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Beyblade in Love

Staffel 2
von

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Kapitel 7

„Jetzt übertreibst du aber“, erwiderte Spencer, wurde mit der Stimme jedoch immer ruhiger.

„Ich habe Luna deutlich zu verstehen gegeben, dass sie für die Miete genauso aufkommen muss wie wir und es mir SCHEIßEGAL IST, WIE SIE ZU IHREM GELD KOMMT!“, rief Tala wütend aus und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, „ HABE ICH MICH JETZT FÜR ALLE KLAR UND DEUTLICH AUSGEDRÜCKT?“

„Laut und deutlich…“, bejahten Bryan und Spencer kleinlaut.

„Dann kann ich ja wohl davon ausgehen, dass das Thema damit über’n Berg ist?“

„Ja, Tala…“

Der Teamchef ließ sich wieder auf seinen Platz nieder und blätterte weiter in seiner Zeitschrift, als wäre die Diskussion von gerade eben nie passiert. Spencer und Bryan warfen sich einen vielsagenden Blick zu, als plötzlich hinter ihnen die Wohnungstür scheppernd ins Schloss knallte. Alle drei Jungs sahen zu besagter Tür, sagten jedoch nichts. Jeder wusste, dass Luna gegangen war…
 

***
 

Dicke Frusttränen kullerten über Lunas Gesicht, während sie sich durch die verschneite Fußgängerzone kämpfte. Die Leute, welche sie gnadenlos beiseite schupste sahen ihr verärgert hinterher und riefen irgendwelche Sachen, was sie eiskalt ignorierte. Der Schneematsch lief ihr Dank der Löcher tief in die Schuhe, weshalb Luna nach nur wenigen Minuten eiskalte und pitschnasse Füße hatte. Sie stampfte ins nächstbeste Café und lief auf dem Weg zur Toilette direkt in die Kellnerin. Ein ordentlicher Rums, Porzellan zerbrach klirrend und die Getränke liefen über Lunas Kleidung und die der Kellnerin. Die junge Frau sah empört an sich runter und würdigte Luna mit einem strafenden Blick.

„Kannst du nicht aufpassen?!“, fuhr sie sie an.

„Pass doch selber auf!“, entgegnete Luna und schob sich an ihr zur Toilette vorbei.

„Scheiß Punker!“, rief die Kellnerin noch laut hinterher.

Luna schloss hinter sich schnell die Kabinentür, hockte sich auf die geschlossene Toilette und schluchzte lauthals in ihren Pullover. Sie ignorierte sie Kommentare der anderen Klobesucher, auch wenn sich einige an ihrer Kabine erkundigten, ob sie ihr helfen konnten.

„Es ist mir SCHEIßEGAL IST, WIE SIE ZU IHREM GELD KOMMT“, hallten Talas Worte wieder und wieder in ihrem Kopf, wie ein nie enden wollendes Echo. Das Mädchen biss sich heftig auf den Zeigefinger, damit durch den Schmerz der Drang zum Weinen endlich aufhörte.

„Au…“, wimmerte sie kleinlaut und wischte sich die Nase am Ärmel ab.

Kurze Zeit später trat Luna aus ihrem Versteck heraus und betrachtete sich im Spiegel. Ihr Kajal hatte sich über beide Wangenknochen verteilt, die Augen waren gerötet und die Haare stellten sich in jede Richtungen.

„Du siehst beschissen aus…mal ehrlich Mädchen…was hast du nur falsch gemacht…?“, fragte Luna ihr Spiegelbild, „ist es zu viel verlang, dass auch ich mal ein wenig Glück abbekomme?“

Das Mädchen schlurfte wieder zurück in die Kabine, wo sie sich für eine gute Stunde erneut versteckte. Als Luna sich dazu entschied, endlich wieder zurück ins eigentliche Café zu gehen bemerkte sie, dass niemand mehr drinnen war. Sie guckte sich desinteressiert um und schlurfte lustlos durch den Raum.

„Wir haben geschlossen“, ertönte plötzlich eine Männerstimme hinter hier, was Luna heftig zusammen zucken ließ.

