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Beyblade in Love

Staffel 2
von

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Kapitel 2

Sie nippte an ihrem heißen Tee und blätterte in der Zeitung durch, als sie plötzlich von hinten einen flüchtigen Kuss auf die Wange bekam.

„Guten Morgen“, raunte sie.

„Oh…du hörst dich ja gar nicht gut an. War spät gestern, hm?“, kicherte er.

„Hör mir auf, Jamie. Die Mädels haben mich mit Kurzen und so einem komischen Zeug zugeschüttet…das war nicht mehr lustig!“

Jamie lachte kurz auf und biss in sein Brot, welches er sich gerade noch mit Marmelade beschmiert hatte.

„Wann ziehst du eigentlich aus?“

„Was glaubst du, nach was ich hier gerade gucke?“

Er zuckte mit den Schultern und biss erneut in sein Brot. Das Mädchen rollte die Augen und tippte auf das Papier.

„Und? Was interessantes dabei?“

„Ja…hier hätte ich eine interessante Anzeige!“, meinte sie und las den Absatz vor, „suchen dringend Mitbewohner für 5 Zimmer WG.“

„Eine Wohngemeinschaft?“, fragte Jamie argwöhnisch, „ich dachte, du suchst nur was für dich allein?“

„Aber die Wohnung hat eine vollausgestattete Küche, Balkon, Waschmaschine und ich kann mir den Mietanteil leisten…und sie wäre in der Innenstadt! Und sie hat zwei Bäder.“

„Trotzdem…mit vier weiteren Leuten, die du gar nichts kennst zusammen wohnen? Das sieht dir gar nicht ähnlich, Luna.“

„Hab ich schon erwähnt, dass ich in meinem Zimmer einen Fernseh- sowie einen Internetanschluss habe?“, grinste Luna und drückte Jamie einen Kuss auf den Mund, „das Objekt wäre perfekt!“

„Dann ruf doch gleich mal an. Vielleicht ist es noch zu haben.“

Das Mädchen wählte die Nummer und hielt sich das Handy ans Ohr. Nach kurzem Warten nahm jemand ab.

„Hallo! Ich rufe an wegen dem Zimmer in der 5er WG…wäre das denn noch frei?“

Jamie beobachtete sie, während Luna aufmerksam zuhörte und nebenbei Notizen aufschrieb.

„Aha…aha…okay…ja die Straße kenn ich…ja…ich bin 21…“

Nach ein paar Minuten war das Gespräch beendet und Luna grinste sich einen ab.

„Und?“

„Ich darf morgen Nachmittag vorbeikommen, um es mir anzusehen.“

„Das freut mich für dich“, grinste Jamie und steckte sich das restliche Brot in den Mund.
 

Am nächsten Tag

„Hier muss es sein…“, murmelte Luna und sah auf die Hausnummer, „ja, hier sind wir richtig!“

Jamie sah sich die Hausfassade genauer an und rümpfte die Nase.

„Was ist?“

„Sieht ganz schön alt und verwittert aus…“

„Ich finde das hat was.“

„Nicht wirklich, außer, dass ich Angst um meine Gesundheit hätte…“

„Du und deine Äußeren Eindrücke…“, raunte Luna genervt und klingelte.

„Und trotzdem hast du mich gebeten heute mitzukommen!“

Sie verdrehte die Augen und drückte sich beim summenden Geräusch gegen die Tür. Gleich rechts hingen die verschiedenen Briefkästen und der Boden war mit grauen Fliesen versehen. Die beiden gingen ein Stück, bis die Treppe mit ihrem verschnörkelten eisernen Geländer vor ihnen erschien.

„Sag ich doch: hat was!“

Jamie erwiderte nichts, warf ihr jedoch einen vielsagenden Blick zu. Die restlichen Stufen gingen sie wortlos hinauf, bis sie zu einer nur angelehnten Tür kamen.

„Meinst du…wir sind hier richtig?“, fragte Luna und wand sich an ihren Begleiter.

„Schau halt mal rein?“, schlug er vor.

