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Wolfskinder

DoflamingoXCrocodile (AU)
von

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Part II: Wiedersehen

Gegen Mittag beschloss Crocodile einen kurzen Jagdzug zu starten. Er ließ die Babies nur ungern in der ungewohnten Umgebung allein, doch da inzwischen all seine Vorräte aufgebraucht waren und sein Magen laut zu knurren begann, sah er keine andere Möglichkeit. Weil ihn sein schlechtes Gewissen plagte, nahm Crocodile sich jedoch vor ganz in der Nähe zu bleiben. Aus Rücksicht auf die Drillinge, die jedes Mal zu wimmern und zu weinen begannen, wenn er sich weiter als fünf Schritte von ihnen entfernte, würde er sich also wohl oder übel mit ein paar Mäusen oder Ähnlichem zufrieden geben müssen. Hauptsache er bekam überhaupt etwas in den Bauch.

Während Crocodile in der Gestalt seines Tiergeistes durch das Unterholz schlich und nach potenzieller Beute Ausschau hielt, kam er nicht umhin an die Zeit vor zwei Jahren zurückzudenken, als er sich zum ersten Mal hier aufgehalten hatte. Damals war er noch eine völlig andere Person gewesen. Eine verirrte und verletzte Hauskatze, die sich vor dem Wald fürchtete und nicht einmal dazu in der Lage war sich selbst Nahrung zu beschaffen. Crocodile erinnerte sich noch ganz genau an die Kälte und den Hunger. Doch diese schlimmen Zeiten waren längst vorbei. Inzwischen war er selbstsicherer und erfahrener geworden. Er konnte nicht nur für sich selbst, sondern sogar noch dazu für drei kleine Kinder sorgen. Es gab allen Grund, um stolz auf sich selbst zu sein.

Crocodile hielt inne, als ihm plötzlich der überaus verlockende Geruch von Baummardern in die Nase stieg. Unbewusst leckte er sich mit der Zunge über seine weißen Zähne. Er hatte nichts dagegen die Jagd nach Mäusen zugunsten dieser Delikatesse aufzugeben. Immerhin war Marderfleisch sehr zart und absolut köstlich.

Auf leisen Sohlen näherte Crocodile sich der Quelle des verführerischen Geruchs. Es dauerte nicht lange, bis er seine potenzielle Beute ausgemacht hatte: Auf der dicken Wurzel einer alten Eiche saßen zwei Baummarder mit grau-braunem Fell. Allein ihr Anblick ließ Crocodile das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die lange Strecke, die er gestern mit nicht gerade wenig Gepäck zurücklegen musste, hatte an seinen Kräften gezehrt und ihn hungrig gemacht.

Vorsichtig schlich Crocodile an die beiden Marder heran; hinter den langen Blättern eines Farnkrautes ging er schließlich in Deckung. Seine Beute schien ihn zum Glück noch nicht gewittert zu haben. Crocodile wartete einige Sekunden lang ab und behielt die Marder genau im Auge. Ihre schlanken Körper erweckten einen entspannten Eindruck; kein Muskel zuckte. Nichts deutete darauf hin, dass sie ihn bereits bemerkt hätten.

Als endlich der richtige Moment gekommen war, zögerte Crocodile nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde. In einem kräftigen Satz stürzte er sich auf den Marder, der links auf der Baumwurzel saß. Das andere Tier entwischte ihm ebenfalls nicht; noch ehe er fliehen konnte, tötete Crocodile den zweiten Marder kinderleicht mit einem Biss in den Hals. Es dauerte weniger als zehn Sekunden, bis die beiden flinken Räuber tot waren. Und Crocodile sich über seine Beute freuen konnte.

Er nahm die Marder beim Genick und wollte sich gerade wieder auf den Weg zurück zu seinen Kindern machen, als er plötzlich einen seltsamen Geruch wahrnahm. Verwirrt zog Crocodile die Augenbrauen zusammen. Es roch eindeutig nach Wolf. Was Crocodile jedoch verwunderte, war die Tatsache, dass es sich ganz offensichtlich nicht um seinen Partner handelte; Doflamingos Duftnote hätte er nämlich auf jeden Fall sofort wiedererkannt.