Der Mann kam zu ihr und stutzte, als er ihr Gesicht sah.

„Ist…mit dir alles in Ordnung?“, fragte er vorsichtig.

„Nein…“, schmollte sie und wischte ihre Nase erneut am Ärmel ab.

„Wir haben trotzdem geschlossen, tut mir leid...“

„Ja…mir auch…“

Luna schlurfte zum Eingang, als der Mann sie am Arm festhielt. Sie machte sich nicht mal die Mühe, sich zu wehren.

„Warte…willst du einen Tee? Es ist scheiße kalt da draußen.“

„Ihr habt geschlossen und außerdem habe ich kein Geld dabei…“

„Der geht aufs Haus“, lächelte er fürsorglich und nahm Luna mit an den kleinen Tresen.

Er zeigte ihr, dass sie sich doch auf einen der Barhocker setzten sollte, während er um den Tresen huschte und den Wasserkocher einschaltete.

„Ich bin Marvin“, stellte sich der Mann vor.

„Hi Marvin“, entgegnete Luna.

„Hast…du denn keinen Namen?“

„Was macht das denn für einen Unterschied?“

„Zu was?“

„Is doch egal. Ich kann nicht mehr zurück und weiß nicht wo ich hin kann.“

„Du…hattest anscheinend einen beschissenen Tag…und das kurz nach Weihnachten.“

Marvin stellte Luna die dampfende Tasse vor die Nase und stellte ihr einen kleinen Teller mit Gebäck daneben. In diesem Moment kam die Kellnerin von vorhin um die Ecke und schmiss ihre Schürze auf den Tresen.

„Ich hab so die Schnauze voll von diesem Drecksloch hier!“, schimpfte sie und zeigte Marvin diverse Gesten, „voll Abzocke hier und dann noch von dummen Leuten umgeben!“

„Was hast du denn jetzt schon wieder für ein Problem?“

„Mein Scheißproblem ist, dass so ne bescheuerte Punkertussi vorhin voll in mich gelaufen ist und sich nicht mal entschuldigt hat! Das war ne brandneue Bluse!“

Die Blicke der beiden Frauen trafen sich, während Luna an ihrem Tee nippte.

„Des ist die sogar!“, schimpfte die Kellnerin weiter, „du hast Nerven, jetzt noch hier zu sitzen und die Leute vom Feierabend abzuhalten!“

„Es reicht, Cora“, mahnte Marvin und warf ihr einen giftigen Blick zu, „die Kunden beschweren sich eh schon über dein Verhalten und du wunderst dich auch noch, warum dir keiner ein Trinkgeld geben will!“

„Fick dich, Marvin“, giftete Cora weiter, „ich habe keinen Bock mehr auf den Scheißladen hier!“

„Dann geh doch“, entgegnete Marvin nüchtern.

Cora stutzte kurz, kam allerdings zu dem Entschluss, dass sie jetzt nicht mehr zurück konnte. Sie band ihre Schürze ab und schmiss diese auf den Holztresen. Ohne noch irgendeine Bemerkung verließ sie den Laden.

Luna blickte über den Rand ihrer Teetasse zu Marvin und zog beeindruckt die Augenbrauen hoch.

„Kurzer Prozess“, lächelte er, „ich habe nicht die Nerven, mich um jede Kleinigkeit meiner Angestellten zu kümmern. Wem der Job nicht gefällt darf gerne gehen, niemand wird gezwungen hier zu arbeiten.“

„Naja...das habt ihr beide mir gerade demonstrativ verdeutlicht“, murmelte das Mädchen und schob sich einen Keks in den Mund, „du sagtest ‚deiner Angestellten‘?“

„Jupp. Is mein Laden“, plusterte sich Marvin stolz auf.

„Is nett.“

„Danke.“

„Bitte.“

„Allerdings...werde ich ihn demnächst schließen dürfen...zu wenig Kunden.“

„Cora?“

„Anscheinend...“

Marvin seufzte tief und stützte seine Arme auf dem Tresen ab. Luna schwieg ebenfalls und schlürfte ihren Tee.

