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Wolfskinder

DoflamingoXCrocodile (AU)
von

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Part II: Krieg

Obwohl Crocodile sehr erschöpft war, wachte er am nächsten Morgen auf, noch ehe draußen die ersten Sonnenstrahlen die Baumwipfel gestreift hatten. Er gönnte sich nur wenige Minuten, ehe er sich ans Werk machte. Heute war der große Tag und es gab noch viel zu tun.

Crocodile holte einige robuste Tücher hervor, die sich unter den vielen Fellen, Kissen und Decken, die Doflamingo und er als Bett benutzten, finden ließen. Diese Tücher wollte er nutzen, um die Drillinge zu transportieren. Früher, als er noch in der Stadt lebte, hatte Crocodile oft Frauen und Männer gesehen, die ihre Kinder in Tücher gewickelt am Bauch oder Rücken trugen. Er hielt dies für eine gute Strategie, um alle drei Welpen gleichzeitig mitnehmen zu können. Es war keine ideale Lösung, doch Crocodile fiel keine bessere ein. Es würde schon gehen. Das musste es einfach.

Ehe er sich mit den Kindern auf den Weg machte, wechselte Crocodile zur Sicherheit noch einmal ihre Windeln und gab jedem außerdem ein Fläschchen Milch. Glücklicherweise verhielten sich die Drillinge insgesamt relativ ruhig. Selbst dann, als Crocodile sie über seine Schulter in die Tücher gleiten ließ und diese anschließend ordnungsgemäß verknotete.

Tatsächlich schienen die Welpen sich in dieser Position sogar sehr wohl zu fühlen. Vermutlich, dachte Crocodile, weil sie sich gestern so schrecklich einsam und verlassen gefühlt hatten. Immerhin konnten sie ja nicht verstehen, wieso Doflamingo und er sie hatten allein lassen müssen. Und nun waren die Kleinen so glücklich darüber, dass zumindest einer von ihnen zurückgekehrt war, dass sie still und ohne zu jammern diese Prozedur über sich ergehen ließen.

Dieser Gedanke versetzte Crocodile einen Stich ins Herz. Wenn sie die Welpen tatsächlich in eine Adoptivfamilie geben sollten, würden diese sie beide sicherlich vermissen und sehnsüchtig darauf warten, dass sie wieder zurückkamen. Crocodile seufzte leise und fuhr einem der Welpen über sein warme Köpfchen. Es war einer der Jungen; derjenige, der vor einiger Zeit krank gewesen war. Er lächelte und brabbelte leise. Crocodile zwang sich ebenfalls zu einem Lächeln.

Bevor er die Höhle verließ, ging er gedanklich noch einmal alles durch. Die Knoten der Tücher, in welche die Welpen eingewickelt worden waren, saßen fest. Jedes der Kinder trug warme Kleidung inklusive Wollsocken, Handschuhe und Mützen. Zwei Fläschchen Milch hatte er auch dabei. Erst als Crocodile die Liste dreimal durchgegangen war, machte er sich endlich auf den Weg.

Draußen war die Luft so kalt, dass sie ihm im Gesicht brannte. Ansonsten war das Wetter jedoch gut; klar und frisch. Keine Wolke stand am Himmel. Crocodile atmete tief durch und warf erneut einen Blick auf das Kind, das erst vor kurzem unter der beidseitigen Mittelohrentzündung gelitten hatte.

Die Kälte schien dem Jungen nicht viel auszumachen. Noch immer erweckte er einen sehr unbekümmerten Eindruck; er schien bloß froh darüber zu sein, dass sein Vater zurückgekehrt war und ihn nah bei sich trug. Auch die anderen beiden Welpen gaben keinen Laut von sich. Er wusste, dass die Kinder von Gestaltenwandlern, auch wenn sie kleiner zur Welt kamen, im Regelfall deutlich robuster und weniger kälteempfindlich waren als menschliche Kinder. Immerhin waren ihre Körper auf ein Leben draußen in der Wildnis ausgerichtet.

Trotzdem kam Crocodile nicht umhin sich Sorgen zu machen. Er hoffte darauf, dass alles gut lief und sie unbeschwert Laws Höhle erreichen würden. Auf Ärger mit anderen Gestaltenwandlern oder wilden Tieren konnte er getrost verzichten. Crocodile warf einen letzten Blick zurück, ehe er schweren Herzens losmarschierte.
 

