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Komm, wir greifen nach den Sternen

von

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Kapitel 49 - Leid

Kapitel 49 - Leid
 

*Hermines Sicht*
 

Heiße Tränen laufen mein Gesicht hinunter und ich renne. Ich renne soweit ich kann. Weit weg. Weg von allem, weg von ihm.

Ich renne nach Hogsmeade, ohne auch nur ein einziges Mal zurück zu sehen.

Als ich am Apparierpunkt ankomme, disappiere ich sofort.

Ich finde mich an meiner Klippe in Schottland wieder, es ist ein Wunder, dass ich nicht zersplittert bin. Weinend lasse ich mich gegen meinen Felsen sinken und lasse den Tränen freien Lauf. Scheinbar stundenlang liege ich dort zusammengekauert auf dem Boden. Der kalte Herbstwind durchwühlt meine Haare.

Ich weine, bis alle Tränen versiegt sind und ich nur noch leise vor mich hin wimmere.

Wieso hat er das getan? Es lief doch alles ganz gut. Ich verstehe das nicht.

Die letzten Wochen dachte ich, dass ich es langsam schaffe seine Mauern zu durchdringen. Ich dachte wirklich, dass ich ihn dazu bringen könnte sich mir zu öffnen.

Wie falsch ich doch lag.

Ich beginne zu zittern, doch das nehme ich nur am Rande wahr.

Mein Körper scheint betäubt. Ich spüre nur eine große, klaffende Wunde in meiner Brust, die mich zu zerreißen scheint. Mit aller Kraft schlinge ich meine Arme um meinen Oberkörper, weil ich Angst habe auseinander zu brechen. Ich werde von Schmerz geschüttelt und schreie.

Ich schreie vor Schmerz so laut ich nur kann.

Meine Brust scheint zu explodieren. Wieder beginne ich zu weinen.
 

Nach etlichen Stunden, die ich abwechselnd mit weinen und schreien verbracht habe, rapple ich mich auf und appariere zurück nach Hogsmeade.

Taumelnd lege ich den Weg ins Schloss zurück.

Ich weiß nicht, wie lange ich gebraucht habe, aber irgendwann komme ich an.

Meine Füße lenken mich in die Kerker. Benommen folge ich ihnen.

Es ist bereits mitten in der Nacht, doch ich weiß, dass wenn ich jetzt schlafe, ich wahrscheinlich in meiner Trauer ertrinke.

Schwach klopfe ich an die Tür, vor der ich stehen geblieben bin.

Als sie sich öffnet, sacke ich zu Boden.
 

Ich spüre, dass ich hochgehoben werde und auf ein Bett gelegt werde.

Meine Augen sehen, erkennen aber nicht.

Meine Ohren hören, verstehen aber nicht.

Mein Körper spürt, fühlt aber nicht.

Mein Herz arbeitet, schlägt aber nicht.
 

„Oh Gott Hermine, was ist denn los?“, ruft Draco panisch und schüttelt mich.

„Kann ich einfach bei dir sein?“, frage ich tonlos.

Er nickt und will sich hinter mir ins Bett legen, doch ich halte ihn zurück.

„Ich gehe auf die Couch“, sage ich und versuche aufzustehen, doch meine Beine gehorchen mir nicht.

„Schon gut, ich schlafe auf der Couch“, sagt er und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Irgendwann schlafe ich vor Erschöpfung ein, wache aber immer wieder schreiend auf, wenn das schwarze Loch in meiner Brust mich zu verschlingen beginnt.

Draco ist jedes Mal sofort bei mir und will mich in den Arm nehmen, doch körperlicher Kontakt tut mir weh.
 

*Severus Sicht*
 

Als sie durch meine Tür gegangen ist, lasse ich mich auf den Boden sinken. Meine Knie schlagen hart auf dem Stein auf, aber das macht mir nichts aus.

Es ist traurig, dass meine undurchdringliche Maske so perfektioniert ist, dass sie nicht mal bemerkt, wenn ich lüge. Sie hat es mir so schnell geglaubt.

Ich dachte in den letzten Wochen hat sie mich besser kennengelernt.

Doch offenbar bin ich wieder der unausstehliche Bastard gewesen, sodass sie sich nichts daraus gemacht hat.

Ich muss raus. Raus aus diesem Zimmer.
 

Ich stehe auf und verlasse das Schloss. Zielstrebig laufe ich zum See und lasse mich an seinem Ufer nieder. Im Mondschein spiegelt sich mein Gesicht auf der Wasseroberfläche wieder.

Ich sehe mich an und frage mich, warum.

Warum bin ich, wie ich bin?

Warum bin ich, wer ich bin?

Warum habe ich es nicht verdient?

Kann ich sehen oder bin ich blind?

Ich suche die Antworten auf meine Fragen.

Meine Gedanken malen Bilder, doch ich finde keinen Rahmen, um sie einzuordnen.

Ich spüre einen leichten Zug.

Der Wind spricht zur mir, „Wünsch mir Glück“, er flüstert meinen Namen.

Ich muss mit dem Kopf schütteln. Ihre Stimme erklingt in meinen Ohren und wispert, „Ich bin in dir, wohin du gehst. Doch siehst du auch, das was ich sehe?“

Sie hat an mich geglaubt. Dinge in mir gesehen, die ich selbst nicht wahrgenommen habe.