„Und nun zu dir.“

„Was ist mit mir?“

„Du scheinst gerade in einer beschissenen Lage zu sein. So wie ich.“

„Ach ja?“

„Meine Bedienung hat, wie du gerade demonstrativ mitbekommen hast gekündigt. Allein kann ich mein Café aber nicht betreiben.“

„Du hast nur eine Bedienung gehabt?“, fragte Luna ungläubig, „sogar für ein kleines Café wie deines ist eine viel zu wenig!“

„Ich habe noch Henry, aber der betreibt eine Discothek...also ist er nicht jeden Tag da.“

„Könnte glatt dein Bruder sein“, nuschelte Luna.

„Er ist mein Bruder.“

Luna verschluckte sich an ihrem Tee und hustete heftig. Marvin schien die Situation mitleidig zu belächeln.

„Und was hat das ganze mit mir zu tun?“, erkundigte sich das Mädchen, nachdem es sich wieder eingekriegt hatte.

„Wir sind beide fast in derselben Lage...meinst du nicht, wir könnten uns irgendwie gegenseitig helfen?“

„Das klingt so, als würdest du mehr in der Scheiße stecken als ich...“

„Hey...ich brauche eine Bedienung und du anscheinend einen Job.“

„Sieht so aus.“

„Vor nicht allzu langer Zeit ist bei mir ein Posten frei geworden“, grinste Marvin.

„Das war...vor einer viertel Stunde...“

„Wie doch die Zeit vergeht“, lachte der junge Mann und fuhr sich bedeutungslos mit der Zunge über die Lippen, „kommen wir ins Geschäft oder nicht?“

„Ich würde ja gerne“, begann Luna ihren Satz, sah dann jedoch an sich herunter und machte Marvin eine vielsagende Geste.

„Du wirst es nicht glauben, aber es gibt Läden, da kann man sich neue Kleidung kaufen...“, grinste er verschmitzt.

„Das ist mir durchaus bewusst, aber mit welchem Geld?“

„Anscheinend steckst du genauso tief in der Scheiße wie ich.“

„Scheint so…“, seufzte das Mädchen.

„Pass auf! Ich mach dir einen Vorschlag...“, sagte Marvin und kramte hinter dem Tresen etwas kleines schwarzes hervor, „hier sind...100 Euro. Sieh es als Vorschuss für neue Arbeitsklamotten und einen ordentlichen Haarschnitt. Schminkzeug wirst du wohl haben?“

„Du meinst das Zeug, welches in meiner Tasche vor sich hin vegetiert?“

Marvin zog beide Augenbrauen fragwürdig hoch.

„Ich stecke anscheinend mehr in der Scheiße als du...“, belächelte Luna die Situation und trank ihre Tasse leer.

Sie ließ sich vom Barhocker gleiten, schwang sich ihren Rucksack über die Schulter und bedanke sich für das heiße Getränk.

„...Mittwoch. 14.00 Uhr beginnt deine Schicht. Von mir aus kannst du die Schminke vorerst weglassen...“, rief ihr Marvin hinterher.

„Wieso bist du dir so sicher, dass ich erscheinen werde?“

„Du hast es gerade selbst gesagt“, grinste er, „du steckst anscheinend tiefer in der Scheiße, als ich.“
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Luna schüttete ihr Schminktäschchen quer über ihrem Bett aus. Sie hatte sich gerade die Farbe ausgewaschen und die nassen Haare in einem Handtuch eingewickelt, während sie naserümpfend über ihre Schminksammlung blickte.

„Ich hab so verschissen...“, murmelte sie und fuhr mit der flachen Hand ein paar Mal über die einzelnen Döschen und Tiegel.

Ein tiefer Seufzer entwich ihren Lippen, als Luna die Arme über der Brust verschränkte um nachzudenken. Sämtliches Zeug war entweder eingetrocknet, leer oder einfach nicht mehr zu gebrauchen.

„Oh man…“

„Du könntest ja Kai fragen, ob er dir was von seinem Schminkzeug ausleiht“, kommentierte Bryan monoton.

