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Das dritte Gebot

DMxHG - Romanze, Krimi, Dystrophie, P18
von

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Tea Time

It's Tea Time, Ladies and Gentlemen ;-)

 

Ein durchaus interessantes Kapitel, wie ich finde. Als Leser könnte man eventuell voll auf seine Kosten kommen. Aber nur vielleicht.

 

Herzlichen Dank an EL-CK für die Kommentare! Ich bin weiterhin sehr gespannt, was du denkst =D

 

LG

Mel

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18. Tea Time

 

Die Aussicht auf ein langes, fantastisches Leben raubte Hermione fast den Verstand. Sie versank in schwelgerischen Tagträumen, stellte sich eine große Familie vor und genoss die Schwemme an Glücksgefühlen, die permanent über sie hereinbrach. Manchmal konnte sie nicht anders und fing an, vor Draco hemmungslos zu heulen. Dann konnte sie ihm nur sagen, wie glücklich sie war und darauf hoffte, noch mehr Kinder kriegen zu können. Draco belächelte diese hormongeladenen Gefühlsausbrüche seiner Frau und tolerierte sämtliche Kuriositäten, die Hermione sich in den Kopf setzte.

 

Darunter fiel zum Beispiel die schleichende Veränderung ihres Aussehens. Denn Lady Malfoy wollte nun keine roten Haare mehr haben, sondern zauberte sich dunkelblonde Locken an den Kopf. Hermione fand, dass sie so schon etwas mehr von ihrer eigenen Persönlichkeit zurück erlangte. Nicht zu auffällig, aber immerhin fühlte sie sich daran erinnert, wer sie wirklich war.

 

Harmony. Hermione. Harmony. Hermione.

 

Manchmal kam es Hermione vor, als ob Lady Malfoy doch mehr von ihr Besitz ergriffen hatte, als sie annahm. Sie fühlte plötzlich Dinge und nahm Situationen anders wahr, als sie es nach eingehender objektiver Betrachtung selber empfunden hätte. Es war nicht sicher, ob die Schwangerschaft mal wieder ihre Finger im Spiel hatte oder nicht doch irgendein Rest von Lady Malfoy in ihrem Körper spukte.

 

Hermione schüttelte den letzten gruseligen Gedanken ab. Die Heimsuchungen waren nicht wieder vorgekommen, und somit konnte es eigentlich nur an den stressigen Situationen gelegen haben. Oder etwa nicht?

 

Irgendetwas stimmt nicht mit mir!

 

So hatte sie beschlossen, sich mit Ginevra Nott gutzustellen. Wenn sie schon nicht dicke Freundinnen werden konnten, dann sollte es zumindest ein akzeptables Verhältnis für Hermione sein. Doch jedes Mal wenn sie Ginny traf, sei es auf Gesellschaften, Empfängen oder Veranstaltungen, konnte Hermione nur mit größtem Widerwillen freundlich zu ihr sein. Sie erschreckte sich selbst über ihre herablassende Art, die unterkühlte Wortwahl und das arrogante Verhalten Ginny gegenüber. Hermione konnte es nicht willentlich beeinflussen und das machte ihr langsam aber sicher Angst. Große Angst.

 

Es ist alles in Ordnung, Mami.

 

Dass Hermione allerdings ein verhängnisvolles Versehen zum wiederholten Male ereilen sollte, wusste sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. 

 

Es war wie ein schlechtes Déja vu, als Hermiones Welt zusammenbrach und Draco Malfoys Imperium mit sich in bittere Schwärze riss.

 

Schicksal.

 

Es war einer der letzten lauschigen Septemberabende und die untergehende Sonne brach rotgolden durch die Vorhänge herein. Hermione saß in ihrem Zimmer und präparierte die nächsten Fläschchen Vielsaft-Trank mit DNA-Fragmenten der Lady Malfoy. Sie verteilte Haarspitzen und Haarwurzeln und erhielt eine schöne Reihe dunkelroten Gebräus. Sorgfältig stellte sie die Flakons in die Kommode und nahm sich von etwas weiter hinten zwei Fläschchen heraus. Die Hauselfen mussten wieder aufgeräumt haben, denn alles war penibel sauber.

