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Aeonar

Willkommen im berühmtesten Magiergefängnis Thedas'
von

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Streit

 „Cullen?“

Hawke steckte die Nase fragend in das Büro des schlecht gelaunten Mannes, der gerade eben einen Bericht Ser Barris‘ las. Der kurzhaarige Kommandant der Truppen der Himmelsfeste blickte kurz auf und musterte den in der Tür stehenden Schwarzhaarigen mit dem Blutstreifen quer im Gesicht mit seinen braunen Haselnussaugen. Der Mann vor ihm schien… besorgt zu sein. Ein schwacher Schatten hatte sich über das sonst so gut gelaunte Gesicht gelegt. Augenringe zierten die tief in den Augenhöhlen liegenden Augen und der Mann hatte sich seinem Bart bestimmt schon mehrere Wochen nicht mehr gewidmet, so lang war dieser geworden.

Der ehemalige Templer ließ den Bericht langsam sinken. „Was gibt es?“, fragte er und bedeutete Hawke, er möge doch hereinkommen.

Der Champion von Kirkwall tat wie geheißen und trat ein. Er schnappte sich den ungemütlichen Holzstuhl, der vor dem großen Schreibtisch stand, drehte ihn um und setzte sich breitbeinig drauf, damit er sich mit den Armen auf der Armlehne abstützen konnte. Das Kinn auf die Unterarme gebettet und in einer Hand immer noch seinen Magierstab haltend, seufzte der Mann kurz auf, ehe er zögernd fragte: „Wisst Ihr vielleicht, wo sich Anders befindet?“

„Nein“, meinte Cullen und hatte jetzt schon keine Lust mehr auf das Gespräch. „Wieso geht Ihr der Annahme, dass ich das wüsste?“

Hawke seufzte auf und ließ seinen Magierstab auf den Boden fallen, während er sich mit der jetzt freien Hand nachdenklich am Hinterkopf kratzte. Der Stab gab ein paar blaue Funken von sich; der ehemalige Templer in Cullen schrie auf, dass er sich darum kümmern müsse dieses todbringende Objekt aus seinem Büro zu entfernen, doch äußerlich ließ sich der Mann nichts davon anmerken.

„Weil Ihr und Anders…“

„Hawke“, unterbrach der Kommandant den Magier sofort mit leicht genervter Stimme. Er wollte das nicht hören. Schon gar nicht von dem Mann vor ihm, der den abtrünnigen Magier, der für die Sprengung der Kirche in Kirkwall verantwortlich war, schon seit Jahren ziemlich gut kannte. Zwar kannte auch der Kommandant den Blondschopf gut, aber seit Kinloch Hold und Kirkwall war doch eine Menge Zeit verstrichen.

Ach, was waren ihm damals, vor ein paar Monaten, die Augen aus dem Kopf gefallen, als er gesehen hatte, wie Hawke und Anders gemeinsam die Himmelsfeste betreten hatten, mit der Ausrede, dass Anders gerne helfen wolle. Natürlich wusste jeder, dass der Magier nur den abtrünnigen Templern hatte entkommen wollen und sich somit freiwillig in die Hände der Inquisition begeben hatte, in der Hoffnung, sie würde ihn beschützen. Und natürlich hatte Inquisitor Trevelyan zugestimmt. So, wie es jede Magierin an ihrer Stelle getan hätte.

„Aber Ihr müsst wissen, wo er ist!“, beharrte Hawke, ohne auf den Unterton in der Stimme des Kommandanten einzugehen. „Ihr habt ihn zuletzt gesehen!“

„Das…“, fing Cullen an, biss sich danach aber auf die Zunge.

Das stimmte.

Leider.