Doflamingo wechselte so oft wie möglich die Richtung, um seine Verfolger in die Irre zu führen. Mal kam das Jaulen der drei Wölfe aus weiter Ferne, mal konnte er es ganz nah bei sich hören. Doch keinem von ihnen gelang es ihn zu schnappen. Doflamingo war schnell und ausdauernd. Als er mitbekam, dass seine Verfolger laut zu hecheln und zu japsen begannen, war er noch nicht einmal außer Atem.

Stattdessen breitete sich ein triumphierendes Grinsen auf seinen schmalen Lippen aus. Ihm war klar, dass er dieses Spiel bald schon gewonnen haben würde. Doflamingo wollte Akainu, Aokiji und Kizaru so rasch wie möglich erledigen. Es war ein Fehler gewesen in den Norden zu gehen und nach Adoptiveltern für die Drillinge zu suchen. Inzwischen hatte Doflamingo nur noch ein Ziel: Seine Verfolger zu töten und dann zu Crocodile und den Kindern zurückzukehren.

Doflamingo wartete genau den richtigen Moment ab. Derzeit hing bloß noch Akainu an seinen Fersen; Aokiji und Kizaru waren weit zurückgefallen. Die beiden waren längst außer Atem und hatten die Jagd nach ihm eingestellt oder zumindest unterbrochen. Akainu hingegen schien zu stolz zu sein, um ihn einfach laufen zu lassen. Auch wenn die Verfolgungsjagd ebenfalls an seinen Kräften zehrte und der Abstand zwischen Doflamingo und ihm sich mit jeder Sekunde vergrößerte, gab er nicht auf. Doflamingo konnte gar nicht anders als die unfassbare Sturheit des anderen Gestaltenwandlers zu bewundern. Gleichzeitig fragte er sich wie man bloß so dumm sein konnte. Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde immer breiter.

Blitzschnell schlug Doflamingo einen Haken und ging hinter einem hellen Farnkraut in Deckung. Akainu war mehr als hundert Schritte zurückgefallen; außerdem hatte dieser aufgrund des dichten Unterholzes bloß eine schlechte Sicht auf ihn. Wie die meisten Gestaltenwandler verließ auch er sich vermutlich eher auf seine Nase als auf seine Augen.

Als der Wolf an ihm vorbeihastete, setzte Doflamingo zum Sprung an und stürzte sich in einem einzigen Satz auf seinen Gegner. Der Überraschungsmoment stand auf seiner Seite: Akainu schien nicht damit gerechnet zu haben plötzlich vom Jäger zum Gejagten zu werden. Es fiel Doflamingo nicht schwer den durch das lange Laufen geschwächten Wolf zu überwältigen. Rasch tötete er Akainu, indem er ihm in den Hals biss. Erst als er spürte, wie der Körper unter ihm erschlaffte, ließ Doflamingo von seinem Opfer ab.

Zufrieden leckte er sich über die mit Blut benetzten Lippen. Es hatte ihm Spaß gemacht Akainu zu töten. Diese Seite an ihm kam normalerweise bloß bei der Jagd auf Beutetiere zum Vorschein, doch Doflamingo verhehlte nicht, dass er ein sehr blutrünstiger Wolf sein konnte. Er verspürte kein Mitleid. Akainu hatte versucht ihn zu töten; darum verdiente er selbst auch nichts Besseres als den Tod. Doflamingo sah sich absolut im Recht.

Als er auf die Leiche des anderen Gestaltenwandlers hinabblickte, nahm Doflamingos Blutdurst plötzlich Überhand. Anstatt diese Sache auf sich beruhen zu lassen und zu fliehen, beschloss er stattdessen nach Aokiji und Kizaru zu suchen. Er wollte alle drei Wölfe tot am Boden liegen sehen. Sie stellten eine vermeidbare Gefahrenquelle dar. Es war nicht unwahrscheinlich, dass sie ihre Jagd auf ihn bald wieder aufnehmen würden. Dann gerieten womöglich auch Crocodile und die Welpen in Gefahr. Dieses Risiko konnte Doflamingo auf keinen Fall eingehen. Er musste auch Aokiji und Kizaru erledigen. Es war seine Pflicht als Familienoberhaupt für den Schutz seines Partners und seiner Kinder zu sorgen.
 

Crocodile seufzte erleichtert auf und fiel schweratmend auf die Knie, als er sich endlich in der ehemaligen Behausung von Law wiederfand.