 

Hermione betrachtete die kleinen Behälter prüfend und trank einen Schluck. Sie verwandelte sich in Lady Malfoy und entspannte sich. Es war alles in bester Ordnung. Hermione Granger machte keine Fehler.

 

Niemals.

 

Den anderen Flakon hängte sie sich an die Kette um den Hals und machte sich auf den Weg zum Abendessen. Draco und sie hatten gestern damit angefangen einen Namen für das Baby zu suchen. Hermione wusste mit unbestimmter Sicherheit, dass es ein Mädchen werden würde. Sie konnte es sich nicht erklären, aber eine innere Stimme sagte ihr, dass es so sei. Draco hingegen hoffte auf einen blonden Bengel, der in seine Fußstapfen treten konnte.

 

Hermione lächelte bei dem Gedanken daran, wie sie sich beide die gemeinsame Zeit mit ihrem Kind ausmalten. Ob Junge oder Mädchen, es war die schönste Vorstellung, die man haben konnte.

 

Umso wütender war Hermione schließlich, als sie eine ihr allzu bekannte Stimme aus dem Esszimmer hörte. Sie vergaß ihre schönen Tagträume und stapfte mit zackigen Schritten in den Raum.

 

Draco saß zusammen mit Ginny Nott und - oh Schreck - Bellatrix Lestrange am Tisch und trank gemütlich Tee und Wein. 

 

„Harrrrmony!“, grinste Bellatrix und stierte ungeniert auf Hermiones großen Bauch. „Wird Zeit, dass es raus kommt, was?“

 

„Bis Ende Oktober Anfang November hat sie noch, Bellatrix“, lächelte Ginny süffisant und in Hermione wallte der Zorn auf. Sie verstand nicht, warum sie so gereizt auf Ginny reagierte. 

 

„Wir werden sehen“, zischte sie durch ein aufgesetztes Lächeln und setzte sich neben Draco an den Tisch. Hermione hätte es nie für möglich gehalten zusammen mit Bellatrix und Ginny an einem Tisch zu sitzen, geschweige denn einen derart vertrauten Plausch über den Zeitpunkt ihrer Niederkunft zu halten. „Was führt euch denn hier her?“

 

„Bellatrix wollte nur nach dem Rechten sehen“, antwortete Draco ausweichend.

 

„Und dir deine neue Aufgabe übermitteln“, erinnerte sie augenrollend. Bellatrix schob Draco einen großen Ordner rüber und erhob sich. „Du hast zwei Monate Zeit. Der Dunkle Lord erwartet wie immer Pünktlichkeit, Perfektion und vor allen Dingen Diskretion. Viel Spaß, Draco!“

 

„Einen schönen Abend, Bellatrix!“

 

Dracos Tante verzog spöttisch den Mund und verließ ohne Gruß den Raum.

 

„Höflich wie immer“, meinte Ginny sarkastisch und Draco schmunzelte. Hermione grummelte innerlich über die freundschaftliche Vertrautheit der beiden. So musste sich Lady Malfoy in Bezug auf sie damals gefühlt haben. Wenn nicht sogar schlimmer, denn schließlich ging Ginny Nott nicht mit Draco ins Bett.

 

Alleine dieser Gedanke daran, ließ das Blut in Hermiones Ohren rauschen. Mit aller Macht rief sie sich zur Vernunft, eine Liaison der beiden war absolut undenkbar. War es doch, oder?

 

„Und was verschafft uns die Ehre, Mrs. Nott heute Abend als Gast zu empfangen?“, Hermione schaffte es nicht, die spitze Betonung zu unterlassen. Was war nur mit ihr los?

 

Es ist alles in Ordnung, Mami.

 

Ginny nahm sich zwei Zuckerstückchen für ihren Tee und rührte klirrend in dem feinen Porzellan herum, so dass sich Hermiones Nackenhaare sträubten.

 

„Lord Malfoy hat mich zum Gespräch gebeten“, lächelte Ginny entspannt und Hermione merkte, wie sehr die Schadenfreude ihre Wellen in ihre Richtung schlug.

