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Kaizoku no Kokoro

Das Herz des Piraten
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
"Die Ruhe vor dem Sturm" Komplett anzeigen

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Shizukesa mae ni arashi

 

Geräusche drangen an sein Ohr. Stimmen. Worte, Sätze. Er verstand nur wenig. In seinem Kopf hämmerte es wie verrückt. Sein Nacken schmerzte, als hätte er die Bekanntschaft mit einem Holzbalken gemacht. Er drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Fell kitzelte seine Nase und er schlug die Augen auf. Braunes Ziegenfell war das erste was er erkannte, alles andere wirkte noch wie unter Wasser: verschwommen. Er blinzelte ein paar mal, versuchte sich von dem riechenden Fell wegzudrehen. Dabei nahm seine Umgebung endlich klarere Umrisse an. Er war in einem Zelt. Draußen schien es bereits dunkel zu sein, dennoch hörte er noch die Geräusche, die für ein Kriegslager sprachen. Klapperndes Geschirr, klirrende Waffen, Rufe, gebrüllte Befehle und Schmerzensschreie aus dem Lazarett. Im Zelt sah er nur eine hängende Öllaterne, deren Geruch sich breit machte und einen breitschultrigen Mann in dunkelgrüner Rüstung der ihm noch den Rücken zukehrte. Es gelang ihm, seinen Oberkörper aufzurichten. Der Schmerz blieb jedoch und vernebelte ihm für einen Augenblick die Gedanken. Den Moment, den er brauchte um wieder klar zu denken, nutzte auch der andere Mann im Zelt. Er hatte bemerkt, dass er wach war und richtete seine Aufmerksamkeit nun vollständig auf ihn.

„Aaah, du bist wach. Das wurde aber auch Zeit...“, schnarrte der Mann in der Rüstung.

Er rieb sich den Nacken und versuchte ein paar verknotete Strähnen auseinanderzuziehen, während er blinzelte.

„Die Prinzessin braucht noch einen Moment...“, fügte der andere auf diese Missachtung hin vor Sarkasmus triefend hinzu.

„Prinzessin? Wovon redest du?“, knirschte er.

„Schau dich doch mal an.“

Er sah an sich herunter, während er das schmutzige Leinentuch beiseiteschob. Er trug einen hellblauen, seidenschimmernden Kimono mit aufgestickten Kranichen.

„Du siehst aus, wie ein Waschweib!“, sagte sein Gegenüber und stand auf. „Zieh dich um.“, fügte er blaffend hinzu und zog ein sauberes Leinentuch von einer Rüstung weg.

Von dem hellblauen Kimono sah er auf und auf die Rüstung. Sie glänzte grün. Nicht so dunkel wie die des Mannes neben ihr, aber sie gefiel ihm besser. Die großen Platten wurden mit braunen Kordeln zusammengehalten. An den Ärmeln waren blaue und gelbe Streifen lackiert – wie das Meer an der Küste und die Sonne über den Bergen. Über die grasgrüne Weste, deren Polsterung aus Papier nicht sichtbar war, hingen lederne Gurte, die noch einen zusätzlichen Halt für die Ärmelplatten boten und ein Höchstmaß an Beweglichkeit garantierten. Die bauschigen Hosen waren reinweiß, wie die Wolken am Himmel. Die Stiefel waren tiefschwarz wie die Nacht und glänzten. Dahinter sah er Metall im Licht der Öllaterne in einem Bogen schimmern. Er stand auf und ging darauf zu.

„Hast du jetzt auch noch die Stimme verloren? Ich dachte, es wäre nur dein Gedächtnis!“, höhnte der andere.

Doch auch darauf nicht reagierend, ließ er den Kimono von sich heruntergleiten und zog die leichten Rüstungsteile an. Dann schlüpfte er nacheinander in die Ärmel und gurtete sie vor seiner Brust fest. Zum Schluss zog er die Stiefel an. Den Helm missachtete er, schließlich benötigte er ihn jetzt nicht.