Der Weg hierher war furchtbar beschwerlich gewesen. Auch wenn die drei kleinen Welpen, die er bei sich trug, nicht allzu viel wogen, hatte ihn das zusätzliche Gewicht auf der langen Strecke erschöpft. Außerdem war er hier und dort ein paar Umwege gegangen, weil ihm verdächtige Gerüche in die Nase gestiegen waren und er die Konfrontation mit anderen Gestaltenwandlern und wilden Tieren unbedingt vermeiden wollte. Pausen hatte er nur sehr wenige eingelegt, um den nicht ungefährlichen Weg so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.

Aber nun war er endlich an seinem Zielort angelangt. Und auch wenn Crocodile sich völlig fertig fühlte, war er sehr glücklich und vor allem auch stolz auf sich selbst. Er hatte nicht feige den Schwanz eingezogen, sondern seinen Plan in die Tat umgesetzt. Von seinen Kindern würde er sich also nicht trennen müssen.

Crocodile löste nacheinander die Knoten der Tücher und legte die Drillinge auf das Bett. Die Babies, die die ganze Zeit über sehr ruhig gewesen waren und keine Probleme bereitet hatten, begannen plötzlich zu jammern und zu wimmern. Crocodile rollte mit den Augen und legte sich zu den kleinen Kindern, strich ihnen zärtlich über die Bäuche und Köpfchen. Anscheinend hatte es ihnen gut gefallen, so nah an seinem warmen Körper zu liegen.

Crocodile beschloss die Drillinge zu wickeln und zu füttern, ehe er sich schlafen legte. Er war schrecklich müde und könnte ein paar Stunden erholsamen Schlaf gut gebrauchen. Außerdem kam ihm Laws Höhle, nun da die Welpen mit ihm hier waren, längst nicht mehr so furchteinflößend vor wie gestern noch.
 

Auch wenn Doflamingo ein wirklich ausgezeichneter Jäger war, gelang es ihm nicht Aokiji und Kizaru ausfindig zu machen. Anscheinend hatten sie sich zuletzt nicht in der Nähe des Ortes aufgehalten, an dem ihr Anführer sein Ende gefunden hatte. Schade, fand er. Doflamingo hätte zu gerne auch die anderen beiden Wölfe noch erledigt. Nun allerdings war er dazu gezwungen seine Strategie zu wechseln.

Doflamingo war hin- und hergerissen. Er vermutete, dass Aokiji und Kizaru die Jagd abgebrochen hatten und in ihre Höhle zurückgekehrt waren. Sollte er die beiden Gestaltenwandler dort stellen? Oder diese Sache lieber auf sich beruhen lassen und zu Crocodile zurückkehren?

Doflamingo gab offen zu, dass er den Kater ganz furchtbar vermisste. Und auch die Babies, an die er sich in den letzten Wochen sehr stark gewöhnt hatte, fehlten ihm sehr. Er hätte nichts dagegen den Heimweg anzutreten, Crocodile in die Arme zu schließen und die Drillinge mit Milch zu füttern. Tatsächlich erschien ihm diese Aussicht sogar sehr verführerisch.

Auf der anderen Seite allerdings ging er ein unnötiges Risiko ein, indem er Aokiji und Kizaru laufen ließ. Wahrscheinlich würden sie bald auf die Leiche ihres Freundes stoßen und auf Rache sinnen. Und Doflamingo lebte zusammen mit seiner Familie bloß zwei Tagesmärsche von ihnen entfernt. Das war einfach zu gefährlich. Er durfte nicht zulassen, dass das Wolfsrudel seinem Partner oder seinen Kindern Schaden zufügte.

Doflamingo beschloss zu der Höhle des fremden Wolfsrudels zurückzukehren. Er würde sich lautlos anschleichen und ganz genau die Lage checken, ehe er sich überlegte wie er weiter vorging. Je nachdem wie sich die Situation gestaltete, würde er entweder zuschlagen oder das Weite suchen. Diesen Plan hielt Doflamingo für vernünftig. Am besten setzte er ihn noch heute Nacht um.

Doch vorher musste auf Jagd gehen. Der Rucksack, den er mitgenommen hatte, war beinahe leer und die langwierige Verfolgungsjagd hatte ihn hungrig gemacht. Doflamingo wusste aus eigener Erfahrung, dass es eine schlechte Idee war, auf nüchternen Magen zu kämpfen. Am Stand des Mondes las er die Uhrzeit ab. Es war etwa elf Uhr abends. Einen Auerhahn oder ein paar Enten zu erbeuten dürfte nicht länger als eine Stunde dauern, auch wenn Doflamingo sich hier in der Gegend nicht sonderlich gut auskannte. Rasch machte er sich ans Werk.
 

