Zum Inhalt der Seite

Konoha Gangs II: Game On

Das Spiel hat gerade erst begonnen
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Längst vergessene Gesichter

Es war, wie wenn sie eine andere Welt betreten würden, als sie sich auf den Weg zurück zu den Iwasawas machten. Die Stimmen der vielen Menschen und die Musik, die inzwischen wieder aus einer Stereoanlage drang, kamen nur langsam zu ihr durch.

In ihren Gedanken war sie bei ihm, bei seinen Worten und vor allem bei seinen Taten vorhin. Sie hatte ihn schon so lange nicht mehr so aus sich rauskommen sehen, wie jetzt. Nicht einmal die Umarmung auf dem Dach von Madaras Firma war auch nur annähernd ein Vergleich dafür. Denn dieses Mal hatte er sich geöffnet. Sei es auch nur für kurze Zeit gewesen, aber er hatte sich nicht wie immer vor ihr verschlossen.

Inzwischen war der Platz vor der Bühne zu einer Tanzfläche geworden, wo sich Jung und Alt austoben konnten. Sakura erinnerte das an die Strassenparty im letzten Sommer wo all das hier seinen Anfang genommen hatte. Wer wusste, was passiert wäre, wenn der DJ zwei andere auf die Bühne geholt hätte? Vielleicht wäre alles ganz anders verlaufen und sie hätte sie nie diese verrückte Zeit mit Sasuke erlebt. Wäre nie im Taka-HQ gewesen. Hätte sie alle immer nur in schlechtem Licht gesehen, so wie alle anderen Kuramas seit Generationen. Hätte niemals dieses intensive Band gespürt, welches sie zwischen Sasuke und sich wähnte.

Aber es wäre ihr auch vieles erspart geblieben. Jeder Konflikt mit den Kuramas bezüglich Sasuke, all die Tränen, die sie deswegen vergossen hatte. Den Schmerz, den sie für Sasuke empfunden hatte, als Itachi gestorben war. Den Schmerz, als sie Itachi sterben gesehen hatte. Die ständige Hin- und Her-Gerissenheit zwischen den Fronten.

Ami und Haru sassen immer noch am Tisch, jetzt jedoch waren sie mit zwei anderen Familien im Gespräch. Neben den plaudernden Eltern sassen drei Kinder, etwas älter als Shina und Takahiro und etwas weiter weg eine Gruppe von Leuten in Sakuras und Sasukes Alter. Von der Gruppe gehörten aber vermutlich nur zwei oder drei zu den Leuten, mit denen die Iwasawas berichteten.

Ami lächelte sie freudig an und winkte beide zu sich hin.

„Wen habt ihr denn da bei euch, Ami?“, fragte eine blonde, freundlich lächelnde Frau, vermutlich Mitte Vierzig und musterte sie aufmerksam. Besonders Sasuke musste ihr auffallen. Wenigstens trug er eine Jacke und damit war sein Tattoo nicht sichtbar. Damit hätte er bestimmt noch mehr Blicke auf sich gezogen.

Ami und Haru wechselten einen kurzen Blick. „Bekannte. Sie sind auf der Durchreise und übernachten ein, zwei Nächte bei uns. Sasuke und Sakura.“

Die vier Erwachsenen inklusive der Blonden schüttelten ihnen die Hände. Sasuke wirkte bewundernswert natürlich.

„Und von wo seid ihr denn, Sakura?“, fragte ein Mann, allem Anschein nach der Ehemann der Blonden, die sich ihnen als Honoka vorgestellt hatte.

„Konohagakure. Das kennen Sie vermutlich.“ Sie siezte ihn, weil es für sie nicht unbedingt normal war, jemanden Fremden einfach so zu duzen.

„Aber natürlich. Aus dem Grossstadtdschungel also. Das wäre ja nichts für mich“, lachte er. Er meinte das sehr nett, aber Sasuke und Sakura hatten sich die Stadt ja auch nicht ausgesucht.

„Und wie alt seid ihr?“

„Einundzwanzig“, antwortete Sasuke.

„Und ich bin neunzehn.“

„Ach wirklich? Dann seid ihr ja etwa im Alter unserer Kinder!“, lachte nun die andere Frau, Ayana. „Noriko ist zwanzig und Honokas Sohn Inaho ist einundzwanzig. Die Beiden sind längst aus der Schule, aber fürs Schulfest sind sie immer zu haben.“

Ein blonder Junge und ein braunhaariges Mädchen mit Pferdeschwanz drehten sich um, als sie ihre Namen hörten.

„Das da drüben sind alles ehemalige Schüler desselben Jahrgangs aus dieser Schule hier.“

Noriko, Inaho und fünf weitere junge Leute sahen nun interessiert zu ihnen hin.

„Kinder, das sind Sasuke und Sakura, Gäste von Ami und Haru. Sie kommen aus Konoha.“

„Konoha?“ Noriko hatte sofort ihre braunen Rehaugen aufgerissen. „Das Konoha?“

Sakura nickte verlegen. Für sie war es normal, dort zu leben, für andere offensichtlich nicht. Aber wer konnte es ihnen verübeln. Es war die Metropole schlecht hin.

„Genau“, Sakura lächelte.

„Kommt doch ein wenig zu uns“, meinte ein weiteres Mädchen, ebenfalls blond.

Sasuke und Sakura wollten auf keinen Fall unhöflich sein, zudem interessierte sich zumindest Sakura ziemlich für diese Leute. Sie wollte wissen, wie die Kinder aus Sasukes altem zu Hause so waren und wie er vielleicht geworden wäre, wenn ihm all die schlimmen Dinge niemals passiert wären.

Die weiteren drei Mädchen und zwei Jungs stellten sich ihnen kurz vor. Sakura konnte sich nicht alle Namen auf Anhieb merken. Das blonde Mädchen, welches sie vorhin zu ihnen gerufen hatte, hiess jedenfalls Yui.

„Konoha also?“, fragte Yui. „Wie ist das so?“

Sakura erzählte ein wenig von der Grossstadt, liess aber das Thema Gangs und alles was dazugehörte schön ruhen. Auch Sasuke beteiligte sich ein wenig an der Erzählung, aber sie merkte ihm an, dass er sich vor zu tief schürfenden Fragen sorgte.

Es waren echt nette Leute und die Unterhaltung war ungezwungen. Bei der Frage nach den derzeitigen Jobs kam Sasuke gut weg, da er nur die Autowerkstatt erwähnte. Das liess die Anderen automatisch darauf schliessen, dass er etwas wie Automechaniker war und damit konnten sie das heikle Thema umschiffen. Und dabei mussten sie ihnen nicht einmal ins Gesicht lügen. Sakura erzählte aus dem Grund auch noch etwas ausgedehnter vom College. Inaho, Yui und ein weiteres Mädchen besuchten ebenfalls das College, aber in Iwagakure. Noriko war im Abschlussjahr ihrer Ausbildung als Webdesignerin und die beiden Jungs arbeiteten in technischen Berufen.

Sakura fiel während ihren Gesprächen auf, wie sie sich allesamt Mühe gaben, Sasuke nicht zu lange und zu offensichtlich zu mustern. Irgendwie fand sie das lustig. In Konoha war Sasuke nicht einmal halb so auffällig, wie hier.

Je länger sie mit diesen Leuten redete, desto mehr wurde ihr bewusst, aus was für einer heilen Welt sie kamen. Aus so einer Welt, in der auch sie ursprünglich einmal gelebt hatte. Man merkte einfach die enormen Unterschiede, wie gross der Krater zwischen der Gang-Welt in Konoha und der „normalen“ Welt war. Sie beschäftigten sich tagtäglich mit ganz anderem, vorwiegend ihrer Zukunft, während sie das College inzwischen zugegebenermassen als eher zweitrangig einstufte. Das sollte nicht so sein, das wusste sie. Aber was sollte sie tun, wenn ständig anderes in ihrem Kopf herumgeisterte, was ihr so viel elementarer erschien?

Von Sasuke ganz zu schweigen. Er war als ein Strassenkind nach Konoha gekommen und ein Gangjunge geworden. Und jetzt war er der Leader. Da hatte er wenig Zeit, sich um seine Zukunft zu sorgen. Er nahm jeden Tag, einer nach dem Anderen, während diese Leute hier zielstrebig in die Zukunft schauten. Aber dazu hatten sie ja auch die Mittel und Voraussetzungen.

„Weisst du Sasuke, irgendwie erinnerst du mich an jemanden“, sagte einer der Jungs, Kaito hiess er, auf einmal.

„Ach ja? An wen denn?“, fragte Sasuke. Er hatte sich während dem Gespräch etwas entspannt und schaffte es auch jetzt, seine ruhige Ausstrahlung aufrecht zu erhalten. Dabei wusste Sakura, dass er gerade alles andere als ruhig war.