Hatte sich etwa nach Laws Tod ein fremdes Wolfsrudel dessen ehemaliges Revier angeeignet? Nein, diese Idee verwarf Crocodile gleich wieder. Die Höhle, in der einst der Luchs gelebt hatte, lag kaum vierzig Kilometer von seinem Zuhause entfernt. Ihm und Doflamingo wäre es mit Sicherheit aufgefallen, wenn hier ein neues Rudel sesshaft geworden wäre.

Oder handelte es sich bei diesen Wölfen vielleicht um die Adoptiveltern, die sein Partner ausgesucht hatte? Hatte Doflamingo sie vorgeschickt, weil das Paar es einfach nicht erwarten konnte, um ihre neuen Kindern zu begutachten? Auch dieser Gedanke erschien Crocodile wenig glaubhaft. Laws Höhle lag weit in östlicher Richtung. Doflamingo und seine Begleitung wären einen vielen Kilometer langen Umweg gelaufen, wenn sie hier vorbeikämen.

Der Wolfsgeruch, der in der Luft hing, blieb also ein Rätsel. Für einen Moment zögerte Crocodile; ihn hatte die Neugierde gepackt. Sollte er der Versuchung nachgeben und herausfinden, was es mit den Wölfen auf sich hatte? Crocodile war hin- und hergerissen. Schließlich entschied er, dass er zuerst die beiden erbeuteten Marder in die Höhle bringen und nach den Welpen sehen würde, ehe er unter Berücksichtung aller Vorsichtsmaßnahmen Ausschau nach den fremden Gestaltenwandlern hielt.
 

Doflamingo lief so schnell er nur konnte. Erst wenn seine Beine buchstäblich unter seinem Körpergewicht einknickten und jede weitere Bewegung verweigerten, gönnte er sich eine kleine Pause. Er war völlig verrückt vor Sorge. Jedes Mal, wenn er stehen blieb, schossen ihm Bilder von Crocodile durch den Kopf: erniedrigt, geschockt, misshandelt, blutverschmiert... Eine Vorstellung war schlimmer als die andere. Von den Welpen ganz zu schweigen. Doflamingo hoffte von ganzem Herzen, dass Aokiji und Kizaru die Drillinge nicht tatsächlich töten würden. Diesen Gedanken wollte er gar nicht erst zulassen.

Seine einzige Hoffnung bestand darin, dass er schneller und ausdauernder war als die anderen beiden Gestaltenwandler, und es ihm auf diese Weise gelingen würde deren Vorsprung einzuholen. Doflamingo musste unbedingt als Erster seinen Partner erreichen. Er durfte nicht zulassen, dass Aokiji und Kizaru seine Familie entführten oder sogar noch Schlimmeres mit Crocodile und den Kindern anstellten. Er musste den Kater unbedingt beschützen. Doflamingo war sich sicher, dass er ohne ihn nicht leben könnte.
 

Die Welpen freuten sich, als Crocodile in ihrem Sichtfeld auftauchte. Die Drillinge, die allesamt wach und munter waren, lächelten und streckten ihre pummeligen Ärmchen nach ihm aus. Crocodile lächelte zurück und hob eines der Kinder auf seinen Schoß. Es freute ihn, dass sie trotz der fremden Umgebung einen solch fröhlichen Eindruck erweckten.

Dennoch nahm Crocodile sich nur recht wenig Zeit für die drei Säuglinge. Er bot jedem ein Fläschchen Milch an und wechselte die Windel des Mädchens (die beiden Jungen waren trocken), ehe er die Höhle wieder verließ. Er wollte unbedingt herausfinden, was es mit dem dubiosen Wolfsgeruch auf sich hatte, der ihm zuvor in die Nase gestiegen war. Wenn sich ein Wolfsrudel hier in der Nähe aufhielt, musste er davon wissen.

Crocodile nahm die Gestalt seines Tiergeistes an und schlich auf leisen Sohlen durch das Unterholz. Solange er nicht wusste, woran er war, wollte er lieber vorsichtig bleiben. Bevor er sich möglicherweise zeigte, würde er auf jeden Fall sorgfältig die Lage checken. Crocodile war nicht naiv genug, um zu glauben, alle Gestaltenwandler in diesem Wald wären ihm wohlgesonnen.