 

Hermione zog fragend ihre Augenbrauen nach oben und Draco räusperte sich verlegen: „Es geht um die Formalitäten nach der Geburt. Mrs. Nott ist einfach die beste Ansprechpartnerin bei derartigen Fragen!“

 

„Ach“, meinte Hermione an Draco gewandt, „Mrs. Nott ersetzt jetzt also die Arbeit von Hebammen und Verwaltungsinstitutionen?“

 

„Nein“, seufzte Ginny und warf Draco einen flüchtigen Seitenblick zu. „Es geht unter anderem noch um die neue Aufgabe.“

 

„Ginny!“, zischte Draco, doch das hätte er nicht tun sollen. 

 

Hermiones Augen blitzten gefährlich auf und sie schaute zwischen den beiden hin und her. „Was ist das denn für eine Aufgabe, dass ihr plötzlich so vertraut miteinander seid?“

 

„Ich kenne Draco seit über fünfzehn Jahren und habe ihn schon immer geduzt!“, fauchte Ginny und schüttelte fassungslos den Kopf. „Ich hab die Schnauze gestrichen voll von so viel Kleinkariertheit und Etepetete-Getue!“

 

Hermione starrte sie mit offenem Mund an und konnte nicht anders, als Ginny in diesem Moment gleichzeitig zu hassen und zu bewundern. Was nahm sie sich eigentlich ihr gegenüber heraus? Egal, wie lange Ginny ihn kannte, sie sprach von ihrem Mann! 

 

Hermione presste schließlich bebend die Lippen aufeinander und spürte, wie sich ihre Finger, zu allem bereit, um ihren Zauberstab krallten.

 

„Was ist das für eine Aufgabe?“, fragte sie in drohendem Flüsterton.

 

„Diskretion“, säuselte Ginny mit lieblichem Augenaufschlag. „Anweisung vom großen Chef persönlich.“

 

„Da pfeif ich drauf!“, keifte Hermione und zückte reflexartig den Zauberstab.

 

„Harmony!“, rief Draco und hob beschwichtigend die Hand. „Bitte steck den Zauberstab zurück!“

 

„Hast du etwa Angst, dass ich Mrs. Nott etwas antue?“, Hermione konnte sich nicht erklären, weshalb sie so gereizt war .Es schien, als hätte sie keine Kontrolle mehr über sich selber. „So, wie deinen Biohazard-Freunden?“

 

Was passiert hier?

 

„Wie war das?“, grollte Ginny und richtete sich angriffslustig auf. Dracos Ader pochte wild auf seiner Stirn und er atmete schnaubend ein und aus. 

 

„Ach, seid ihr doch nicht so dicke miteinander, dass er dir nicht erzählt hat, was hier alles ablief?“, provozierte Hermione und kam zu dem Schluss, dass Lady Malfoy tief in ihr stecken und sie beeinflussen musste. Wie, das konnte sie sich nicht erklären, aber die normale Hermione konnte nichts gegen diese Besessenheit ausrichten. „Snape war hier... tot. Granger war hier... auch tot. Klar soweit?“

 

„ES REICHT!“, brüllte Draco und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Gläser und Tassen klirrten. 

 

Ginevra Nott lehnte sich, mit ihrer Tasse Tee in der Hand, langsam im Lehnstuhl zurück und fixierte Lady Malfoy mit hasserfüllten Blicken. Draco fuhr sich aufgebracht durch die Haare und kippte den letzten Schluck Wein aus seinem Glas in seinen Rachen. 

 

„Also“, seufzte Hermione mit süßlicher Stimme und legte den Zauberstab beiseite. „Was ist das für eine Aufgabe?“

 

„Es gab einen Diebstahl“, knirschte Ginny und ihr Blick huschte fragend zu Draco. Dieser richtete sich räuspernd in seinem Stuhl auf.

 

„Eine Inventur der AFAM-Elfen hat ergeben, dass aus meinem Büro Dokumente und Blankopapiere entwendet wurden. Es fehlen auch diverse Zutaten aus den Vorratskammern.“

 

„Und was hat das mit dir und Mrs. Nott zu tun?“, Hermione rümpfte die Nase und konnte sich keinen Reim daraus machen.