„Ich guck doch nicht einfach in fremde Wohnungen!“, beschwerte sie sich empört.

In diesem Moment ging die Tür auf und eine junge Frau schaute die Beiden fragend an.

„Hi! Sind…Sie…ist das die Wohnung mit dem freien Zimmer?“

„Nein.“

„Ihr müsst noch einen Stock höher!“, rief eine andere Stimme.

Luna und Jamie gingen die letzten Stufen und wurden von einem der ihrer Meinung nach letzten lebenden Riesen begrüßt.

„Hallo“, grinste er und ließ die beiden in die Wohnung.

„Hey…du bist doch…Spencer von den Blitzkrieg Boys oder?“, fragte Luna aufgeregt.

„Genau der bin ich.“

„Ich hab euch während der Meisterschaft im TV gesehen“, grinste das Mädchen und sah sich kurz um, „wow! Sogar der Eingangsbereich ist großzügig geschnitten!“

Gleich links war eine Tür, wahrscheinlich eines der Zimmer, geradeaus führte durch einen bogenförmigen Ausschnitt ins Wohnzimmer und um die Ecke ging der Flur weiter.

„Komm, ich führ dich rum“, meinte der Riese an Jamie gerichtet.

„Oh er will hier nicht einziehen, sondern ich“, erwiderte Luna.

„Ach…so…das könnte…wie drück ich es förmlich aus…? Ein Problem werden.“

„Wieso denn das?“

„Naja. Wir sind hier sonst nur Jungs.“

„Du meinst, hier wohnen alle aus eurem Team?“

„So sieht’s aus.“

„Wie geil!“, klatschte Luna in die Hände und unterdrückte ein Auflachen, bemerkte dann jedoch den ernsten Blick des Riesen und kniff die Lippen zusammen, „also…ich hätte ehrlich gesagt kein Problem damit…“

„Du vielleicht nicht. Was ist mit deinem…?“

„Ich bin nicht ihr Freund“, kommentierte Jamie, noch bevor Spencer seinen Satz richtig beendet hatte.

„Trotzdem…wir haben nicht mit einer Frau gerechnet. Das müsste ich erst mit den anderen besprechen.“

„Sind sie denn alle da?“

„Nein.“

„Schade…“, schmollte das Mädchen, „darf…darf ich mir trotzdem die Wohnung ansehen?“

„Warum denn nicht?“, zuckte Spencer mit den Schultern und ging voraus.

Sie gingen den Flur entlang und kamen an drei weiteren Türen vorbei.

„Das hier wäre dein Zimmer“, meinte der Riese und öffnete die Tür.

Luna betrat den leeren Raum und staunte nicht schlecht. Trotz, dass weder ein Teppich noch Tapete vorhanden waren, geschweige denn irgendwelche Möbel war die Größe eine Wucht.

„Wie viel Quadratmeter sind das?“

„Knapp 20.“

„Wahnsinn! Da wäre sogar ein riesiges Fenster! Oh mein Gott! Ist das ein Balkon?“

„Wenn du einen auf zwei Meter als Balkon sehen willst? Wir wissen nicht mal, ob er ein höheres Gewicht tragen könnte.“

„Luna komm wieder her. Tu dir nicht weh“, mahnte Jamie, als das Mädchen das Fenster öffnete und den Kopf nach draußen streckte.

Sie warf ihm einen trotzigen Blick zu und schloss wieder das Fenster, bevor beide Spencer in die Küche folgten. Gegenüber der Tür stand gleich der Tisch mit Stühlen, rechts daneben der Kühlschrank, die Küchenzeile erstreckte sich gegenüber davon.

„Man glaubt gar nicht, dass das hier ein reiner Männerhaushalt ist.“

„Wieso?“

„Es ist alles so ordentlich und sauber!“

Spencer streckte stolz die Brust raus, während Luna die Urkunden und Medaillen an der Wand neben dem Kühlschrank begutachtete.

„Wir müssen so langsam wieder“, unterbrach Jamie die Stille.