Es dauerte nicht lange, bis er die Fährte der Wölfe wiederfand. Mit geschärften Sinnen folgte Crocodile ihr bis zum Ursprung. Als zwei große Wölfe mit dunklem Fell in seinem Sichtfeld auftauchten, ging er rasch hinter einem umgestürzten Baumstamm in Deckung. (Manchmal gereichte ihm die Tatsache, dass er bloß mit dem Tiergeist einer Hauskatze gesegnet worden war, eben doch zum Vorteil. Wäre Crocodile so groß wie sein Partner, wäre es ihm deutlich schwerer gefallen rechtzeitig Deckung zu finden.)

Mit misstrauischem Blick beobachtete Crocodile die beiden Wölfe, die langsam nebeneinander her trotteten. Sie wirkten ziemlich verärgert und niedergeschlagen. Unweigerlich fragte Crocodile sich, was die fremden Gestaltenwandler hier zu suchen hatten und warum sie einen solch unglücklichen Eindruck erweckten. Also spitzte er die Ohren, als sie ihre menschliche Gestalt annahmen und sich zu unterhalten begannen.

"Das führt doch zu nichts, Aokiji", sagte der Wolf, der von Crocodiles Perspektive aus gesehen links stand. Er säuselte und hatte überhaupt eine sehr unangenehme Stimme. "Wir werden Doflamingos Partner nie finden. Wir sollten die Suche abbrechen und zu unserem Rudel zurückkehren."

"Noch nicht", gab der andere Wolf (vermutlich Aokiji) zurück. "Lass uns wenigstens noch bis Sonnenuntergang weitersuchen, Kizaru."

"Und wohin soll das führen?", erwiderte Kizaru mit zweifelnder Stimme. "In der Höhle, die Tsuru uns beschrieben hat, ist er nicht gewesen. Und auch von den Kindern fehlt jede Spur. Dieser Wald ist viel zu groß; er könnte sich überall aufhalten. Wir suchen die Nadel im Heuhaufen."

"Also sollen wir einfach aufgeben und mit leeren Händen zu den Anderen zurückkehren?", meinte Aokiji in einem wütend klingenden Tonfall. "Ohne Doflamingos Partner als Geisel werden wir nie gegen ihn ankommen! Hast du etwa schon vergessen, was mit Akainu geschehen ist? Er hat ihm mit einem einzigen Biss in die Kehle getötet. Und wenn wir Doflamingos Familie nicht finden, steht uns dasselbe Schicksal bevor!"

"Wir könnten einfach verschwinden", schlug Kizaru vor. "So haben wir es doch immer gemacht, wenn die Situation brenzlig wurde, oder nicht?"

Aokiji schüttelte den Kopf. "Es ist Winter", sagte er. "Wir benötigen unbedingt einen sicheren Unterschlupf. Wenn wir die Höhle, in der wir leben, jetzt verlassen, werden wir die kalte Jahreszeit mit Sicherheit nicht überstehen. Schon gar nicht die Alten und die Kinder."

"Warum lassen wir sie nicht einfach zurück?", wandte Kizaru ein. "Lieber sollen ein paar Kinder draufgehen als das komplette Rudel. Ich hänge an meinem Leben!"

"Lass uns die Suche bis Sonnenuntergang fortsetzen", meinte Aokiji. "Wenn wir Doflamingos Partner bis dahin nicht gefunden haben, kehren wir zum Rudel zurück und verlassen die Höhle."

Crocodile lief es eiskalt den Rücken hinunter. Ihn erschreckten die Wölfe. Auch wenn er die Zusammenhänge nicht ganz verstand (was nur hatten sie mit Doflamingo zu schaffen?), wurde ihm doch sofort klar, dass die beiden fremden Gestaltenwandler definitiv eine Gefahr darstellten. Sie schienen es auf ihn und auch auf die Welpen abgesehen zu haben; Aokiji hatte davon gesprochen sie als Geisel zu nehmen. Crocodile schluckte. Er musste unbedingt zu seinen Kindern zurückkehren!

Gerade als er diesen Entschluss gefasst hatte, sah Crocodile, wie Aokiji und Kizaru sich sich daran machten ihre verzweifelte Suche fortzusetzen. Die beiden großen Wölfe kamen direkt auf ihn zu! Crocodiles schwarzer Katzenschwanz peitschte ängstlich hin und her. Der Baumstamm, hinter dem er in Deckung gegangen war, würde ihn nicht vor den beiden brutalen Gestaltenwandlern schützen. Nervös sah Crocodile sich um, hielt nach einem besseren Versteck Ausschau, doch er fand keines. Die Wölfe waren bloß noch wenige Schritte von ihm entfernt. Crocodiles Atem ging schwer.