Er und der Blondschopf hatten sich gestritten, woraufhin der wutentbrannte Anders aus seinem Büro gestürmt und danach nicht wieder gesehen worden war. Dieser Streit war jetzt schon sechs Wochen her und in all der Zeit hatte der chaotische Blondschopf keine Nachricht geschickt oder gar ein Lebenszeichen von sich gegeben. Kein Wunder, dass Hawke langsam anfing, sich Sorgen um seinen alten Freund zu machen; der Mann hatte mit Anders in Kirkwall so einiges durchgemacht und ihn kurz, bevor er von Varric zur Himmelsfeste gebeten wurde, wieder getroffen, sodass er diesem das Angebot unterbreiten konnte, doch mitzukommen. Wahrscheinlich mit dem typischen Grinsen in dem Gesicht und einem schelmischen Unterton in der Stimme, dass es dem freiheitsliebenden Anderfelser bestimmt ‘Spaß machen würde‘.    

Hawke richtete sich auf und streckte den Rücken durch. Seine strahlend blauen Augen taxierten den Krieger hinter dem schönen Holzschreibtisch, auf dem die altbekannte Unordnung herrschte, die man von Cullen bereits gewöhnt war. Währenddessen griff der Soldat nach einem Krug, der auf einem Stapel bereits gelesener Berichte stand und auf der obersten Seite einen kleinen, dunklen Ring aus Wasser hinterließ. Er führte ihn zu den Lippen, trank einen Schluck und überlegte, was er denn sagen sollte, wo er sich vorher ja so abrupt selbst unterbrochen hatte.

Nachdenklich berührte er mit seiner Zungenspitze die Narbe über der rechten Lippe. Sie war ein Abschiedsgeschenk von Meredith gewesen, nachdem Cullen sie von hinten überrumpelt und ihr das Schwert in den Leib gestoßen hatte. Hawke und seine Freunde hatten dann die Chance genutzt, um sie vollends zu überwältigen, während der Krieger von der Klinge seiner Vorgesetzten getroffen worden war, da er nicht rechtzeitig hatte ausweichen können. Hawke beobachtete den ehemaligen Knight-Captain dabei. Seine Finger umklammerten die Lehne und seine Knöchel traten weiß hervor.

„Ich weiß, dass Ihr ihn liebt.“

Mit Daumen und Mittelfinger rieb Cullen sich das Nasenbein. Er war bereits seit Stunden wach, hatte ein äußerst anstrengendes Training mit neuen Rekruten hinter sich, die nicht einmal Schwertschneide von –griff unterscheiden konnten; und jetzt sollte er sich noch mit einem aufdringlichen Hawke befassen?

„Hawke; tut mir einen Gefallen und stellt keine Vermutungen über nichtexistierende Gefühle meinerseits auf“, murrte der Soldat deswegen und schickte sich an, den Bericht auf seinem Schreibtisch weiterzulesen. Eine stumme Aufforderung an den Champion, zu gehen. Und obwohl Hawke ja eigentlich ein sehr humorvoller Charakter war und viele Sachen ins Lächerliche zog…

So konnte der Mann umso wütender werden.

Der Kommandant hörte, wie der Stuhl mit einem lauten Knall auf den Boden fiel. Der Kurzhaarige zuckte zusammen und wich ein wenig vor dem angesäuerten Magier zurück, als dieser seine Hände mit vollem Schwung auf die Platte des Tisches niedersausen ließ und sich vorbeugte. Hawke fixierte die braunen Augen des Mannes und knurrte ein: „Ihr könnt mir nichts vormachen, Kommandant. Ich weiß um Anders‘ Gefühle und ich weiß um die Euren. Ihr könnt nicht so tun, als sei Euch das Verschwinden unseres Blondschopfes vollkommen egal!“ Seine Hand schoss vor und packte den Krieger an dem Saum seiner roten Robe, die den Großteil seines Brustpanzers verdeckte. „Ich will wissen, was bei eurem Streit passiert ist! Hat Anders vielleicht irgendwelche Hinweise darauf gegeben, wohin er gegangen sein könnte?“

„Hawke…“, brachte der in Bedrängnis genommene Cullen hervor und umfasste die Hand des anderen. Beinahe ohne jegliche Anstrengung brachte er den Magier dazu, von ihm abzulassen. Danach stand der inzwischen sehr aufgebrachte Soldat auf und drehte Hawke den Rücken zu. Wie ein trotziges Kind mutete er dabei an, während er sich mit einer Schulter an die Wand anlehnte, um aus dem Fenster schauen zu können. Es war ein schöner, sonniger Tag und Cullen hatte Blick auf die Berge, die die Himmelsfeste umschlossen. Der weiße Schnee glitzerte im Sonnenlicht wie viele, kleine Diamanten; ein paar Fenneks tollten umher und genossen das gute Wetter, während man irgendwo in der Ferne das Brüllen eines Drachen hören konnte, der wohl gerade die Frostgipfel überquerte.