Obwohl Crocodile unfassbar müde war, schlief er nur schlecht. Ständig stieg ihm Laws Geruch in die Nase und Erinnerungen an den hinterhältigen Luchs schossen ihm immer wieder durch den Kopf. Am liebsten hätte er sich nah an den warmen und trostspendenden Körper seines Partners gepresst, doch da Doflamingo noch immer fort war, blieb dies unmöglich.

Und vermutlich würde er auch eine Weile nach dessen Rückkehr auf zärtlichen Körperkontakt verzichten müssen. Crocodile setzte sich im Bett auf und fuhr sich durch sein zerzaustes Haar. Zum hundertsten Mal fragte er sich wie der Wolf wohl auf seine Flucht reagieren würde. Denn genau das hatte er getan: Er war geflohen. Vor seinem eigenem Partner. Doch was blieb ihm anderes übrig, wenn dieser ihm die Kinder wegnehmen wollte?

Crocodile malte sich Dutzende Szenarien aus: Doflamingo, der verständnisvoll reagierte, wenn er ihm von seinen Ängsten erzählte. Doflamingo, der vor Wut tobte und die Zähne fletschte. Doflamingo mit ungläubigem Gesichtsausdruck und verletztem Blick. Crocodile konnte überhaupt nicht einschätzen welche Vorstellung wohl am ehesten wahr werden würde. Er konnte nichts tun außer zu warten. Früher oder später würde er eine Antwort bekommen. Schließlich war ihr Aufeinandertreffen unvermeidlich.

Einer der Welpen wachte auf. Es war einer der beiden Junge; er zuckte und wimmert im Schlaf, würde jeden Moment aufwachen. Um zu vermeiden, dass der Säugling durch lautes Geschrei seine beiden Geschwister aufweckte, nahm Crocodile ihn rasch auf den Arm und wiegte ihn sanft. Sofort wurde der Kleine ruhiger. Vermutlich nahmen auch die Kinder wahr, dass sie sich an einem anderen Ort aufhielten; bestimmten fühlten auch sie den Unterschied. Hier war nichts von der Liebe und der guten Stimmung zu spüren, die in ihrem Zuhause immer geherrscht hatte.

Mit dem Säugling im Arm ging Crocodile zum Eingang der Höhle hinüber. Da sie mehrere Meter über dem Erdboden lag, hatte er eine gute Sicht auf das Umland. Der Wald war dunkel und machte einen ruhigen Eindruck. Nirgendwo waren fremde Gestaltenwandler zu hören oder zu riechen. Und vor wilden Tieren wie zum Beispiel Bären oder Wildschweinen musste Crocodile sich hier sowieso nicht in Acht nehmen; solchen Schwergewichten gelang es wohl kaum den Steilhang zu erklimmen. Trotzdem würde Crocodile sich wohler und vor allem auch sicherer fühlen, wenn sein Partner da wäre. Er vermisste Doflamingo.

Der Wolf hatte ihm beigebracht am Stand des Mondes die Uhrzeit abzulesen. Wenn Crocodile richtig lag, dann war es inzwischen beinahe vier Uhr morgens. Er fragte sich, wo Doflamingo sich wohl gerade aufhielt und ob er bereits ein Paar gefunden hatte, das die Drillinge adoptieren wollte. Crocodile warf einen Blick auf den Welpen, der in seinen Armen schlief, und seufzte leise. Im Schlaf drehten sich seine Fellöhrchen hin und her; die Händchen hatte er zu winzigen Fäusten geballt. Nie und nimmer könnte er seine Kinder an völlig fremde Leute geben; nicht, wo sie doch so furchtbar klein und zerbrechlich waren. Das würde auch Doflamingo einsehen müssen.

Crocodile sah noch einmal hinauf zum Mond und sandte dem Wolf gedanklich seine Grüße, ehe er mit seinem Sohn im Arm zu dessen beiden Geschwistern zurückkehrte.
 

Es war gegen vier Uhr nachts, als Doflamingo seinen Plan endlich in die Tat umsetzte. Er besaß ein gutes Gedächtnis und wusste noch ganz genau, wo sich die Höhle des fremden Wolfrudels befand. In der Gestalt seines Tiergeistes und auf leisen Sohlen machte er sich auf den Weg dorthin. Bisher machte glücklicherweise alles einen sehr ruhigen Eindruck. Er konnte weder verdächtige Geräusche noch Gerüche wahrnehmen.

