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Diesem Einen will ich #Follow

Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?
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77. Ein Festmahl für alle Sinne bei Dämmerlicht

Wo ich noch dachte, dass es schwierig werden könnte ein anständiges Essen für die Zwerge zu zu bereiten, als wir noch auf der Zeltstadt waren, wurde ich in meinem winzigen Apartment eines Besseren belehrt.

Nicht nur, dass ich mein halbes Kochgeschirr und sämtliche Herdplatten, die ich besaß in Beschlag nehmen musste, damit der vorbereitete Eintopf für alle gleichzeitig warm wurde. Nein. Ich hatte auch noch permanent das Problem, dass mir immer irgendeiner der Herren mit in die Quere kam. Sei es mit der Bitte um Teller, Schalen, Besteck und Gläser, oder eben einfach mit der leidigen Frage, wann denn das Essen endlich fertig war.

Hinzu kam, dass durch das südwestlich gelegene, große Fenster, welches samt Glastür zum Balkon gehörte, die Sonne ordentlich herein knallte und meine arme Wohnung noch zusätzlich aufheizte. Auch wenn die nervige Funzel schon sehr tief am Himmel stand und den Raum in ein sattes, orange-rotes Licht tauchte. Das Leuchten erweckte dementsprechend den äußerst realistischen Eindruck, dass es in meinem winzigen Apartment heiß wie in einem übergroßen Schmelzofen war. Ich konnte mich auch bei weiten nicht mehr daran erinnern, wann ich zuletzt so beim Kochen ins Schwitzen geraten war. Das Schlimmste daran war zusätzlich noch, dass draußen kein einziges Windchen wehte, welches uns ein wenig Abkühlung beschert hätte. Die Luft stand wortwörtlich wie eine unbeugsame Backsteinmauer und sorgte nicht nur langsam bei meinem Gemüt für eine zunehmende Erschöpfung.

Die kleinen Männer litten auch ziemlich darunter. Einer nach dem Anderen hatte sich irgendwann seiner schweren Rüstungen entledigt und sie einfach unachtsam in verschiedene Ecken des Raumes geworfen, anstatt alles auf einem Haufen zu sammeln. Aber bei dem ganzen Umzugschaos störte mich das weniger. Auf Ordnung legte ich eh nie so viel Wert und es hätte wegen der bevorstehenden Party sowieso nichts gebracht.

Außerdem hatte ihr König sie noch bis zur letzten Minute schuften lassen, damit auch ja genug Platz für jeden in der Mitte des Raumes war. Die Pause hatten sie sich also nach dem anstrengenden Tag redlich verdient.

Nun saßen oder lagen sie nur mit ihren Leinenhemden und Hosen bekleidet herum, spielten Karten, erzählten sich Geschichten, rauchten Pfeife auf dem Balkon oder ächzten einfach nur unter der Hitze, während ich mir alle Mühe gab das Essen auf meiner kleinen Küchenzeile endlich warm zu bekommen. Aufgrund meiner zusätzlichen Kochplatte musste ich leider auch meinen Radio-Wecker von dort entfernen. Das brachte mich etwas zum Seufzen, da ich so gesehen recht gerne beim Kochen Musik hörte oder den Fernseher im Hintergrund laufen hatte. Die Gespräche der Zwerge waren da doch eher nebensächlich und eintönig, da sie sich meist nur in Khuzdul miteinander unterhielten, was ich eh nicht verstand.

Zum Glück warf die zähe Flüssigkeit in den Töpfen recht bald ein paar Bläschen an der Oberfläche. Was für mich bedeutete, dass ich schon sehr bald servieren konnte.

Das erleichterte mich zusehends und so rührte ich munter mit meiner Schöpfkelle in den Behältern mit der dunkelbraunen leicht zähen Masse herum. Dabei schlangen sich plötzlich von Hinten zwei sehr kräftige Arme um meinen Bauch und ein breiter Körper drängte sich innig an meinen Rücken, ehe sich ein recht schwerer Kopf auf meine linke Schulter legte.

"Sieht ganz so aus, als könnten wir gleich mit dem Essen beginnen", murmelte mir Thorins tiefe Stimme sacht ins Ohr, der mir interessiert bei der Arbeit zusah. "Ja. Das denke ich auch. Aber würdest du mir vielleicht den Gefallen tun und mich derzeit nicht so fest umarmen? Ich geh hier schon kaputt vor Hitze und bin schon durch und durch nass geschwitzt", erwiderte ich ein wenig ungeduldig, da mein T-shirt durch seine Berührung ziemlich unangenehm an meinem Rücken festklebte.

Das Nächste was an meinem Ohr vorbei huschte, war ein bedächtiges, amüsiertes Schnauben und er murmelte: "Wenn dich das bisschen Kochen schon ins Schwitzen bringt, dann warte mal ab, was der Rest des noch jungen Abends bringen wird."

Ich blinzelte kurz irritiert und drehte den Kopf etwas zur Seite, um ihn im Augenwinkel misstrauisch anzusehen. "Muss ich jetzt Angst haben?", hakte ich nach und er lachte leise. "Das kommt ganz auf die Sichtweise an. Aber stelle dich schon mal darauf ein, dass er sehr lang wird", entgegnete er nur und hauchte mir kurz einen flüchtigen Kuss auf die Wange, ehe er mich los ließ und sich auf einer der Leinendecken am Boden setzte, wo er sich mit seinem ältesten Neffen in ein Gespräch vertiefte.

Ich atmete einmal ganz tief durch, als das Echo seiner Berührungen und Worte mir einen heiß Schauer über den Körper laufen ließ und mein Herz anfing wie wild zu klopfen. Die Stelle wo seine Lippen und sein Bart meine Wange berührt hatten, kribbelte reichlich unangenehm. Sorgte aber für ein wohliges Wärmegefühl in meiner Brust, das sich bis in meinen Bauch ausbreitete und mich zu meinem Bedauern auf andere Art und Weise ins Schwitzen brachte. Na wunderbar, nun wurde mir auch noch von Innen warm, dachte ich schmollend. Ich schloss kurz mit einem leicht gefrusteten Seufzen die Augen.

Dieser verdammte, kleine Mistkerl.

Wie schaffte er es nur ständig so unnatürliche Reaktionen bei mir auszulösen? Was war an diesem Zwerg dran, dass so einfach Gesten ausreichten, um mich völlig aus der Bahn zu werfen und fast alles um mich herum vergessen zu lassen? Warum musste er nur so eine unverschämt starke Wirkung auf mich haben? Es war zum aus der Haut fahren und passte mir gerade gar nicht in den Kram. Vor allem wo ich mich eh schon wie ein Eiswürfel in der Sahara fühlte.