„Ja ich komm gleich…“, erwiderte sie und wand sich an Spencer, „es wäre echt super, wenn ich hier mit einziehen könnte…die Lage wäre genial und ich hätte es nicht weit zur Arbeit.“

„Was arbeitest du denn?“

„Ich mach grade eine Ausbildung zur Tierpflegerin.“

„Ist man in deinem Alter normal nicht schon ausgelernt?“

„Lange Geschichte…“

„…kurz gefasst: ihre Eltern haben sie nach mehreren Abstürzen rausgeschmissen und seit dem pennt sie bei mir.“

„Jamie!“

„Was denn? Ist doch so!“

„Ich rede noch mal mit ihnen“, unterbrach Spencer die beiden, bevor sie sich noch an die Kehle gingen, „ich hab ja deine Nummer und melde mich bei dir.“

„Danke.“
 

„Sag mal, was sollte das eben, Jamie?“, fauchte Luna draußen auf der Straße.

„Ich hab doch nur die Wahrheit gesagt. Was ist dein Problem?“

„Und von wegen du bist nicht mein Freund! Ich wohn seit einem halben Jahr bei dir und wir schlafen miteinander!“

„Ja. Du schläfst auf meiner Couch, isst mein Essen und verbrauchst mein Wasser und Strom. Ich knall dich ein bis zwei Mal die Woche, weil du komischerweise nie Geld hast, um deinen Anteil zu bezahlen!“

Luna starrte ihn entsetzt an: „Willst du mir jetzt sagen, dass ich eine Hure bin?“

„Wenn man es so sieht…“, überlegte Jamie.

„Du…du Arschloch!“, warf Luna ihm an den Kopf, und zwar so laut, dass einige Passanten sich zu ihnen umdrehten.

„Eigentlich solltest du mir danken. Oder meinst du jemand anderes würde einen Punker wie dich sonst aufnehmen?“

„Wie hast du mich genannt?“

„Oh bitte…wann hast du dich das letzte Mal im Spiegel angesehen? Deine Klamotten sind mehrfach geflickt, deine Haare sind kunterbunt und teilweise abrasiert…und von den Piercings in deinem Gesicht will ich erst gar nicht anfangen!“

„Weißt du was? Fick dich! Ich bin sowas von fertig mit dir!“, fauchte Luna und ging im Laufschritt in die entgegengesetzte Richtung.

„Wo gehst du denn jetzt hin?“, rief ihr Jamie schadenfroh hinterher, bekam als Antwort jedoch nur einen ausgestreckten Mittelfinger.
 

*~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~*
 

Tala sah zuerst Bryan fragend an, dieser zuckte nur die Schultern, dann blickten beide auf die Uhr.

„Wer klingelt um diese Zeit denn noch?“

„Hast du dir was zu essen bestellt?“

„Spinnst du?“, erwiderte Bryan und blickte Tala überrascht an, „…und später darf ich mir von Spencer eine Kopfnuss einfangen, weil er gekocht hat! Ne, ohne mich!“

Es klingelte erneut, diesmal energischer.

„Hat Spencer seinen Schlüssel vergessen?“

„Der vergisst nie etwas!“

Misstrauisch schlenderte Tala zur Wohnungstür, hielt kurz inne und legte schließlich ein Ohr gegen das Holz. Er konnte nichts hören. Er legte die Hand auf die Türklinke, drückte diese nach unten und zog die Tür zu sich. Ihre Blicke trafen sich und Tala konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

„Du bist spät dran…“

„Der Bus ist mir vor der Nase weggefahren, also habe ich leider den letzten für heute Abend nehmen müssen.“

„Sieht dir gar nicht ähnlich, dass du den Bus verpasst“, erwiderte Tala verwundert, „was willst du denn zu so später Stunden noch, so dass es nicht bis morgen warten kann?“

Kai brauchte sich nicht umzudrehen, um festzustellen, dass Bryans Blicke sich in seinen Rücken bohrten. Er musste zugeben, dass das schon etwas bedrohlich wirkte…

„Also?“, hakte Tala nach und verschränkte die Arme vor der Brust.