„Schau an, ich dachte schon, ich müsste dir helfen.“

„Wobei? Ich werde ja wohl meine eigene Rüstung anziehen können. Immerhin habe ich sie so haben wollen.“, antwortete er endlich.

„Du weißt also, dass es deine Rüstung ist... Gut. Weißt du auch wieder wer du bist? Wer ich bin?“

„Ja das weiß ich... mein lieber Bruder. Du brauchst dir keine Mühe zu geben... Wo ist mein Vater?“

Okimotos Gesicht verzog sich. „Dein Vater? ...“

Die Zeltplane öffnete sich und beide drehten sich um. Vor einem sternenfunkelnden schwarzen Himmel tauchte die Gestalt eines alten Mannes auf.

„Ah Sano!“, begrüßte Okimoto ihn und bat ihn hinein.

Der Alte zog eine Augenbraue hoch, trat jedoch bis zu ihnen in die Mitte des Zeltes. Als er den Jüngsten sah und ihn erkannte, riss er die Augen auf. „Junger Herr Motonari!“, japste er und fiel auf die Knie.

Motonari beäugte ihn und schaute dann finster zu Okimoto. „Was ist hier los? Wo ist Vater?“

Okimoto hob zunächst Sano auf die Beine und sah dann den Jüngeren an. „Komm, setz dich.“, sagte er und bat Motonari auf eine der mit Fell bedeckten Truhen.

Sano führte er ebenso dorthin, ließ ihn jedoch stehen, während er sich seinem jüngeren Bruder gegenüber setzte. „Weißt du... Vater ist nach der Schlacht noch einmal auf die Insel gegangen. Er und Sano haben einen Leichnam gefunden, der deine Rüstung trug und brachten ihn zurück auf das Festland. Es stellte sich jedoch heraus, dass das nicht du warst. Also blieb nur noch eines. Chosokabe musste dich in seiner Gewalt haben. Vater war außer sich vor Wut und reiste noch mitten im Winter mit einem Schiff bis an die Küste dieses... Piraten! Dass er mit einem einzigen Schiff keine Möglichkeit hatte, an zu Land zu gehen ohne Schaden zu nehmen, war klar. Also kehrte er zurück. Mit dem Wissen um die Reichweite der Kanonen, die Chosokabe auf seiner hübschen kleinen Wehrburg postiert hatte. Wir waren verdammt zu warten und... Wie soll ich sagen? Der Gedanke, du könntest bei diesem Piraten leiden oder gar schon längst getötet worden sein... Vater hat das nicht verkraftet. Er mochte ja schon immer den Alkohol, aber seit du verschwunden warst, vermutlich sogar schon tot, da hat er ihm zu sehr zugesprochen. Sano wird es dir bestätigen können.“, erzählte Okimoto und warf Sano einen Seitenblick zu.

Sano nickte kurz, hielt aber seinen Blick weiter auf Motonari gerichtet. Der betrachtete ohne jegliche Regung seinen Bruder und hörte ihm weiter zu.

„Dann kam der Augenblick an dem wir es erneut versuchen konnten. Ich war so schon erstaunt, dass Vater noch immer in der Lage war zu laufen und gelegentlich einmal klar zu denken. Aber dass er auch auf diesen Feldzug mitkommen wollte und es auch tat, das hat mich überrascht. Er war nicht gerade in einer guten Verfassung, solltest du wissen.“

„Komm auf den Punkt!“, forderte Motonari. Bis jetzt decken sich die wenigen Gemeinsamkeiten... Aber ich kenne dich, Okimoto! Irgendwas planst du...

„Noch bevor wir an Land gingen...“, setzte Okimoto an, doch er schluckte schwer und warf einen Blick zu Sano und dann wieder zu Motonari.

Der folgte seinem Blick und sah Sano ganz genau an. Dessen Mimik war ihm vertraut und so erkannte er sofort die fast unmerklich hochgezogene Augenbraue. Ein Zeichen dafür, dass er Okimoto offenbar eine grandiose Schauspielerei unterstellte. Nicht ungewöhnlich für diesen Mann, wie Motonari wusste.