Luna drehte sich stocksteif in der Hüfte zu ihm um: „Wo kommst du denn schon wieder her?“

„Ich bin seit fast fünf Minuten hier.“

„Du bist wie ein Ninja...“

„Ninjas sind cool!“

„Vor alles können sie sich lautlos von hinten anschleichen...“

„Sag ich doch: sie sind cool!“

Luna nickte nur und biss sich auf die Unterlippe und überlegte, was sie bis Mittwoch noch zu kaufen hatte. Erneut seufzte sie tief.
 

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Mittwoch 08:40

Luna stand wie von einer Tarantel gestochen im Bad, warf mehr runter als sie wirklich effektiv gebrauchte.

„Du hast doch noch ewig Zeit“, gähnte Tala, als er sich das Schauspiel eine Weile angeguckt hatte, „du musst doch erst Nachmittag dort sein...“

„Meine Haare haben heute nach dem Aufstehen ausgesehen wie ein gerupftes Federkissen!“, schimpfte das Mädchen, „also hab ich sie noch mal gewaschen, dann völlig falsch gefönt, also erneut gewaschen und jetzt hat es geklappt...wenn ich mein Glätteisen noch finde...“

„Seit wann bist du wach?“

„Sechs Uhr.“

„Mädchen...hau dich noch mal aufs Ohr...“, gähnte der Junge erneut und kratzte sich im Nacken.

„Nein! Dann verschlaf ich auch noch an meinem ersten Tag! Das kann ich mir nicht erlauben!“

„Ich stell den Wecker für dich...“

Die nächsten Stunden war Luna damit beschäftigt fluchend von ihrem Zimmer ins Bad, vom Bad in die Küche und wieder zurück zu wuseln. Spencer schenkte ihr jedes Mal wenn er sie sah ein besorgtes Lächeln, mehr konnte er nicht für sie tun.
 

12:50 Uhr

„Luna?“, linste Tala ins Wohnzimmer, wo sich das Mädchen die letzte halbe Stunde aufgehalten hatte.

„ICH BIN WACH, ICH BIN WACH, ICH BIN WACH!“, schreckte Luna auf der Couch hoch.

„Mach langsam“, beruhigte er sie und stellte eine Tasse Kaffee auf den Tisch, „du hast noch eine Stunde...“

Mühselig setzte sich Luna auf und wischte sich den Sabber vom Mundwinkel, zupfte ihre Bluse zurecht und prüfte mehrmals, ob ihre Frisur noch saß.

„Du siehst gut aus“, belächelte Tala das Schauspiel, welches ihm geboten wurde, „trink deinen Kaffee...ich fahr dich dann hin...“

„Danke...und danke.“

„Kein Problem.“
 

13:50 Uhr

Marvin konnte sich ein leichtes Grunzen nicht verkneifen, als Luna vor ihm stand.

„Du warst entweder nicht beim Friseur...oder bei dem schlechtesten den es in dieser Stadt gibt.“

„Das hab ich selbst gemacht“, erwiderte sie dezent niedergeschlagen.

Dafür hatte sie kostbare Stunden Schlaf geopfert.

„Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass du 100 Euro nur für Klamotten ausgegeben hast?“

„Nein.“

„Aber?“

„Erstens hast du nichts gegen meine bunten Haare gesagt und zweitens hatte ich noch Farbe zu Hause.“

„Ich habe solange nichts gegen bunte Haare, wie es die Kunden auch nicht haben. Aber deine sind...“

„Hässlich?“

„Unsauber gearbeitet. Außerdem ist der Schnitt rausgewachsen, oder hast du das auch selbst gemacht?“

„Teils…?“

Marvin hob herausfordernd die Augenbrauen und schüttelte den Kopf.

„Soll...ich jetzt...wieder gehen?“

„Nein. Für heute drück ich noch mal ein Auge zu. Allerdings weißt du, was du nach der Arbeit zu tun hast.“

„Zum Friseur gehen?“

„Zum Friseur gehen.“

„Okay...“

Er lächelte dankend bevor er Luna zu sich hinter den Tresen winkte.