Und doch musste ich diese Entscheidung treffen, um ihr weiteres Leben nicht negativ zu beeinflussen.

Ich weiß, dass sie niemals gegangen wäre, wenn ich ihr die Wahrheit gesagt hätte.

Sie wäre sofort zu Draco gegangen und hätte ihn verflucht. Oder sie hätte von sich aus ihr Studium geschmissen.

Inzwischen weiß ich, dass wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, sie das auch durchzieht.
 

Meine Seele ist ein tiefes, schwarzes Loch.

Es gibt Blut, Tränen und Leid, an denen ich Schuld habe.

Das verkümmerte und lästige Organ in meiner Brust ist nicht fähig auch nur irgendetwas zu fühlen.

Vor Jahren habe ich mich dazu entschieden mit der ewigen Reue zu leben. Einer musste büßen und das war ich. Ich habe mich verschlossen und es so irgendwie geschafft weiter zu existieren.

Ein Leben hatte ich nicht mehr, seit dem Tag, an dem ich meine große Liebe tot in den Armen gehalten habe.

Doch Hermine hat es irgendwie geschafft mir den Glauben an mich selbst zurück zu geben.
 

In all den Jahren habe ich mich damit abgefunden, dass ich sühnen muss. Ich habe kein Recht auf ein freies Leben. Als ich sterben sollte, waren meine letzten Gedanken, dass ich endlich zu Lily komme. Doch als ich im Keller der Malfoys erwachte, habe ich genügend Zeit gehabt, mich mit meinem neuen Schicksal auseinanderzusetzen. Ich habe meine Prioritäten neu geordnet.

Es gibt niemandem mehr, dem ich gehorchen muss. Albus ist tot und der dunkle Lord ein für alle Mal vernichtet. Und doch komme ich nicht zu Ruhe. Seitdem ich Hermines Stimme das erste Mal in meinem Kopf gehört habe, wusste ich, dass das etwas zu bedeuten hat. Ich wollte es aber nie wahrhaben. Seit drei Jahren ist sie ein ständiger Begleiter. In jeder Sekunde meines Daseins.
 

Und jetzt sitze ich hier, am Ufer des Sees, geschüttelt von Schmerz und Leid.

Es tut mir weh zu wissen, dass ich ihr wehgetan habe.

Zu wissen, dass ich ein Leben vor mir hatte, welches ich aufgeben musste.

Zu wissen, dass ich meine einzige und letzte Chance auf Glück vertan habe.
 

Nach vielen schlaflosen Tagen, wache ich eines Montags früh auf.

Ein neuer Tag beginnt, auf der Suche nach dem Sinn, dem Sinn in meinem Leben, doch ich kann ihn nicht finden.

War’s das schon, kann das alles sein? Was kommt danach? Wann ist es vorbei? Wer kennt die Antwort auf diese Fragen?

Die Tage sind vergangen und nichts ist passiert. Meine Gefühle brodeln nach wie vor unter meiner Schädeldecke und stürzen mich ins Verderben. Nichts ist geschehen und es rebelliert in den Falten meines Hirns, in den Ecken meiner Seele.

Ich habe nächtelang gezecht, mich bis ins Koma gesoffen, damit ich wenigstens ein paar Stunden Schlaf bekomme. Ich denke man sieht mir das an.

Mühsam schäle ich mich aus dem Bett und muss mich direkt festhalten, weil ich sonst umfalle.

Träge bereite ich mich für den heutigen Unterricht vor.

Dass ich sie jeden Tag sehe, macht die Sache nicht besser.

Ihre strahlenden, braunen Augen verfolgen mich. Jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde.

Ihr Lächeln, das sie mir in meinen Gedanken jeden Tag aufs Neue schenkt, lässt den Eisklotz, der mein Herz sein soll, jedes Mal ein wenig weiter schmelzen. Und mit jedem Tropfen Tauwasser, tröpfelt ein bisschen mehr Gefühl in meine Adern und scheint sie zu verätzen. Ich weiß, wieso ich mich all die Jahre vor sowas abgeschirmt habe. Es tut weh. Es tut unendlich weh.
 

Punkt acht Uhr öffne ich die Klassenzimmertür mit zittriger Hand.

Die Schüler strömen rein und ich setze mich an meinen Schreibtisch.

Im Stehen halte ich die Stunden schon lange nicht mehr durch.

Mein Blick huscht zu dem Platz in der letzten Reihe.

Sie sieht nicht deutlich besser aus. Tiefe, schwarze Ringe unter ihren Augen verraten mir, dass auch sie sich die Nächte um die Ohren schlägt.

Sie schaut auf ihr Buch und hebt nicht den Blick, als ich anfange den Unterrichtsstoff für heute vorzustellen.

Irgendwie schaffe ich es meine Maske aufrecht zu erhalten.

Doch in mir zerbricht alles ein kleines Stück mehr.
 

Im Unterricht wirkt sie beinahe mechanisch.

Sie spricht kein Wort, sondern arbeitet nur. Still.

Wieder krümmt sich mein Herz vor Leid zusammen und ich habe das Gefühl mich übergeben zu müssen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Omama63
2015-05-03T18:48:55+00:00 03.05.2015 20:48
Ein trauriges Kapitel.
Aus gerechnet zu Draco geht sie. Dem sollen die Eier abfallen.
Sie leiden Beide. Severus leidet und denkt immer noch, dass er kein Herz besitzt.


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