„Er starb an dem Morgen, an dem wir an Land gehen wollten...“, sagte Okimoto und sah seinen Bruder mit einem Blick an, der tiefe Trauer und Mitleid für den Jüngeren auszudrücken schien.

Motonari hatte bereits geahnt, dass sein Vater tot war. Doch es aus Okimotos Mund zu hören, heuchlerisch ausgeschmückt, erschütterte ihn. Gleichzeitig spürte er Wut in sich aufsteigen, denn dass der Alkohol seinen Vater umgebracht haben sollte, wollte er nicht glauben. Er wusste, dass sein Vater diesem flüssigen Unheil nicht gerade abgeneigt war, aber sich totunglücklich zu betrinken, war nicht die Art, die er von seinem Vater erwartet hatte. Er sah zu Sano und suchte in dessen Gesicht nach einer Bestätigung. Er fand sie auch, denn der alte Mann schloss schmerzlich die Augen. Doch gleich darauf warf er Okimoto einen Blick zu und Motonari konnte ihn diesmal nicht einordnen. Auch wenn er die Mimik des Mannes kannte, diesen Blick hatte er noch nie gesehen.

„Ich lasse dich einen Augenblick allein.“, sagte Okimoto, warf Sano einen Blick zu und verließ mit ihm das Zelt.

Motonari blieb auf der Truhe sitzen. Seine Finger gruben sich in das weiche Fell, die Knöchel traten hell hervor und seine Muskeln schmerzten nach einigen Minuten. Dann sprang er auf und warf eine Tonkaraffe wütend zu Boden, wo sie zersprang. Er sank auf die Knie und starrte die Scherben an. Motochika... Du hast gesagt, meine Erinnerung würde wieder kommen... Aber warum so? Mein Vater ist tot, Okimoto führt irgendwas im Schilde und ich weiß nicht was... Ich weiß nicht einmal, wo genau ich hier bin! Und ich wette darauf, dass mein Bruder sehr genau aufpasst, was ich tue... Dabei hat er was er will. Wir könnten wieder abreisen. Die Fehde zwischen uns können wir auch zu Hause austragen, aber irgendetwas hat dieser Bastard vor!

Er stand langsam wieder auf und warf einen Blick aus dem Zelt. Einige Zelte waren noch von Öllampen erleuchtet, die Geräusche allerdings waren leiser geworden. Es musste tief in der Nacht sein. Er verließ das Zelt und ging leise und vorsichtig durch die Zeltreihen der Soldaten. Irgendwo musste doch Sano zu finden sein, er konnte doch nicht ständig an Okimotos Rockzipfel hängen, wie ein angekettetes Äffchen. Nach einer Weile fand er seinen Bruder nahe des Lazarettlagers. Er verließ es gerade in Richtung des Kommandantenzeltes. Motonari versteckte sich hinter einem der anderen Zelte und wartete, bis Okimoto außer Sicht- und Hörweite war und kroch dann eilig in das Lazarettzelt. Hier war das Licht stark gedämmt. Es reichte gerade einmal um die Wunden einigermaßen zu erkennen und verbinden zu können. Die meisten Soldaten waren entweder schlafend, im Dämmerzustand oder tatsächlich im Delirium – wenn nicht sogar schon tot. Ganz hinten konnte er endlich Sano entdecken und eilte zu ihm. Er packte ihn an der Schulter und zerrte ihn ein wenig unsanfter als gewollt zu sich herum.