Hinter einem Himbeerstrauch ging Doflamingo in Deckung. Auch wenn es dunkel war, sah er nicht ein, wieso er unnötiges Risiko eingehen sollte. Immerhin wusste er nur wenig über die Stärke des Rudels. Durch die Lücken im Strauch hatte Doflamingo eine gute Sicht auf den Eingang der Höhle. Er sah zwei Wölfe, die draußen Wache hielten. Der Rest hielt sich wohl im Inneren auf. Vage konnte er das Licht eines Lagerfeuers ausmachen.

Doflamingo musste eine Entscheidung fällen. Noch konnte er umkehren und so tun als wäre niemals irgendetwas Außergewöhnliches passiert. Er könnte ein Reh erjagen, es mit nach Hause nehmen und seinem Partner beim Essen erklären, dass er leider niemanden gefunden hatte, der die Drillinge aufnehmen wollte. Die Alternative bestand darin sich allein gegen ein ganzes Rudel zu stellen. Doflamingo biss sich auf die Unterlippe. Diese Entscheidung fiel ihm alles andere als leicht.

Doflamingo beschloss wider aller Gefahren gegen das Wolfsrudel vorzugehen. Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen hatte er etwa zwanzig Gestaltenwandler gezählt. Davon waren vielleicht ein Drittel Männer (Akainu, Kizaru und Aokiji eingerechnet), ein Drittel Frauen und ein weiteres Drittel Alte und kleine Kinder gewesen. Letztere Gruppe würde kaum eine Gefahr für Doflamingo bedeuten. Und wenn Akainu tatsächlich der Anführer gewesen war, dann bedeutet dies vermutlich, dass die anderen Gestaltenwandler allesamt schwächer waren. Sie dürften also keine allzu große Herausforderung darstellen.

Doflamingo verließ seinen Posten hinter dem Himbeerstrauch und umrundete lautlos die Lichtung, die sich vor dem Höhleneingang befand. Auch wenn er sehr stark war, wollte er den Vorteil, den die Finsternis ihm bot, ausnutzen und möglichst viele Wölfe ausschalten, ohne dass die anderen Mitglieder des Rudels von seinem Vorgehen etwas mitbekamen. Je weniger Gegnern er sich am Ende stellen musste, desto besser.

Er hatte kein schlechtes Gewissen, als er sich an eine der beiden Wachen heranschlich und den Gestaltenwandler mit dem dunklem Fell mittels eines einzigen Bisses in die Kehle tötete. Seiner Ansicht nach hatte das Wolfsrudel seinen Zorn herausgefordert. Anstatt ihn einfach ziehen zu lassen, war man auf ihn losgegangen und hatte versucht ihn zu töten. Da konnte man wohl nicht mit Mitleid rechnen.

So leise wie möglich ließ Doflamingo die Leiche des mittelgroßen Wolfes auf den Boden absinken. Die zweite Wache hatte ihn nicht bemerkt; es handelte sich um einen weiblichen Gestaltenwandler. Die Wölfin hielt sich etwa fünzehn Schritte von ihrem Partner entfernt auf und beobachtete misstrauisch ein paar Farnkräuter, die sich im Wind bewegten. Sie stand mit dem Rücken zu ihm. Doflamingo nutzte die Gunst der Stunde. Mit einem einzigen Satz warf er sie um; sein Körpergewicht drückte sie zu Boden. Ehe sie dazu kam zu jaulen, presste Doflamingo ihr die linke Pranke auf den Mund. Anschließend tötete er auch diese Wache durch einen gezielten Biss in die Kehle. Es war schnell zu Ende. Und vor allen Dingen verlief der Vorgang genauso lautlos wie bei seinem ersten Opfer.

Doflamingo leckte sich über die mit Blut benetzten Zähne. Es hatte ihm keinen Spaß bereitet diese beiden Gestaltenwandler zu töten, auch wenn sie dem Rudel angehörten, das ihn umbringen wollte; denn im Gegensatz zu Akainu und seinen beiden Freunden hatten sie ihn nicht direkt bedroht. Trotzdem bereute Doflamingo seine Tat nicht. Er tat alles, was nötig war, um jede Gefahr für seinen Partner und seine drei Kindern auszuschalten. Die Sicherheit seiner Familie hatte oberste Priorität; da gab es überhaupt keine Diskussion.