„Kann ich dir echt nicht sagen. Aber irgendwas klingelt.“ Er lachte. „Wahrscheinlich bilde ich mir es nur ein.“

Noriko schüttelte den Kopf. „Nein, ich weiss was du meinst. Ich weiss auch nicht genau was es ist. Vielleicht sein Name? Wir hatten doch auch mal einen Sasuke in der Grundschule.“

„Wir hatten sogar zwei Sasukes, wenn du dich erinnern kannst“, grinste Inaho und gab ihr einen sanften Klaps auf den Hinterkopf. „Nakamura und Uchiha.“

Sakura verschluckte sich in dem Moment so heftig an ihrer Cola, dass sie einen regelrechten Hustenanfall bekam.

„Sakura, alles klar bei dir?“, fragte Yui besorgt.

„Ja…hab mich nur…verschluckt…“, stiess sie zwischen einigen Hustern hervor. Als sie sich wieder erholt hatte musste sie lachen und die Anderen stimmten mit ein. Sie hoffte, dass das jetzt nicht zu auffällig gewesen war.

„Wie auch immer“, meinte das dritte Mädchen lächelnd. Bei genauerem Nachdenken fiel ihr der Name wieder ein: Rima. „Mich interessiert da was anderes mehr. Woher hast du die Narbe über deinem Auge, Sasuke?“

Sakura erschrak auf diese Frage hin ziemlich. Die Narbe war zwar da, aber man sah sie nur wenn man gut hinsah. Was würde er denn darauf jetzt antworten?

„Oh, tut mir leid.“ Sie wurde ein wenig rot. „Das war jetzt frech oder? Sorry, du musst mir das nicht sagen. Ich bin nur neugierig“

„Ein Messer“, sagte Sasuke mit einem Grinsen, das wahrscheinlich nur für sie nicht wirklich echt wirkte. „Eine unangenehme Begegnung mit einem Messer vor einiger Zeit.“

So kauften ihm die Anderen das besser ab. Nie und nimmer würden sie vermuten, dass sie aus einem Kampf stammte. Und in der Tat, sie lachten.

Glücklicherweise fragten sie nicht weiter nach.

Nichtsdestotrotz rasten Sakuras Gedanken. Diese Leute waren mit Sasuke zur Schule gegangen? Erinnerte sich Sasuke an sie? Er hatte jedenfalls sein Pokerface aufgesetzt. Nicht einmal sie konnte daraus in irgend einer Weise schlau werden.

„Hey Leute, ich will ja nicht nerven aber jetzt habe ich doch noch eine Frage zu diesen Sasukes. Kam nicht der eine plötzlich nach den Herbstferien nicht mehr zur Schule?“ Noriko schien das Ganze noch nicht wirklich loszulassen.

„Ja richtig. Das war Sasuke Uchiha. Das war echt krass damals…“ Yui spielte mit ihrem Haar. Sie sah süss aus mit den beiden Zöpfen.

„Das ist echt eine schlimme Geschichte, wenn man bedenkt dass sie aus so einem Ort wie Oto stammt. Ihr kennt das aus Konoha bestimmt zur Genüge. Hier wurde einmal nach dem traditionellen Schulfest eine Familie von einem entlaufenen Psychopathen überfallen. Irgendein Geisteskranker. Das waren eben die Uchihas eine Familie mit zwei Söhnen, einer davon war eben dieser Sasuke.“

„Hier am Fest sind sicher auch ein paar ehemalige Schüler anwesend, die mit seinem Bruder zur Schule gegangen sind. Wie der heisst weiss ich leider nicht mehr“, ergänzte Inaho.

„Jedenfalls hat dieser kranke Typ die Eltern erschossen, die Jungen konnten aber gerade noch fliehen. Das hat damals das ganze Dorf erschüttert, weil die Uchihas irgendwie jeder gekannt hat. Wo die Beiden jetzt wohl sind?“

Sakura war kurz davor, rückwärts von der Bank zu kippen. Wenn sie auch nur die geringste Ahnung davon hätten, wem sie das gerade erzählten, ginge es ihnen wohl nicht anders.

Sasuke war schon fast unheimlich ruhig. Aber was antwortete man denn auf so etwas?

„Ach ja? Das klingt ja wirklich heftig…“ Sakura versuchte es mit einem ziemlich schlechten Kommentar. Es gelang ihr nicht im Mindesten, ihre Nervosität zu überspielen. „Denkt man gar nicht…von so einem Vorort meine ich.“

Jeder Schauspieler hätte sich wohl gerade mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen, so schlecht hatte sie das alles rübergebracht. Richtig zum Heulen.

„Deswegen haben sie auch das Schulfest in den Frühling verlegt oder? Das Ganze ist ja in der Nacht des Festes passiert“, fügte das dritte Mädchen an.

„Genau. Vielleicht liegt es wirklich am Namen, dass du uns an jemanden erinnerst.“ Inaho nahm einen Schluck von seinem Bier.

„Hatten die Uchihas nicht auch alle so schwarze Haare?“ Yui legte den Kopf schief. „Ich glaube es liegt definitiv an den schwarzen Haaren und deinem Namen.“

Sasuke hatte die ganze Zeit über geschwiegen. Eigentlich müsste er kurz vorm Explodieren sein.

„Mich würde aber wirklich interessieren, was aus den beiden Jungs geworden ist. Die haben wir ja danach nie mehr wieder gesehen.“ Noriko kratzte sich am Kopf. „Ach Mist, ich kann mich einfach nicht daran erinnern, wie Sasukes Bruder heisst…“

„Yao?“ Versuchte es Yui.

„Nee, also so sicher nicht.“ Noriko winkte ab. „Eigentlich ist es ja auch eg…“

„Itachi.“ Das war von Sasuke gekommen. „Er hiess Itachi.“

Sakura erstarrte. Sasuke neben ihr war ruhig. Zu ruhig. Grabesruhig. Da wäre es ihr wesentlich lieber, wenn er an die Decke gegangen wäre.

Die Anderen starrten ihn mit grossen Augen an. Man konnte ihnen förmlich ansehen, dass sich in ihren Köpfen die Puzzleteile langsam zusammenfügten.

„Woher… woher weisst du das?“, fragte die Yui als Erstes, mit einem mehr als nur verwunderten Blick in ihren grossen Mondaugen.

Inaho schüttelte den Kopf. „Du kennst die Geschichte doch nicht, oder?“

„Sasuke…“, flüsterte Noriko. „Doch nicht etwa…der Sasuke?“

Sasuke stand langsam auf. „ Der Bruder ist tot, er hingegen lebt in Konoha, sonst noch Fragen?“

Die Anderen standen sichtlich unter Schock. Nur gut, dass das in den vielen Gesprächen, die um sie herum in Gang waren und der lauten Musik unterging.

Ein Blick nach links und sie sah in ihren Augenwinkeln Ami und Haru zu der Musik tanzen. Das hätte sie sich wirklich gerne angeschaut, aber hier galt es, die Prioritäten anders zu setzen.

Sasuke musterte ihre Gesichter, eines nach dem anderen. „Inaho, Yasuo, Noriko, Yui, Rima, Suki, Kaito. Ich erkenne euch alle wieder.“ Er war immer noch viel zu ruhig. Und das war erstaunlich, in Anbetracht dessen, was er gerade durchstand. Was war es für ein Gefühl, wenn längst vergessene Gesichter plötzlich wieder auftauchten, Gesichter aus der Vergangenheit, mit der man einfach nicht abschliessen konnte?

„Sasuke…“, flüsterte Rima. „Das kann doch nicht…“

„Sakura, ich hole Takahiro und Shina. Habe Ami bereits vorhin versprochen, dass ich sie um halb elf nach Hause bringe, damit sie und Haru noch etwas feiern können.“

„Ich komme gleich mit“, sagte Sakura. Er nickte und verschwand, liess die Gruppe mit offenen Mündern zurück. Noriko fasste sich als erste wieder.

„Sakura… wir wussten das nicht…das erklärt natürlich Einiges.“

Inaho fuhr sich gestresst mit der Hand durch das blonde Haar. „Dass er hierherkommen würde…und dass er im Anbetracht all dessen so ruhig bleibt…“

„Erzähl uns bitte mehr, Sakura.“ Yui sagte das schon fast flehend. „Wir sind mit ihm zur Schule gegangen… in den Kindergarten… ihn jetzt hier wiederzusehen ist wirklich unglaublich…“

Sakura schaute sich um, aber Sasuke war mit den beiden Kindern noch nicht zu sehen.

Sie seufzte. „Das behaltet ihr bitte für euch: Sasuke ist mit seinem Bruder aus dem Kinderheim getürmt, in das man sie gesteckt hat, weil die Zustände dort unerträglich waren. Sie sind als Strassenkinder nach Konoha gekommen. Es ist eine echt lange Geschichte.“

„Und was hat er gesagt? Itachi ist tot?“

„Richtig.“ Schon der blosse Gedanke daran, tat weh. „Letzten Dezember.“

„Wie?“, fragte Yasuo.

„Sasuke lebt ein anderes Leben als ihr. Das müsst ihr euch bewusst sein. Und auch Itachi war ein Teil dieses Lebens. Er wurde ermordet. In einem Kampf zwischen Gangs.“ Inzwischen gab sie das einfach preis. Früher oder später würden sie es sowieso erfahren.