Er geriet in Panik und tat schließlich das, was sein Instinkt ihm befahl: Ohne nachzudenken flüchtete Crocodile auf den nächstliegenden Baum.
 

Doflamingos Herz schlug mindestens doppelt so schnell wie üblich und sein Blut rauschte ihm in den Ohren, als er endlich dein Eingang der Höhle erreichte, die er gemeinsam mit seinem Partner und seinen Kindern bewohnte. Er hoffte von ganzem Herzen, dass er seine Familie unversehrt vorfinden würde. Es durfte einfach nicht sein, dass Aokiji und Kizaru vor ihm hier gewesen waren. Dass sie die Welpen getötet und Crocodile verschleppt hatten. Doflamingo war sich sicher, dass er diesen Ausgang der Geschehnisse nicht ertragen könnte. Er wollte seine Familie nicht noch einmal verlieren.

Als er in dem Raum der Höhle ankam, den sie als Schlaf- und Wohnbereich nutzten, nahm Doflamingo wieder seine menschliche Gestalt an. Er sah sich hektisch um und brüllte: "Crocodile! Crocodile! Crocodile!" Niemand antwortete.

Doflamingo suchte jeden einzelnen Raum der weitläufigen Höhle ab. Er sah in der Speisekammer nach, in den zusätzlichen Schlafzimmern und Wohnräumen. Er hielt am kleinen Bach, der unterirdisch weiter hinten in der Höhle verlief, und an allen Notausgängen Ausschau. Doch weder sein Partner noch seine Kinder waren zu finden. Es fehlte jede Spur von ihnen.

Als er sich schließlich eingestehen musste, dass seine Familie nicht mehr hier war, brach Doflamingo völlig zusammen. Er fiel auf seine Knie, presste sich die Hände auf den Mund und brach zum ersten Mal seit Jahren in Tränen aus. Heiß und dick liefen sie ihm über die Wangen. Doflamingo versuchte nicht einmal sie aufzuhalten. Sein Partner und seine Kinder waren verschwunden. Womöglich wurden sie in genau diesem Augenblick gefoltert. Vielleicht waren sie auch längst schon tot.

Einige Zeit lang saß Doflamingo einfach bloß auf dem Fußboden der Höhle, in der er seit dem Tag seiner Geburt lebte, und ließ seinen Emotionen freien Lauf. Da waren Hass und Wut. Selbstmitleid. Rachsucht. Doch das Gefühl, das ihn am allermeisten in seinem Griff hatte, war Trauer. Trauer um Crocodile und die Drillinge. Doflamingo konnte ihren Verlust nicht in Worte fassen. Nichts reichte an die schrecklichen Schmerzen heran, die er fühlte.

Er wusste nicht wie lange es dauerte, bis er sich wieder einigermaßen gesammelt hatte. Vielleicht waren es Minuten, vielleicht Stunden. Doflamingo schluckte und wischte sich mit der linken Hand die Nässe aus dem Gesicht. Er wusste, dass jetzt noch nicht die rechte Zeit war, um zu trauern. Noch gab es Hoffnung. Auch wenn das fremde Wolfsrudel Crocodile als Geisel genommen hatte, bestand die Möglichkeit, dass dieser noch immer lebte. Und Doflamingo würde nicht aufgeben, ehe er Gewissheit über den Verbleib seines Partners und seiner Kinder hatte. Er würde alles tun, um seine Familie zu befreien. Und danach... wenn Crocodile und die Drillinge in Sicherheit waren... wenn er sie mit Nahrung versorgt und ihre Wunden gepflegt hatte... dann würde er sich an Aokiji, Kizaru und all den anderen Wölfen rächen. Sie würden um den Tod betteln. Doch er gewährte ihnen diese Gnade nicht. Doflamingo ließ sie leiden. Solange bis ihnen die Hölle, in die er sie schickte, wie der Himmel vorkam.

Doflamingo richtete sich wieder auf. Die Sicht verschwamm vor seinen Augen. Er bemühte sich um einen regelmäßigen Atem. Wenn er Crocodile und die Welpen befreien wollte, brauchte er einen klaren Kopf.