 

 

Eine Nacht.

Das war eine verdammte Nacht gewesen, in der sich Cullen und Anders näher gekommen waren. Beziehungsweise, der aufdringliche Blonde hatte den kurzhaarigen Fereldener beinahe dazu genötigt, mit ihm ins Bett zu steigen. Am Anfang noch hatte sich der Mann dagegen gesträubt, wollte er eigentlich nicht mit einem Mann, den er schon etliche Jahre kannte, schlafen, doch schlussendlich hatten Anders‘ geschickte Finger, seine anrüchigen Sprüche und der eigene, lustvoll-verlangende Körper den Verstand des Kommandanten untergraben, sodass dieser sich dem blonden Abtrünnigen hingegeben hatte.

Na gut.

Vielleicht waren auch die gute Stimmung, der Alkohol und die Tatsache, dass Cullen vom Inquisitor einen Korb bekommen hatte, der Grund dafür gewesen, dass er sich schlussendlich in jener Nacht mit dem Anderfelser in seinem Bett über seinem Büro zwischen den Laken gewälzt hatte, doch wer hätte den ahnen können, dass der sexliebende Blonde mehr in diese Sache reininterpretieren würde, als der Kommandant selbst? Der abtrünnige Magier hatte den Kurzhaarigen nicht mehr in Ruhe gelassen; nervig, wie er war, war er im Büro aufgetaucht, immer zu den unpassendsten Zeiten, hatte sich beim Essen stets einen Platz neben dem Krieger gesucht und ihn sogar während des Trainings der Rekruten beobachtet. Es war dem Soldaten aus Ferelden sehr unangenehm gewesen so sehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Magiers zu stehen und er hatte den Mann eines Tages zu sich gerufen, um die Situation aufzuklären.

Und natürlich hatte Anders das… naja, nicht falsch aufgefasst, aber er hatte doch ein wenig überreagiert, fand Cullen. Er ließ das Gespräch, während er ein wenig geistesabwesend aus dem Fenster starrte, vor seinem inneren Auge Revue passieren:

 

„Was gibt’s?“, fragte der Blondschopf schelmisch und setzte sich schwungvoll auf den Holzstuhl vor Cullens Schreibtisch. Hätte er es gekonnt, hätte der flatterhafte Chaot wohl die Füße auf dem dunklen Holz abgelegt, um es sich mit auf dem Bauch verschränkten Fingern gemütlich zu machen. Doch so blickten die braunen Rehaugen des Anderfelsers den Fereldener nur erwartungsvoll und gleichzeitig ahnungslos an.

Cullen bedachte seinen kurzfristigen Sexualpartner mit beinahe schon grimmiger Miene und seufzte dann aus; die letzten Wochen waren enorm anstrengend für den Soldaten gewesen; alleine schon, die ganzen Gerüchte, die sich mittlerweile um ihn und den Blonden zusammengeschart hatten, auszublenden, hatte die meiste Zeit des Tages in Anspruch genommen. So konnte das nicht weitergehen; er musste als Vorbild funktionieren, seine Männer und Rekruten sahen zu ihm auf! Wenn die Gerüchte weitergingen, lief der Kommandant Gefahr, an Ansehen einzubüßen und das war schlecht für die Moral und den Wille der Armee.

„Anders…“, fing er langsam, doch zögernd, an. Das Gespräch würde sehr, sehr, sehr unangenehm werden; und wahrscheinlich nicht nur für Cullen, denn der Kurzhaarige konnte sich nur allzu gut vorstellen, wie der Blondschopf reagieren würde. In seinen Gedanken dachte sich der ehemalige Templer bereits ein paar Argumente aus, die er Leliana, Josephine, Cassandra und dem Inquisitor entgegenschleudern konnte, wenn der Blondschopf auf irgendwelche dumme Gedanken kommen würde (wie etwas in die Luft sprengen. Darin war der Abtrünnige ja arg bewandert).