Und es machte ihm offenbar auch noch Spaß mich damit zu ärgern. Denn er warf mir ein kurzes, verschmitztes Lächeln zu, als ich zu ihm herüber schaute und er meinen leicht beleidigten Blick auffing. Eigentlich liebte ich gerade dieses Lächeln sehr. Er machte ihn um so viele Jahre jünger und stand ihm mindestens genauso gut wie seine ernste Miene. Das einzige was mich daran lediglich störte, war der Zusammenhang in dem dieser Ausdruck von Freude manchmal stand.

Er wusste inzwischen nämlich ganz genau, was er mit welchen Mitteln bei mir auslösen konnte und wie sehr meine weiblichen Sinne auf ihn fixiert waren. Und das machte mich insgeheim ein bisschen fuchsig. Doch alles Schmollen und darüber Beleidigt sein, half mir nun auch nicht weiter. Ich seufzte noch einmal gefrustet, da ich meine kleine Gefühlswelt einfach nicht in den Griff bekam. Schüttelte daraufhin nur den Kopf und wand mich wieder den Töpfen zu, die nun eifrig vor sich hin blubberten, was ich ausnahmsweise nicht auf Thorins königliche Präsenz im Raum schieben konnte. Obwohl er mich definitiv auf die eine oder andere Weise zum 'Kochen' bringen konnte. Aber es brachte mich zumindest auf andere Gedanken und freute mich sehr. Wunderbar. Dann konnte ich ja die Männer dazu auffordern sich ihr Futter zu holen, auf das sie schon so lange gewartet hatten.

"So, Jungs. Alles fertig. Ihr könnt euch jetzt hier an den Töpfen bedienen", rief ich über die Schulter und drehte an den Knöpfen, damit die Platten aus gingen. Ich hatte den Letzten gerade auf Null gestellt, da schoben sich schon vier Schalen unter meine Nase und ich blinzelte verwirrt.

"Was wird das denn jetzt? Ich hab gesagt, dass ihr euch selbst bedienen könnt. Oder habt ihr was mit den Fingern?", fragte ich und blickte Bifur, Gloin, Dori und Bombur an, die als erste aufgesprungen und zu mir geeilt waren. "Du stehst gerade da, also kannst du uns auch die Schalen füllen, wie es sich für eine anständige Gastgeberin ziemt, Frau", entgegnete Gloin mürrisch. "Und du gewöhn dir mal langsam an, dich in meiner Gegenwart etwas zusammen zu reißen, Gloin. Sonst bekommst du nur die Töpfe zum Auslecken", raunte ich ihn an. Er hob verächtlich einen Augenbraue in die Stirn, behielt aber daraufhin das, was ihm wohl auf der Zunge lag, für sich.

Unser Verhältnis zueinander war immer noch recht angespannt, auch wenn wir eine Abmachung seit dem Elf-Meter-Schießen hatten. Es hieß ja nicht, dass wir gleich ganz dicke Freunde werden mussten. Aber er war zumindest umgänglicher geworden und hatte sogar aufgehört hinter meinem Rücken in seinen dunkelroten Bart zu grummeln.

Das hätte ich jedoch am liebsten sofort getan, wenn ich einen gehabt hätte. Denn als ich mich bei den Anderen umblickte, die bereits hinter den Vieren standen und ebenso ungeduldig auf eine Bedienung von mir zu warten schienen, verzog ich ein wenig den Mund und hob hämisch eine Augenbraue in die Stirn.

Da war es mal wieder, das ganz klassische Hausfrauenbild. Die liebe Mutti, in dem Falle ich, kochte für die versammelte Mannschaft von ausgehungerten Kerlen und diese bestürmten sie dann alle gleichzeitig mit dem Wunsch etwas zu bekommen. Nun ja, ich hatte es nicht selbst gekocht, sondern nur aufgewärmt. Trotzdem kam ich mir in dem Moment ein wenig veräppelt und in dieses typische Klischee Bild hinein gequetscht vor, das so gar nicht zu mir passte. Aber gut. Wenn sie Mutti wollten, dann sollten sie auch Mutti bekommen. Und zwar mit allem Drum und Dran. Ich straffte meine Schultern und hob die Suppenkelle etwas in die Luft, wie einen Dirigenten-Stab.

"Na gut, wenns denn sein muss. Stellt euch aber wenigstens dafür in einer Reihe auf, wenn ihr was haben wollt", erwiderte ich dann auf die auffordernden Blicke schlicht. Zumindest taten sie das, auch wenn es zunächst einiges Durcheinander gab, da sie sich gegenseitig schubsten und anpöbelten, weil jeder der Erste sein wollte, der etwas bekam.

Unglaublich.

Wenn es ums Essen ging, verhielten sich selbst die Ältesten unter ihnen wie kleine Jungs. Nun musste sie Mutti mal wieder zur Ordnung rufen.

"Hey! Hört endlich auf mit dem Mist! Wenn einer von euch die Töpfe runter reißt, dann darf derjenige hinterher alles vom Boden essen! Und denkt bloß nicht, dass das eine leere Drohung ist!", raunte ich sie genervt an, als nach etlichen Minuten immer noch keine Ruhe unter ihnen eingekehrt war. Die Zwerge hielten abrupt in ihren Bewegungen inne, als sie meine Stimme über ihre haarigen Köpfe hinweg rauschen hörten. Mit leicht beflissenen Mienen schafften sie es nach meiner deutlichen Ansage doch irgendwie, sich anständig und friedlich hintereinander aufzustellen. Ich nickte zufrieden und griff mir danach eine Schale nach der anderen, die ich dann mit dem Eintopf füllte.

Schließlich waren alle, außer mir, zufrieden mit ihrem Essen aus dem Küchenbereich verschwunden und hatten sich erneut im Raum auf den Decken oder dem Sofa verteilt. Zu guter Letzt lud ich mir dann endlich meine Portion in eine Schüssel und manövrierte mich damit ein wenig ungelenk zwischen den Zwergen hindurch, bis ich an die rechten Seite ihres Königs platz nehmen konnte, welche er inzwischen völlig selbstverständlich für mich frei hielt.

Ich setzte mich im Schneidersitz auf den Boden, damit ich meine Schüssel in der Kuhle zwischen meinen Beinen abstellen konnte. Als ich es mir gerade soweit gemütlich machte und meine Sachen sortierte, erhob sich der Zwergenkönig neben mir plötzlich wieder und sah auf uns alle herunter. Jene, die noch vereinzelt Gespräche geführt hatten, verstummten jäh und richteten ihre Aufmerksamkeit ganz allein auf ihn. Dieser nickte dann, nachdem Stille eingekehrt war und hob die Stimme zu einer kleinen Eröffnungsrede.