„Hier ist ein Tablett, Stift sowie Block und der Schlüssel fürs Lager, welches ich dir gleich noch zeige. Wenn Kunden kommen wartest du, bis sie sich gesetzt haben. Am Besten zählst du dann noch innerlich bis zehn und dann gehst du zu ihnen.“

„Warum?“

„Sie sollen nicht überrumpelt werden.“

„Okay...“

„Am Anfang brauchst du noch keine Abkürzungen schreiben, die lernst du noch schnell genug. Die meisten Leute wollen um die Jahreszeit heiße Getränke, in seltenen Fällen was zu Essen.“

„Okay.“

„...und...egal was ist...bitte...freundlich sein und bleiben...“, betete Marvin schon fast.

„Okay...“

„Mehr verlang ich nicht von dir...“

Luna folgte ihrem neuen Chef bis zu einer fast schon nostalgischen Holztür, wo Marvin ihr den Schlüssel von vor fünf Minuten zeigte und aufschloss.

„Das Lager“, meinte Luna stolz.“

„Das Lager. Hier findest du Servierten, Toilettenpapier, Putzhandschuhe und hier die Getränkekartons von Limo, Coladosen...“, erklärte der junge Mann und machte eine ausschweifende Handbewegung.

Die beiden gingen erneut hinter den Tresen, wo Kaffeemaschine, Wasserkocher und diverse Teesorten fein säuberlich sortiert standen.

„Kaffeemaschine reinige ich jeden Abend, darum musst du dich also nicht kümmern. Wenn eine Teesorte mal leer sein sollte findest du Auffüllmaterial wo?“

„Im Lager“, grinste Luna wie ein kleines Schulkind, welches eine richtige Antwort gegeben hatte.

„So ist es“, nickte Marvin lobend, „hast du noch fragen?“

„Noch nicht.“

„Später ist nicht die Zeit um mich um Hilfe zu bitten...“

„Dann improvisiere ich.“

Erneut nickte Marvin lobend. Dann schloss er das Café auf.

Lunas Herz pochte jedes Mal wie verrückt, wenn Leute dicht am Schaufenster vorbeigingen und hineinsahen. Dann gingen die meisten weiter.

„Das ist ja Folter!“, beschwerte sie sich ironisch.

„Sonst wäre es zu einfach“, grinste Marvin, welcher seinen Platz in der Küche hinter der Theke eingenommen hatte.

„Hattest...hattest du nicht gesagt, dass dein Bruder noch mit aushilft?“

„Manchmal.“

„Und wer bedient heute mit mir?“

Marvin sah Luna irritiert an: „Du.“

„Nur ich?“

„Ja.“

„Oh...mein...Gott...“

„Tief einatmen. Hol dir von mir aus einen Kaffee und das Lächeln nicht vergessen.“

Schnell huschte Luna hinter den Tresen und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein, welche sie fast schon zu hingebungsvoll genoss. Genau in diesem Moment ging die Tür zum Café auf, woraufhin sich das Mädchen beinahe an dem heißen Koffeingetränk verschluckte. Spencer und Bryan standen breit grinsend vor ihr.

„Hi!“, winkten die beiden ihrer Mitbewohnerin zu und kamen an den Tresen.

„Hi Jungs.“

„Wir wollten dir viel Erfolg für deinen ersten Arbeitstag wünschen und haben dir Nervennahrung mitgebracht.“

Sie legten eine Tafel Vollmilchschokolade auf die Theke.

„Oh...wie lieb von euch!“

„Viel Spaß und halt die Ohren steif!“

So schnell wie sie gekommen waren verschwanden sie auch wieder. Luna brach sich eine Rippe der Schokolade ab und biss genüsslich rein.

„Ein Verehrer?“, erkundigte sich Marvin, ohne aus der Küche zu schauen. Er schien gute Ohren zu haben.

„Meine Mitbewohner.“

„Nett von ihnen.“

„Jupp“, strahlte Luna und nippte an ihrem Kaffee.
 