„Cullen“, erwiderte der Blonde und grinste dabei sogar noch breiter; eine Tatsache, die der Soldat aus Ferelden eigentlich niemals für möglich gehalten hätte. Er verschränkte die Finger ineinander, legte sie ungeachtet des Chaos auf seinem Tisch, auf der Holzplatte, ab und meinte dann mit ruhiger Stimme: „Mir ist aufgefallen, dass Ihr Euch in letzter Zeit ein wenig… angenähert habt.“

Vorsichtig ausgedrückt.

„Tatsache?“, gluckste der Magier. „Und ich dachte schon, ich mache alles falsch!“ Er strahlte den Mann gegenüber von sich an, so, als habe dieser ihm gerade ein ganz besonderes Geschenk gemacht. „Jetzt mal ehrlich, Cullen. Lass die Förmlichkeiten und komm mit ins Bett“, schnurrte er dann, in der vollsten Überzeugung, der Krieger habe ihn zu sich gerufen, damit sie miteinander – wie es der Anderfelser immer titulierte - ‘Spaß‘ haben konnten. Cullen musste sich beherrschen, damit ihm nicht alles aus dem Gesicht fiel.

Und damit er nicht aufsprang, um dem Angebot des anderen Mannes Folge zu leisten; denn, obgleich es ihm so unangenehm und peinlich war, dass er mit Anders das Lager geteilt hatte, wie ihm noch nie eine Sache peinlich gewesen war, desto mehr schien sein Körper nach dem zu verlangen, was ihm der Blondschopf geben konnte: Eine weitere, unvergessliche Nacht.

„Ich… ähm…“, meinte der Krieger, ein wenig aus der Fassung gebracht, und fing an, seine Finger zu kneten, während er ein wenig rot im Gesicht wurde. Beim Erbauer, er war ein Mann in den Mittdreißigern und benahm sich gegenüber dem Abtrünnigen wie ein kleines Kind!

Aber Anders wäre wohl nicht das ‘Sonnenscheinkindchen‘ von Kinloch Hold gewesen, das sich regelrecht durch die halben Bewohner der Turmes gevögelt hatte, wenn dieser eben nicht die Einstellungen vertrat, die er eben vertrat. Deswegen stand der Magiebegabte auf und kam zu dem Templer hin. Er bemerkte noch nicht einmal, dass der Soldat sich ein wenig dagegen sträubte, als er seine Hände auf die stoppeligen Wangen des Kommandanten legte und dann seine weichen Lippen auf die des ehemaligen Templers presste.

Der Geistheiler legte seine komplette Leidenschaft in diesen Kuss, schob seine warme Zunge in den Mund Cullens, sodass dieser das Nichts schmecken konnte; ein Geschmack, der dem unter Lyriumentzug leidenden Krieger, beinahe wahnsinnig machte. Der unerfahrene Kommandant schloss genussvoll die Augen und wider Willen erwiderte er den Kuss des blonden Abtrünnigen nicht weniger leidenschaftlich. Dabei breitete sich ein warmes, wohliges Gefühl in seiner Magengegend aus, ein Kribbeln, das dem ehemaligen Templer in dem, was er hier tat, bestätigte. Ja, regelrecht zuzujubeln schien ihm sein eigener Körper; alleine schon, damit der Krieger wenigstens die Illusion, Lyrium in sich zu haben, aufrecht erhalten konnte – wonach sich der erschöpfte Körper des ehemaligen Templers vergeblichst sehnte.

Viel zu schnell löste der Magier dann den Kuss wieder; ganz kurz leuchtete es blau hinter seinen Pupillen auf und verunsichert wollte der Kommandant vor dem Mann zurückweichen; er kannte den Geist namens Gerechtigkeit, der in dem Körper des dünnen Blondschopfes innewohnte. Und dieser war ganz und gar nicht glücklich über die Tatsache, dass sein ‘Wirtskörper‘ das Herz an einen eigentlich erbitterten Erzfeind verloren hatte.