Bedächtig sah Doflamingo sich um. Er hoffte einen Hinweis darauf zu erhalten, was hier geschehen war. Seine Familie war verschwunden. Blutflecken konnte er jedoch keine erkennen. Der Fußboden, der eigentlich bloß aus festgestampfter Erde bestand, war auch nicht aufgewühlt. Nicht einmal die vielen Kissen, Decken und Felle, die ihnen als Bett dienten, machten einen unordentlichen Eindruck. Es hatte also keinen Kampf gegeben, schlussfolgerte Doflamingo.

Vermutlich war Crocodile freiwillig auf die Forderungen der beiden Wölfe eingegangen, um eine Eskalation der Situation zu vermeiden. Das war gut. Wenn der Kater sich kooperativ gab, dann war die Wahrscheinlichkeit höher, dass man ihn und die Kinder am Leben ließ. Crocodile sollte ruhig mitgehen und tun, was man von ihm verlangte. Er sollte Zeit herausschlagen. Wenn seine Familie noch lebte und weitesgehend unversehrt war, dann war Zeit das einzige, was Doflamingo benötigte. Er war stärker als sie alle.

Gerade wollte Doflamingo sich auf den Weg machen, um seinen Plan in die Tat umzusetzen, als ihm ein weiteres Detail auffiel. Die vier Dosen Pulvermilch, die er besorgt hatte, waren verschwunden. Genauso wie die Windeln, das Babypuder und die Creme. Dasselbe galt für die Fläschchen, den Topf und einige weitere Dinge, die für die Versorgung der Säuglinge benötigt wurden.

Augenblicklich zauberte sich ein strahlendes Lächeln auf Doflamingos Lippen. Hoffnung begann in seinem Herzen zu keimen wie ein zartes Pflänzchen. Aokiji und Kizaru wären sicherlich niemals auf den Gedanken gekommen Pulvermilch und Windeln für die Drillinge mitzunehmen. Das Wohlergehen von Geiseln spielte für sie vermutlich keine allzu große Rolle; dass sie irgendwie am Leben blieben, um ihren Zweck als Druckmittel zu erfüllen, reichte vollkommen aus.

Also musste Crocodile diese Dinge eingepackt haben. Vielleicht war er mit den Welpen verschwunden, ehe Aokiji und Kizaru hier aufschlugen. Er könnte die beiden Wölfe bei einem Jagdzug bemerkt haben, überlegte Doflamingo. Seine Gedanken überschlugen sich. Und weil Crocodile wusste, dass er -allein und mit der Verantwortung für drei Säuglinge- niemals gegen die fremden Gestaltenwandler ankommen würde, hatte er rasch seine Sachen gepackt und war mit den Kindern verschwunden.

Völlig außer sich vor Glück lobte Doflamingo die Klugheit und Voraussicht des Katers. Jetzt stellte sich ihm allerdings eine weitere Frage: Wohin nur war Crocodile geflohen?
 

"Was war das? Hast du das gesehen?"

Rasch hasteten die beiden Wölfe zu der alten Eiche hinüber, die Crocodile in Windeseile erklommen hatte. Um nicht doch noch in die Fänge der offensichtlich völlig skrupellosen Gestaltenwandler zu geraten, war er so hoch wie nur möglich geklettert.

Jetzt kauerte er in der Gestalt seines Tiergeistes in etwa zehn Metern Höhe auf einem dünnen Ast. Zum zweiten Mal an diesem Tag war Crocodile froh darüber, dass er bloß mit dem Tiergeist einer kleinen Hauskatze gesegnet worden war. Aokiji und Kizaru waren nämlich (selbst in ihrer menschlichen Gestalt) viel zu schwerfällig, um ihn so weit oben zu erreichen. Die Äste, die immer schmaler wurden, je höher es ging, würden unter ihrem Gewicht auf jeden Fall zusammenbrechen.

"Da sitzt eine Katze auf dem Baum", hörte Crocodile Kizaru mit verwunderter Stimme sagen. "Eine Hauskatze. Wie ist die denn bloß hier in den Wald gelangt?"

"Das interessiert mich nicht", würgte Aokiji ihn ab. "Doflamingo ist ein Wolf; demnach muss sein Partner ebenfalls den Tiergeistes eines Wolfes besitzen. Die blöde Katze ist mir vollkommen egal. Komm schon! Wir suchen weiter!"