Kai seufzte tief und sah seinem ehemaligen Teamkollegen dann in die Augen.

„Hör auf, mich mit diesem Dackelblick anzusehen, Kai…denn der zieht nicht mehr bei mir!“

„Können wir reden? Unter vier Augen…wenn’s geht?“

Tala konnte sich nicht erinnern, wann er Kai das letzte Mal mit so einem Blick gesehen hatte. Er nickte Bryan zu, welcher sich ohne zu zögern in sein Zimmer zurückzog, so dass Tala und Kai ungestört in der Küche Platz nehmen konnten.

„Willst du was trinken?“

„Nein…“

„Über was willst du denn reden?“, fragte Tala und nahm einen Schluck Cola.

„Ich…ich…“, stammelte Kai und sah aus der Küche den Flur runter, „du hast nach Tysons Sieg über dich zu mir gesagt, dass ihr immer einen Platz im Team für mich habt…auch wenn ich dieser Geste niemals nachkommen würde…“

„Ja das habe ich gesagt.“

„Ich würde dieser Geste jetzt aber gerne nachkommen…“

Tala starrte Kai schon fast erschrocken an. Was war bloß los mit ihm? Irgendwie schien Kai völlig neben sich zu stehen. Er zitterte und sein Blick, welchen er immer wieder zwischen seinen geballten Fäusten und Tala hin und her schweifen ließ jagte sogar dem Chef der Blitzkrieg Boys einen Schauer über den Rücken.

„Kai…was zum…?“

„Meine…Eltern…lassen sich scheiden…“, murmelte Kai plötzlich, „und ich wusste nicht, zu wem ich sonst sollte…“

Tala seufzte und rieb sich die Augenwinkel.

„…wenn die Scheidung durch ist, dann kann es sein, dass ich wieder zu Voltaire komme…und…“

„Hast du Gepäck dabei?“, unterbrach Tala ihn.

„Äh…nein…“, erwiderte Kai überrascht.

„Na dann!“, klatschte der Rotschopf plötzlich in die Hände und nahm den Jungen mit in sein Zimmer, „du kannst von Glück reden, dass wir beide fast gleich groß sind. Hier, zieh die an. Du wirst darin zwar nicht den gleichen geilen Arsch wie ich haben…aber ich denke zum schlafen wird sie dir erst einmal reichen…“

Kai sah sich die Hose an, welche ihm Tala gegeben hatte und hielt sie sich an die Hüfte.

„Wie du weißt, habe ich meine Eltern nach der Zeit in der Abtei nie mehr gesehen…ich kann also nicht nachvollziehen, wie du dich gerade fühlst. Aber wenn ich dich so ansehe…muss es echt scheiße sein.“

„Danke…Tala…“

„Ach was“, winkte dieser ab, „du hattest mich schon mit deinem Dackelblick an der Wohnungstür soweit. Schön dich wieder mal zu sehen, auch wenn es unter diesen Umständen sein muss. Du kannst heute Nacht in meinem Bett schlafen…wir haben die Möbel für dein Zimmer im Keller und bauen morgen alles auf. Gute Nacht, Kai.“

„Gute Nacht…“

Tala schloss hinter sich die Tür und bemerkte, dass Bryan auf den Flur linste. Der Rotschopf seufzte kurz, ging zu seinem Teamkollegen und raunte: „Gib ihm etwas Zeit…er macht gerade eine schwere Zeit durch…und bevor er wieder zu diesem alten Mann kommt habe ich ihn lieber hier. Hab bitte Verständnis…“

„Du weißt, dass ich ihn nicht leiden kann…?“

„Das weiß ich, Bryan. Ich verlang auch nicht, dass ihr euch mit ihm anfreundet.“

„…aber selbst jemand wie Kai hat ein Leben an der Seite von Voltaire nicht verdient…ich werde mich aber auch nur benehmen, wenn er es tut!“

„Bryan“, grinste Tala und tätschelte ihm die Schulter, „du bist der Beste!“
 

Tala guckte am nächsten Nachmittag aus der Windschutzscheibe seines Autos und legte einen Arm über das Lenkrad, während Bryan neben ihm gelangweilt vor sich her pfiff. Die beiden zuckten heftig zusammen, als eine der hinteren Türen aufging und sich eine weitere Person ins Auto setzte.