Jetzt waren endgültig alle Kinnladen runtergefallen. In dem Moment entdeckte sie Sasuke mit Shina und Takahiro am Schultor.

„Ich muss los!“ Hastig kritzelte sie ihre Nummer auf eine Serviette. „Ich würde gerne mit euch in Kontakt bleiben, wenn ihr das auch möchtet. Wenn ihr mehr wissen wollt, fragt bitte Ami, aber ich muss jetzt gehen.“

Die Anderen schauten nur ziemlich perplex aus der Wäsche. Das war eindeutig zu viel für sie. „Okay…“

„Ciao zusammen, es war schön, euch kennengelernt zu haben!“ Sie wusste, das war ein sehr kurzer Abschied, aber sie wollte bei Sasuke sein. Ihm ging es nicht gut, soviel stand fest.

Die Anderen riefen ihr noch einige Abschiedsworte hinterher und dann war sie ausser Hörweite. Takahiro winkte ihr schon von Weitem, während die sonst so lebhafte Shina ziemlich müde aussah.

„Sakura! Kommst du auch mit uns?“, fragte Takahiro fröhlich. Er sah zwar eindeutig müde aus, befand sich aber wohl in dieser einen Phase der Müdigkeit, in der die Energie trotzdem noch vorhanden ist.

„Natürlich!“ Sie musste lächeln. Ami und Haru waren mit zwei wirklich süssen Kindern gesegnet.

Sasuke liess sich nach wie vor nicht viel anmerken. „Bist du soweit, Sakura?“

Sie nickte. „Klar.“

Seine Anspannung war spürbar, aber sie vermutete, dass das nicht nur von der vorherigen Begegnung mit seinen alten Klassenkameraden stammte. Nein, sie waren drauf und dran denselben Weg zu gehen, den er mit seinen Eltern und Itachi vor vielen Jahren gegangen war und ihn direkt in die Dunkelheit geführt hatte.

Als sie losliefen sagten sie erst einmal nichts. Aber irgendwann konnte sie einfach nicht mehr schweigen.

„Du kannst ruhig sagen, wenn du einen Umweg machen willst“, sagte sie leise. Es wäre völlig verständlich wenn er nicht die Strasse betreten wollte, wo vor Jahren alles seinen Anfang genommen hatte. Und dann war die Situation noch so enorm ähnlich. Nur war er dieses Mal nicht das Kind. Vorhin hatten sie mit Ami und Haru einen anderen Weg genommen.

„Nein. Wir gehen den schnellsten Weg, sonst schläft Shina noch im Gehen ein. Takahiro, gibst du Sakura bitte die Hand?“ Himmel, die Ruhe und Bestimmtheit in seiner Stimme verwirrte sie.

Takahiro gab Sakura ohne zu meckern die Hand. „Warum, Sasuke?“

„Weil es dunkel ist. Bleib immer bei deinen Eltern, wenn du nachts in der Dunkelheit unterwegs bist, Hiro.“

Takahiro nickte. Er schien zu verstehen. „Ist gut.“

Eine Weile gingen sie so nebeneinander her, durch das nächtliche Oto. Je weiter sie sich vom Schulhaus entfernten, desto weniger Menschen waren anzutreffen.

„Ich mag nicht mehr laufen…“, flüsterte Shina, die wirklich kurz davor war, einzuschlafen. Ehe es sich Sakura versah war Sasuke vor Shina in die Hocke gegangen, damit sie Huckepack auf seinen Rücken klettern konnte. Die Kleine schien so müde, dass sie das beinahe automatisch machte. Es sah süss aus, wie sie sofort mit dem Kopf auf Sasukes Schulter einnickte. Inzwischen schien die Müdigkeit auch bei Takahiro angekommen zu sein, denn er sagte nicht mehr besonders viel und lehnte sich richtiggehend gegen Sakuras Arm.

Als sie um die nächste Ecke bogen, betraten sie eine kleine Strasse zwischen zwei Häuserreihen. Erhellt wurde sie nur durch das Licht zweier schwacher Strassenlaternen, die es gerade einmal schafften, ihre nächste Umgebung etwas zu erhellen. Es waren kaum Fenster zur Strassenseite hingerichtet und wenn es welche hatte, dann brannte kein Licht. Am Tag wirkte die kleine Gasse völlig normal, aber jetzt bei Nacht hatte sie etwas Gespenstisches.

Sie brauchte ihn nur anzuschauen, um zu wissen, dass das die Gasse war. In Sakura kam ein unangenehmes Gefühl auf. Etwas vor ihr ging Sasuke mit Shina auf dem Rücken.

Sie stellte sich unwillkürlich vor, Sasukes Mutter zu sein und der kleine Hiro war Sasuke. Die blosse Vorstellung davon, dass im nächsten Moment hinter einer Hauswand ein Verrückter mit Pistole hervorspringen könnte, brachte Spannung in ihren Körper.

Hätten die Uchihas in dieser verhängnisvollen Nacht nur einen Umweg gemacht und alles wäre niemals so gekommen. Dann würde Sasuke hier und jetzt mit Inaho, Noriko und den Anderen am Tisch sitzen, lachen und sich über die alten Zeiten unterhalten. Dann wären Sasukes Eltern Fugaku und Mikoto, sowie Itachi vielleicht auch dabei gewesen.

Aber das Schicksal hatte es anders gewollt.

Sasuke blieb die ganze Zeit über aufmerksam und sie würde wetten, dass er unter seiner Jacke am Gürtel ein Messer griffbereit hatte. Sein Gang war schneller geworden. Eigentlich wusste sie, dass er mit Absicht diese Strasse gewählt hatte, denn er war dazu entschlossen, sich all dem zu stellen. Es wäre keine grosse Sache gewesen, eine andere Strasse zu nehmen.

Sie konnte es kaum mitansehen, wie er sich selbst da durch quälte. Instinktiv legte sie ihm ihre Hand auf seine, welche er vor seinem Bauch in der Anderen verhakt hatte. Sofort spürte sie kalten Schweiss und ein fast schon unmerkliches Zittern. Sasuke zeigte keinerlei Reaktion, was in diesem Zusammenhang aber kein gutes Zeichen war.

Selbst als sie die Gasse ohne Zwischenfälle hinter sich liessen, blieb er verkrampft und angespannt. Seine Unruhe legte sich erst, als sie in die Quartierstrasse zu Amis und Harus Haus einbogen, wo die Beleuchtung glücklicherweise etwas besser war.

Sasuke hatte den Hausschlüssen bei sich und Sakura musste zugeben, dass sie das wirklich sehr stark von Ami und Haru fanden, ihnen ihre Kinder und ihr Haus anzuvertrauen. Aber das bewies, dass die gute Chemie, die sie spürte, nicht nur einseitig war.

Sasuke brachte Shina direkt in ihr Bett, Sakura ging mit Takahiro ins Bad, um sich die Zähne zu putzen. Der Junge wünschte ihnen noch gute Nacht und verschwand dann gleich in seinem Zimmer. Er war ja auch bereits elf und für die Kinder ziemlich spät.

„Hast du die Tür abgeschlossen?“, fragte sie Sasuke, als dieser sich gerade die Zähne putzte. Er nickte und als er den Mund wieder frei hatte meinte er: „Sie haben einen Zweitschlüssel dabei, also kein Problem.“

Bestens. Während er sich noch das Gesicht ein wenig wusch, verschwand sie bereits im Gästezimmer. Auch sie war erschöpft von all diesen verrückten Eindrücken und Erlebnissen heute Abend. Vielleicht war das dämlich, aber für sie war das krasseste Erlebnis des heutigen Abends nicht das Aufeinandertreffen mit Sasukes alten Schulkameraden, nein. Sie musste ständig an seine Umarmung denken. An die Nähe, die sie geteilt hatten. Einen kurzen Moment lang kam sogar der beunruhigende Gedanke in ihr auf, dass es damit vielleicht schon wieder vorbei war. Schliesslich hatte sie sich ihm an Silvester auch nahe gefühlt und schlussendlich war dann alles doch den Bach runter gegangen.

Dabei wollte sie so gerne bei ihm sein, aber sie wusste ja überhaupt nicht, wie er das sah. Für ihn gab es jetzt Wichtigeres, das er verarbeiten musste. Vielleicht war das für ihn vorhin nur eine normale Versöhnung gewesen, eine unter Freunden. Möglicherweise fühlte er nicht das, was sie fühlte. Wäre auch naheliegend, denn wenn sie sich selbst so anschaute, wusste sie wirklich nicht, was es da zu holen gab. Ja, es war dämlich, aber sie glaubte nach wie vor, dass sie nicht das war, was Sasuke lieben konnte. Jemand wie er hätte jedes Mädchen haben können, das herumlief und da gab es weitaus schönere und klügere als sie. Solche die nicht so nahe am Wasser gebaut hatten, mit hübschen Haaren, schönen Gesichtern, ebenmässigen Lächeln und gertenschlanken Körpern. Keine gefühlsduseligen, naiven Mädchen, sondern solche, die selbstbewusst waren und mit beiden Beinen im Leben standen. Solche, die mehr im realen Leben, als in ihren Gedanken lebten.