„Junger Herr!“, japste Sano beinahe tonlos und zog ihn hastig in die Schatten des Zeltes. „Was macht Ihr hier?“

„Ich will wissen, was Okimoto plant... Und ich glaube, dass du ziemlich genau Bescheid weißt. Erzähl mir die Wahrheit!“

Sano seufzte schwer. „Das kann ich nicht.“

„Was soll das heißen?“

„Dass ich es nicht kann... Es tut mir Leid.“

Motonari sah ihn durchdringend an. „Warum nicht?“

Der alte Mann sah ihn gequält an und wirkte dabei um weitere Jahre gealtert. Er senkte den Blick. „Euer Bruder... er schreckt vor nichts zurück. Er hat meine Tochter und meine Enkelin... Ich weiß nicht, wo sie sind oder wie es ihnen geht. Und ich will nicht, dass ihnen etwas geschieht. Deshalb kann ich nichts sagen... Bitte versteht mich.“

Motonari seufzte. Er sah auf die Betten des Lazaretts. Viele der weißen Tücher, auf denen die Männer hierher getragen wurden, waren rot und braun vom Blut. Gelegentlich war ein schmerzerfülltes Stöhnen zu hören. Eine junge Frau stand auf der anderen Seite des Zeltes und zerrieb gerade einige Kräuter. Es roch stark nach Pflanzen und Sake. Ihre weiße Schürze war blutbesudelt und ihre Haare fielen ihr in Strähnen ins Gesicht. Trotz der Dunkelheit war ihr ausdrucksloses Gesicht erkennbar. Motonari sah ebenso auf die Verwundeten zurück. Einige kamen ihm bekannt vor, doch es war besser, ihre Schicksale nicht zu sehr an sich heran zu lassen. Dann sah er wieder zu Sano zurück, der gerade an ihm vorbei trottete. Er ging zum ersten Patienten. Motonari folgte ihm und dann versuchte er es einfach.

„Hat er meinen Vater getötet?“, fragte er.

Sano betrachtete den Verwundeten. Er atmete ruhig und schlief. Sano nickte und ging dann weiter. Motonari folgte mit wenigen Schritten.

„Gift?“, fragte Motonari leise.

Sano schaute auf ein blutnasses Lager und den Patienten. Er hielt ihm die rechte Hand unter die Nase und mit der linken tastete er nach einem Puls. Doch da war nichts mehr. Kein Atem, kein Puls. Er schüttelte den Kopf und rief die junge Frau her. Dann ging er weiter, Motonari lief hinter ihm.

„Etwas anderes?“

Sano warf diesmal einen eher raschen Blick auf den nächsten Patienten. Das er lebte, sah er, denn er schaute ihn flehend an. Doch die Schmerzen, die er litt, konnte Sano ihm nicht nehmen – nur die Ohnmacht würde ihn fürs Erste erlösen können. Doch statt ihm das zu sagen, nickte er nur zuversichtlich und schritt weiter.

„Er will die Insel einnehmen?“, fragte Motonari nachdem Sano an mehreren gerade behandelten Soldaten vorbei lief und sich nun der anderen Seite des Zeltes zuwandte.

Gleich beim ersten nickte er ernst. Ob der Mann überleben konnte, war nicht sicher, die Verletzungen waren ernst, aber noch schlug sein Herz. Er ging weiter.

„Will er mich auch loswerden?“

Der Arzt blieb bei einem der schwer verwundeten Generäle stehen. Sein Kopf schwankte hin und her, als würde er überlegen. Doch der Zustand des Patienten war kritisch. Das Blut auf dem Laken sah frisch aus. Aber die Verbände schienen schon eine Weile lang angelegt zu sein, es klebte bereits geronnenes Blut daran, dass durchgesickert war. „Ich glaube nicht, dass er es schafft... Er ist zu schwer verwundet. Es hört einfach nicht auf zu bluten.“, sagte er.

Motonari trat an seine Seite. „Er hat sicher tapfer gekämpft. General Matsumoto hat sich nie unterkriegen lassen... Und ich werde das auch nicht tun!“

Sano wandte sich von dem General ab, der bald sterben würde und schob Motonari in den Gang. Die Feldschwester war nicht mehr im Zelt. Sie war offenbar gerade draußen zwei Soldaten holen, die den Toten aus dem Lazarett holen sollten.