"Meine lieben, langjährigen Freunde, Weggefährten, Mitstreiter, Neffen. Und natürlich mein geliebtes Weib", begann er, wobei er mir für den Bruchteil einer Sekunde ein kleines Schmunzeln schenkte, ehe er mit ernster Miene fort fuhr, "Wir haben viel Leid überstanden. Haben eine sehr lange Reise hinter uns gebracht. Sind gemeinsam durch viele Gefahren und schwere Zeiten gegangen. Wir hatten es nie wirklich einfach und haben doch bewiesen, dass wir nach all dem Unheil, welches uns heimsuchte immer noch beweisen konnten, dass wir Zwerge ein starkes Volk sind. Nun sitzen wir hier in dieser Runde, nach einem langen, harten, arbeitsreichen Tag, vereint und Seite an Seite mit unserer jungen Mitstreiterin Cuna, welcher ich fortan mein Leben bis ans Ende meiner Zeit widmen werde, die mir noch einmal geschenkt wurde. Ich möchte diesen Moment nutzen, um euch allen meinen tiefsten, ergebensten Dank auszudrücken, für all die Jahre, die ihr mir schon gefolgt seid. Wir haben unsere Waffen gezogen und auf den Schlachtfeldern Mittelerdes unsere Kämpfe ausgetragen. Von nun an ist es aber an der Zeit, dass ich selbst jemandem folge und auf einem anderen Schlachtfeld meine Kämpfe austrage."

Da machte er eine kurze Pause und schaute noch einmal mit einem leichten Schmunzeln zu mir hinunter. Ich erwiderte seinen Blick und grinste breit, da ich mir die Worte, welche mir nach seiner kleinen Vorlage durch den Kopf gingen, einfach nicht verkneifen konnte. "Ja. Die Schlacht um den heimischen Herd. Bewaffnet mit Lappen und Wischmob", kommentierte ich seinen letzten Satz sehr trocken, was die übrigen Männer dazu brachte in schallendes Gelächter auszubrechen. Thorin schnaubte nur ein wenig beleidigt und hob dann spöttisch die Augenbrauen bis unter seinen Haaransatz, während er die Arme vor der breiten Brust verschränkte. "Das werden wir noch sehen, wer hier wo mit welchen Waffen kämpft", entgegnete er daraufhin und wand sich wieder dem Rest der Gruppe zu. Diese schüttelten sich immer noch ein wenig vor Lachen, als sich der Zwergenkönig räusperte, um seine Rede nun zum Abschluss zu bringen.

"Wie dem auch sei. Heute Abend werden wir ausgiebig feiern. Also lasst uns speisen, trinken, lachen und singen, bis der neue Tag anbricht", meinte er mit feierlicher Stimme und nahm schließlich wieder platz, während seine Männer reihum jubelten und Kili und Fili ein sehr lautes: "Hört! Hört!" von sich gaben.

Nun konnten wir uns endlich alle über den Eintopf und die restlichen Sachen her machen, die auf den Decken verteilt standen. Ich schnappte mir umgehend meine Schüssel aus dem Schoß und einen Löffel, den ich im Eintopf versenkte. Ganz sorgsam rührte darin herum, hob diesen dann wieder heraus und pustete etwas, damit ich mir nicht zu sehr den Mund daran verbrannte. Ganz zaghaft begann ich zunächst nur am Rand des Löffels zu nippen, um nur ein bisschen von der dunkelbraunen Flüssigkeit zu probieren.

Sie hatte gerade ansatzweise meine Lippen passiert und meine Zunge benetzt, da wollte ich am liebsten anfangen vor Freude auf zu stöhnen und zu heulen, bevor ich mir den ganzen Löffel in den Mund schob. Der Geschmack, der sich über meinen Gaumen verteilte war so intensiv und unerwartet, dass ich meinte wie im Drogenrausch zu sein. So etwas atemberaubend Köstliches hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht vorgesetzt bekommen. Es war der absolute Wahnsinn! Wie ein Strudel aus Farben und Klängen, die ich nicht einordnen konnte. Fast so als wollte alles in mir anfangen Samba zu tanzen und lauthals Halleluja zu singen, während ich, wie eine Besessene das Zeug in mich hinein schaufelte.

Die Zwerge, die um mich herum saßen und mir dabei zusahen, hoben bei meinem Anblick nacheinander irritiert die Augenbrauen und legten fragend ihre Köpfe schief. "Bei Durins Bart. Du schlingst, als hätte man dich tagelang hungern lassen", meinte Bombur besorgt und nahm im Gegensatz zu mir eher langsam einen Bissen nach dem anderen. Und das war schon eine Leistung, denn es war immerhin Bombur. Ich musterte ihn kurz und zuckte dann mit den Schultern, als ich den nächsten Löffel runter schluckte. "Ich hatte den ganzen Tag noch nichts. Und das Zeug hier ist wirklich der Hammer. Ich meine. Verdammt noch mal, so was hab ich noch nie gegessen. Das ist so. So. Einfach der helle Wahnsinn!", rief ich aus und schaufelte dann weiter.

"Wenn dir das schon schmeckt, solltest du umgehend einmal den Wein versuchen, den wir mitgebracht haben", sagte Fili, langte einmal hinter sich und zog aus einem Korb eine recht große Flasche mit einem dunkelroten Inhalt. Dann schnappte er sich eines der Gläser, die zum Teil noch leer herum standen, entkorkte die Flasche geschickt und schenkte dann ein.

"Also. Ich bin eigentlich keine Weintrinkerin", meinte ich zwischen zwei Bissen, doch da wurde das Glas schon zu mir herum gereicht bis Dori, der zu meiner Rechten saß, es mir unter die Nase hielt.

"Koste ihn einmal. Das ist ein ganz besonders vorzüglicher Wein aus unserer Heimat. Er ist gut fünfzig Jahre alt und hat ein sehr blumiges und fruchtiges Bouquet", erklärte er und setzte dabei nickend eine Kennermiene auf. Als ich den Zwerg neben mir betrachtete, musste ich kurz belustigt schnauben.

"Was ist daran denn so witzig?", hakte der grauhaarige Zwerg mit dem fein, säuberlich geflochtenen Bart nach. "Du erinnerst mich an eine Darbietung, den mein Verblichener einmal gebracht hat. Der war nämlich leidenschaftlicher Weintrinker", meinte ich und stellte meine halbleere Schüssel in die Kuhle zwischen meinen Beinen, damit ich Dori das Glas abnehmen konnte.

"Was denn für eine Darbietung?", hakte Kili nach, der sich an einem der großen Fässer ein recht dunkles Bier einschenkte. Ich grinste nur breit und entgegnete: "Dafür muss mir Fili mal eben den Korken rüber reichen."

Der blonde Junge nickte nur neugierig lächelnd und warf mir den Korken zu, den allerdings nicht ich sondern sein Onkel auffing, der diesen an mich weiter reichte.

