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Aeonar

Willkommen im berühmtesten Magiergefängnis Thedas'
von

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Etage 3

Anders rieb sich die kalten Handflächen, während er, nur bekleidet mit einer an den Knien gerafften, dünnen Stoffhose, durch die dunklen Gänge des Labyrinths schritt. Den kleinen, schwarzen Schlüssel, den sie ihm kurz vorher in die zitternde Hand gedrückt hatte, hatte der abtrünnige Magier in die Tasche gesteckt, während er barfuß über die erstaunlich ebenen, schwarzen Steine schritt. Eine Gänsehaut überzog den nackten Oberkörper des Mannes und ein weißer Dampf stieg vor seinem Gesicht auf; es war arschkalt hier unten.

Die Steine unter seinen sensiblen Fußsohlen fühlten sich nass an; irgendwo tropfte es stetig und hin und wieder trat der Blondschopf in eine Pfütze. Erschrocken über die plötzliche Nässe und das Platschen, das er verursachte, sprang der verängstigte Magier dann immer einen Schritt zurück, nur, um in der Dunkelheit das Gleichgewicht zu verlieren. Anders als in den oberen Etagen brannten hier in unregelmäßigen Abständen ein paar Fackeln; weit oben, unter der Decke waren die Halterungen dafür angebracht, damit kein Gefangener auf die Idee kommen würde, sie herunterzuholen und die Wachen damit zu attackieren. Selbst mit einer Räuberleiter würde man nicht an die potentiellen Waffen heran kommen.

Der Blondschopf war durch die fünf gewaltigen Tore geschritten; begleitet von fünf dieser fies aussehenden Blechbüchsen. Er war durch die dunklen Gänge gegangen, hatte die Zellen gesehen, die blassen, meist unrasierten Gesichter der Maleficare, die sich an die Gitterstäbe gedrückt hatten, um ihn zu begaffen wie ein gefangenes Tier. Der Blondschopf hatte gedacht, er würde ebenfalls in einer dieser kleinen Zellen eingesperrt werden, doch dies war nicht der Fall gewesen; eine metallene, schwarze Tür, eine Treppe und dann waren sie eine Etage weiter unten gewesen.

Und, ganz anders als in der ersten Etage, war es in der zweiten laut gewesen.

Die Wahnsinnigen, die sie dort eingesperrt hatten, schrien, brüllten, rüttelten an den Gitterstäben. Sie kicherten wahnsinnig, lallten irgendetwas Unverständliches vor sich hin und schrien regelmäßig nach dem Tod. Sie sprachen mit einer unsichtbaren Person oder führten Selbstgespräche. Als Anders an ihnen vorbeigeführt worden war, waren sie kurz still gewesen; das Klappern der Templer-Rüstungen schien sie zu ängstigen, und zwar so sehr, dass sie sogar den Mund geschlossen hielten. Doch dann waren die Schreie und das Rütteln wieder losgegangen.

Sie hatten vor dem Magier auf den Boden gespuckt, ihn angegrinst und ihm fürchterliche Sachen zugeflüstert.

„Sie werden dich töten, Jungchen.“

„Komm her, Kleiner. In meiner Zelle ist noch Platz!“

„Etage Drei ist schlimmer. Bete, dass du hierhin kommst.“

„Der Tod ist noch zu sanft.“

„Ich rieche deine Angst, Süßer. Sie zeichnet dich als Feigling.“

„Du bist verloren. So, wie wir alle.“

„Bete, dass sie dich schnell holen.“

„Du dreckiger Magier!“

„Sieh, wo sie ihn hinbringen!“

„Er wird nicht lange leben!“

„Kein Mucks. Kein Mucks. Kein Mucks.“

„Sie werden dich quälen, bis du gebrochen bist!“

Begleitet von ständigem, verrückten, und hysterischen Schreien und Gekicher. Einige hatten ihn schon fast mitleidig aus weit aufgerissenen Augen angesehen, andere hatten ihn verspottet. Einige hatten die Hände zwischen den Gittern hindurch gesteckt, um ihn zu berühren. Das hatten seine Wachen zwar schnell unterschlagen – ein schwerer Schlag, ein lauter Schrei und die gebrochene Hand wurde jammernd wieder zurückgezogen – trotzdem besaß der Anderfelser hier unten panische Angst. Er hoffte, dass er nicht hierbleiben musste; hier, unter all dieses Wahnsinnigen, denen etwas widerfahren war, was sich der Blondschopf gar nicht ausmalen wollte. Ja, der Langhaarige hatte regelrecht Stoßgebete zum Erbauer gesandt, dass die Templer ihn nicht hier in eine Zelle stecken würden.

Und seine Gebete waren erhört worden.

Eine weitere schwarze Tür, eine weitere, endlos erscheinende Treppe. Je weiter sie nach unten vordrangen, desto leiser wurden die Schreie und Rufe der Wahnsinnigen. Anders klingelnde Ohren seufzten erleichtert auf, doch seine aufsteigende Panik wurde dem Mann nicht genommen. Nein, stattdessen wurde sie noch verschlimmert; nämlich, als sie vor einer weiteren, schweren Tür stehen blieben. Beinahe schon spottend blickte das riesige Templerschwert, das in das schwarze Metall eingraviert war, auf den Abtrünnigen herab. Vor dieser Tür stand ein grimmig aussehender Templer, dem fünf Narben quer durch das Gesicht liefen. Die Haut des Mannes war blass; das kurzgeschnittene Haar schwarz und strähnig. Eine Narbe verlief direkt durch das rechte, milchige Auge; es war klar, dass der Templer zur Hälfte blind war. Seine Rüstung war ein wenig schwerer als die der Begleiter Anders‘ und sichtlich gelangweilt lehnte der Mann an der Wand. Anders sah kein Schwert oder Schild; stattdessen hing eine lange, schwarze Peitsche an dessen Waffengürtel.