„Junger Herr... Euer Bruder will die Clanfolge übernehmen. Seid darauf gefasst. Ihr kennt ihn gut genug, ebenso wie ich.“, sagte er.

Motonari nickte und sah dann zum Zeltausgang, wo die Nacht schwarz hereindrang.

„Eure Antworten habt ihr hoffentlich gefunden...“, fügte Sano leise hinzu, als die Schwester gerade mit den beiden Soldaten hereinkam und sie zum Totenlager führte.

Motonari bedachte den Arzt mit einem kurzen Blick, nickte und verließ das Zelt. Inzwischen war es ruhiger geworden. Die meisten kleinen Feuer und Öllampen waren gelöscht und Motonari schlich sich vorsichtig durch die Zelte zum noch immer erleuchteten Kommandantenzelt seines Bruders. Leise öffnete er die Plane und schlüpfte hinein.

„Wo warst du?!“, donnerte Okimoto wütend los.

„Ich habe mich umgesehen. Das werde ich doch noch dürfen.“

Okimoto schnaubte wütend und sah ihn nach ein paar Sekunden wieder an. „Ich habe mir Sorgen gemacht.“, knirschte er. „Du hast bis vorhin noch unter Gedächtnisverlust gelitten!“

Motonari schaute ihn nur an. So? Sorgen hast du dir also gemacht? Vermutlich eher Sorgen darum, dass ich das Lager verlasse und Motochika den Aufenthaltsort verrate, oder wie? ... Hätte ich das bloß getan! „Ich bin doch hier, was regst du dich so auf. Außerdem habe ich nach den Verletzten gesehen. Dort hätte man mir durchaus helfen können, wenn etwas gewesen wäre.“, entgegnete er.

Sein Bruder zog die Stirn kraus. „Du warst im Lazarett? Wozu? Die meisten dort sterben sowieso.“

„Ich weiß.“, meinte Motonari und sah sich um.

Sein Lager aus Fellen war gegen einen leichten Futon wie auf Okimotos Seite ausgetauscht worden. Er ging darauf zu und zog einen Teil seiner Rüstung aus. Auf dem Feld schlief man oft mit der ganzen Rüstung, doch die Teile die er ablegte, konnte er leicht selbst wieder anlegen, sofern es nötig würde.

„Du wirst das Zelt hier nicht mehr allein verlassen.“, sagte Okimoto.

„Wie bitte?“

„Du hast mich verstanden.“

„Das heißt, du willst mich hier gefangen halten. Sag es doch.“, knurrte Motonari.

Okimoto sah ihn durchdringend an. „Wenn du das so empfindest, Oni-san, dann ist das wohl so.“

Motonari wich seinem Blick nicht aus und auch das unmerkliche Kräuseln um die Lippen seines Bruders entgingen ihm nicht. Dann stand Okimoto auf und Motonari beobachtete wie er ein Glöckchenband um die runde Waffe an den Zeltpfahl band. Ein Grinsen tauchte in dessen Gesicht auf als er Motonari ansah.

„Wir wollen doch nicht, dass ein Unglück geschieht, nicht wahr? Das wäre tragisch, wo doch unser Vater schon verstorben ist.“

Motonari warf ihm ein ebenso sarkastisches Grinsen zu. „Natürlich nicht... Es wäre tragisch, wenn das Heer seinen Kommandanten verlieren würde. Wenn ich meinen Bruder verlieren würde...“

„Wir verstehen uns also.“, sagte Okimoto und löschte die Öllampe.

Okimoto schlief recht schnell ein. Motonari hingegen warf einen Blick zum Zelteingang. Dort stand plötzlich ein Wachposten. Ich bin also tatsächlich ein Gefangener. Ich hab auch nichts anderes erwartet... Er sah zurück zu der runden Waffe, die schon seit sie ihm gehörte Vollmond-Klinge nannte. Er wusste wie scharf diese Klinge war. Doch das Glöckchenband würde ihn sofort verraten. Ich könnte es versuchen, aber der Knoten ist ein Problem. Ohne Geräusche kann ich ihn nicht öffnen und wenn ich das Band zerschneide, wenn ich es denn könnte, würden die Glöckchen sofort runterfallen. Und zu dunkel ist es auch.