Das Wolfsrudel schien sich nicht gleich am Höhleneingang aufzuhalten, sondern um ein Lagerfeuer weiter hinten im Inneren versammelt zu haben. Vorsichtig schlich Doflamingo sich näher heran. Hinter einem mittelgroßen Fels ging er schließlich in Deckung und observierte die Gruppe so unauffällig wie möglich. Er war sehr nah wie nur möglich an sie herangerückt; er musste sich sogar ducken, damit der Schein des Feuers nicht auf sein Gesicht fiel.

Um ein Lagerfeuer herum hatten sich vierzehn Gestaltenwandler niedergelassen. Sieben waren Frauen, eine davon Tsuru. Es gab noch eine weitere Alte, doch an ihren Namen konnte Doflamingo sich nicht erinnern. Möglichst nah am wärmenden Feuer saßen außerdem drei Kinder. Ein Junge und Mädchen, die beide etwa zehn Jahre alt sein mochten, und der dünne Eineinhalb- bis Zweijährige, der ihm zuvor schon aufgefallen war. Dazu zählte Doflamingo noch vier Männer; zwei von ihnen waren mindestens ebenso alt wie Tsuru.

Von Kizaru und Aokiji fehlte allerdings jede Spur. Verwundert zog Doflamingo die Augenbrauen zusammen. Wieso nur ließen zwei der stärksten Mitglieder in dieser Situation ihr Rudel allein? Konnten sie sich denn nicht denken oder hatten sie nicht zumindest damit rechnen müssen, dass er zurückkehren würde, um sich zu rächen?

Mit misstrauischer Miene lauschte Doflamingo den Gesprächen, die im gange waren.

"Dieser verdammte Doflamingo macht mir Sorgen", hörte er eine junge Frau sagen, die sich nur unweit von dem Felsbrocken aufhielt, hinter dem er Deckung gesucht hatte. "Er hat Akainu mit nur einem einzigen Biss getötet. Anscheinend ist er sehr gefährlich. Wir hätten ihn nicht unterschätzen dürfen. Was machen wir denn jetzt? Unser stärkstes Rudelmitglied ist tot!"

Der Mann, der neben ihr saß, seufzte. "Du hast recht", meinte er mit wenig motiviert klingender Stimme. "Er ist wohl doch kein so großer Idiot wie wir dachten. Aber es nützt nichts sich über Vergangenes den Kopf zu zerbrechen. Was geschehen ist, ist geschehen. Wir sollten uns lieber Gedanken über die Zukunft machen."

Also hatten sie Akainus Leiche bereits gefunden, schlussfolgerte Doflamingo und konnte ein triumphierendes Grinsen nicht unterdrücken. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, dass er dem Wolfsrudel offensichtlich Angst einjagte. Und mit der Vermutung, dass es sich bei Akainu um das stärkste Glied der Gruppe gehandelt hatte, schien er ebenfalls recht behalten zu haben. Das waren gute Nachrichten.

"Ich wünschte, Aokiji und Kizaru wären hier", jammerte die Frau. "Was sollen wir tun, wenn Doflamingo zurückkehrt und die beiden nicht hier sind? Wie sollen wir uns verteidigen? Gegen einen Gestaltenwandler dieser Größenordnung haben wir nicht die geringste Chance. Er wird uns alle umbringen!"

"Beruhige dich", wurde die hysterische Frau von der alten Tsuru unterbrochen, die einen sehr gefassten Eindruck erweckte. "Vergiss nicht, dass wir es bereits mit vielen anderen Gegern aufgenommen haben. Wir werden es auch mit ihm aufnehmen. Akainu war allein, als Doflamingo ihn erledigte. Wir hingegen sind dreizehn erwachsene Wölfe. Gegen uns wird er nicht ankommen. Unsere zahlenmäßige Überlegenheit war schon immer unser größter Vorteil. Denk nur einmal an das Rudel, das hier lebte, ehe wir diese Höhle vor einem Monat einnahmen! Wenn wir gegen dieses starke Wolfsrudel einen Sieg errungen haben, dann wird es uns auch gelingen gegen Doflamingo einen Sieg erringen!"