"Die Stadt ist nicht weit entfernt", murmelte Kizaru. "Vielleicht handelt es sich um eine entlaufene Hauskatze, die es geschafft hat hier draußen in der Wildnis zu überleben. Er oder sie könnte auch ein Gestaltenwandler sein." Doch er sagte es so leise, dass Aokiji, der schon vorgelaufen war, ihn nicht mehr hörte. Also ließ Kizaru das Thema schließlich auf sich beruhen und folgte dem anderen Wolf.

Zur Sicherheit wartete Crocodile einige Minuten ab, nachdem die beiden fremden Gestaltenwandler verschwunden waren, ehe er von dem Baum wieder herunterkletterte. Der Schock saß ihm noch immer tief in den Knochen. Während er sich auf den Rückweg machte, versuchte Crocodile verzweifelt seine Gedanken zu ordnen.

Ohne jede Vorwarnung tauchten zwei Wölfe auf, die nach ihm und den Drillingen suchten. Offenbar waren sie auch schon bei der Höhle gewesen, die er gemeinsam mit Doflamingo bewohnte, doch hatten ihn dort nicht finden können. Sie sprachen davon ihn und die Kinder als Geisel zu nehmen, um sie gegen seinen Partner einsetzen zu können. Und davon, dass Doflamingo sehr stark war und bereits eines ihrer Rudelmitglieder getötet hatte. Allmählich fügten sich die einzelnen Puzzleteile zu einem großen Bild zusammen.

Besorgt fragte Crocodile sich, wo Doflamingo sich in diesem Augenblick aufhielt. Wusste er überhaupt davon, dass man losgezogen war, um seinen Partner und seine Kinder zu entführen? Hielt er sich noch immer im Norden auf? Oder war er bereits auf dem Rückweg?

Crocodile wünschte sich, dass Doflamingo rasch zurückkehren würde. Ob er es zugeben wollte oder nicht: Er fürchtete sich vor den beiden brutalen Wölfen, die aufgetaucht waren und nach ihm suchten. Zwar bildete er sich gerne ein, dass er längst nicht mehr die ängstliche Hauskatze von früher war, doch Crocodile war sich auch dessen bewusst, dass er im Zweifelsfall niemals gegen zwei ausgewachsene Wölfe ankäme. Schon gar nicht mit drei Säuglingen in seiner Obhut. Wenn es Aokiji und Kizaru doch noch gelang ihn ausfindig zu machen, hatte er ein verdammt großes Problem. Er war auf Doflamingos Unterstützung angewiesen.

Schweren Herzens betrat Crocodile die Höhle, die er derzeit mit den Welpen bewohnte. Es war sein Glück, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, dass er rechtzeitig geflohen war. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was womöglich passiert wäre, wenn Aokiji und Kizaru sie tatsächlich in die Finger bekommen hätten. Der Zufall hatte ihm wohl das Leben gerettet.
 

Gedanklich ging Doflamingo jeden Unterschlupf im näheren Umkreis durch. Da es winterlich kalt war und die Drillinge auf Wärme und Schutz angewiesen waren, hatte Crocodile sich wahrscheinlich kein Plätzchen draußen im Freien gesucht. Sie benötigten ein sicheres und am besten überdachtes Versteck. Idealerweise eine Höhle. Doch die allermeisten Höhlen, die es hier gab, waren längst schon von Gestaltenwandlern oder wilden Tieren besetzten worden. Und Doflamingo ging davon aus, dass sein Partner jede Konfrontation vermeiden würde; zumindest mit den Drillingen im Schlepptau. Wohin könnte er also verschwunden sein?

Eine Weile lang durchsuchte Doflamingo relativ ziellos den Wald und hielt hier und dort Ausschau, ehe ihm ein Ort einfiel, der womöglich infrage kam. Laws Höhle. Unweigerlich musste Doflamingo schlucken. Sicherlich war es dem Kater nicht leicht gefallen dorthin zurückzukehren. Doch die kleine Höhle, die an einem steilen Felshang lag, stellte wohl das beste Versteck dar, das zur Verfügung stand. Kurzerhand beschloss Doflamingo sich rasch auf den Weg zu der ehemaligen Behausung des Luchses zu machen. Er hoffte inständig, dass er seine Familie dort unversehrt vorfinden würde.