17:25 Uhr

Draußen war es bereits wieder stockfinster geworden, während das Mädchen die letzten Krümel von einem Tisch aufwischte. Im Großen und Ganzen war es nicht annähernd so schlimm gewesen, wie sie es sich ausgemalt hatte. Bis jetzt hatte Luna nur einzelne Kunden gehabt, größtenteils freundlich und unkomplizierte Leute. Ohne das sie es jemals gemerkt hätte stand Marvin jedes Mal, wenn sie bediente am Tresen und linste ihr über die Schulter, ob er ihr nicht doch hätte helfen können. Luna konnte anscheinend sehr gut mit Leuten, oder sie improvisierte sehr gut...oder es lag schlicht und einfach an den acht Tassen Kaffee, welche in ihrem Blutkreislauf zirkulierten.

„Wie kommst du später eigentlich heim?“, erkundigte sich Marvin, nachdem Luna alles erledigt hatte.

„Mein Mitbewohner holt mich ab.“

„Dein Mitbewohner.“

„Ja.“

„Hat der auch einen Namen?“

„Ähm...“

Sie konnte jetzt ohne Probleme Talas Namen aussprechen und Gefahr laufen, dass ab morgen ein Groupie mehr an der Haustür stand, oder sie tat was sie am besten konnte; improvisieren.

„Yuriy.“

„Yuriy“, wiederholte Marvin.

„Ja. Yuriy. Glaubst du mir denn etwa nicht?“

„Doch, doch. Nur wenn keiner gekommen wäre, dann hätte ich dich auch heimfahren können.“

„Das ist nett von dir, Marvin.“

Er lächelte dankend und sah auf die Uhr: „Es ist Zeit.“

„Für?“

„Dich zum Friseur zu gehen.“

„Jetzt schon?“

„Heute war dein erster Tag...also wollen wir es mal gut sein lassen.“

„Okay.“

Luna ging in den Aufenthaltsraum, holte ihren Rucksack, zog ihre Jacke über und schrieb nebenbei Tala eine SMS, dass er sie woanders abholen sollte.

„Bis morgen“, winkte ihr Marvin hinterher, als das Mädchen das Café verließ, „und viel Spaß!“
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

„...die Wohnung ist auch zu teuer...“, murmelte Spencer, während sich Tala sichtbar verzweifelt die Schläfen massierte.

„Wir finden vor der Meisterschaft niemals eine neue Bleibe!“

„Wir könnten doch auf Land ziehen“, schlug Bryan nüchtern vor, „oder zu Kais Dad...der hat doch ein riesiges Haus...“

Kai warf seinem Teamkollegen einen finsteren Blick zu.

„Weder noch...“, überlegte Tala, „wir müssten schon hier im Umkreis bleiben.“

Die vier Jungs seufzten.

„Vielleicht diese hier?“

„Klar! Und ich hab einen Geldscheißer oder was?“

„War doch nur ein Vorschlag“, brummte Bryan.

„Käme ein Haus eigentlich in Frage?“, schlug Kai vor.

„Geldscheißer? Hatte ich da gerade nicht so was in der Art erwähnt?“

„Wenn wir ein kleines Haus finden würden, das nur etwas weiter außerhalb steht, könnten wir die monatliche Miete schon um knapp 15% senken.“

Tala warf Kai einen überlegenden Blick zu: „Erzähl weiter.“

„Es muss ja nicht mal ein komplettes Haus sein...eine Doppelhaushälfte wäre für uns fünf schon ausreichend.“

Spencer gab die neuen Daten in die Suchkriterien ein und drückte auf „suchen“. Kai tippte auf den Bildschirm und Spencer klickte das Objekt der Begierde an.

„Boah! Guckt euch die Hütte an!“, staunte Bryan, „ist das ein Garten?“

„Sogar mit Terrasse...“

„Aber da ist weder ein Boden drin, geschweige von der fehlenden Küche.“

„Gehört diese hier nicht euch?“

„Nein, Kai...uns gehören gerade mal die Waschmaschine und unsere Möbel.“

„Dann stellt bei der BBA doch einen Antrag auf Wohngeldunterstützung.“

„Was?“

„Wusstet ihr das nicht?“

„Nein“, raunten Tala, Spencer und Bryan im Chor.