 

„Der Diebstahl betrifft nun mal unsere jeweiligen Abteilungen, Harmony. Ich muss die Schnittstelle herausfinden, damit wir in etwa wissen, was der Dieb mit den fehlenden Utensilien vor hat.“

 

„Oder hatte“, flüsterte Ginny und fixierte Hermione auf unangenehme Art und Weise. Dass Draco und Ginny Kollegen an der Akademie für angewandte Magie waren, wusste Hermione gar nicht. Durch die letzte Schwangerschaft von Ginny und dem damit verbundenen Arbeitsverbot, hatte Hermione sie nie dort gesehen oder auch nur erahnen können. Die Tatsache, dass die beiden wohl die gleiche Arbeitsstelle hatten, machte Hermione erneut eifersüchtig und sie spürte wieder, wie ihr Puls schneller schlug. 

 

„Wie kriminell!“, meinte Hermione und fragte sich, was Ginny wohl für ein Amt an der AFAM bekleidete. Führte sie etwa auch so grausige Experimente durch, wie Draco es tat? Hermione konnte es ihr nicht zutrauen. „Und habt ihr schon eine Vermutung?“

 

Dracos Schweigen beantwortete ihr diese Frage bereits, doch Ginny erwähnte noch etwas, was Hermione in arge Bedrängnis bringen könnte: „Ich habe den Verdacht, dass die Biohazard-Sklavin etwas mit den Diebstählen zu tun hatte. Sie hatte Zugang zu der AFAM und war als einzige Person nicht magisch registriert.“

 

„Aber, Ginny, was hätte sie mit den gestohlenen Sachen ohne Magie anstellen sollen?“, grübelte Draco und starrte Löcher in die Luft. „Das ergibt doch keinen Sinn!“

 

„Was wurde eigentlich entwendet?“, fragte Hermione vorsichtig. Ihr kam langsam ein ziemlich schrecklicher Gedanke auf. 

 

Harmony. Hermione. Harmony. Hermione.

 

Draco seufzte schwer: „Untersuchungspapiere. Sonoschallpergamente. Hochsicherheitstinte.“

 

„Eigentlich alles, was man zum Fälschen von Amtspapieren benötigt“, kommentierte Ginny und faltete die Hände über dem Bauch zusammen. „Ich bin der Meinung, sie wollte sich eine neue Identität erschaffen. Biohazard-Status ablegen und wieder zaubern. Daher auch die entwendeten Komponenten aus den Lagerräumen.“

 

Hermione schluckte schwer. Ginny war auf einer heißen Spur unterwegs und nah dran, Hermiones Geheimnis zu lüften, wenn auch aufgrund anderer Umstände. Lady Malfoy musste damals die Diebstähle unter anderem in Hermiones Person durchgeführt haben, als sie ihren Dienst übernommen hatte, während es Hermione so schlecht ging. Hermione hatte nie hinterfragt, wie Lady Malfoy an all die Unterlagen und Utensilien gekommen war. Jetzt wusste sie es, und es würde ihr wohl das Genick brechen.

 

Harmony. Hermione. Harmony. Hermione.

 

„Nein“, meinte Draco. „Es fehlt das WARUM. Granger hatte keinen Grund für diese Diebstähle!“

 

„Tja, dazu vernehmen können wir sie jetzt leider auch nicht mehr“, Ginny warf Lady Malfoy einen vorwurfsvollen Blick zu. 

 

„Als ob sie bereitwillig gestanden hätte!“, konterte Hermione angefressen und überlegte fieberhaft, wie sie die für sie ziemlich schlechten Informationen verwerten konnte.

 

Sie war also Hauptverdächtige eines Diebstahls, wenn auch eine andere Person es in ihrer Gestalt getan hatte. Was wohl offensichtlich war, es sei denn der Diebstahl der Trankzutaten hatte nichts damit zu tun. Was sehr unwahrscheinlich war. Lady Malfoy hatte sich also an Dracos Arbeitsplatz bedient, wohlwissentlich, dass eine Inventur zu einer Ermittlung führen würde. Was also hätte sie jetzt getan?