Dann handelte es sich bei diesen Gestaltenwandlern also gar nicht um das Rudel, das einst schon mit seinem Vater bekannt gewesen war, schoss es Doflamingo durch den Kopf. Nun wurde ihm auch klar, warum die Rudelmitglieder kein blondes, sondern dunkles Fell besaßen. Diese Wölfe stammten nicht von hier; sie hatten das ansässige Rudel ausgelöscht und dessen Behausung übernommen. Doflamingo musste schlucken. Damit hatte er nicht gerechnet gehabt. Sofort wurde an sein eigenes Rudel zurückerinnert, das ein ähnliches Schicksal erlitten hatte.

Doflamingo war der Ansicht, dass er genug gehört hatte. Dieses furchtbare Wolfsrudel hatte es auf jeden Fall verdient zu sterben. Solche Feiglinge hatten definitiv kein Recht zu leben! Ihm wurde schlecht, als er sich vorstellte wie Akainu, Kizaru und Aokiji die Gestaltenwandler abschlachteten, die schon seit vielen Generationen in dieser Höhle hier gehaust hatten. Anscheinend waren sie selbst über die Alten und die Kindern hergefallen. Doflamingo atmete zweimal tief ein und aus, ehe er die Wölfin anvisierte, die am nächsten zu ihm saß, und sich zum Sprung bereit machte.

Gerade wollte er sich auf den weiblichen Gestaltenwandler stürzen, als sich noch einmal die alte Tsuru zu Wort meldete: "Macht euch also keine Sorgen! Außerdem bin ich mir sicher, dass Aokiji und Kizaru bald zurückkehren werden. Doflamingos Revier liegt, wenn man schnell läuft, bloß eineinhalb Tagesmärsche entfernt. Ich erinnere mich daran, dass die Gruppe, die wir überfielen, einen Boten zu ihm schicken wollte, um Hilfe zu erbitten. Nun, leider erreichte er sein Ziel nie."

Auch wenn einige der Rudelmitlieder lachten, schien sie die Worte der alten Wölfin nicht beruhigen zu können. Sie alle erweckten einen sehr nervösen und ängstlichen Eindruck. Währenddessen fragte Doflamingo sich, aus welchem Grund Aokiji und Kizaru wohl sein Revier aufsuchten. Was könnten sie dort nur wollen? Sollten sie nicht lieber bei seiner Familie bleiben und versuchen sie zu beschützen? Immerhin musste man doch davon ausgehen, dass er zurückkehren würde, um sich zu rächen.

"Hilfe vonseiten Doflamingos Rudel hätte das Blatt womöglich tatsächlich gewendet", warf ein älterer Wolf ein. "Er selbst scheint sehr stark und kampferfahren zu sein. Wer weiß, ob es bei den anderen Mitgliedern seines Rudels ähnlich ist. Wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass er und sein Gruppe uns angreifen."

"Das stimmt", bestätigte Tsuru. "Allerdings stellt auch er allein schon eine große Gefahr dar. Diese Erfahrung machen wir schließlich gerade am eigenen Leib. Aber sobald Aokiji und Kizaru zurückgekehrt sind, werden ihm auch seine Stärke und seine Erfahrungen nichts mehr nützen. Selbst wenn er mit seinem gesamten Rudel auftauchen sollte, wird er nichts gegen uns ausrichten können."

Verwundert zog Doflamingo eine Augenbraue hoch. Was meinte Tsuru mit ihren hämisch klingenden Worten? Hatten sich Aokiji und Kizaru etwa aufgemacht, um Verstärkung zu holen? Lebte irgendwo in der Nähe ein befreundetes Rudel, das ihnen zur Hilfe eilen würde?

"Der offene Kampf ist nie unsere Stärke gewesen", fuhr Tsuru unbeirrt fort. "Wir kämpfen mit Köpfchen. Doflamingo war dumm genug, um Fremden von seinem Partner und seinen Kindern zu erzählen. Sobald wir seine Familie in unserer Gewalt haben, wird er es nicht mehr wagen uns anzugreifen. Wenn Doflamingo nicht möchte, dass sein Partner und die drei Welpen sterben, muss er aufgeben."

"Aokiji und Kizaru sollen bald zurückkehren", seufzte eine Wölfin, die sich bisher noch gar nicht zu Wort gemeldet hatte. "Erst dann werde ich mich wieder sicher fühlen. Hoffentlich sind sie klug genug, um die Welpen zu töten, ehe sie sich auf den Rückweg machen; mit kleinen Kindern im Gepäck benötigt man viel mehr Zeit. Als Geisel ist Doflamingos Partner allein sowieso völlig ausreichend. Und ich wünsche mir wirklich, dass unsere beiden stärksten Rudelmitglieder wieder da wären. Wer weiß denn schon, wo sich Doflamingo, dieses Monster, momentan aufhält?"