Der Anderfelser schluckte trocken.

„Ein Neuer, wie ich sehe.“ Die Stimme des offensichtlich hochrangigen Templers ließ eiskalte Schauer über den Rücken des Anderfelsers laufen. Sie klang brüchig, rau, gefährlich… einfach nur brutal. Sie tropfte nur so von Hass und Abscheu gegenüber dem Magier und langsam stieß sich der besagte Krieger von der Wand ab.

„Er sieht ungefährlich aus…“, schnurrte der Templer und seine schwer gepanzerte Hand schoss hervor, um den, sich nicht wehren könnenden, Anders hart am Kinn zu packen. Der Griff des Kriegers war fest und dem Abtrünnigen kam es so vor, als wolle man ihm sein Kiefer brechen. Nach Luft schnappend und der Panik nahe, stand der Mann vor dem Templer und blickte auf die grausigen Narben in dessen Gesicht.

„Ein besonderer Fall. Eine Abscheulichkeit; aber er kann es beherrschen“, informierte ihn einer der Templer „Kommandant Magnus hat es so befohlen.“

 Der hässliche Templer vor Anders‘ Nase kicherte ein wenig. „Abscheulichkeit, hm?“, murmelte er. „Nicht mehr lange.“

Er ließ das inzwischen taube Kinn des Blondschopfes los. Beinahe hätte der Blonde ihm etwas entgegen geschleudert; doch seine Angst, die war zu groß. So groß, dass der sonst so vorlaute Magier seine eigentlich große Klappe nicht aufreißen konnte, sondern einfach nur stumm und mit panisch aufgerissenen Augen dastand, während ihn die Kälte unerbittlich umarmte.

Er konnte Gerechtigkeit nicht spüren; die Antimagie in dem berühmten Gefängnis war einfach zu stark. Noch nie hatte sich der Geistheiler so verlassen und einsam gefühlt wie in diesem Moment, in dem er noch nicht mal die Anwesenheit seines langjährigen ‘Freundes‘ spüren konnte.

Also wartete Anders ab, was jetzt kommen würde. Das Narbengesicht holte einen Schlüssel hervor und schloss dann die große Tür langsam auf. Man konnte regelrecht hören, wie sich die Riegel wegschoben und somit das Öffnen der Tür ermöglichten. Und der Templer, der Ser Narbe über die Person Anders‘ informiert hatte, drückte ihm einen schwarzen Schlüssel in die Hand.

„Nicht verlieren.“ Er lachte leise. „Den wirst du brauchen.“

Dann gab man ihm einen Schubs in den Rücken und der überrumpelte Abtrünnige stolperte orientierungslos in den dunklen Gang hinein, während sich die großen, schwarzen und bedrohlichen Türen hinter ihm laut donnernd schlossen. Beinahe hätte der Anderfelser den Schlüssel verloren, doch seine klammen, zitternden Finger verkrampften sich fest um das schwarze Metall. Er stolperte gegen die Wand; streckte die Hand aus und stützte sich dort ab, während er verzweifelt nach Luft schnappte.

Ja, und jetzt war der Geistheiler hier. An einer der Lichtquellen hatte der Mann den kleinen Schlüssel kurz untersucht, doch keinen Hinweis darauf gefunden, wozu jener gut sein sollte. Also hatte er ihn in die Tasche seiner dünnen Hose verstaut, in die die Templer den ohnmächtigen Magier gesteckt hatten, und war weitergegangen. Hier unten, auf Etage Drei, war es erstaunlich ruhig; der blonde Mann hatte erwartet, dass sich auch hier hin und wieder jemand unterhielt, oder ein Schrei durch die Gänge hallte… Aber nichts. Außer der patschenden Füße auf den feuchten Steinen drang kein Laut an die Ohren des Abtrünnigen.

Überhaupt war es seltsam hier unten; Anders konnte sich vollkommen frei bewegen und bisher hatte er nur wenige, leere Zellen gesehen.

Komisch.

Der verwirrte Magier spürte, wie ein wenig seiner Angst abfiel. Im Grunde genommen war es hier unten gar nicht mal so schlecht, oder? Immerhin war er nicht eine Etage früher zwischen all den Wahnsinnigen gelandet. Immer weiter schritt der Magier in der Dunkelheit, bog hin und wieder ab und arbeitete sich so durch das riesige Labyrinth.

Den schweren, keuchenden Atem, der durch die Gänge zog, den bemerkte der Abtrünnige jedoch nicht.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Crevan
2015-01-30T01:04:39+00:00 30.01.2015 02:04
Meine Meinung dazu kennst du ja schon :3
Aber trotzdem: Ein ganz großes Lob an die Beschreibung der ganzen Sache! Es ist so verdammt gruselig... D:


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