!“, brach es beinahe zugleich aus Thor und Loki hervor und das entlockte dem Allvater selbst in diesem Augenblick ein schwaches Lächeln.

„Es braucht euch doch nicht leid zu tun…“, sagte er leise. „Es ist das Los der Jungend unachtsam zu sein und das der Eltern, auf ihre Kinder aufzupassen! Nicht mehr und nicht weniger habe ich getan…“ Odin sprach nur sehr langsam. Thanos Angriff, der eigentlich seinen Söhnen gegolten hatte, hatte ihn voll erwischt und der Brustkorb des Allvaters war schlimm zertrümmert worden. Es grenzte an ein Wunder, dass Odin überhaupt noch sprechen konnte, beziehungsweise atmete.  Ein dünnes Rinnsal Blut lief ihm bei den nächsten Worten aus dem Mundwinkel, dennoch lächelte er.

„Ich bin stolz auf euch… auf euch beide!“, damit sah er Loki vielsagend an und strich seinem jüngeren Sohn tröstend über den Kopf. Ohne dass sie es bemerkt hatte, waren den beiden Söhnen Odins die Tränen in die Augen getreten, die nun ungehemmt über ihre Gesichter liefen.

„Loki…ganz gleich was in den letzten Jahren vorgefallen ist, du bist mein Sohn, du gehörst zu uns und nirgendwo anders hin. Lass dir niemals wieder weißmachen, du seist weniger wert als irgendwer anders hier, versprich es! Du bist ein wunderbarer Mann geworden, Frigga wäre so glücklich zu sehen, was du alles geschafft hast. Ich liebe dich, wie mein eigenes Blut…vergiss das nicht!“

„Werd‘ ich nicht!“, antwortete Loki, seine Stimme bebte unter dem Kummer der gerade auf ihn lastete. „Ich liebe dich auch, Vater! Mir gleich, wer mich in die Welt gesetzt hat, du  wirst immer mein Vater bleiben…“

„Das ist das Schönste, was du mir hättest sagen können!“, entgegnete Odin lächelnd und wandte sich dann an seinen Erstgeborenen. „Thor… ich habe eine Bitte!“

„Alles, Vater!“, meinte Thor prompt, doch der Allvater bedachte ihn mit einem Blick, der ihm zum Schweigen brachte.

„Bitte tritt dein Erbe an! Ich weiß, du hast dem Thron Asgards abgeschworen, aber… bitte tu es für mich! Asgard braucht einen König, es braucht dich!“

„Vater, ich kann nicht…“

„Du kannst! Jane ist keine Sterbliche mehr, sie wird eine wunderbare Königin sein, da bin ich mir sicher! Du hast Loki an deiner Seite und einen besseren Mann neben dir, wenn du König bist, kann ich mir nicht vorstellen…“

So hatte er es vor Jahren ersonnen: Thor auf dem Thron Asgards als König, Loki als sein Berater der ihm einen Rat geben konnte, sollte es von Nöten sein. Odin hatte geglaubt, diese Vorstellung würde niemals eintreten, doch nun, da seine Söhne wieder Seite an Seite kämpften…

„Thor… ich bitte dich. Schlag einem Sterbenden seinen letzten Wunsch nicht ab…“

„Wie könnte ich das!“, erwiderte Thor und strich Odin ein paar graue Strähnen aus dem müden Gesicht. Auch er weinte, weinte wie selten zuvor und die Verzweiflung brach endgültig über ihn herein, als Odin ihm als Zeichen für seinen Rücktritt seinen Speer in die Hände legte. Das verlieh der Aussage seines Vaters etwas furchtbar endgültiges und die grausame Wahrheit drang nun vollends zu Thor und auch zu Loki durch.

Odin starb…

„Thor… du hast die Augen deiner Mutter, weißt du das eigentlich…“, meinte der Allvater, im Bestreben ein Lächeln auf das Gesicht seiner Söhne zu zaubern. Er wollte nicht, dass das letzte was er sah, ihre traurigen Mienen waren, er  wollte seine Kinder lächeln sehen. Sein Wunsch wurde erfüllt: trotz der Tränen die den beiden nach wie vor über das Gesicht liefen, hoben sich ihre Mundwinkel zu einem schüchternen und dennoch traurigen Lächeln.

„Ich werde Frigga von euch beiden grüßen…“, sagte Odin letztendlich, bevor sich seine Augen schlossen und er für immer verstummte.

Thanos stand nach wie vor im Hintergrund und beobachtete das Schauspiel mit einer Mischung aus Ekel und Erheiterung. Ekel über so viel Gefühlsduselei und Erheiterung darüber, dass er es tatsächlich geschafft hatte, Thor und Loki zum Verzweifeln zu bringen. Sie brachen vor ihrem erbittertsten Gegner in Tränen aus  und merkten es nicht einmal! Solche Schwächlinge! Zumindest empfand er das so, wohingegen ein neutraler Beobachter wohl meinen würde, das gerade das von großer Stärke zeugte: Sich seinem Feind verletzlich zeigen. Doch Thanos zollte den beiden vor sich keinen Funken Respekt, wohl aber dem Allvater, was auch der Grund war, dass er die beiden Söhne Odins nicht angriff, obwohl sie gerade wehrlos im Staub knieten. Er sah Odin als sich ebenbürtig und darum gewährte er es ihm, von seinem Kindern Abschied zu nehmen und in Würde  zu gehen.

Wie sehr er das später bereuen sollte!

Kaum hatte sich der erste große Schmerz über Odins Tod gelegt, wurden Thor und Loki von einer weiteren Bestie heimgesucht und ihr Name war nicht Trauer, sie hieß Rache! Wäre einer der Avengers in diesem Moment dort gewesen, er –oder sie- hätte schleunigst das Weite gesucht, bei dem Gesichtsausdruck den die beiden hatten, als sie wieder aufstanden und sich Thanos zuwandten. Voller Hass, Wut und eisiger Kälte blickten sie den Mann an, der ihnen den Vater geraubt und so viel Leid und Tod über Yggdrasils Welten gebracht hatte.

Eines stand zweifelsfrei fest: Dafür würde er bluten!



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