„Echt jetzt?“, fragte Kai amüsiert, als er die erschrockenen Gesichter der anderen beiden bemerkte, „ihr holt mich von der Schule ab?“

„Wo kommst du denn her? Der Haupteingang ist dort vorne!“

„Ich hatte die letzten Schulstunden Sport. Die Halle ist auf der anderen Seite des Geländes.“

Tala ließ den Wagen an und fuhr los.

„Trägst du da wirklich eine Krawatte?“, wollte Bryan wissen und drehte sich zu Kai um.

„Ja. Noch nie gesehen, hm?“

„An dir zumindest nicht. Dich mal ohne dein blaues Zeug im Gesicht zu sehen ist ein Erlebnis der Extraklasse! Hättest du ihn so erkannt, Tala?“

„Ich hätte auch zwei Mal hinschauen müssen.“

„Heftig…“, raunte Bryan.

„Du siehst auch nicht besser aus, mit deiner Wildlederjacke, welche mit Stinktierpelz besetzt ist!“, brummte Kai von der Rückbank.

„Wa…WAS?“

„Jung!“, rief Tala durch das Auto, „ich habe keine Hemmungen gleich eine Vollbremsung hinzulegen, wenn ihr euch nicht benehmt!“

„Er hat doch angefangen!“, beschwerte sich Bryan.

„Und ich werd’s gleich beenden!“, fauchte der Rotschopf, „es kann doch nicht euer Ernst sein, dass ihr zwei euch jetzt schon, nach noch nicht mal 24 Stunden in den Haaren habt?!“

Bryan und Kai warfen sich einen giftigen Blick zu, erwiderten jedoch nichts mehr. Nach ein paar weiteren Minuten Autofahrt ließ Tala Bryan aussteigen, so dass dieser mit Spencer Heimwerker spielen konnte, während Tala mit Kai zu dessen Vater fuhr, um ein paar Sachen zu holen.

„Weiß dein Vater eigentlich schon von seinem Glück?“

„Ich hab vorhin mit ihm telefoniert…“

„Was meinst du, wie er gleich reagieren wird?“

„Er hat Verständnis.“

Irgendwie hatte Tala sich Kais Vater anders vorgestellt und nicht so, wie den Mann, der ihnen die Tür öffnete. Dieser war ein wenig größer als Bryan, hatte dunkle Haare, sowie die an Kais Hinterkopf und dunkle Augen. Er war schlank, jedoch kaum muskulös ehr schlaksig, doch er hatte dieses herzliche Lächeln, welches sogar Tala weich werden ließ.

„Guten Morgen, Herr Hiwatari“, grüßte Tala, als er ihm die Hand gab.

„‘Herr Hiwatari‘? Wann habe ich das zum letzten Mal gehört?“, grinste der Mann, „ich bin Daniellé.“

„Tala.“

„Ich weiß. Ich habe mir die Meisterschaft angeguckt.“

Kai war bereits im Obergeschoss des großzügigen Hauses verschwunden und schien mehr von einem Zimmer ins nächste zu laufen, als zu packen. Daniellé und Tala beobachteten das Schauspiel kurz.

„Schönes Haus, Herr Hiwa…Daniellé“, versuchte Tala die Stille zu brechen.

Dieser ließ den Blick durch das Foyer gleiten und nickte. Er wies Tala auf die Wand rechts von ihnen hin, wo einige Bilder hingen.

„Ich bin mir sicher, dass du Kai noch nie ohne seine Kriegsbemalung gesehen hast?“

„Nein.“

Wahnsinn, dachte sich Tala, als er das Bild betrachtete. Was Kleidung und ein bisschen Farbe im Gesicht alles ausmachen konnte.