„Durch diesen Antrag bekommt jeder Blader im Haushalt einen gewissen Zuschuss, damit er Miete und Versorgung besser haushalten kann. Da wir alle vier in ein und demselben Team sind erhöht sich dadurch der Betrag sogar noch.“

„...und mit sowas kommst du erst JETZT?“

„Ihr hattet nicht gefragt.“

Bryan holte bereits zum Schlag aus, als Tala ihm ein Zeichen gab und sich der Junge mürrisch wieder auf seinen Platz niederließ.

„Das heißt jeder von uns bekommt ein monatliches Taschengeld?“, erkundigte sich Spencer.

„So kann man es auch nennen.“

„So könnten wir rein theoretisch die Renovierungskosten erheblich senken. Wenn wir diesen Betrag für jeden von uns vier erhalten...“

„Wie gesagt: jeder Blader im Haushalt.“

Tala nickte anerkennend und klopfte sich auf den Schoß: „Dann wird es Zeit, dass wir diesen Antrag mal stellen.“

„Das wird trotzdem beschissen“, raunte Spencer.

„Wieso?“

„Weil diese Doppelhaushälfte erst ab Mai frei ist. Da sind wir schon auf der Weltmeisterschaft.“

„Shit.“

„Ich könnte den Umzug doch managen“, ertönte plötzlich Lunas Stimme.

Die Jung sahen überrascht auf. Das Mädchen stand im Türrahmen.

„Wie lange stehst du da schon?“

„Ninjas sind eben cool“, zwinkerte sie Bryan zu, welcher ein breites Grinsen aufsetzte.

„Was ist denn mit dir passiert?“

„Ich war beim Friseur“, strahlte das Mädchen und fuhr sich durch die mittlerweile kurzen Haare, „gefällt es euch?“

„Du siehst fast wie Bryan aus...nur ohne diese schwulen Koteletten.“

„Darf ich ihn jetzt schlagen?“

„Nein...“

„Das ist ein fünf-Personenumzug. Es wird hektisch, stressig und wenn was zu entscheiden ist, sind wir nicht da!“

„Dann regeln wir eben alles, bevor ihr zur Meisterschaft geht“, zuckte Luna mit den Schultern.

„Du siehst das Ganze ein bisschen zu einfach, kann das sein?“

„Nicht im Geringsten. Wenn ihr mich das machen lasst, nachdem alles besprochen ist werde ich das schon schaffen.“

Die Jungs warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Luna seufzte: „Schlaft einfache noch mal drüber und stellt diesen Antrag. Ihr wisst ja, wo ich sein werde.“

In diesem Moment klingelte es an der Wohnungstür. Luna öffnete diese und erblickte ein junges Mädchen. Vielleicht ihr Alter. Sie hatte große hellgraue Augen, welche sie mit Kajal und Eyeliner noch mehr betont hatte. Ihre Haare reichten gerade so bis zu ihrem Schlüsselbein und waren weißblond, schon fast silbrig gefärbt.

„Strastwuitje. Menja sawut Mirka. Ja chatschu gawarju paschalsta Kai.“

Luna starrte das Mädchen mit großen, ungläubigen Augen an. Die beiden blieben so einige Sekunden stehen, bis das Mädchen sich erneut regte.

„Kai?“, fragte sie erneut, diesmal lächelte sie leicht verzweifelt.

Luna konnte ihre Starre lösen und rief den gefragten Jungen aus dem Wohnzimmer herbei, ließ die andere jedoch nicht aus ihrer Sicht. Als Kai schließlich neben ihr erschien lächelte das fremde Mädchen Luna freundlich zu und sagte: „Spasibo.“

„Ähm…ja“, erwiderte Luna unsicher und trat einen Schritt zurück.

Zu Lunas großer Überraschung begrüßten sich Kai und das Mädchen mit zwei kurzen Küssen auf die Wangen und er ließ sie in die Wohnung eintreten.