 

„Was für Zutaten wurden denn entwendet? Konnte man schon herausfinden, welche Zauber und welche Tränke damit gewirkt und zusammengestellt werden können?“

 

„Die Kombinationen der fehlenden Sachen bringen schon eine Menge an Zaubern und Tränken ans Licht. Aber so wirklich etwas Konkretes habe ich nicht herausgefunden. Wahrscheinlich sind die gestohlenen Ingredienzen zum Teil auch nur Ablenkungsmanöver gewesen, um die wirklich wichtigen Zutaten zu vertuschen.“

 

Ginny beugte sich vor und zog den dicken Ordner an sich heran. Hermione konnte nicht anders, als sie für ihre Spitzfindigkeit zu bewundern. Wenn sie Ginny nur einen letzten Hinweis liefern würde, dann hätte sie sie bestimmt schneller überführt, als Hermione sich einen Plan B hätte zurechtbasteln können. Sie musste verdammt vorsichtig sein! Und zukünftig noch mehr aufpassen.

 

„Mir erschließt sich trotzdem nicht, warum du Granger verdächtigst“, murmelte Draco und schenkte sich etwas Wein nach. „Wir wissen nicht, wann diese Diebstähle stattgefunden haben und Granger ist seit mehreren Wochen tot.“

 

„Ist sie das wirklich?“, fragte Ginny mit hochgezogenen Augenbrauen und Hermione wich jegliche Farbe aus dem Gesicht. Worauf wollte Ginny denn jetzt hinaus?

 

„Natürlich ist sie tot!“, schimpfte Hermione und spürte, wie ihr das Blut vor Aufregung in die porzellanweißen Wangen schoss. „Ich habe sie mit meinem eigenen Zauberstab umgebracht!“

 

„Ach ja“, meinte Ginny gedehnt und erinnerte Hermione gerade an einen überheblichen Snape, wie sie ihn als Professor in Erinnerung hatten. „Warum gibt es dann keine Leiche?“

 

„Ginny, was soll das?“, Draco fuhr in seinem Sessel auf und Hermione schnappte nach Luft. Ihr wurde schwindelig und heiß zugleich. So langsam ahnte sie, was für einen Job Ginny wirklich machte. Und der hatte mit der AFAM nichts im Geringsten zu tun. Wenn Hermione doch nur nicht ihre Zeit mit Nonsens und Babyshopping vergeudet hätte, sondern ihr soziales Umfeld besser überprüft hätte...

 

„Ich mache nur meine Arbeit und hinterfrage alles“, lächelte sie sphinxartig. „Absolut alles.“

 

Es ist alles in Ordnung, Mami.

 

„Die Leiche habe ich verbrannt“, sagte Hermione mit trockenem Mund. „Was sollte ich schon mit einer Biohazardleiche?“

 

Ginny zuckte mit den Schultern. „Den Todessern übergeben zum Beispiel. Da es ein Mord aus Selbstschutz war und das Exekutionskommando nicht alarmiert werden konnte, so wie bei Snape, hätte ich zumindest im Nachhinein eine ordnungsgemäße Abwicklung erwartet.“

 

„Für einen Biohazard?“, fauchte Hermione und hielt sich den bebenden Bauch. „Sie hätte gar nicht hier sein sollen, also warum so ein Aufhebens um ihre Leiche?“

 

„Lady Malfoy“, sagte Ginny ernst. „In dieser Welt gibt es lebende Lebenden, halbtote Lebende, halblebende Tote und so weiter und so fort. Mich überzeugen nur die toten Toten. Nicht die schlafenden Toten, nicht die spukenden Toten und nicht die wandelnden Toten. Nur komplett pottertot.“ Ginny machte eine bedeutungsschwere Pause. „Ich glaube Euch, wenn Ihr sagt, Ihr habt die Leiche verbrannt, aber für mich ist das keine Garantie, dass Hermione Granger wirklich tot ist. Hätte ich die Leiche gesehen und untersucht, dann wäre jeglicher Verdacht von vornherein gar nicht erst aufgekeimt.“

 

„Ich verstehe“, meinte Draco und rieb sich nachdenklich übers Kinn. „Harmony, ich glaube, ich hatte doch Recht mit meiner Vermutung, dass Granger ihre Finger mit im Spiel hatte.“

 

„Bitte, WAS?“, Hermione fühlte sich unwohl und neigte reflexartig zur Zickerei. 

 

„Granger muss sich irgendwie Zugang zur Zauberei verschafft haben“, sprudelte es aufgeregt aus Draco heraus. „Vielleicht erklärt das deine Träume, Visionen und Heimsuchungen von ihr?“

 

Mit tellergroßen Augen starrte Hermione ihn an. 