Etwas niedergeschlagen legte sie sich aufs Bett. Manchmal brachen all diese Selbstzweifel einfach so über sie herein, ohne dass sie auch nur die geringste Kontrolle darüber hatte. Wie sie es hasste.

Kurzerhand checkte sie ihre Nachrichten. Die täglichen Pflicht-SMS an Tsunade und Naruto hatte sie bereits gesendet, bevor sie zum Fest aufgebrochen waren. Deshalb hatte sie jetzt nur eine Nachricht von Ino, die sich vergewissern wollte, dass es ihr gut ging. Sie tippte nur eine kurze Antwort, in der sie ihr versicherte, dass alles in Ordnung war.

Gerade als sie die Nachricht abschickte, betrat Sasuke das Zimmer. Er trug bereits seine Trainerhose und sein schwarzes Schlafshirt.

Er sah müde aus – zu Recht. Denn was er heute erlebt hatte, war alles andere als leicht zu verdauen. Als er das Licht ausgemacht hatte, sah sie schemenhaft, wie er sich ins Bett legte. Das Mondlicht fiel genauso schön durch das Fenster, wie letzte Nacht und verlieh dem Zimmer eine ruhige, schöne Atmosphäre.

Sie wusste, dass er genauso dalag, wie sie: Mit offenen Augen. Irgendwie hätte sie gerne noch etwas zu der Begegnung mit seinen ehemaligen Schulkameraden gesagt. Sie wollte von ihren eigenen inneren Kämpfen absehen und ihm helfen.

Aber auf eine ganz angenehme Art war es entspannend, seinem Atem zu lauschen und einfach nichts zu sagen. Irgendwann hörte sie, wie seine Atemzüge länger wurden. Gut so, er sollte schlafen und sich von all dem erholen. Bei ihr sah es etwas anders aus. Obwohl sie müde war, konnte sie nicht schlafen, zu sehr drehten sich die Gedanken in ihrem Kopf.

Also beschloss sie, sich ein wenig vor das Fenster auf den Teppichboden zu setzen, damit sie ihren Gedanken freien Lauf lassen konnte. Draussen herrschte eine wundervolle, klare Nacht. Sie wurde gleich ein wenig neidisch, als sie sich den Garten und die allgemeine Lage des Hauses einmal richtig von oben anschaute. Irgendwann würde sie auch gerne in so einem wunderbaren Haus leben.

Nur der Gedanke daran, dass Sasuke und Itachi auch einmal auf diesem Rasen gespielt hatten, dass sie vielleicht hier, in diesem Raum gewesen waren, das stimmte sie eher traurig. Was wäre, wenn Sasuke so aufgewachsen wäre, wie Noriko, Yui, Inaho und all die Anderen? Dann wäre er jetzt vielleicht auch vollkommen auf seine Zukunft fokussiert. Würde Pläne schmieden. Seine Familie geniessen. Manchmal fragte sie sich wirklich, warum das Universum diesen Jungen das angetan hatte. Warum es überhaupt Menschen so etwas antat. Warum durfte nicht jeder die Chancen auf eine blühende Zukunft haben? Es gab zu viele Menschen, die man einfach zurückliess, weil sie nicht das Glück gehabt hatten, ihre verdienten Chancen zu bekommen. Und Menschen, denen einfach genommen wurde.

Hinata, Naruto, Kiba. Karin, Konan und all die Anderen. Es war nicht fair.

Aber wie wurde es ihr immer eingetrichtert? Das Leben war auch nicht dazu da, fair zu sein. Ende der Geschichte.

Langsam kamen auch die Gedanken daran zurück, was bevorstand. Das Battle der Battles. Die letzten Auseinandersetzungen mit den Riots hatte vielen Outers und auch Itachi das Leben gekostet. Wen würde es dieses Mal treffen?

Es stand so viel auf dem Spiel und ihre Angst vor Verlusten wuchs zusehends. Entweder würde es ein Erfolg oder ein Fehlschlag werden. Auf welchem Weg sie dorthin gelangen würden, geschweige denn, welchen Preis sie dafür bezahlen würden, war noch ungewiss.

Gerade jetzt wünschte sie sich nichts sehnlicher, als hier bleiben zu dürfen. Nur, um noch ein paar weitere Tage Konoha zu entkommen. Oder es ganz hinter sich zu lassen? In einem Dorf leben? Jeden Abend aus dem Fenster schauen können, sich den Rasen ansehen, die Hausdächer im Mondlicht und der Wald in der Ferne. Das wäre etwas Wunderbares.

Aber wahrscheinlich würden sie schon morgen Otogakure verlassen und sich wieder in die Grossstadt begeben, die einen einfach so verschluckte.

Sie lehnte sich mit geschlossenen Augen gegen das kühle Glas der Fensterscheibe. Das tat ihrem überhitzten Kopf gut. Es war eine ganz besondere Art von Ruhe, die sie in diesem Moment verspürte. Zwar ging ihr sehr viel im Kopf herum und trotzdem fühlte sie sich entspannt.

Sie wusste nicht, wie lange sie hier, im fahlen Schein des Mondlichts dasass, als sie plötzlich hörte, wie Sasuke seine Bettdecke zurückschlug. Einen Blick zu seinem Bett und sie sah einen gähnenden Gangleader, der sich am Bettrand den Schlaf aus den Augen rieb.

Sie liess ihn machen und schaute wieder zum Fenster in den Nachthimmel hinaus. Jetzt hörte sie seine Füsse über den Teppichboden tapsen.

„Was machst du?“, fragte er rau, während er sich ihr gegenüber niederliess.

„Nichts. Nur denken.“ Sie öffnete die Augen. Er sah immer noch müde aus. „Du kannst ruhig wieder schlafen gehen, Sasuke. Es war ein langer Tag.“

„Ist irgendwas?“, fragte er. „Abgesehen von dem üblichen Zeug, meine ich?“

Sie seufzte. „Machst du dir keine Sorgen? Wegen dem Battle?“

Er schwieg. Eigentlich war es eine dumme Frage gewesen, denn zurzeit hatte er wohl kaum Zeit, sich wegen dem bevorstehenden Kampf Sorgen zu machen.

„Sorgen machen kann man das nicht nennen. Ich habe gewisse Bedenken, aber wenn das meine Leute merken, wäre es nicht gut. Als Leader musst du abwägen: Ist die Mission machbar? Wenn ja, dann muss man das Ganze so planen, damit man die bestmöglichen Voraussetzungen hat. Wenn nein, dann lässt man es bleiben.“

Sie seufzte. „Du kannst mir nicht erzählen, dass es dich kein bisschen belastet.“

„Das tut es bestimmt. Aber mir bleibt jetzt nichts anderes übrig, als meinen Leuten zu vertrauen. Und in diesem Fall wohl auch euren.“

„Da hast du wohl keine andere Wahl.“ Das brachte sie ein wenig zum Lächeln. Wer hätte vor einem halben Jahr auch gedacht, dass sie jetzt plötzlich dazu gezwungen waren, gemeinsame Sache zu machen?

„Sag mal, hast vielleicht du eine Vermutung, ob das mit dem Verräter in euren Reihen wahr sein könnte? Ich weiss, bisher ist das alles nicht wirklich klar, aber du hast eine gute Intuition. Fällt dir jemand ein, der es sein könnte?“ Er klang neugierig.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Die Outers kenne ich zu wenig gut, als dass ich es sagen könnte, aber vom Inner? Nein. Es ist sowieso eine ganz komische Situation. Ich meine, einerseits gibt es ziemlich schlagkräftige Argumente dafür, dass wir tatsächlich einen Maulwurf unter uns haben, andererseits: Hätte der nicht schon längst dafür gesorgt, dass die unser HQ angreifen?“

„Mhm. Echt schwierig. Aber wir werden uns noch früh genug damit rumschlagen müssen.“ Er schaute sie mit seinen dunklen Augen an. „Ist es okay, wenn wir morgen zurück nach Konoha gehen? Es gibt da noch ein paar…“

„Wegen der Polizei meinst du?“

Jetzt stand ihm die Überraschung ins Gesicht geschrieben. „Hat dir Naruto…“

„Nein, ich habe es gestern gehört und eins und eins zusammengezählt.“

„Ach so. Die Jungs sind etwas nervös geworden, ich glaube es ist das Beste, wenn wir zurückzukehren.“

„Hast du denn gemacht, was du machen wolltest?“, fragte sie vorsichtig. Es wäre nicht gut, wenn er nun voreilig verschwinden würde, ohne dass er dem wahren Ziel dieser Reise nachgekommen wäre.

„Ja. Sogar noch mehr, als ich erwartet hätte.“

„Und was ist mit deinen ehemaligen Klassenkameraden?“

„Es ist besser, wenn wir nicht mehr zu sehr miteinander in Kontakt kommen. Die leben in einem komplett anderen Universum als ich und das ist auch besser so. Ich will nicht, dass sie wissen, wie ich lebe.“

Das verstand sie. Sehr gut sogar. Genau diese Gedanken hatte sie vorhin am Fest auch gehabt, trotzdem war sie froh, dass die Anderen ihre Nummer hatten. So konnte sie es dem Schicksal überlassen. Wenn es sein sollte, dann würden sie sich melden.