Doflamingos Herzschlag war so laut, dass er sich sicher war, jeder im Umkreis von einem Kilometer müsste ihn hören, als endlich der wenig einladend wirkende Eingang der kleinen Höhle in seinem Sichtfeld auftauchte. In seinem schnellsten Lauftempo legte er die restliche Distanz zurück. Doflamingo war hin- und hergerissen: Einerseits konnte er es kaum erwarten seine Familie endlich wiederzusehen. Doch andererseits fürchtete er sich vor der puren Verzweiflung, die ihn überkommen würde, wenn sich Crocodile und die Welpen doch nicht dort aufhalten sollten.

Doflamingos Tatzen zitterten, als er den steinigen Hang erklomm, der hinauf zum Höhleneingang führte. Nun würde sich alles entscheiden. Bevor er sich umsah, nahm Doflamingo wieder seine menschliche Gestalt an. Seine Knie fühlten sich so schwach an wie nie zuvor, als er die Augen öffnete und Crocodiles Namen flüsterte.

Er war da. Doflamingo konnte sein Glück kaum fassen. Er war da. Er war tatsächlich da! Einen Moment lang blieb Doflamingo wie festgefroren an seinem Platz stehen, ehe er einen lauten Freudenschrei von sich gab und sich auf den Kater stürzte. Crocodile, der mindestens ebenso überrascht und gerührt zu schein wie er selbst, wurde prompt zu Boden gerissen. Völlig außer sich vor Glück presste Doflamingo seinen Partner fest an sich. Er vergrub die Hände in Crocodiles dunkles Haar und atmete seinen betörenden Geruch ein. Doflamingo konnte nicht in Worte fassen wie unglaublich glücklich und dankbar er in diesem Moment war: Dem Kater ging es gut. Er war unverletzt. Und er konnte ihn endlich wieder in seine Arme schließen. Die Welt war perfekt.

"Doflamingo, ich..."

Doflamingo schnitt seinem Partner das Wort ab, indem er ihn leidenschaftlich auf den Mund küsste. Crocodiles Lippen waren weich und schmeckten herrlich süß. Er könnte Stunden damit verbringen an ihnen zu saugen. Leider gab der Kater ihm nicht die Möglichkeit dazu; denn nach kaum einer Minute schob Crocodile ihn wieder von sich.

"Zwei Wölfe waren hier", sagte er anstellte einer Begrüßung oder Liebesbekundung. "Sie hießen Aokiji und Kizaru. Sie haben nach den Kindern und mir gesucht."

"Hier? In dieser Höhle?" Doflamingo wurde aufmerksam.

"Nein, aber in unmittelbarer Nähe", antwortete Crocodile. "Ich habe sie belauscht. Bis die Nacht hereinbricht wollen sie ihre Suche noch fortsetzen. Ich bin froh, dass du wieder da bist, Doflamingo! Mit den Drillingen in meiner Obhut käme ich niemals gegen sie an."

"Geht es den Kindern gut?"

Sein Partner nickte. Mit der Hand deutete er in den hinteren Bereich der Höhle, wo Doflamingo einige Felle und Decken, die Law damals wohl als Bett gedient hatten, ausmachen konnte. Gemeinsam mit Crocodile erhob er sich vom kalten Höhlenboden. Er ließ den Kater nicht los, während er mit ihm hinüber zu den Welpen ging, die auf einem weichen Schaffell lagen und glücklicherweise ebenfalls einen unversehrten Eindruck machten.

"Da bin ich wieder", sagte Doflamingo mit sanfter Stimme und beugte sich zu ihnen hinunter. Die Drillinge schienen sich über seine Wiederkehr sehr zu freuen: Sie lächelten und begannen fröhlich zu brabbeln. Eines der Babies, das Mädchen, setzte sich sogar selbstständig auf und streckte seine kleinen Ärmchen nach ihm aus. Doflamingo nahm seine Tochter hoch und küsste sie zärtlich auf die Stirn. Es war ein unfassbar schönes Gefühl wieder bei seinen Kindern zu sein. "Ich werde nie wieder weggehen", flüsterte und wiegte das kleine Mädchen in seinem Arm. "Daddy lässt euch nicht alleine. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um euch zu beschützen. Niemand wird euch mir wegnehmen."