Ich lächelte ihn kurz dankend an und sprang auf die Füße. "Also passt auf. Das war in etwa so. Er stand da, mit der gerade geöffneten Flasche und machte genau das hier", begann ich und straffte zunächst einmal die Schultern, ehe ich dazu überging einen hochnäsigen und arroganten Gesichtsausdruck aufzusetzen, der vermutlich einem gewissen Elbenkönig alle Ehre gemacht hätte.

Dann räusperte ich mich kurz, hob mir wie ein Genießer den Korken bis fast unter die Nase, schraubte meine Stimmen um einige Oktaven tiefer, bis sie fast auf dem Gerwulf Niveau war und raunte dann in einer Tonlage, wie ein alter grantiger Seemann: "Vollmundig, beerig. Im Abgang waldig."

Die kleinen Männer waren so baff von meiner kleinen Vorführung und der Stimme, die so gar nicht zu meinem Gesichtsausdruck passte, dass sie wieder alle in schallendes Gelächter ausbrachen. Ich grinste nur zufrieden, entspannte meinen Körper und hob das Glas mit dem Wein ein wenig höher, damit ich daran riechen konnte. Natürlich besaß dieser Wein, wie jeder andere auch seinen typischen Alkoholgeruch, sodass ich ganz kurz die Nase rümpfte. Aber da war noch mehr. Etwas was ich nicht deuten konnte und was ernsthaft meine Neugierde weckte. Trotzdem blieb ich zunächst noch skeptisch. Aber die Zwerge hatte, wie ich erneut erfahren musste, alle samt ein unglaubliches Talent, die Leute bei vielen Dingen vom Gegenteil zu überzeugen.

"Dann war das aber wahrlich kein guter Wein, den er da hatte. Dieser ist bedeutend besser. Versuch ihn ruhig", meinte Dori lächelnd, als er sich wieder von seinem persönlichen Lachanfall erholt hatte und zu mir auf sah. Ich erwiderte seinen auffordernden Blick zunächst etwas misstrauisch, wobei mich der Geruch des Weines immer mehr reizte. Es war eine schwierige Entscheidung. Wobei ich eigentlich Doris Urteil in der Hinsicht vertrauen schenken wollte. Denn bereits der Eintopf hatte mich sehr überzeugt.

"Also gut. Bevor ich mich hier schlagen lasse", entgegnete ich schließlich schulterzuckend und nahm erst einmal wieder zwischen Thorin und Dori platz, bevor ich ganz sachte das Glas an den Mund setzte, um mir ein Schlückchen einzuverleiben. Zum Glück hatte mir mein Verblichener und auch einmal ein Herr bei einer Weinverkostung irgendwann einmal beigebracht, wie man einen guten Wein richtig verkostete. Ein bisschen schlürfen, ein bisschen im Mund herum tanzen lassen und dann runter schlucken.

Doch bei diesem war derartiger Aufwand völlig unangebracht. Ich hatte kaum einen Zug genommen, da warf mich dieser Geschmackskiller auch schon aus der Bahn. Das Aroma traf mich wie ein Vorschlaghammer mitten in die Magengegend und ließ für den Augenblick sämtliche Luft aus meinen Lungen entweichen vor Erstaunen.

Meine Augen überschlugen sich in ihren Höhlen, während ich irgendwie versuchte, das zu analysieren, was mir gerade wie Wasser die Kehle hinunter floss. Es war etwas, was Kenner vermutlich nur von guten, spanischen Weinen her kannten. Allerdings war das mit dem, was ich gerade schmeckte und am ganzen Leib spürte, nicht im entferntesten damit zu vergleichen. Es schmeckte tatsächlich nach Sonne, nach Wind und Regen, und etwas was ich nicht wirklich definieren konnte, da ich es noch nie zuvor auf der Zunge hatte. Ich meinte sogar richtig spüren und hören zu können, wo der Wein einst angebaut worden war. So als liefe in meinem Geist ein Film im Zeitraffer ab. Obendrein war er auch noch unvergleichbar, aber nicht aufdringlich süß und wärmte sehr angenehm von innen heraus, ohne einen ins Schwitzen zu bringen. Auch wenn das bei den sommerlichen Temperaturen eh nicht nötig wäre. Er bereitete ein besonders, samtiges Gefühl auf der Zunge aus, das jedwede Art von Anspannung in mir zu lösen schien und mir einen Hauch von innerer Ruhe schenkte.

Nachdem ich diese Köstlichkeit abgesetzt hatte, konnte ich nun wirklich nicht anders, als fast theatralisch auf zu stöhnen, während mir die Augen immer noch über gingen und ich mich langsam auf den Rücken sinken ließ mit den Worten: "Herr Gott. Ich bin im Himmel. Das ist die Hölle." Die Zwerge begannen wieder zu kichern, da sie meinen kleinen Genuss-Ohnmachtsanfall interessiert beobachtet hatten.

"Mahal steh mir bei. Das kann doch nicht dein Ernst sein, Cuna. Du hast erst einen Schluck genommen und bist jetzt schon betrunken?", hakte Thorin ein wenig belustigt nach und nahm mir vorsorglich das Glas aus der Hand, damit ich den guten Wein nicht verschüttete. Weinflecken bekam man ja auch so schlecht wieder aus der Kleidung und anderen Stoffen. Noch dazu roch es immer sehr unangenehm, wenn man nicht aufpasste und er sich versehentlich auf dem Boden verteilte. Aber daran wollte ich in diesem Augenblick nicht denken. Ich fühlte mich wie ein Quell der Glückseligkeit und lächelte meinen Zukünftigen verträumt an. "Ich bin nicht betrunken. Mich hat dieses Geschmackserlebnis nur umgehauen", meinte ich versonnen und erhob mich nach ein paar Minuten langsam wieder in eine sitzende Position.

"Wirklich? Habt ihr Menschen hier bei euch denn nicht so gute Weine?", fragte Dori interessiert.

"Doch. Schon. Nur das was man hier als, ich sag mal, 'gut' bezeichnet. Würde ich nicht einmal mit der Kneifzange anfassen. Ich musste oder vielmehr durfte mal im Zusammenhang mit meiner früheren Ausbildung einen dieser 'guten' Weine bei einer Verkostung hier in den nahegelegenen Anbaugebieten probieren. Der soll so, naja, gut siebzig Jahre alt gewesen sein. Ich hab einen Schluck genommen und dachte danach ich müsste drei Liter Wasser nach schütten, so trocken wie der war. Nee, so was trink ich nicht noch mal. Doch der hier. Das ist so als ob. Also so. Ich kanns gar nicht beschreiben. Dafür gibts hier in meiner Welt einfach keine Worte. Aber mir ist als. Als würde alles in mir vor Freude tanzen und singen wollen", erwiderte ich mit einer bisher nicht gekannten Euphorie. Und das mir, wo ich mich so schwer für alkoholische Sachen begeistern lassen konnte.