„Ich hätte mir Ihren Sohn niemals in einer Schuluniform vorstellen können“, bemerkte Tala und sah sich ein paar weitere Fotos an, „oder hier…ist das…wirklich eine Latzhose?“

„Als Kind hat er die geliebt“, grinste Danny, „und jetzt ist er 18 und ich habe das Gefühl, sein ganzes Leben verpasst zu haben. Kannst du dir das vorstellen? Ich sehe meinen Sohn an und könnte nicht mal sagen, was er gerne isst.“

„Gebratenen Reis mit Kokosnusssauce und Hühnchen. Ironisch wenn man daran denkt, was sein Bit Beast Dranzer darstellt. Er hatte während der Meisterschaft immer ein Päckchen Gummibärchen mit…nicht die normalen sondern diese, die die Füllungen aus den Zähnen ziehen können.“

„Ihr zwei scheint euch gut zu verstehen?“

„Och…würde ich jetzt nicht sagen. Dafür haben wir zu oft verschiedenen Meinungen.“

„Das weiß man bei Kai nie richtig, stimmt’s?“, lachte Daniellé, „könntest du mir trotzdem einen Gefallen tun?“

Tala sah Kais Vater groß an, nickte jedoch.

„Bitte hab ein Auge auf mein Kind…er ist mein Einziges…“

„Ist gut…er wird’s mir aber nicht leicht machen…“

Kai kam mit einer großen Sporttasche nach unten und stellte diese vor seinen Füßen ab.

„Wir können.“

„Das ist alles, was du mitnehmen willst?“, fragte Daniellé unsicher nach.

Kai nickte nur und blickte zu Tala: „Könntest du…?“

„Ich warte im Auto. War schön Sie mal kennenzulernen, Daniellé“, meinte dieser und schloss hinter sich die Tür.

„Falls du etwas brauchst, ruf mich an, okay?“

„Mach ich Papa.“

„Lern fleißig für die Schule…und benimm dich bei den Jungs.“

„Ja Papa“, erwiderte Kai, drehte sein Gesicht weg und rieb sich die Augen.

„Nein…du musst doch nicht weinen, Kai. Das hier ist kein Abschied für immer“, lächelte Danny traurig.

„Ja…ja Papa…“

„Na komm her, Großer…“

Daniellé breitete seine Arme aus und drückte Kai fest an seine Brust, während dieser die Arme um seinen Vater schlang. Sein Körper bebte, seine Augen füllten sich erneut mit Tränen und seine Unterlippe zitterte. Danny streichelte ihm ein paar Mal über den Kopf und tätschelte Kai auf die Schulter, bevor sich dieser aus der Umarmung löste und nach einem leisen „Tschüss“ ebenfalls die Haustür hinter sich schloss.
 

Tala blickte während der Fahrt zu Kai rüber, welcher nur aus dem Fenster sah, doch Tala konnte in der Spiegelung seine Augen sehen. Armer Kerl…

„Bryan und Spencer sind fast fertig…“, meinte Tala schließlich, um die Stille zu brechen.

„Bitte?“

„Dein Zimmer ist fast fertig.“

„Okay.“

„Brauchst du noch irgendwas?“

„Ein neues Leben…“

„Oh dann stell dich hinten an“, grinste Tala, „wie wär’s erst mal mit einer Freundin?“

„Für sowas hab ich keine Zeit.“

„Autsch.“

„Von euch hat doch momentan auch keiner eine…oder?“

Tala schien kurz zu überlegen, schüttelte dann den Kopf: „Nicht das ich wüsste…“

„Und was ist mit dieser Blondine, welche du letztens in der Disco aufgegabelt hast?“

„Oh bitte…“, kicherte der Rotschopf, „ich habe gesagt, dass ich nichts festes habe, was noch lange nicht heißt, dass ich gar niemanden habe…auch wenn’s nur zum Spaß ist!“

Er parkte das Auto, öffnete den Kofferraum und begutachtete Kais Tasche.