„Nicht“, murmelte Anders leise. „Ich hab‘ ihn unter Kontrolle; versprochen.“

Trotz der liebevoll gemeinten, beruhigenden, geflüsterten Worte des Abtrünnigen, löste sich Cullen endgültig von ihm und stand auf; wandte dem Mann den Rücken zu, während er sich heimlich über die Lippen leckte, um die letzten Reste des Nichts auf der Zunge schmecken zu können. Sein Templer-Verstand seufzte zufrieden auf; stupste ihn an, fragend, ob der Krieger nicht doch wieder Lyrium zu sich nehmen wolle… Und, wie um den Süchtigen dazu zu animieren, schoss ein plötzlicher Schmerz durch den Körper des Mannes. Es wurde kurz schwarz vor seinen Augen und er stützte sich mit einer Hand an seinem Schreibtisch ab, um nicht hinzufallen. Dabei versuchte er, seine Atmung zu kontrollieren.

„Cullen?“ Anders klang besorgt und der Mann spürte, wie der Magier zu ihm treten wollte.

„Nein“, murmelte er, raffte sich auf und wandte sich dann endlich dem Abtrünnigen zu, um ihm zu sagen… ihm zu sagen… Argh, war das schwer, in diese braunen, lieben und sanften Augen zu blicken und dabei zu versuchen, vollkommen kaltherzig zu bleiben.

Das hätte Knight-Captain Cullen von Kirkwall getan.

Aber Kommandant Cullen von der Himmelsfeste war da ein anderes Kaliber.

Deswegen wendete der Soldat beinahe schon in einer ängstlichen Geste den Kopf ab. Irgendetwas war da zwischen ihm und dem Blondschopf; aber der Soldat wollte es sich nicht eingestehen.

„Das geht nicht“, brachte er schließlich heraus. „Wir… lass es einfach, Anders“, erklärte er schließlich und duzte den Geistheiler dabei unwissend. Die braunen Rehaugen blickten den Krieger fragend an. Cullen seufzte auf und zeigte auf die Tür: „Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Das mit uns… Das kann nicht funktionieren, in Ordnung?“.

„Warum nicht?“, wollte der Magier wissen und verschränkte die Arme vor der Brust; vorwurfsvoll blickte er den ehemaligen Templer an und tippte mit der Spitze seiner schwarzen Stiefel immer wieder auf den Boden; so, als ob er ungeduldig wäre…

… oder verärgert.

Auf einmal war sich der Kurzhaarige nicht mehr so sicher, ob er die fragwürdige ‘Beziehung‘ zu Anders immer noch beenden sollte. Wer wusste schon, wie der Magiebegabte nun reagieren würde? Vor allem mit diesem Geist in seinem Körper?

Allerdings hatte der Krieger jetzt angefangen; und, bei Andrastes süßem Blut, er würde es auch zu Ende bringen!

„Ich… WIR, Anders, WIR müssen momentan darauf achten, was der Inquisition gut tut… und was nicht. Und wenn das Gerücht die Außenwelt erreicht, dass der Kommandant der Truppen mit einem Magier im Bett war, dann…“

„Das war kein Gerücht!“, unterbrach ihn der Blondschopf fauchend.

Oh-oh.

„Du WARST mit mir im Bett! Und es hat dir gefallen!“, fuhr der wutentbrannte Geistheiler fort und seine Finger fingen an, in einem bläulichem Licht zu erstrahlen. Das machte dem Kommandanten eher weniger Angst; auch, wenn er kein Lyrium mehr zu sich nahm, konnte er seine Templer-Fähigkeiten immer noch einsetzten; obwohl sie nicht mehr so wirkungsvoll waren. Aber der sich gerade in Rage redende Anders dachte anscheinend nicht daran, den Soldaten vor sich zu attackieren. Stattdessen zeigte er anklagend auf die Brust des ehemaligen Templers und rief aus: „Gib es wenigstens zu! Was andere denken, kann dir doch scheißegal sein! Solange du es selber willst, ist alles in Ordnung.“