 

„Interessant“, meinte Ginny und nippte an ihrem Tee.

 

„Das hat damit doch gar nichts zu tun!“, keifte Hermione hilflos, doch sie merkte, dass sie gerade in die Enge getrieben wurde.

 

„Vielleicht ja doch, und zwischen dem Diebstahl und deinem Befinden besteht ein Zusammenhang?“

 

„Wir werden es definitiv heraus finden!“, Ginny erhob sich schwungvoll und trank den letzten Schluck Tee im Stehen. „Ich komme übermorgen wieder, dann sehen wir weiter! Einen schönen Abend noch.“

 

Draco begleitete Ginny zum Kamin in der Eingangshalle, von dem aus sie nach Hause flohen wollte. Hermione blieb wie festgenagelt auf ihrem Sessel sitzen. Höflichkeit hin oder her, bei Ginny hatte sie eh jegliche Chancen vertan und legte mitunter keinen Wert mehr auf höfliche Umgangsformen. 

 

Was sollte sie tun, wenn Ginny oder Draco hinter ihr Geheimnis käme? Im Ernstfall gab es wohl nur eine Taktik, und die lautete Angriff. Dumm stellen könnte eventuell klappen, aber nicht sehr überzeugend sein. Also musste Hermione, wenn es drauf ankam mit der Wahrheit nach vorne preschen. Natürlich etwas angepasst: Die fruchtbare Sklavin Hermione Granger wurde von ihrer unfruchtbaren Herrin Lady Malfoy dazu genötigt, einen Vielsaft-Trank zu brauen, um in deren Gestalt mit Draco Malfoy ein Kind zu zeugen. Dieses sollte sie für die Lady austragen, damit diese die gesellschaftliche Schmach umginge. Während eines Aufenthalts auf Malfoy Manor kam es zu einem Handgemenge, bei dem Lady Malfoy tödlich verunglückte und Hermione setzte einfach weiterhin den von ihrer Herrin ausgetüftelten Plan fort. Mittlerweile wusste sie vor lauter Vielsaft-Trank schon nicht mehr, wer sie wirklich war und das war noch nicht einmal gelogen.

 

Harmony. Hermione. Harmony. Hermione.

 

Hermione griff nach ihrer Halskette und nahm einen beruhigenden Schluck Vielsaft-Trank aus der Phiole. Sie atmete tief durch und spürte, dass der Trank seine Wirkung tat.

 

Es wird alles gut, Mami.

 

Mit dieser verdrehten Wirklichkeit und dem akuten Identitätsverlust könnte Hermione sogar eine Chance haben. Bisher hatte das Schicksal es immer sehr gut mit ihr gemeint, warum sollte es auch in ausweglos scheinenden Situationen anders sein?

 

„Gehen die Hormone wieder mit dir durch?“, riss Draco sie aus ihrem Gedankenkarrussel. „Oder warum bist du vorhin so ausgeflippt?“

 

„Warum hast du ihr gegenüber nur meine Visionen erwähnt?“, brauste Hermione auf. Er hatte kein Recht, so intime Details von ihr zu verraten.

 

„Weil ich denke, dass es einen Zusammenhang geben könnte“, erklärte Draco. „Vielleicht ist das Puzzle viel größer, als wir vermuten.“

 

„Ich möchte mit eurem Puzzle nichts zu tun haben“, Hermione runzelte erbost die Stirn. „Das kannst du mit deiner tollen Freundin Ginny gerne alleine lösen!“

 

„Ach, Harmony“, seufzte Draco. „Nun sei doch nicht eifersüchtig!“

 

Beschwichtigend legte Draco seine Arme um Hermione, die wie ein bockiges Kind auf dem Sessel hockte und schmollte. Sie entspannte sich etwas in seiner Umarmung und kuschelte sich schließlich an seine Brust. War sie wirklich eifersüchtig auf Ginny? Hermione kannte Draco doch auch schon seit Ewigkeiten! Gut, es fehlten ein paar Jahre Nachkriegszeit und Regimeaufbau, aber mittlerweile hatte Hermione doch mehr als genug aufgeholt...

 

Es wird alles gut, Mami.