Er gähnte plötzlich. „Willst du nicht auch endlich schlafen?“

„Ich kann nicht.“

Er legte den Kopf schief. „Und warum nicht?“

„Keine Ahnung. Einfach so. Aber leg dich ruhig schlafen. Du bist derjenige, der morgen fahren muss.“

„Lass das mal meine Sache sein“, meinte er mit einem ganz leichten Grinsen im Gesicht. Urplötzlich spürte sie ihr Herz wieder gegen ihren Brustkorb hämmern. Die blosse Tatsache, dass sie ihm hier im Mondlicht so nahe war und mit ihm redete, wie damals, als alles noch so neu gewesen war, überflutete sie mit Erinnerungen. Sie spürte es wieder: Dieses abenteuerliche Gefühl, dass sie immerzu gehabt hatte, als sie ihn sah, bevor das alles passiert war. Es kam ihr vor, wie wenn die Zeit vor dem Gangkrieg Lichtjahre her wäre. Nichts desto trotz war dieses Gefühl von Wärme nun umso umwerfender.

Sie hätte gerne seine Hand berührt, irgendetwas gemacht, um ihm etwas näher zu sein, aber sie war viel zu schüchtern dazu.

„Jetzt fällt mir noch etwas ein“, sagte er plötzlich. „Sind Ami und Haru schon zu Hause?“

„Nein“, antwortete sie verwirrt. „Warum?“

„Komm mit.“

Ehe sie es sich versah, hatte er die Tür geöffnet und war von der Dunkelheit im Gang verschluckt worden.

„Warte, wohin willst du?“ Schnell war sie aufgestanden und lief ihm hinterher. Er war die Treppe runter gegangen und hatte im Erdgeschoss Licht gemacht. Was wollte er denn jetzt?

Als sie unten ankam sah sie, dass auch im Wohnzimmer Licht brannte. Neugierig begab sie sich zu Sasuke, welcher im Wohnzimmer vor dem Klavier stand, welches ihr schon beim ersten Mal, als sie hier waren aufgefallen war.

„Was machst du denn, Sasuke?“, fragte sie ihn ziemlich verwirrt.

„Siehst du dieses Klavier da?“ Er betrachtete das Klavier aus braunem, lackiertem Holz im Licht der Stehlampe daneben mit einem ziemlich speziellen Blick, den sie so nicht einordnen konnte. „Das ist es.“

„Das ist was?“ Sakura konnte nicht genau folgen.

„Es ist das Klavier, auf dem ich spielen gelernt habe. Und Itachi auch…“

Sakura erstarrte. Moment. Konnte es tatsächlich sein, dass dieses beinahe alte Instrument tatsächlich hier in diesem Haus geblieben war? Dass Ami und Haru es quasi mit dem Haus mitgekauft hatten?

„Nicht wahr, oder?“

„Doch.“ Vorsichtig hob er den Deckel an, sodass die Tasten zum Vorschein kamen.

„Wow. Das ist echt verrückt.“

Sasuke winkte sie näher hin. „Siehst du diese Kerben da?“

Sanft strich er mit dem Daumen über kleine Ritzen im Holz auf der rechten Aussenseite des Klaviers, die der Wand zugewandt war. Es sah aus, als hätte jemand eine Strichliste im Holz verewigt.

„Die linke Gruppe von Strichen ist die Anzahl die Lieder, die Itachi auswendig und einwandfrei spielen konnte. Und die Rechte ist meine“, murmelte er abwesend. „Unsere Mutter war ganz schön sauer, als sie das gefunden hat.“

Sakura wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Das war schlichtweg unfassbar. Irgendwie schienen sie andauernd auf Spuren seiner Vergangenheit zu stossen und sie konnte nicht anders, als das aufregend zu finden.

Langsam zählte Sakura die Striche. Itachi schien neun Lieder in seinem Repertoire zu haben, währenddessen der jüngere Sasuke es doch auf sechs Lieder schaffte.

„Es waren keine einfachen Lieder. Nicht wie ‚Mary had a little lamb‘ und so, sondern echt ziemlich Schwierige.“ Nach einer kurzen Atempause fügte er an: „Er war immer besser als ich. Ja, er war immer in allem besser.“

„Aber er war ja auch der Ältere, Sasuke.“ Sie hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt, um auszudrücken, dass sie bei ihm war.

„Ist schon wahr…“

„Wenn Hiro und Shina nicht schon schlafen würden, dann würde ich jetzt auch drauf bestehen, dass du mir was vorspielst. Das letzte Mal ist verdammt lange her…“ Sie musste schmunzeln. Das war es in der Tat.

Sie war erstaunt, als sie einen Anflug eines Lächelns in seinem Gesicht sehen konnte. „Ich weiss nicht, ob ich das überhaupt noch kann. Ich hab das Klavier seit dem Tag, als du das letzte Mal in der alten Fabrik warst nicht mehr angefasst.“

Wieder war sie beeindruckt. Wenn das wahr war, dann war das inzwischen ein halbes Jahr her. „Wie wenn du das verlernen würdest.“

„Wir werden sehen.“

Sollte sie das als ein Versprechen auffassen? Das hiess so viel wie wenn sie ihn bestimmt noch einmal spielen hören würde. Wie auch immer. Für sie war es ein Versprechen.

„Lass uns schlafen gehen, Sakura. Sonst denken Ami und Haru noch, dass wir ihnen die Bude ausräumen.“
 

„Wie bitte?!“

„Es ist wahr.“

„Und warum zu Hölle sagst du mir das erst jetzt?!“

„Weil du gestern Abend bereits so verärgert warst, dass ich mich um die Gesundheit unserer Leute fürchten musste.“

„Schwachsinn! Red nicht so einen verdammten Schwachsinn, Shika!“

„Siehst du? Du solltest dich endlich mal zusammenreissen. Und das Ganze ändert ja am Plan nichts.“

Naruto war stinksauer. Er war verdammt nochmal der Leader in dieser Truppe! Wenn es wichtige Informationen gab, dann sollte er sie als erstes bekommen!

„Die Polizei will also durchgreifen, ja? Und Pain glaubt nicht, dass es ein Bluff ist?

Shikamaru schüttelte den Kopf und nahm seelenruhig einen Schluck aus seinem Glas Wasser. Er trank nie Alkohol, wenn es um wichtige Bandenangelegenheiten ging.

„Nee. Ich hab Kakashi schon gefragt. Der Polizeichef will das tatsächlich irgendwie durchziehen.“

Naruto versuchte, ruhig zu bleiben. Er wollte Shikamaru nicht das geben, was er von ihm erwartet hatte. Nein, er konnte sich durchaus beherrschen.

„Also. Ich nehme an, Pain hat seine Meinung dazu bereits abgegeben?“

Shikamaru erhob sich vom Tisch im Aufenthaltsraum. Sie waren derzeit alleine. „Hat er. Er will keinen Rückzieher machen.“

„Okay.“ Der Leader fuhr sich mit der Hand durch seine blonden Wuschelhaare. „Sag mal, ist Demon eigentlich überhaupt noch der Leader oder hat Pain ihn inzwischen ersetzt?“

Er sagte das abschätzig. Natürlich wusste er, dass Sasuke nach wie vor der Leader war, aber seine Abwesenheit machte ihm sauer. Zudem sorgte er sich um Cherry. Wer wusste, wo die Beiden jetzt gerade waren. Gut, Ino und Hina wussten es bestimmt. Aus Hina würde er vielleicht etwas rausbekommen. Flowie konnte er da vergessen.

Es war ihm einfach nicht wohl bei dem Gedanken, dass Cherry irgendwo da draussen mit Demon war. Er hatte gesehen wozu der Taka fähig war und er musste ehrlich sagen: Das im Toad’s hatte ihn nicht einmal ein kleines bisschen überrascht. Für ihn war es eine Frage der Zeit gewesen, bis er sich nicht mehr unter Kontrolle hatte.

Tja und selbst wenn Sakura ihm jeden Abend schrieb, das alles in Ordnung war, änderte das nicht im Mindesten etwas an seinen Befürchtungen. Demon war unberechenbar.

Aber wenn Cherry es wirklich so durchzog, wie sie es gesagt hatte, dann sollte der ganze Spuk nach diesem kleinen „Ausflug“ vorbei sein. Das hoffte er zumindest.

„Pain spricht das jedes Mal mit Demon ab, Boss, da kannst du Gift drauf nehmen. Und bis zum grossen Tag wird Demon wieder hier sein, damit auch ja alle schön nach seiner Pfeife tanzen, keine Sorge.“ Genius zog sich seinen Kapuzenpullover über. „Ich geh jetzt pennen. Nacht, Boss.“

„Nacht, Genius.“
 

Es war gegen halb zehn, als sie erwachte. Sasuke war bereits nicht mehr in seinem Bett. Erst dachte sie, dass er gar nicht mehr im Zimmer war, doch dann entdeckte sie ihn auf dem Teppichboden vor dem Fenster sitzen. Er schien eine Nachricht zu schreiben.