Nach meinen Worten zog sich wieder ein unablässiges Gekicher durch die Reihen der Zwerge. Für sie war dieses Gefühl durchaus normal und wohl allgegenwärtig, egal wo sie sich gerade befanden. Für einen Menschen wie mich, war das hingegen eher der Kulturschock in Reinform. Auch wenn es einer der angenehmsten Schocks war, die ich je erlebt hatte und mich zufrieden mit mir selbst lächeln ließ.

"Das ist das, was ich Euch vorhin schon einmal gesagt habe, meine Liebe. Mittelerde lebt in allem was Ihr hier seht. Jedes noch so kleine Bisschen davon, ist durchzogen mit seiner eigenen Melodie. Und diese ist es, welche Ihr gerade zu spüren bekommt", kam es von Balin, der amüsiert schmunzelte und mir freundlich zu zwinkerte.

Ich ließ Balins Worte einen Moment auf mich wirken, atmete ganz tief durch und schloss leicht die Augen, um mich diesem Gefühl ganz hin zu geben. Es war so unglaublich befreiend und klar wie der abendliche Himmel, der inzwischen in einen satten, violetten Ton getaucht war und langsam ins dunkelblau der Nacht über ging. Auch wenn diese, wie immer in meiner Kleinstadt, sternenlos sein würde.

Ich glaubte mich trotz dieses eher nebensächlichen Makels in dem schönsten Traum meines Lebens zu befinden. So also fühlte sich Mittelerde an. Gut, lediglich nur was das Essen betraf. Nicht auszudenken, wie es für mich sein mochte, wenn ich wirklich dort gewesen wäre. Vermutlich würde ich mich permanent wie zugedröhnt fühlen, von den ganzen Eindrücken oder wie Balin es ausdrückte, von dieser Melodie, welche ständig um einen herum wäre.

Nun verstand ich Thorin irgendwie, dass er mich nicht dorthin mitnehmen wollte. Wahrscheinlich hätte mich das Ganze so in seinen Bann gezogen, dass ich nicht mehr gewusst hätte, wo Vorne und Hinten war. In Anbetracht der Umstände, dass es dort aufgrund frei herum streunender Orkhorden lebensgefährlich war, stellte ein solch benebelter Zustand eher einen ziemlichen Nachteil dar. Deshalb war ich doch irgendwie zufrieden damit, dass mich der Zwergenkönig in meiner Welt ließ, wo ich viel sicherer war. Auch wenn das in dieser Plattenbausiedlung ein dehnbarer Begriff sein konnte.

Besagter Herr knuffte mich wenig später mit dem Ellenbogen etwas unsanft in die Seite, damit ich wieder zurück in die reale Welt kam und nicht mehr vor mich hin träumte. Ich schüttelte kurz den Kopf und sah ihn zunächst ein bisschen verwirrt an. Er schnaubte nur belustigt, bevor er allerdings mahnend die Stimme senkte und sagte: "Verliere dich nicht zu sehr in deinen Gedanken. Auch wenn ich verstehen kann, dass es dir gerade schwer fällt. Der Abend wird noch sehr lang."

Ich nickte ihm knapp mit leicht erhitzten Wangen zu und begann dann weiter zu essen und zu trinken. Neben dem Wein und dem Eintopf, verlustierte ich mich auch irgendwann am selbstgebackenen Brot und den Früchten, die sie mitgebracht hatte. Mit jedem kleinen Stückchen Mittelerde, das ich mir einverleibte, wurde meine Laune immer besser. Was ich allerdings wohl auch noch zusätzlich auf den Wein schieben musste, von dem ich irgendwann schon mehr als drei Gläser intus hatte, ohne es selbst bemerkt zu haben. Zu meinem erstaunen war dieser so was von angenehm, dass er mich nicht sofort betrunken machte, auch wenn es sich unterbewusst so anfühlte.

Unter den Zwergen wurde es ebenfalls langsam immer heiterer. Sie erzählten Geschichten und brachten Anekdoten aus ihrem langen Leben, denen ich neugierig und interessiert folgte. Besonders Balin hatte sehr viel zu erzählen. Er kannte so viele Erzählungen, Sagen, Märchen und allerlei andere Dinge, die mich sehr in erstaunen versetzten und zum Lachen brachten. Darunter auch eine besonders interessante Geschichte, in der sich Dwalin als junger Zwerg mit einem Wildschwein gemessen und dabei das halbe Elternhaus in Trümmer gelegt hatte. Nachdem er zuvor aber panisch davor geflohen war, als es aus einer selbstgebauten Falle entkam.

"Unser Vater musste damals die ganze Wohnstube neu herrichten und Mutter hat ihn zu mehreren Wochen Hausputz heran gezogen", erklärte mir der alte Zwerg grinsend und ich kugelte mich bereits vor Lachen auf dem Boden. Der glatzköpfige, kleine Mann warf seinem Bruder einen vernichtenden Blick zu, während dieser die Geschichte sehr anregend erzählte. "Tu ja nicht so, als wärst du ein Musterbeispiel an Vernunft, Bruder. Ich weiß noch ganz genau, wie du dem alten Gilbir die Lanze geklaut hast, um sie als Bratspieß für das Wildschwein zu verwenden. Und wie diese noch über dem Feuer entzwei brach. Dafür hast du von Vater eine ordentliche Tracht Prügel bezogen, als er heraus fand, was du angestellt hattest", entgegnete er grantig, weshalb sich der Ältere andächtig durch den weißen Bart strich.

"Ja. Wahrlich. Das war keine meiner besten Ideen zu jener Zeit", meinte er dann schlicht und nahm einen Schluck Bier aus seinem Glas.

"Wann war das denn, wenn ich fragen darf?", hakte ich kurz nach, ehe ich mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte und zu sah wie beide nachdenklich die Köpfe zur Decke hoben.

"Das war soweit ich mich erinnere in den wenigen Jahren, nachdem Smaug sich den Erebor zu Eigen gemacht hat und bevor König Thror, Thorins Großvater, sein Volk zu den Waffen rief, damit wir gemeinsam das Zwergenreich Moria zurück erobern sollten", meinte Dwalin dann und sein Bruder nickte bestätigend.

Ich brummte nur kurz verstehend und seufzte dann wenig später. "Tut mir wirklich leid für euch. Das muss eine schlimme Zeit gewesen sein. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es sein mag, wenn man vom einen auf den anderen Tag alles verliert, was man sich aufgebaut hat. Und die Schlacht um Moria hat euch ja auch einige schwere Verluste beschert", meinte ich bedrückt und ließ mir von Nori noch mal einen Schluck Wein einschenken, als dieser gerade eine neue Flasche geöffnet hatte.