„Aber ich WILL es doch gar nicht!“, log der jetzt aufgebrachte Cullen den Magier an. „DU bist zu mir gekommen und hast dich mir aufgedrängt. Meine Güte, ich habe seit was-weiß-ich wie vielen Jahren keinen Sex mehr gehabt und dann kommst du daher und fasst mich einfach an! Da war doch klar, dass ich nachgebe!“ Er holte kurz tief Luft; Haselnussaugen trafen auf Rehaugen und der Soldat brachte dann noch hervor: „Das war doch nichts weiter als Triebbefriedigung! Gerade du müsstest so denken.“ Immerhin war der Abtrünnige berüchtigt dafür, nichts von Liebe oder gar Beziehungen zu halten. So war das schon in Kinloch Hold gewesen.

Anders schnappte nach Luft; und dann sahen seine braunen Augen den Krieger verletzt an. Was…

Was hatte Cullen denn JETZT angestellt?

Es war, als sei alle Luft aus dem Körper des Anderfelsers gewichen; enttäuscht ließ dieser die Schultern sinken. Seine Lippen standen einen kleinen Spalt weit offen und der Magier ließ den Kopf zur Seite hängen. Ein paar seiner blonden Strähnen, die von dessen Zopf nicht gehalten wurden, fielen ihm in das Gesicht. Cullen widerstand dem Impuls, dem Mann diese hinters Ohr zu streichen und wartete ab. Die Schultern des Langhaarigen fingen an zu beben und dann hob der Abtrünnige wieder den Kopf.

Aus rot geränderten, unter Wasser stehenden Augen blickte er den Kommandanten der Inquisition an.

„Scher‘ dich doch weg!“, brüllte er den Fereldener dann plötzlich an; vollkommen unerwartet und mit einer solcher Wucht hinter den Worten, dass Cullen glaubte, ihm würden tausend kleiner Messerchen entgegen fliegen. Die Augen des Anderfelsers fingen an, bläulich zu leuchten; Lyriumrisse zeichneten sich auf seiner Haut und seiner Kleidung ab.

Gerechtigkeit.

Doch bevor der Templer in Cullen reagieren konnte, gab der besessene Anderfelser einen ersticken Laut von sich, drehte sich um und verließ aufgebracht das Büro des verwirrten Kriegers und ließ diesen mitten im Raum stehen, wie bestellt und nicht abgeholt.

 

 

So war das gewesen.

Und dann hatte sich der Blondschopf nicht wieder blicken lassen. Warum fühlte sich Cullen seit diesem Streit eigentlich so, als wäre er der Schuldige und Anders das arme Opfer? Lange Zeit hatte der Mann über die heftige Reaktion des Langhaarigen nachgedacht, doch er war zu keinem Entschluss gekommen.

Anders konnte keine Gefühle für ihn hegen; das war unmöglich. Der Magier wusste doch noch nicht einmal, was Liebe bedeutete! Und doch…

Ach, es war zum Haareraufen!

Hawke hatte gerade etwas von Anders‘ Gefühlen gegenüber dem blonden, kurzhaarigen Fereldener geäußert… Und hatte dabei hinter die sonst so steinerne Fassade Cullens geblickt, die der Mann mühevoll um sich herum aufgebaut hatte.

Und es war ja nicht so, als ob sich Cullen selbst keine Sorgen machte; im Gegenteil, abends lag er noch stundenlang wach und dachte über den Blondschopf nach. Dabei versuchte er stets, seine eigenen, seltsamen Emotionen, die ihn bei dem Gedanken an diesen, überschwemmten, in die hinterste Ecke seines Kopfes zu verfrachten, aber so ganz wollte es dem Krieger nicht gelingen.

Der Kommandant seufzte ergeben auf und schielte zu Hawke, der nach wie vor abwartend vor dem Schreibtisch des Mannes stand.

„Na gut“, sagte er schlussendlich. „Ich werde sehen, was ich tun kann, um Anders zu finden.“

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Crevan
2015-01-30T01:03:55+00:00 30.01.2015 02:03
Es is wie immer toll *A* hrhr.
Und ich fand den Streit großartig und richtig authentisch... es war 'herrlich' wie Anders abgezogen ist... xD


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