„Guten Morgen“, murmelte Sakura schlaftrunken und streckte sich erst einmal im liegen.

„Morgen.“

Sakura gähnte herzhaft und verrenkte ihren Kopf nun so, damit sie aus dem Fenster gucken konnte. Der Himmel war im Gegensatz zu gestern ziemlich verhangen. Hoffentlich regnete es nicht, wenn sie sich auf den Weg machten.

„Ami und Haru wissen bereits Bescheid. Aber sie haben drauf bestanden, dass wir noch zum Mittagessen bleiben“, informierte er sie.

„Okay. Das klingt gut.“ Ganz ehrlich? Der Gedanke daran, wieder in Konohas Grossstadtsumpf verschwinden zu müssen, kotzte sie an. Und zwar richtig. Die Stadt verschluckte einen einfach mit Haut und Haaren. Am liebsten hätte sie ihre ganze Gang, Tsunade und selbstverständlich ihr Zimmer hierher nach Oto verfrachtet, um ein Leben in Frieden leben zu können. Klar, wahrscheinlich würde ihr der Nervenkitzel schon ab und an einmal fehlen, aber trotzdem wäre hier ziemlich vieles besser. Leider waren das nur unerreichbare Fantasien. Vorstellungen, die absolut nicht praxistauglich waren.

Das Mittagessen wurde sogar von Sasukes Seite her erstaunlich gesprächig. Irgendwie kam es ihr vor, als ob er endlich seine Sprache gefunden hätte und sich inzwischen nicht mehr von diesem Haus mit all den Erinnerungen, die es beherbergte, einengen zu lassen. Viel mehr wirkte er, als ob er einen Schritt weitergekommen war.

Schweren Herzens musste sie sich jetzt aber leider mit der Tatsache abfinden, dass das hier die letzten Stunden war, die sie bei den Iwasawas verbachten. Nun gut, Ami machte ihnen schon jetzt das Angebot, dass sie jederzeit wieder herkommen durften, wenn sie Lust hatten. Das freute Sakura natürlich sehr. Sasuke hatte mit den Iwasawas schon fast einen Teil Verwandtschaft gewonnen, jedenfalls fühlte es sich so an. Für ihn hoffentlich auch.

Sie unterhielten sich über alles Mögliche, selbstverständlich auch über das Schulfest. Sakura fragte sich, wie viel Ami und Haru gestern von der Unterhaltung mit Noriko, Inaho und den Anderen mitbekommen hatten. Anmerken tat man ihnen jedenfalls nichts.

Erst als die Beiden später beim Abwasch halfen, wurden sie wieder damit konfrontiert, allerding auf eine Art, mit der sie nicht gerechnet hatten. Sie waren schon fast fertig, als plötzlich die Türglocke klingelte. Sasuke und Sakura dachten sich nichts weiter dabei, als Ami die Küche verliess, um die Tür zu öffnen, doch als sie dann plötzlich wieder in der Küche stand und sie beide auffordernd ansah, waren sie doch ein wenig verwundert.

Gemeinsam gingen sie zur Tür und im nächsten Moment kehrte die mühsam abgelegte Anspannung Sasukes schlagartig zurück. Vor der Tür standen Inaho und Noriko.

„Hi“, sagten sie, doch ihre Gesichter sprachen Bände. Sakura las Unsicherheit, ein bisschen Angst, konnte aber auch erkennen, dass die Beiden eine Entscheidung getroffen hatten.

„Hi…“, murmelte Sasuke und auch Sakura begrüsste die Beiden mit einem Hallo.

„Hör zu, wir wollen euch nicht lange stören. Aber wir wusste nicht, wie lange ihr noch in Oto seid und deshalb sind wir hier.“ Noriko spielte nervös mit ihren Fingern. „Erst einmal wollten wir uns für gestern entschuldigen.“

„Wofür?“ Sasuke und auch sie verstanden nicht ganz.

„Dass wir gestern vor dir über all diese Dinge gesprochen haben und vor allem die Art wie wir darüber gesprochen haben, muss für dich alles andere als angenehm gewesen sein“, meinte Inaho.

„Das konnte ihr doch nicht wissen…“, murmelte Sasuke.

„Das spielt keine Rolle. Es tut uns leid, egal, unter welchen Umständen. Das lassen euch auch die Anderen ausrichten. Sie sind nicht gekommen, weil wir dachten, dass es für dich wahrscheinlich nicht so toll ist, wenn da gerade die ganze Bande vor der Tür steht.“ Noriko fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar.

„Hör zu, Sasuke. Wir hätten niemals damit gerechnet, dich irgendwann mal wiederzusehen, geschweige denn hier in Oto und dann auch noch in unserer alten Schule. Es ist vieles passiert seit damals und wir wissen, dass du es nicht einfach hattest. Ami hat uns gestern ein paar kleine Dinge erzählt, keine Sorge, nicht viel.“

Sakura drehte sich um und sah dort am Kücheneingang Ami stehen. Sie hatte also davon gewusst?

„Weisst du, seit wir hier die Schule verlassen haben, haben wir uns immer bemüht, den Kontakt miteinander zu halten. Und dabei ist diese kleine Gruppe, die du gestern getroffen hast, entstanden. Das ist der harte Kern und wir wollten dir anbieten… also wenn du auch gerne wieder mehr mit uns Oto-Landeier-Kindern zu tun haben würdest“, sie lächelte ein wenig, „dann würde es uns freuen, wenn du auch dazu gehören würdest.“

„Ihr kennt mich kaum“, sagte Sasuke. Er war wieder vollkommen auf Abwehr eingestellt, da sah sie ihm an, jedoch war das ein gutes Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass in ihm etwas vorging.

„Aber wir haben dich gekannt. Und alles, woran ich mich erinnere, war gut.“ Inaho sagte das sehr überzeugt. „Wir waren zusammen im Kindergarten und später Pultnachbarn, Sasuke, und das fast ein ganzes Jahr lang. Wir haben in den Pausen mit den anderen Fussball gespielt, weisst du das noch?“

Sakura betrachtete Inaho. Blond, trug ein dunkelblaues Shirt, hatte helle braune Augen und einen offenen Blick. Sasuke war dunkelhaarig, hatte dunkle Augen, immerzu einen verschlossenen Gesichtsausdruck. Wenn man die Beiden nebeneinanderstellte, dann war der Unterschied wie Tag und Nacht. Und trotzdem hatten die beiden Jungs damals zusammen Fussball gespielt. Dass das Leben Wege, die sich anfänglich so ähnlich waren, auf so drastische Weise in verschiedene Bahnen lenken konnte, war eigentlich schon unglaublich.

„Ja“, sagte er. Sasuke war überfordert. In seinem Kopf mussten die Gedanken nur so rasen. „Das haben wir. Und trotzdem bin ich nicht wie ihr.“

Inaho sah sichtlich erleichtert aus und lächelte. „Das spielt keine Rolle. Wir haben alle gleich angefangen.“

„Sasuke, wir wollen dich nicht mehr länger stören. Sakura sollte inzwischen meine und Inahos Nummer haben, wir haben dir vorhin eine kurze Nachricht geschrieben, nur damit du die Nummern hast. Wenn du vielleicht irgendwann mal Lust hast, Sasuke: Schreib uns. Wir würden uns freuen, dich wiedersehen zu können. Du bist jederzeit willkommen. Das gilt natürlich auch für dich, Sakura.“ Noriko machte einen Schritt rückwärts. „Wir werden euch jetzt nicht mehr stören. Vielleicht bis bald einmal, Sasuke. Macht’s gut!“

Die Beiden drehten sich um und steigen die kleine Treppe hinunter. Sasuke war komplett überfordert mit der Situation. „Macht’s gut…“, brachte er gerade noch hervor, als die Beiden den Parkplatz verliessen und verschwanden.

Es gab Momente, die einfach bewiesen, dass das Universum Zeichen senden konnte. Davon war Sakura fest überzeugt.

Sasuke zog sich nach diesem Erlebnis noch für eine Stunde in sein Zimmer zurück. Sakura wollte ihn keinesfalls stören, deshalb setzte sie sich noch für einen Moment mit Ami an den Tisch und trank Tee. Dabei unterhielten sie sich über das, was eben passiert war. Ami hatte sich Sorgen gemacht, dass sie Noriko und den anderen zu viel erzählt hatte, doch Sakura beruhigte sie. Schliesslich hatte sie wirklich nur erzählt, was mit den Jungen passiert war, sprich, dass sie aus dem Kinderheim getürmt waren und in Konoha nach neuem Boden unter den Füssen gesucht hatten.

Etwas später, als die Kinder und Haru zurück waren, begab sie sich doch nach oben, etwa eine Viertelstunde vor Zwei. Dann hatten sie nämlich abreisen wollen.

Vorsichtig öffnete sie die Zimmertür. Sasuke sass auf seinem Bett und tippte konzentriert etwas in sein Handy. Die Betten hatten sie bereits abgezogen und die Laken hatte Ami gleich in die Waschküche im Keller gebracht.