In genau denselbem Augenblick, in dem ihn die Wölfin als Monster bezeichnete, fühlte Doflamingo wie ihn absolut purer, bodenloser Hass übermannte. Seine Gefühle begruben ihn unter sich wie eine riesige Tsunami-Welle. In seinem Kopf war für nichts anderes mehr Platz als für grausame Mordgedanken. Plötzlich bereute er es doch, dass er den beiden Wachen draußen am Höhleneingang einen solch schnellen und schmerzlosen Tod bereitet hatte. Sie alle verdienten es zu leiden. Doflamingo fletschte die Zähne. Er würde ihnen bei lebendigem Leibe das Fleisch von den Knochen reißen!

Zur rechten Zeit. Doflamingo musste seine gesamte Willenskraft aufwenden, um nicht aus seiner Deckung hervorzukommen und sich einfach auf den nächstbesten Wolf zu stürzen. Dessen Schmerzensschreie würden sich wie Musik in seinen Ohren anhören! Doch zuerst musste er an seine Familie denken. Für Doflamingo waren die Prioritäten klar: Crocodile und die Kinder hatten eindeutig Vorrang. Erst wenn er wusste, dass seine Familie in Sicherheit war, würde er Rache üben. Und alle Mitglieder dieses Wolfrudels würden den Tag ihrer Geburt verfluchen!

Anstatt die anderen Gestaltenwandler zu zerfleischen, flüchtete Doflamingo aus der Höhle. Es war ihm vollkommen egal, ob das Rudel seine Anwesenheit mitbekam oder nicht. All seine Gedanken waren auf Aokiji und Kizaru gerichtet. Doflamingo hoffte von ganzem Herzen, dass die beiden Gestaltenwandler seine Familie nicht vor ihm erreichen würden. Gegen zwei ausgewachsene und vor allem rachsüchtige Wölfe hätte Crocodile niemals eine Chance.

Doflamingo erhöhte seine Geschwindigkeit und zwang sich zu absoluten Höchstleistungen. Er wusste nicht wie groß der Vorsprung war, den Aokiji und Kizaru hatten. Vielleicht waren sie schon vor Stunden aufgebrochen. Doflamingo wurde schlecht, als er sich ausmalte wie der Kater überwältigt und gefangen genommen wurde bei dem Versuch die Welpen zu beschützen. Er könnte es sich niemals verzeihen, wenn seinem Partner oder seinen Kindern etwas Schlimmes zustieß. Er wollte seine Familie nicht noch einmal verlieren!
 

~
 

Er nahm die Marder beim Genick und wollte sich gerade wieder auf den Weg zurück zu seinen Kindern machen, als er plötzlich einen seltsamen Geruch wahrnahm. Verwirrt zog Crocodile die Augenbrauen zusammen. Es roch eindeutig nach Wolf. Was Crocodile jedoch verwunderte, war die Tatsache, dass es sich ganz offensichtlich nicht um seinen Partner handelte; Doflamingos Duftnote hätte er nämlich auf jeden Fall sofort wiedererkannt.

(Auszug aus Kapitel 11)
 

bye

sb


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leser! :)
Ich hoffe sehr, dass euch Kapitel 10 gefallen hat^^ (Die Zählung der Kapitel ist durch das Kapitel 7, das ich ja noch einmal in zensierter Version hochgeladen habe, leider ein bisschen durcheinandergeraten. Bitte stört euch nicht daran.)
Inzwischen ist Dofla also klar geworden, worin der fiese Plan des Wolfsrudels besteht: Aokiji und Kizaru sollen seine Familie entführen, um ihn auf diese Weise erpressen zu können. Croco & die Welpen scheinen in höchster Gefahr zu schweben! Wird er rechtzeitig auftauchen und seine Familie beschützen können?
Wie es unserem Lieblingswolf und unserem Lieblingskater weitergeht, erfahrt ihr im nächsten Kapitel! ;)

bye
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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2015-04-16T10:34:43+00:00 16.04.2015 12:34
Gott ist das spannend.
Antwort von:  kleines-sama
16.04.2015 22:51
Vielen Dank für deinen Kommi! :)
Es freut mich zu hören, dass "Wolfskinder" nicht langweilig wird ;)

bye
sb


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