"Habt Dank für Euer Mitgefühl. Das ehrt uns sehr. Aber es ist wohl wahr. So viel Tod hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht miterleben müssen. Besonders Thorin hat es damals schwer getroffen, nachdem der Kopf seines Großvaters abgeschlagen wurde und sein Vater inmitten des Schlachtgetümmels verschwand. Wir wissen bis heute nicht, wo Thrain ab geblieben ist. Aber er müsste inzwischen auch tot sein", meinte Balin und neigte betrübt den Kopf, bevor er durch die reichlich unfreundliche Stimme des Zwergenkönigs erschrocken zusammen fuhr, nachdem dieser unserem Gespräch zufällig gelauscht hatte.

"Hört auf über die dunkle Vergangenheit zu reden. Wir wollen heute Abend des Leben feiern und nicht den Tod der Gefallenen, einer lang verlorenen Schlacht betrauern", kam es reichlich barsch von Thorin, der sich im Anschluss an seine Ansage erhob und in einem der noch abgedeckten Körbe, nach etwas zu suchen begann.

Ich hob ein wenig die Augenbrauen und musterte seinen breiten Rücken in der hereinbrechenden Dunkelheit. Ich konnte gut verstehen, wie er sich fühlte. Er schien genauso wenig wie ich den Verlust dieser beiden, über alles geliebten Personen verarbeiten zu können. Auch wenn er vielleicht von sich selbst dachte, dass er das schon lange hinter sich hatte. Offenbar schmerzte es ihn immer noch sehr, wenn er daran erinnert wurde. Selbst wenn er es nicht so offen zeigte, wie ich vor ein paar Wochen in einer fast schon unwirklichen Nacht auf dem Zeltplatz.

Er war wirklich ein Mann, der seine eigenen Worte und Ansichten Lügen strafen konnte. Zumindest wenn es um seine Gefühlswelt ging. Das wusste ich ja schon allein durch das ganze Chaos, was wir durchgemacht hatten, bevor ich ihn soweit hatte, dass er sich auf mich ein ließ. Aber vielleicht war es nur sein innerer Drang, sich selbst mit solchen weisen Worten über den schweren Verlust hinweg trösten zu wollen. So etwas hatte ich schon einmal mit meinem vergangenen Partner erlebt und es hatte mich viele Wochen, Monate und sogar Jahre gekostet, diesen soweit zu bekommen, dass er Gefühle auch mal zeigte und nicht nur so lange in sich hinein fraß, bis er irgendwann verbal explodierte. Handgreiflich war er mir gegenüber nie geworden. Egal wie sehr ich ihn manchmal auch genervt hatte.

Wobei ich mit Thorin so gesehen in diesem frühen Stadium unserer Beziehung schon ein wenig weiter war. Inzwischen zeigte der Zwergenkönig ja wenigstens sehr offen, wie er zu mir stand und war bei vielen Gelegenheiten nicht darum verlegen, kurz zu demonstrieren, was ich ihm bedeutete. Obwohl es manchmal ein klein wenig besitzergreifend auf mich wirkte. Doch Zwerge waren eben so, wenn sie sich verliebten. Damit musste ich mich nun abfinden.

Trotzdem krampfte sich mein Herz unerklärlicherweise Weise plötzlich in meiner Brust zusammen, doch konnte ich nicht wirklich deuten weswegen. Vielleicht war es einfach nur, weil sich bei mir gerade wieder mein Helfersyndrom aktiviert hatte, dass ich sehr lange in meinem Unterbewusstsein hatte schlafen lassen.

Ich seufzte kurz und nippte nachdenklich an meinem Weinglas. Dass sich ausgerechnet dies in solchen unpassenden Situationen meldete, störte mich sehr. Es konnte mir buchstäblich den ganzen Abend versauen, wenn ich nicht aufpasste. Aber sobald es einmal wach war, war es wirklich schwer es wieder abzustellen. So konnte ich auch nicht anders und überlegte einen Moment hin und her, wie und ob ich ihm vielleicht helfen konnte seine Trauer zu überwinden, so wie er es einst für mich getan hatte.

Doch aufgrund oder vielmehr dank meines aktuellen Pegelstandes, fiel es mir wirklich schwer einen klaren Gedanken in diese Richtung zu fassen. Stattdessen wurde ich von dem kurzen Klimpern eines Saiteninstrumentes aus meinen Grübeleien gerissen.

Der Zwergenkönig hatte sich wieder zu uns herum gedreht und hielt etwas in Händen, das in den letzten Strahlen der Abendsonne leicht golden schimmerte. Ich rieb mir verwundert die Augen und schüttelte kurz meinen benebelten Kopf, als ich versuchte den Gegenstand zu erkennen. Das war in dem Dämmerlicht schwerer als erwartet.

Nachdem er aber mit ein paar Schritten wieder zu meiner Linken auftauchte, konnte ich genauer sehen, was er da gerade in Händen hielt und hob staunend die Augenbrauen. Es war eine Harfe. Natürlich keines dieser riesigen Instrument, die man bei klassischen Konzerten sah. Nein, diese war um einiges kleiner und noch dazu nicht irgendeine x-beliebige. Es war eine aus purem Gold mit Saiten, die leicht silbern schimmerten, als er kurz mit den Fingern darüber fuhr, um dem Instrument ein paar undefinierbare Töne zu entlocken. Mir blieb sprachlos der Mund offen stehen. Ich hatte ja bereits im Buch zum kleinen Hobbit davon gelesen, dass er angeblich eine goldene Harfe besaß. Aber diese nun in Wirklichkeit vor mir zu sehen, mit ihren fein gearbeiteten Formen und Windungen, war schon fast das Highlight des Abends. Wann bekam man in dieser Welt denn schon eine echte Goldharfe vor die Nase gehalten? Mit Sicherheit nicht jeden Tag.

Und er war nicht der Einzige, der plötzlich mit einem Instrument auftauchte. Bofur erschien wenig später mit einer Flöte, die er aus den Tiefen seines Mantels gezogen hatte, welcher wie eigentlich die meisten Kleidungsstücke der Zwerge, in irgendeiner Ecke herum lag. Nori hatte seine Violine zur Hand genommen, Ori trat mit einer Okarina näher und Bifur begnügte sich damit zwei meiner Teelöffel Zweck zu entfremden. Dori war indessen eifrig bemüht, die leeren Teller und Schalen, sowie das schmutzige Besteck einzusammeln. Mit Hilfe von Kili und Fili stellte er alles auf meine Küchenzeile zu, welche nun fast unter dem Gewicht des ganzen schmutzigen Geschirrs zusammen zu brechen drohte. Inzwischen waren die Meisten mit ihren Instrumenten beschäftig, was mich ernsthaft neugierig machte.

"Was passiert denn jetzt?", fragte ich Balin ein wenig freudig überrascht und er lächelte mir milde zu. "Das ist ganz einfach. Nach einem guten Essen wie diesem gehört es sich, dass ausgiebig weiter getrunken, gesungen und getanzt wird", erklärte er mir Fachmännisch. Ich musste kurz ein bisschen schlucken und sah auf mein wieder aufgefülltes Glas Wein. "Ihr verlangt aber jetzt hoffentlich nicht, dass ich zu eurer Musik singe, oder? Ich kenne nämlich außer dem einen Lied über die Nebelberge kein anderes von eurem Volk", meinte ich und verzog leicht gequält lächelnd das Gesicht.