„Sasuke?“

„Hm?“

„Alles okay?“

„Mhm.“

Leise schloss sie die Tür hinter sich wieder. „Du siehst aber nicht so aus.“

„Ach ja?“

„Ja.“

„Hm.“

Langsam setzte sie sich neben ihm auf die Bettkante. „Wenn du lieber später fahren willst, dann sag es ruhig.“

„Nein, wir fahren wie geplant.“

„Okay. Kann ich irgendetwas tun?“, fragte sie und hoffte, dass das nicht falsch ankam.

„Ja.“ Er hob den Kopf und schaute sie direkt an. „Könntest du mir mal ins Gesicht schlagen?“

Irritiert schaute Sakura ihn an. „Wie bitte?“

„Ob du mir ins Gesicht schlagen könntest.“

„Und warum?“

„Damit ich endlich wieder denken kann.“

„Glaubst du nicht, dass das etwas kontraproduktiv wäre?“

„Vielleicht.“

Sie musste lächeln, obwohl die Situation nicht wirklich zum Lächeln war. „Manchmal sollte man nicht zu sehr darauf beharren, immer alles sofort klar sehen zu müssen. Du musst jetzt nicht darüber nachdenken, was gerade geschehen ist, wenn du nicht willst. Das hat Zeit. Schätze die Tatsache, dass es Menschen gibt, denen das, was hier in Oto vor vielen Jahren passiert ist nicht egal ist. Du musst jetzt gerade noch keine Entscheidungen treffen. Gedanken ordnen sich mit der Zeit von selbst.“ Ob ihm das half, wusste sie nicht.

„Hast ja recht.“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und stand ruckartig auf. „Wollen wir?“
 

Der Abschied von den Iwasawas war alles andere als leicht. Shina und Takahiro drängten damit, dass Sasuke und Sakura sie bald wieder besuchen sollen. Ami und Haru verabschiedeten sie beide mit einer herzlichen Umarmung und in Ami stand die Wehmut deutlich ins Gesicht geschrieben. Es war schon verwunderlich, was in knapp drei Tagen so alles passieren konnte. Natürlich bedankten sie sich gefühlte tausendmal bei der jungen Familie.

„Kommt bald wieder einmal vorbei. Ihr seid jederzeit willkommen“, sagte sie. „Passt bitte auf euch auf. Wenn ich schon nur an diese Gangstreitereien denke wird mir Angst und Bange, dabei hat die Zukunft noch so viel Gutes für euch auf Lager.“ Sie richtete ihren Blick nun vor allem auf Sasuke, „Das dürft ihr auf keinen Fall verpassen.“

Als sie den Parkplatz vor dem Haus verliessen, schaute Sakura noch einmal zurück. Die Iwasawas winkten ihnen noch, doch dann liessen sie Sasukes ehemaliges zu Hause hinter sich.

Der Himmel war immer noch ziemlich bewölkt. Möglicherweise würde es auf ihrer Heimfahrt regnen, aber genau genommen war es Sakura egal. Sie sog die Landschaft, die an ihnen vorbeizog, die Dörfer und das wohlige Gefühl, frei zu sein tief in sich auf, wohlwissend, dass sie schon bald wieder unter Konohas Käseglocke sein würden. Keine Freiheit, nur noch den üblichen gestressten Alltag, die lärmigen Strassen, die Gangs, das Verkehrschaos. Die spürbare Missstimmung, die ein Ort wie Konoha einfach mit sich brachte. Und dann nicht zuletzt noch der verfluchte Gangkrieg.

Die Zeit in Oto war wie im Flug vergangen und sie konnte ihre Gedanken kaum davon lösen. Das wurde auch nicht besser, wenn sie darüber nachdachte, was sie in Konoha eigentlich erwartete. Tsunades strenges Gesicht, Narutos war bestimmt auch nicht besser gelaunt, Ino und Hina, die alles wissen wollten, obwohl sie dieses kleine Abenteuer gerne unerzählt und unangetastet in eine kleine Schatulle gelegt und aufbewahrt hätte. Wie ein kleiner Schatz.

Als sie Iwagakure durchquerten, kamen in ihr wie auf Knopfdruck die Erinnerungen an das Kinderheim auf. Zwar sahen sie es nicht mehr, aber Sakura hatte trotzdem ein haargenaus Bild des grossen Backsteingebäudes vor Augen.

Es war schon der Wahnsinn, wie viel sie in diesen letzten Tagen über Sasukes Vergangenheit hatte erfahren dürfen. Nun fiel es ihr überhaupt nicht mehr schwer, sich diese Geschichten bildlich vorstellen zu können, jetzt, wo sie die originale Kulisse gesehen hatte.

Sie sog die Landschaft, die auf dem restlichen Weg an ihnen vorbeizog, so tief in sich auf wie sie nur konnte. Vielleicht würde es ihr nachher helfen, gegen Konohas graue Aura anzukommen.

Als die Stadt in Sichtweite kam, musste Sakura zugeben, dass ihr ganz schön der Hintern wehtat. Zwar hatten sie vor ungefähr einer Stunde eine kurze Pause gemacht, trotzdem war die Fahrt lang gewesen. Wie wenn das Wetter ihnen weismachen wollte, dass es an der Zeit war, in ihre eigenen Leben zurückzukehren, begann es nun auch noch zu regnen. Aber eigentlich taten die kühlen Tropfen auf ihrer Haut ganz gut: Es fühlte sich nach Realität an.

Sie erreichten bald die westlichen Vororte und als sie das West erreichten, kam es ihr vor, als wäre der Verkehrslärm doppelt so laut wie vorher und die Stadt noch ein Stück grauer und müder geworden. Um die nächste Ecke kam das alte Fitnessstudio und somit auch bereits ihr Block in Sicht, schonungslos die Fakten aufzeigend: Die Reise ist vorbei. Wie würde es weitergehen?

Sasuke hielt in der kleinen Seitenstrasse, neben dem Eingang zu ihrem Block. Auf der Strasse waren kaum Leute unterwegs und wenn, dann versteckten sie ihre Gesichter unter Regenschirmen, die wenigstens noch etwas Farbe in die graue Kulisse brachten. Gerade wurde ihr so bewusst, dass sich jetzt vielleicht alles wieder verändern würde. Klar, sie hatte seine Nähe in Oto so deutlich spüren können, aber Konoha und die Gangkonflikte wirkten auf diese Nähe leider erfahrungsgemäss wie Gift. Sasuke war ein anderer, wenn er Demon Eye sein musste.

Sie musterte ihn. Seine Kleider waren ungefähr so durchgesogen vom Regen, wie ihre, und seine nassen Haarsträhnen tropften. Aber war ihr besonders auffiel war wohl sein Gesichtsausdruck. Irgendwie wirkte er entspannt. So, als ob er etwas zur Ruhe gekommen wäre, nach all der Zeit des Stresses.

Sie stellten sich unter den Hauseingang, obwohl es nicht mehr wirklich viel brachte – vollkommen durchnässt waren sie bereits. Und frieren taten sie auch.

„Sorry“, sagte er.

„Wofür denn jetzt bitte?“

„Dass ich dich da mitgeschleppt habe. Jetzt kriegst du wahrscheinlich auch noch eine Erkältung.“

„Du weisst ja nicht, wie egal mir das jetzt ist.“ Sie musste lächeln. „Ich finde, die letzten Tage waren jeden Regentropfen wert. Du nicht?“

Er überlegte kurz. „Doch.“

Das war gut zu hören. „Und was machst du jetzt?“

„Gibt noch einiges zu regeln im HQ. Pain wird mir einiges zu erzählen haben. Ich will, dass er etwas Pause machen kann, nachdem ich mich einfach für drei Tage verdrückt habe.“ Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Und du gehst jetzt besser Mal hoch, sonst wirst du wirklich noch krank.“

„Willst du nicht mit hoch kommen? Damit du trocknen kannst? Vielleicht hört ja dann der Regen auf.“ Sakura wusste, dass da oben Tsunade wartete, aber sie wollte ihn nicht einfach im Regen stehen lassen.

„Nein, Sakura. Deine Tante ist da oben und ich weiss nicht, ob ich das überleben würde. Hab noch einiges zu tun, bevor ich sterbe, weisst du.“ Er grinste.

Sakura musste leise lachen. „Du hast wahrscheinlich Recht.“

Eigentlich war es ja traurig. Erneut kam ihnen der Kurama/Taka-Zwiespalt in den Weg. Das war ja wie früher.

„Noch einmal danke, dass du mitgekommen bist.“

Sein Blick machte sie ganz kirre.

„Das ist gerne geschehen. Es war etwas, das ich auf keinen Fall verpassen hätte wollen.“ Und das meinte sie vollkommen ernst.

„Da bin ich froh.“ Er senkte seinen Blick. „Ich wäre nicht gegangen, wenn du nicht mitgekommen wärst.“

Sie konnte nicht anders und musste einfach seinen Arm sanft anfassen. Die Berührung löste in ihr bereits wieder ein kleines Herzrasen aus. Es war doch einfach verrückt, was er für einen Effekt auf sie hatte. „Es ist gut, dass du gegangen bist.“

Jetzt schaute er ihr mit diesem Blick direkt in die Augen, den sie kaum aushalten konnte. Er ging so tief.