Er sah zurück an die Zeltdecke und seufzte. Ihm fiel Sano wieder ein. Der alte Mann ist ein echtes Schlitzohr. Ohne zu reden hat er mir alle Antworten gegeben. Ich hätte auch selbst wissen können, dass Okimoto meinen Vater getötet hat. Nur wie, wenn es kein Gift war? Eine Waffe kann es nicht gewesen sein und die Nummer mit dem Alkohol kauf ich ihm nicht ab. Ich glaube, ich sollte überhaupt nichts von ihm annehmen.

Ihm fiel auf, dass von draußen auch nichts mehr zu hören war. Es herrschte absolute Stille, mal von den üblichen nächtlichen Geräuschen der Natur abgesehen. Er musste zugeben, dass es ein wenig andere Geräusche waren, als in den Wäldern von Aki. Shikoku war in mancher Hinsicht anders. Die Menschen hier liebten ihren Fürsten, die Bewohner der Burg halfen bei Festlichkeiten. Es wurde früher warm als in Aki. Nagut, dass sind keine Gründe, die Insel einzunehmen, aber dabei geht es grundsätzlich nur um Landbesitz. Um was sonst... Motochika... Für einen Überraschungsangriff konnte er es sehr gut abwehren. Er ist gut aufgestellt, aber noch einmal? Ich bezweilfe, dass Okimoto es ein zweites Mal schafft, aber es wird verlustreich für Motochika...Okimoto würde es nicht schaffen, aber das werde ich ihm ganz sicher nicht sagen. Soll er doch ins offene Messer laufen. Fragt sich nur, was er dann mit mir macht, wenn er es überlebt. Motochika wird ihm kein gutes Haar lassen. Aber zuzutrauen ist Okimoto alles, also werde ich ihm kein Stück weit trauen. Er wird mich garantiert umbringen, wenn ich nicht schneller bin. Aber im Moment ist er im Vorteil. Es sei denn, Motochika hat schon einen Plan. Vielleicht ist er auf dem Weg hierher und sucht mich...

Er seufzte. Motochika... Wenn ich dich doch nur auf meine Seite ziehen könnte. Wenn du deinen Fürsten verlassen würdest... für mich. Dann hätten wir eine Chance. Aber das tut er nicht. Ich glaube nicht daran. Aber es wäre so schön... Plötzlich drängten sich seine Kopfschmerzen wieder in den Vordergrund, die er in den letzten Stunden erfolgreich verdrängt hatte. Müde schloss er die Augen und schlief ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Tamanna
2015-07-17T20:45:57+00:00 17.07.2015 22:45
Oh, Motonari hat sein Gedächtnis wieder zurückgewonnen. Kam das durch den Schlag in den Nacken oder dem Wiedersehen mit seinem Bruder? Oder dass er seine Rüstung gesehen hat?
Auf jeden Fall muss er jetzt gründlich auf der Hut sein.
Ich staune sowieso darüber, dass Okimoto ihn nicht einfach beseitigt hat. Was hat er wohl noch mit ihm vor?

Ist Okimoto eigentlich Motonari's älterer Bruder oder der jüngere von beiden?

Bin gespannt, was als nächstes passiert :)

lg TamTam
Antwort von:  Rajani
17.07.2015 22:47
Okimoto ist der Ältere :)
Antwort von:  Tamanna
17.07.2015 22:50
Und warum macht Okimoto das alles dann?
Übernimmt er als Ältester nicht automatisch die Clanfolge?
Antwort von:  Rajani
17.07.2015 23:40
das werde ich noch auflösen, wäre es so einfach, bräuchte ich das alles ja nicht ;)
Antwort von:  Tamanna
17.07.2015 23:43
Guad, dann bin ich mal gespannt, wie das ausgeht :)


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