"Das verlangt keiner hier von dir, Cuna. Du lernst sie eben ab heute kennen. Irgendwann wirst du dann mitsingen können. Aber zunächst fände ich es angebracht, wenn du vielleicht für etwas mehr Licht im Raum sorgen könntest. Es wird doch reichlich finster", kam es von Thorin, der immer noch mit seiner Harfe beschäftigt war und wohl versuchte die Saiten zu stimmen. Ich nickte ihm knapp und immer noch leicht fasziniert zu, bevor ich auf stand und mich in Richtung Küchenzeile begab. Dort betätigte ich einen Schalter an der Wand, der die Deckenbeleuchtung einschaltete. Sofort wurde der ganze Raum von einem sehr hellem, weißen und warmen Licht erfüllt.

Ein wenig erschrocken davon zuckten die kleinen Männer kurz zusammen und sahen mit einem mehrstimmig erfreuten "Ah" in Richtung der Zimmerdecke.

"Reicht euch allen das Licht oder ist das zu hell?", fragte ich und musterte die Zwerge neugierig. "Ich hatte mehr an Kerzen oder ein paar Fackeln gedacht. Dieses Licht erscheint mir doch reichlich ungeeignet", erwiderte der Zwergenkönig ernst und ein wenig argwöhnisch. Offenbar war ihm die Sache mit der Elektrizität immer noch nicht ganz geheuer. Dabei hatte er das doch schon alles auf der Zeltstadt gesehen. Aber vielleicht hatte es ihn da noch nicht so interessiert und als bedeutungslos abgetan. Doch schaffte ich es im nächsten Moment trotzdem ihn zumindest ein bisschen mit dieser merkwürdigen Entdeckung meiner Welt zu beeindrucken.

"Also mit Kerzen kann ich nicht dienen. Dafür aber mit etwas anderem. Passt mal auf", sagte ich grinsend und ergriff einen runden Knopf, welcher sich auf dem Schalter befand. Als ich diesen leicht nach rechts drehte, ging ein sehr erschrockenes Keuchen durch die Gruppe, da das Licht plötzlich wieder etwas abnahm, aber nicht gänzlich verschwand. Es blieb gerade so viel übrig, dass man etwas sehen konnte und trotzdem eine eher schummrige, gemütliche Atmosphäre schaffte.

"Reicht euch das so oder soll ich noch mehr abdunkeln?", hakte ich erneut nach und musterte die Situation amüsiert, da die Herren sich nun gegenseitig erstaunt zu flüsterten und nach oben zeigten.

"Ich. Ich denke das genügt schon. Aber. Das ist unglaublich. Wie hast du das gemacht? Ist das so ein Zauber, wie ihn Gandalf verwendet?", fragte Fili, dem wie allen anderen der Mund weit offen stand. Ich musste kurz kichern, ehe ich ihm antwortete: "Nein. Das ist kein Zauber. Das funktioniert alles mit Strom. Komm her, ich zeig dir, wie ich das gemacht hab." Doch nicht nur der blonde Bursche, sondern auch der Rest der Mannschaft trat näher, um sich das große Wunderwerk der modernen Technik anzusehen. Ich ging ein bisschen beiseite und entblößte dabei den Lichtschalter mit dem drehbaren Knopf in der Mitte.

"Was ist das?", fragte Ori neugierig.

"Das nennt sich Dimmschalter. Der Vorbesitzer dieser Wohnung hier hat die anbringen lassen. Damit kann man die Stärke des Lichtes soweit kontrollieren, dass man entweder mehr oder weniger davon hat. Je nach Bedarf versteht sich", erklärte ich, legte die Finger an den Knopf und drehte ein wenig nach Links und rechts, woraufhin es entweder wieder heller oder noch dunkler wurde, bis ich zur Ausgangsposition zurück kehrte. Die Augen der kleinen, bärtigen Männer wurden mit jeder Einstellung, die ich daran vornahm, immer größer und sie tuschelten begeistert untereinander.

"Das ist wahrlich eine großartige Errungenschaft", meine Oin anerkennend und nickte mir ruhig zu. "Sag, kann man diese Dimmschalter auch verwenden, um sie an Elben zu befestigen, damit die nicht mehr so grell leuchten, Weibstück?", fragte Dwalin plötzlich, der die Arme vor der Brust verschränkte. Seine mehr als eigenartige Frage kam für mich in dieser Situation so unerwartet, dass ich zunächst einmal damit völlig überfordert war.

"B-Bitte was? Elben mit Dimmschaltern? Meinst du das jetzt ernst?", hakte ich skeptisch nach und musste schließlich laut los prusten, als dieser dann noch einmal mit tot ernstem Gesicht bestätigend nickte.

Allein die Vorstellung davon war so absurd, dass ich gar keine Worte mehr dafür fand. Als dann noch reihum eine Diskussion los brach und man sich tatsächlich darüber einigte, dass man irgendwie diese Dimmschalter an den Elben anbringen sollte, konnte ich mich nicht mehr halten und hätte mir beinahe in die Hose gemacht vor Lachen. Ich musste mich sogar an Kili festhalten, der sich in meiner Nähe befand, damit ich nicht umfiel.

"Was in Durins Namen ist denn mit dir nun los, Cuna?", fragte dieser verwirrt, als ich meinen Kopf auf seine Schulter legte und mich völlig meinem Lachanfall hin gab. "Elben. Elben mit Dimmschalter! Wie. Wie geil ist das denn? Ich. Ich. Oh Gott! Ich kann nicht mehr! Der Witz des Jahrtausends!", giggelte ich und verlor fast das Gleichgewicht, da ich vor lauter Lachen fast vergaß zu atmen.

"Hey. Hey. Vorsicht. Beruhige dich mal wieder. Du erstickst ja schon fast", meinte er besorgt und musste mich ein wenig umständlich festhalten. Ich versuchte unterdessen mich zu beruhigen indem ich mehrere tiefe Atemzüge nahm und irgendwann nur noch verhalten kicherte, während ich vor mich hin brabbelte: "Okay. Ist Okay. Alles. Alles Super. Geht gleich wieder."