„Du…hast ja wirklich nicht viel dabei…“

Kai sah ebenfalls auf die Tasche und zuckte mit den Schultern: „Zur Not habe ich ja immer noch deine Hosen“, schmunzelte er kaum sichtbar, „in denen ich übrigens auch einen tollen Arsch habe! Sie sind nur ein bisschen zu lang.“

Bryan und Spencer hämmerten gerade die Rückwand an den Kleiderschrank, als die beiden anderen ins Zimmer traten.

„Ich dachte du bleibst länger?“, fragte Spencer, als er die Tasche sah, „hast du es dir doch anders überlegt?“

„Es wird mir für die nächsten Wochen reichen…“

Spencer zuckte daraufhin nur mit den Schultern und stellte zusammen mit Bryan den Schrank auf.

„Ach ja…gestern kam noch jemand vorbei, der sich wegen dem noch freien Zimmer gemeldet hat. Wir müssten uns darüber mal unterhalten.

„Und wann?“

„Gegen Nachmittag. So alt wie du, Bryan.“

„Räumen wir noch ein wenig auf und gehen dann für das Wochenende einkaufen…“, meinte Tala und blickte zu Kai, „soll ich dir jetzt oder heute Abend die Hausordnungen erklären?“

„Hausordnung?“

„Ich wollte es nicht unbedingt ‚Regeln‘ nennen, weil ich dann ganz genau weiß, dass du dich eh nicht dran halten wirst.“

„Hey! Du lernst ja dazu.“

„Dünnes Eis, Kai…ganz dünn“, grinste Tala.
 

*~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~* *~*~*
 

Ein paar Stunden später schlenderte Bryan den Flur entlang Richtung Küche, als er bemerkte, dass Kais Zimmertür offenstand.

„Soll ich dir bei den Hausaufgaben helfen?“, grinste Bryan breit, nachdem er Kai an seinem Schreibtisch sitzen und etwas in den Taschenrechner eingeben sah.

Der Junge sah zu ihm und schient zu überlegen, bis er ihn schließlich zu Bryans Verwunderung zu sich winkte.

„Ich komm bei dieser Gleichung einfach nicht weiter…“

Bryan beugte sich über Kais Schulter und überflog die Aufgabe, doch nach zwei Minuten Grübeln gab er auf.

„Man alter! Sollst du damit das Volumen der Sonne berechnen, oder was?“

„Das ist eine normale Gleichung meiner Jahrgangsstufe…“, erwiderte Kai.

„Ritz von mir aus deine Aufgabe in eine Brausetablette und wirf sie ins Wasser. Die löst sich dann von selbst auf!“, fluchte Bryan und raufte sich die Haare.

Kai hatte den Kopf auf seine Hand gestützt und grinste seinen Mitbewohner schief an.

„Du…du hast mich doch reingelegt?“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Du hast mich nur gefragt, weil du ganz genau wusstest, dass ich es nicht lösen kann!“

„Nein. Sowas würde ich doch nie tun…“, grinste Kai unschuldig.

„Argh!“

Spencer linste ins Zimmer: „Was schreist du hier so rum?“

„Kai geht mir schon wieder auf die Nerven!“, beschwerte sich Bryan.

„Du hast mich doch gefragt, ob du mir helfen kannst!“

„Auf was für ne Schule gehst du eigentlich? Eine für Hochbegabte?“

„Ich gehe in die Oberstufe einer Privatschule. Unser Stoff ist nur etwas schwerer, wie der der öffentlicher Schulen.“

„Nur ‚etwas‘?“

Spencer schüttelte nur den Kopf und ging zu Tala ins Wohnzimmer, wo dieser es sich auf der Couch gemütlich gemacht hatte.

„Hast du kurz?“, fragte er seinen Teamchef.

„Stimmt ja…der neue Mitbewohner…und? Wie war er so?“

„Wie willst du’s haben? Durch die Blume oder eiskalt ins Gesicht?“

„Doch so schlimm?“, lachte der Rotschopf und setzte sich auf.

„Schlimmer wie dieser Schlaumeier da geht’s doch gar nicht!“, beschwerte sich Bryan immer noch und stampfte ins Wohnzimmer, „könnt ihr mir sagen, wie wir mit dem die drei Monate der Weltmeisterschaft überlebt haben?“

„Sag’s einfach, Spencer“, bat Tala.