„Eto Luna“, meinte Kai und machte eine Geste, als wolle er die beiden Mädchen miteinander bekannt machen, „ona ne govorit po –russki!“

Sofort wurden die Augen des Mädchens noch größer und sie machte eine peinlich berührte Geste. Sie lächelte Luna erneut an und meinte: „Izvinite! Äh ich meine Entschuldigung!“

Lunas Mimik erhellte sich, als sie die Worte in ihrer Sprache zu hören bekam, wenn auch mit leichtem Akzent.

„Kein…Problem…?“, entgegnete sie und sah Kai fragend an.

„Das ist Mirka Solowjow. Ich habe dich ihr vorgestellt und ihr gesagt, dass du kein russisch sprichst“, erklärte der Junge.

„Sehr zuvorkommend“, bedankte sich Luna und reichte Mirka zur Begrüßung die Hand.

Diese erwiderte den Händedruck und zog das Mädchen an sich ran, um auch sie auf die typische russische Art mit Wangenkuss zu begrüßen.

„Es tut mir leid, wenn ich Sie im ersten Moment verwirrt habe“, entschuldigte sich Mirka erneut, „aber bis jetzt haben nur Russen in dieser Wohnung gewohnt…“

„Kein Problem“, winkte Luna ab, „aber sag bitte ‚du‘ zu mir.“

Mirka war diesmal dran mit fragenden Blicken, bis Kai ihr in Russisch erklärte, was Luna gemeint hatte.

„Ach so…ja tut mich leid. Ich verwechsel das immer noch.“

„Tut mir leid…“, wiederholte Kai.

„Prisoska“, murmelte Mirka und sah Kai schon fast böse an.

„Selber Trottel, wenn du dir die Sprache nicht merken kannst.“

„Sie…sie hat dich Trottel genannt?“, erkundigte sich Luna erschrocken, nachdem Mirka ins Wohnzimmer gegangen war um die anderen zu begrüßen.

„Ja.“

„Du scheinst dich davon nicht besonders angegriffen zu fühlen…?“

„Das ist wohl das harmloseste, was sie je zu mir gesagt hat“, meinte Kai und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

„W…was?“

Der Junge nickte nur.

„Ihr…kennt…euch…also länger…?“, wollte Luna vorsichtig wissen.

„Über zehn Jahre.“

„Ah…sie ist also deine Sandkastenfreundin?“

„Sie ist meine Verlobte.“

Luna blieb der Mund mitten im Ansatz etwas sagen zu wollen sperrangelweit offen stehen und sie starrte Kai mit weit aufgerissenen Augen an.

„Luna? Alles in Ordnung?“

„Mirka ist deine WAS?!“

„Verlobte“, wiederholte das Mädchen, welches ihren Namen gehört hatte und gesellte sich zu den beiden in den Flur.

„Meine Familie gehört ebenfalls dem Chevalier-Clan an.“

Luna blickte weiterhin fragend zwischen Kai und Mirka umher.

„Du…hast ihr noch nichts darüber erzählt oder, Kai?“

„Nein.“

„Warum?“

„Warum sollte ich?“

„Idiot...sie scheint nett zu sein, da hättest du ihr sowas ruhig erzählen können!“

„Sie ist ein Fangirl.“

„Und dann lasst ihr sie in eure Wohnung?“

„Sie ist unsere Mitbewohnerin.“

„Trotzdem ist die nett!“

„Wenn wir uns alle wieder beruhigt haben, dann könnte irgendeiner von euch beiden erklären was dieses Chevadingsda ist?“, beschwerte sich Luna.

Mirka und Kai sahen sie überrascht an.

„Du willst es wissen??“

„Es hört sich interessant an. Außerdem bin ich doch ein Fangirl, also interessiert mich eh alles was mit dir oder den anderen zu tun hat“, grinste Luna breit.

Kai seufzte und begab sich wieder ins Wohnzimmer.

„Dann erzähl ich es dir eben“, lächelte Mirka, „im Prinzip ist es eigentlich ziemlich einfach.“

„Okay…?“

Mirka grinste noch breiter und harkte sich bei Luna unter: „Gehen wir in die Küche und machen uns einen Kaffee.“



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