"Vielleicht solltest du dich wieder setzen", warf Ori besorgt ein und ich nickte bedächtig an Kilis Schulter gelehnt. "Ja. Gut. Ist. Ist okay. Dann lasst mich mal zu meinem Platz", meinte ich schnaufend und wischte mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht, bevor ich meine Beine in Bewegung setzte, um zurück zu den Decken zu gehen. Allerdings stützte mich der junge Zwerg dabei ein bisschen, damit ich mich nicht auf die Nase legte. Nachdem ich wieder an meinem Platz angekommen war, musste ich feststellen, dass Thorin als einziger immer noch da saß und an seiner Harfe herum hantierte, als wäre nie etwas gewesen. Er war so sehr in das Stimmen seines Instrumentes vertieft, dass er mich erst wieder bemerkte, nachdem ich ihm eine Hand auf den kräftigen Oberschenkel gelegt hatte.

Dabei warf er mir einen kurzen, ruhigen Blick zu und widmete sich dann seinen Männern, die ihrerseits die Instrumente wieder zur Hand nahmen und sich in den Kreis setzten. Zunächst wurde es ziemlich Still unter den Anwesenden und ich wartete gespannt auf das was nun kommen würde.

Dann legte der Zwergenkönig ohne ein weiteres Wort zu sagen seine Finger an die Harfensaiten und setzte zu einer sehr wohlklingenden Melodie an, wo bald auch die anderen mit einstimmten. Thorin gab den Takt vor und seine Männer folgten ihm dabei wie eh und je. Dann setzte plötzlich von irgendwo her noch Gesang aus der Männergruppe ein. Zunächst nur recht leise, aber dann immer lauter werdend.

Ich konnte nicht verstehen, was die Worte bedeutete, da die Zwerge wieder einmal in Khuzdul sangen. Doch als die Töne der Instrumente und das Gesangs begannen den ganzen Raum zu erfüllen, schienen sie auch irgendwann mein Herz in eine innige Umarmung zu ziehen.

Es klang wie eine wirklich uralte Geschichte. Eine die zuvor noch kein Mensch meiner Welt je zu Ohren gekommen war. Ganz fern vom Diesseits oder Jenseits. Ich schloss sanft die Augen und ließ mich von der Musik tragen, die in mir etwas bewegte, von dem ich nicht gewusst hatte, dass es sich dort befand.

Aber ganz gleich was es war. Es ließ mich erahnen, dass dieser Abend neben der fremdartigen Musik, noch einige Überraschungen auf mich warteten.
 

Und während die Sonne endgültig dem Nachthimmel Platz machte, endete auch das erste Lied genauso sanft, wie es gekommen war.
 

-77. Ein Festmahl für alle Sinne bei Dämmerlicht / ENDE -


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben FF Leserinnen und Leser,

zunächst einmal tuts mir sehr leid, dass ich das Kapitel hier nicht schneller abschicken konnte, da ich in der vergangenen Woche fast gleichzeitig drei große Klausuren schreiben musste, von denen ich offe dass sie alle gut verlaufen sind. :(
Aber kommen wir doch zunächst erst mal zum Kapitel hier. Ich hoffe mal das euch der Auftakt der Party gefallen hat, denn wie Thorin schon so schön sagte, es wird noch ein langer Abend. Und da werden noch einige Überraschungen auf sich warten lassen.
Also neben Elben mit eingebauten Dimmschaltern versteht sich. ^^
Ich möchte auch noch mal ein paar von euch danken, die mir immer noch nach über einem dreiviertel Jahr die Treue halten und meine Story von anfang an verfolgt haben. Aber auch denen die später erst dazu gekommen sind und mir einige sehr tröstende Worte geschenkt haben. Vielen, vielen vielen lieben Dank an euch. Ich hab euch alle echt ganz doll lieb und das sag wirklich ich nicht oft.^^
Dafür gibt es als kleinen Leckerbissen auch ein wirklich extrem langes Kapitel. Hoffentlich nicht zu lang für euch.

Auf jeden Fall wünsche ich euch an dieser Stelle wie immer einen guten Start in die neue Woche und ein wunderschönes langes Wochenende (Sofern ihr das wegen Vatertag habt^^)

Liebe Grüße Eure Virdra-sama Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2016-08-09T12:02:12+00:00 09.08.2016 14:02
Hey,
ich hab so lachen müssen bei dem Satz, "Kampf um den Herd bewaffnet mit Eimer und Wischmop." Na ja gute Weine sind hier Mangelware. Da haben sich die Zwerge mal wie kleine Kinder benommen, jeder wollte zuerst was haben.
Aber das beste ist, "Elben mit Dimmschalter", Dwalin war da mal unfreiwillig Komisch.

LG Pellenor
Antwort von:  Virdra-sama
09.08.2016 16:15
Hallöchen,

ja kennst du denn nicht den Kampf um den heimischen Herd? Der ist doch heutzutage sowas wie alltag in jedem Haus.^^
Aber da wurde dieser Kampf eher zur Schlacht am heißen Buffet. Zum Glück hat Cuna die Herren so halbwegs unter kontrolle gebracht. :D
Gut die Elben mit den Dimmschaltern stelle ich mir schon lustig vor... aber im ernst. Ich will nicht wissen, wo man die bei denen anbringen sollte. XD

LG Virdra-sama
Von:  ai-lila
2016-05-03T17:31:58+00:00 03.05.2016 19:31
Hi~~

Na wenn die Nahrungsmittel von Mittelerde so köstlich sind, könnte man die hier zu Lande doch verkaufen.
Das ginge weg wie warme Semmeln. Und den Werbeslogan habe ich auch schon:
Genießen wie ein König.
Na gut, wäre von Väterchen Staat wohl nicht gerne gesehen, wenn´s denn berauscht.
Von wegen Kiffen war gestern, heute wird gegessen.

Beisammen sein, alte Geschichten erzählen und ein schönes Fest feiern...
ich denke das sich die Zwerge trotz aller Enge doch recht wohl fühlen bei Cuna.

Ich werde nie wieder einen Dimmschalter sehen ohne blöde grinsen zu müssen. *lach*

Schönes Kapi.
LG Ai
Antwort von:  Virdra-sama
03.05.2016 19:40
Hallöchen,

Ja die Lebensmittel aus Mittelerde haben es ganz schön in sich. Aber das wirst du noch im nächsten kapitel erleben. Die "hauen" buchstäblich rein.^^
Aber es gibt ja noch andere "Rauschmittel" aus Mittelerde, die Cuna noch kennenlernen wird. ^^

Tja die Dimmschalter für Elben. Das wäre ne Marktlücke vom Feinsten. Sollte in Serie gehen.^^

LG Virdra-sama
Von:  zamnil
2015-05-12T12:45:15+00:00 12.05.2015 14:45
Ich fand deine Geschichte mal wieder super und musste auch viel lachen. Und du musst dich nicht entschuldigen ich finde die Klausuren waren wichtiger. Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel. :)
Antwort von:  Virdra-sama
12.05.2015 15:07
Vielen lieben Dank. :D
Ich werd mich auch weiterhin bemühen meine Geschichte abwechslungsreich und lustig zu gestalten. Sofern mir das möglich ist ^^

LG Virdra-sama


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