 

„Ich kann sie einfach nicht ausstehen!“

 

„Ich weiß“, schmunzelte Draco. „Aber sie ist nun mal gemeinsam mit Theodore Leiterin der Observationsbehörde und wie sie schon sagte, sie macht nur ihren Job.“

 

Hermione ließ diese Information kurz sacken und schluckte ihren Schreck schnell runter.

 

„Glaubst du auch, dass Granger nicht tot ist?“

 

„Ich kann es dir nicht sagen. Normalerweise ist der Avada Kedavra ein sicheres Mittel. Wir wissen ja aber nicht, ob Granger im Vorwege irgendwelche Vorkehrungen getroffen hatte.“

 

„Was meinst du damit?“, bohrte Hermione nach.

 

„Vielleicht hat sie tatsächlich unerlaubte Zauber gewirkt, zum Beispiel mit den gestohlenen Sachen, die ihr ein Dasein als Geist oder ähnlichem ermöglicht haben. Hermione Granger war schon immer gerissen und schlau, Harmony. In der Schule war das Schlammblut damals ein wandelndes Lexikon und es gab wirklich nichts, was sie nicht konnte. Das hat mich immer richtig geärgert.“

 

Hermiones Herz machte einen kleinen Hüpfer, denn das Draco sie post mortem lobte, machte sie froh. Gerne hätte sie noch ein wenig mehr über sich aus ihm heraus gekitzelt, aber ließ es klugerweise bleiben.

 

„Wie will Mrs. Nott denn herausfinden, ob ich von ihrem Geist besessen bin?“

 

„Die Observatisten haben da ihre speziellen Methoden zur Exorzierung. Davon habe ich keine Ahnung.“

 

„Soso“, nuschelte Hermione. „Dann willst du mein Wohl in ihre Hände legen, so wie du es mit mir bereits bei Snape getan hast?“

 

Dracos Umarmung versteifte sich augenblicklich. Hermione wusste, dass der Treffer unter die Gürtellinie ging, jedoch schien ihr kein anderer Ausweg als dieser, um weitere Konfrontationen mit Ginny zu umgehen.

 

„Du hast Recht“, murmelte Draco und ging vor Hermione in die Knie. „Mehr als einer Vernehmung werde ich nicht zustimmen.“

 

Er küsste ihre Hände, sprang auf und marschierte schnellen Schrittes aus dem Raum.

 

Alles wird gut, Mami.

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Das nächste Kapitel heißt "Das Geständnis" und Name ist Programm. Draco und Hermione werden von Ginny verhört und … ach ihr werdet es ja lesen! Ob Hermione sich gut aus der Sackgasse manövrieren kann? Hmm… 



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Mei2001
2015-07-03T17:27:18+00:00 03.07.2015 19:27
Super Kapi!
Antwort von: abgemeldet
06.07.2015 14:11
DANKE =)
Von: abgemeldet
2015-06-30T13:25:56+00:00 30.06.2015 15:25
Super Kapitel.
Es scheint mir Hermione übernimmt langsam die Eigenschaften von der toten Lady Malfoy. o_O
Bitte mach schnell weiter.
LG SchunaUchiha
Antwort von: abgemeldet
06.07.2015 14:11
Hallo Schuna,
ja bei Hermione läuft definitiv etwas nciht ganz richtig… hmm… wir werden ja sehen ;-)
LG
Von:  ikari
2015-06-29T12:03:27+00:00 29.06.2015 14:03
Wieder astrein geschrieben und ich bin so auf die Auflösung und das damit einhergehende Ende gespannt. Hast du noch mehr Geschichten verfasst?
Lg
Antwort von: abgemeldet
06.07.2015 14:11
Hallo Ikari, danke für dein tolles Lob =) Ich freu mich total und ja ich habe noch mehr Geschichten geschrieben. Schau doch einfach mal hier in mein Portfolio. Dort sind alle Geschichten, die ich je verfasst habe. LG Mel
Von:  EL-CK
2015-06-28T18:20:44+00:00 28.06.2015 20:20
Na da bin ich doch mal auf 'Das Geständnis' gespannt. ... Btw du hast mir mal wieder den Tag versüßt ;)
Antwort von: abgemeldet
06.07.2015 14:10
Oh, ja da darfst du gespannt sein =) Bin schon sehr auf deine Meinung erfreut… jaja… haha...


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