Er bemerkte, dass Crocodile ihm einen verwunderten Blick zuwarf. Doflamingo seufzte leise und meinte dann mit fester Stimme: "Ich verstehe nun, warum du die Drillinge nicht weggeben möchtest. Für mich kommt es auch längst nicht mehr infrage. Sie sind meine Kinder. Und du bist mein Partner. Ihr seid meine Familie und ich werde nicht zulassen, dass wir voneinander getrennt werden. Niemals."

"Das ist schön zu hören", erwiderte Crocodile und Doflamingo entging das glückliche Lächeln, das auf den Lippen des Katers auftauchte, durchaus nicht. Er nahm ihm seine Erleichterung nicht übel. Doflamingo würde wohl ebenfalls völlig verrückt werden bei dem Gedanken, dass irgendjemand ihm seine Kinder wegnehmen könnte. Diese Diskussion war nun endgültig beendet. Sie würden die Welpen in keine Adoptivfamilie geben. Auf keinen Fall. Sie würden bei ihm und seinem Partner bleiben. Für immer.
 

~
 

"Wir müssen uns um dieses scheußliche Wolfsrudel kümmern", erwiderte Doflamingo mit fester Stimme, während er einen der beiden Jungen sanft hinter den spitzen Fellohren kraulte.

"Was meinst du damit?", hakte Crocodile skeptisch nach. "Willst du etwa in den Kampf ziehen? Du hast mir selbst gesagt gehabt, dass es sich um ein Rudel von nahezu zwanzig Gestaltenwandlern handelt. Du kannst dich doch nicht allein gegen eine solche Übermacht stellen!"

(Auszug aus Kapitel 13)
 

bye

sb


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo Leute! :D
Ich hoffe sehr, dass euch Kapitel Nummer 12 gut gefallen hat :)
Im Zusammenhang mit "Gestaltenwandler" hatte sich jemand gewünscht, dass Crocodile (weil er ja eine Katze ist) einmal auf einen Baum klettert. Da die Fanfiction jedoch bereits fertig geschrieben war, bevor ich angefangen habe sie hochzuladen, konnte ich diesen Wunsch leider nicht erfüllen. Als kleine Entschuldigung gibt es dieses Szenario nun stattdessen also in "Wolfskinder" ^^
Bei diesem Kapitel handelt es sich übrigens um das letzte von Part II; beim nächsten Mal geht es mir Part III weiter! ;)
Über Kommentare würde ich mich sehr freuen! :)

bye
sb Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2015-04-16T20:54:31+00:00 16.04.2015 22:54
Habe ich dir schon mal gesagt wie geil die ff ist XD
Antwort von:  kleines-sama
16.04.2015 22:57
Haha, vielen Dank! :)
Ehrlich gesagt hatte ich schon befürchtet, dass die Ff ein echter Flopp wird, weil sie zu Beginn nur von total wenig Leuten gelesen worden ist... Daher freut es mich zu hören, dass dir "Wolfskinder" so gut gefällt :)
Du wirst dich (hoffentlich) auch nicht allzu lange gedulden müssen: Kapitel 13 wartet bereit auf Freischaltung ;)

bye
sb
Von:  sorajana
2015-04-16T20:14:44+00:00 16.04.2015 22:14
schnell weiter :)
Antwort von:  kleines-sama
16.04.2015 22:52
Danke für den Kommi! :)
Und keine Sorge: Kapitel 13 wartet bereits auf Freischaltung ;)

bye
sb
Von: abgemeldet
2015-04-16T19:50:37+00:00 16.04.2015 21:50
Wiedermal klasse Kapitel!
Ahh, zum glück sind jetzt alle wieder zusamm :D
Es freut mich auch das Doffy jetzt nicht mehr die Kinder weggeben will und eingesehen hat das es für ihn sowie auch Crocodile und die Kinder die beste entscheidung ist :) Aber ich will unbedingt wissen wie es weiter geht
xD

LG ShokoCandyx3
Antwort von:  kleines-sama
16.04.2015 22:54
Vielen Dank für deinen Kommentar! :)
Ja, nachdem gesehen hat, wie das fremde Wolfsrudel seine Kinder behandelt hat, blieb Dofla wohl gar nichts anderes übrig als sich endlich einzugestehen, dass die Drillinge lieber bei Croco und ihm bleiben sollen. Freut mich zu hören, dass dir die Wolf-Katze-Family so gut gefällt ;)
Kapitel 13 wartet schon auf Freischaltung!

bye
sb


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