Der Riese seufzte tief und verschränkte die Arme über der Brust: „Es ist…ein Mädchen.“

Bryan und Tala warfen sich einen ungläubigen Blick zu und verkniffen sich dann ein Lachen, als sie jedoch Spencers ernstes Gesicht bemerkten verstummten sie.

„Echt jetzt? Wie sah sie denn aus? Groß, schlank, Riesentitten und n‘ geilen Arsch?“, wollte Bryan aufgeregt wissen, „wenn das der Fall sein sollte hab ich nichts dagegen!“

„Hm…ungefähr so groß wie Kai. Ob sie schlank ist oder Riesentitten hat kann ich dir nicht sagen, sie hatte einen weiten Pulli an. Und sie scheint ein Fangirl zu sein.“

„Wieso trug sie einen Pulli? Wir haben Anfang November!“

„Bryan…nicht jeder trägt so wie du bei Minusgraden immer noch ein T-Shirt.“

„Und wie war sie so vom Auftreten her? Wenn du schon sagst, dass sie ein Fangirl sein soll, muss sie dir ja um den Hals gefallen sein“, grinste Tala.

„Vom Charakter her scheint sie eine recht nette zu sein…“

„Ich hörte dein ‚aber‘…?“

„Könnt ihr euch unter dem Begriff ‚Punker‘ was vorstellen?“

„Sind das nicht diese Leute, wo immer nur in Anzügen herumlaufen?“, überlegte Bryan und stieß Kai in die Seite, als dieser gerade an ihm vorbeiging und seine Krawatte lockerte.

„Nein…das sind Bänker. Punker sind so was ähnliches wie…wie…“, Spencer suchte einen Vergleich und blickte ihren jüngsten Zugang an, „so wie er…nur mit mehr Nieten…und bunteren, teilweise abrasierten Haaren…und Piercings überall.“

Kai sah ungläubig an sich herunter und warf Spencer einen garstigen Blick zu: „Willst du damit andeuten, dass ich wie ein Punker aussehe?“

„So ein bisschen vielleicht? Im Moment bist du anscheinend im Tarnmodus mit deiner grauen Stoffhose und deinem weißen Hemd. Aber…das was du sonst so anhast…außerdem hast du einen Ohrring!“

„Aber doch nur einen normalen! Bryan hat auf beiden Seite Tunnel!“

„Weil das zu meinem Stil passt. Hör auf von dir abzulenken!“

„Jungs! Es reicht!“, ging Tala erneut dazwischen.

„Er hat doch…“, begann Bryan, wurde jedoch von seinem Teamchef unterbrochen.

„Es war von Anfang an klar, dass ihr zwei euch am Wenigsten verstehen werdet, aber dass ihr euch mehrmals am Tag in die Quere kommt…damit bin ich nicht einverstanden! Findet eine Lösung oder ich werde eine finden!“

Bryan rutschte die Couch zähneknirschend runter, während Kai einfach nur die Arme über der Brust verschränkte.

„Was machen wir jetzt wegen dem Mädchen?“, erkundigte sich Spencer und rieb sich nachdenklich das Kinn.

„Wenn wir eine Frau bei uns wohnen lassen würden, dann müssten wir uns rücksichtsvoller verhalten und einiges umstellen…“, seufzte Tala.

„Was müssten wir denn umstellen?“

„Wir könnten nicht mehr nackt durch die Wohnung laufen“, knurrte Bryan.

„Du läufst doch gar nicht nackt durch die Wohnung…“

„Ich könnte aber morgen damit anfangen!“

„Sorry, Spencer. Aber das würde nur Probleme mit sich bringen“, entschied Tala und sah den Riesen schon fast bemitleidend an, „auch wenn du sie schon liebgewonnen hast…“

„Sie ist im selben Zustand wie du, als du damals zu Boris kamst…“, murmelte Spencer gedankenverloren.

Tala schüttelte nur den Kopf und ging aus dem Zimmer. Er hatte seine Entscheidung getroffen.



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