„Ich weiss.“

Sakuras Hände zitterten, sie konnte nicht sagen, ob es wegen der Kälte oder wegen ihrer enormen Aufregung war.

„Bis bald, Sakura.“ Er legte vorsichtig seine Hand um ihr Handgelenk und ehe sie es sich versah, spürte sie seine Lippen auf ihrer Stirn.

Und im nächsten Moment war er weg.
 

Tsunade fiel fast rückwärts vom Stuhl, als Sakura tropfnass in der Wohnung ankam. Toll, jetzt hielt sie wahrscheinlich noch weniger von Sasuke, als sie es sowieso schon tat. Sakura verschwand als allererstes unter der Dusch und schlüpfte danach in warme Kleider. Darauf folgte eine kleine Schimpftirade von Tsunade, aber Sakura hörte kaum zu. Sie spürte immer noch seine Hand an ihrem Handgelenk und seine Lippen an ihrer Stirn.

Trotz allem machte ihr Tsunade noch einen Tee und dann hatte sie eine Verabredung mit Shizune und Jiraiya zum Essen.

Tsunade würde ihr nicht lange böse sein, da war sie sich sicher. Und es war auch nicht das, was sie im Moment beschäftigte, nein. Wie sollte es auch? Ihr ganzer Körper kribbelte.

Von oben bis unten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hi meine Lieben!

Ich habe es doch noch geschafft, das neue Kapitelchen hochzuladen =)
Ich möchte mich noch einmal bei allen ganz herzlich für die zahlreichen, lieben und motivierenden Kommentare zum letzten Kapitel bedanken, es war mir eine wahre Freude, sie zu lesen! ^^
Nun hoffe ich, dass euch das Kapitel gefallen hat. Wer Kritik, Anregungen oder anderes hat, darf diese auch gerne anbringen. Ich freue mich auf eure Rückmeldungen =D

Bis bald

eure ximi

ENS beim nächsten Kapitel: Wie immer diejenigen, die das letzte Kapitel kommentiert haben^^ Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (25)
[1] [2] [3]
/ 3

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Hinaxsasu-chan
2016-01-18T21:12:34+00:00 18.01.2016 22:12
Super fanfiction habe sie schon durch war die ganze zeit blackreader 😅 schreib auf jedenfall schnell weiter ist ne gute idee das mit den gangs und so habe auch schon den ersten teil durchgelesen ich liebe lange ffs auf Jedenfall respekt👍👍👍
Antwort von:  Hinaxsasu-chan
18.01.2016 22:13
Und natürlich Frohes neues Jahr
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:47
Hallihallo Blackreader ;D
Vielen lieben Dank! Somit bist du offiziell kein Schwarzleser mehr ;D Es freut mich riesig, dass dir die Geschichte gefallen hat und hoffe natürlich, dass ich dich weiterhin begeistern kann!

glg ximi
Von:  mai-ling
2016-01-17T12:44:03+00:00 17.01.2016 13:44
Sehr schönes Kapitel ☺️

Endlich erfährt man auch mehr von Sasukes Vergangenheit und was damals geschehen ist. Hast du wieder gut hinbekommen 👍🏻. Und zum Abschluss einen kleinen Kuss 😍. Wunderbar! Vor allem finde ich es gut, dass dieser von ihm ausging. Und es war nicht zu viel. Die Variante mit der Stirn fand ich sehr gut. Ich denke, direkt in die vollen zu gehen, wäre etwas zu viel des Guten gewesen. Und so geht er es lieber langsamer an.

Bin gespannt was jetzt noch alles so passiert auch in Bezug mit den Riots. Es wird sicherlich das eine oder andere Drama auf uns zukommen. Ich bin auch gespannt, was den Spitzel betrifft. Eine Vermutung habe ich ja, allerdings kann ich mich zwischen 2 Personen nicht entscheiden 😂. Mal sehen, vielleicht liege ich ja komplett daneben.

Bin aufs neue Kapitel gespannt. Bis bald 🤘🏻
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:39
Heii
Dankeschön, ich bin froh, dass ich es deiner Meinung nach gut hinbekommen habe. Genau das habe ich mir auch gedacht, schlussendlich wäre es nicht wirklich nachvollziehbar, wenn er plötzlich einfach in die vollen gegangen wäre, was?^^
Das Drama kann ich dir schon jetzt garantieren ;D Es würde mich wahnsinnig interessieren, wen du bei der Spitzel-Vermutung im Visier hast ^^
Vielen Dank uns bis bald!

glg ximi
Von:  Stef_Luthien
2016-01-09T20:02:00+00:00 09.01.2016 21:02
Ein super Kapitel. Ich bekomme einfach nicht genug davon. :)
Ich fands super noch mehr von Sasuke zu erfahren, auch wenn dies schon traurig war.

Ich warte gespannt auf neuen Lesestoff^^

LG,
Asuna

Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:36
Heii vielen Dank, das freut mich natürlich ;D
Der neue Lesestoff ist so gut wie hochgeladen ^^

glg ximi
Von:  Atenia
2016-01-03T22:28:22+00:00 03.01.2016 23:28
uii sasuke gibt sakura eien kuss.
Harte Zeit bei Sasuke bin gespannt was noch so passiert
frohes neues
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:36
Dankeschön!=D
Von:  Biest90
2016-01-03T14:16:10+00:00 03.01.2016 15:16
einfach toll
Einblicke in sasukes früheres leben
Bin gespannt wie es zwischen den beiden nun weitergeht, hoffe dass sie sich noch näher kommen

Schnell weiterschreiben
Glg biest90
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:35
Heii
Vielen Dank, schön, dass es dir gefallen hat!
Das neue Kapitel ist fast schon hochgeladen ;D

glg ximi
Von:  -Jackson-
2016-01-01T20:30:24+00:00 01.01.2016 21:30
Wunder schönes Kapitel ^^ hoffe die zwei kommen Sie jetzt wieder Nähe. Es ist einfach toll wie du das beschreibt <3 hoffe du machst schnell weiter !!! :)
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:35
Heii Dankeschön!
Es freut mich riesig, dass es dir gefallen hat!^^
Das neue Kapitel ist so gut wie fertig ;D

glg ximi
Von:  soelki89
2016-01-01T17:27:57+00:00 01.01.2016 18:27
Ein tolles Kapitel :D Freu mich schon aufs Nächste.

Wünsch dir noch ein gutes neues Jahr☆¤
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:34
Heii vielen lieben Dank! =D
Von:  bibbelz
2015-12-30T21:04:39+00:00 30.12.2015 22:04
Da sind sie wieder zurück.. Hoffe des verläuft sich jetzt nicht wieder ins Leere bei den zwei 😀 mit den Mitschülern die Idee fand ich klasse ist toll das das Geschehen die Menschen vor Ort nicht kalt gelassen hat!! Sehr sehr schön
So ich denke mal Das nächste Kapitel wird sehr Action reich :D ich freu mich schon mega drauf
Freu mich immer wieder was neues von dir zu sehen auch wenn ich 1-2 Tage brauche ums zu lesen 😜
Antwort von:  bibbelz
30.12.2015 22:05
Achja schneller abgeschickt als gedacht 😀
Einen wunderschönen und guten rutsch wünsche ich dir noch 🎆
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:34
Heii
Freut mich, dass es dir gefallen hat, vielen Dank! =D
Das neue Kapitel ist so gut wie fertig und keine Sorge, ich lasse mir meistens mehr als ein Monat Zeit ein neues Kapitel hochzuladen, also nimm dir so vie Zeit zum Lesen, wie du brauchst ;D

glg ximi
Von:  Danimaus
2015-12-30T16:39:22+00:00 30.12.2015 17:39
Schönes Kapitel . Hab schon Angst bekommen , dass du nicht mehr weiter schreibst , obwohl ich diese Ff so lieb gewonnen habe . Aber ich glaube diese Story ist für viele sehr wichtig . Du zeigst wie es solchen Leuten geht und öffnest einem dei Augen was man eigentlich für ein Glück hat . Mach weiter so . Freu mich sehr auf das nächste Kapitel . Frohes neues Jahr und ein guten Rutsch<3
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:32
Heii
Vielen lieben Dank. Dass es so lange dauert bis neue Kapitel erscheinen ist auch nicht wirklich in meinem Sinne, leider kann ich da nicht allzu viel machen. Aber abbrechen werde ich die FF nicht, dazu gibt es zu viel, was ich noch schreiben möchte ;D
Es ist wirklich sehr schön von dir, dass du sagst, dass die Story für viele sehr wichtig ist. Für mich ist sie es nänlich auch. Und wie =D
Das neue Kapitel ist so gut wie fertig!

glg und bis bald

ximi
Von:  Scorbion1984
2015-12-30T05:50:27+00:00 30.12.2015 06:50
Super gutes Kapitel ! Vielleicht haben die Zwei wirklich noch eine Chance ,auf die gemeinsame Zukunft ! Würde ich ihnen gönnen !!!!
Antwort von:  ximi
16.02.2016 23:30
Dankeschön! =D
glg ximi


Zurück