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Diesem Einen will ich #Follow

Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?
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61. Anstoß für den FC Erebor

Der Vormittag brach schwerfällig und träge an. Die Feier am Abend und in der Nacht war für meine Begriffe einfach zu lang gewesen. Oder um es deutlicher zu formulieren. Mir brummte mal wieder gehörig der Schädel.

Auch wenn ich dieses Mal nicht ganz so viel getrunken hatte, so war doch der Stress des letzten Tages deutlich zu viel gewesen. Das ganze Hin und Her. Das Auf und Ab der Emotionen. Alles in allem einfach nur katastrophal und Chaos pur. Aber am Ende hatte sich die ganze Aufregung für mich doch sehr ausgezahlt. Also, worüber sollte ich mich da noch großartig beschweren? Immerhin stand nun eines fest. Ich war nicht mehr länger allein. Ich hatte meine Trauer überwunden. Meinen seelischen Schmerz ein für alle mal hinter mir gelassen und würde nun wieder mit offenen Augen in die Zukunft sehen können. Zum Einen das und zum Anderen roch es überraschend vorzüglich in meiner kleinen Kuschelecke als ich erwachte. Da konnte mir selbst der kleine Mann mit dem Hammer, der mal wieder versuchte sich in meinem Schädel auszutoben, nicht die Laune verderben. Langsam öffnete ich die Augen und gähnte genüsslich, als ich mich vorsichtig von meiner Liege aufrichtete. Mein Blick fiel zuerst auf einen Schemel, den irgendwer zu mir hinein gebracht hatte. Auf dem stand nun eine kleine Schale, wo dieser wirklich köstliche Duft her rührte. Daneben lag eine Gabel und am Boden stand eine volle, unberührte Flasche mit Wasser. Ich musste schmunzeln, als ich die Schale vom Schemel nahm und den Inhalt musterte.

Am letzten Tag der Zeltstadt gab es meist neben dem normalen Frühstück immer noch die Reste der Essensbestände vom Abend davor. So hatte mir jemand, zweifellos der Zwergenkönig selbst, etwas von dem selbstgemachten Kartoffelsalat und den letzten Bratwürstchen gebracht, die vom Grillen übrig geblieben waren.

So konnte ich mich in aller ruhe daran verlustieren, ohne mich großartig abhetzten zu müssen, noch eine Kleinigkeit zu bekommen. Nachdem ich fertig war, schnappte ich mir wie gewohnt meine Duschsachen und trat hinaus in den sommerlichen Morgen. Die Zwerge waren mal wieder fast alle ausgeflogen. Nur der alte Balin saß vergnügt wie eh und je, sein Pfeifchen rauchend am Eingang auf seinem Schemel und beobachtete, das Treiben auf dem Platz.

"Guten Morgen", grüßte ich ihn freundlich und er zuckte kurz erschrocken zusammen. Offenbar war er tief in Gedanken versunken gewesen und hatte mich gar nicht heran treten hören. "Oh. Ja. Ja der Morgen ist gut. Obwohl es vielleicht heute Abend regnen könnte", erwiderte er mit einem flüchtigen Blick zum Himmel und lachte etwas. "Das will ich mal nicht hoffen. Heute Abend ist die Zeltplatz-Auktion mit dem Abschiedstanz und dem großen Feuerwerk", meinte ich ruhig und warf ebenfalls einen kurzen Blick zum Himmel, wo sich einige Schleierwolken durch das helle Blau zogen.

Ich verzog etwas den Mund. Balin hatte wohl nicht ganz unrecht. Schleierwolken am Morgen waren häufig ein Hinweis darauf, dass es Regen geben würde. Ich schnaubte kurz. Das fehlte gerade noch, dass ausgerechnet an diesem Abend noch mal ein Regenschauer auf uns nieder ging.

So ein verdammter Mist, dachte ich bitter. Ich wollte so gerne mit Thorin draußen am Lagerfeuer sitzend, die bunten Knaller beobachten ohne Angst haben zu müssen, dass sich eine der Raketen aufgrund eines schweren Wassertropfens umdrehte und zu einem unberechenbaren Geschoss mutierte. Ich seufzte wieder und sah zurück zu Balin. "Wo sind denn die Anderen? Mal wieder auf Achse?", fragte ich und er lächelte. "Warum schaut Ihr nicht gerade aus auf den Platz. Da sind sie doch. Genau vor Eurer Nase", meinte er erheitert. Ich legte leicht den Kopf schief und hob die Augenbrauen, während ich meinen Kopf zum Platz hin drehte.

Was mir dort vor Augen geführt wurde, ließ mir vor Erstaunen und Verblüffung die Kinnlage runter fallen. Ich musste mir mehrfach die Augen reiben um wirklich sicher zu gehen, dass ich gerade wach war. Doch ich konnte bereits nach wenigen Sekunden sicher sein, dass ich gerade nicht schlief und bei Verstand war.

Da liefen zehn, der dreizehn kleinen Kerle kreuz und quer über den Platz und schossen sich einen Fußball zu. Und gegen meine eigene Erwartungen sogar noch äußerst geschickt. Auch kleine Tore hatten sie sich aufgebaut. Mit ein paar Ästen und Leinendecken, damit der Ball nicht irgendwohin in die Pampa flog. In denen stand auf der rechten Seite Nori und auf der linken Bofur, die versuchten die Schüsse zu halten, wenn einer der Anderen den Ball an ihnen vorbei treten wollte. Die anderen Acht hatten sich in zwei vierer Mannschaften aufgeteilt. Nachdem ich dies eine Weile betrachtet hatte, wurde mir auch klar wer miteinander und wer gegeneinander spielte. In der einen Mannschaft waren Kili, Fili, Dwalin und Thorin, die versuchten Bofurs Tor unsicher zu machen. Und auf der anderen Seite kamen ihnen Dori, Ori, Bombur und Gloin entgegen. Die älteren Zwerge der Gruppe hielten sich offensichtlich aus dem ganzen Brimborium heraus. Das war auch für sie gar nicht mal so schlecht. Denn die Herren schenkten sich keinen einzigen Zentimeter auf der Fläche. Es gab einige harte Tacklings und häufig landete einer bei einem Foul am Boden. Doch im Gegensatz zu menschlichen Spielern, steckten diese Kerle das Ganze weit besser weg. Was mir allerdings bei der Sache übel aufstieß, war dass sich der Zwergenkönig mal wieder seiner Schlinge entledigt hatte und genauso ohne Rücksicht auf Verluste spielte wie die Anderen. Ein wenig Zähneknirschend sah ich dabei zu, wie er viele Rempler austeilte, aber auch einstecken musste.

Eigentlich war ich innerlich drauf und dran ihn an den Ohren gepackt vom Platz zu ziehen. Aber aufgrund der harten Spielweise entschied ich mich doch zu bleiben wo ich war. Wenn ich mich selbst wieder unnötig in Schwierigkeiten brachte, wäre er sicher wieder sauer. Immerhin hätte ich später noch genug Zeit ihn deswegen rund zu machen. Stattdessen sagte ich Balin kurz Bescheid, dass ich mich zu den Duschen auf machen wollte und verschwand mit einigem Abstand zum Trainingsspiel des FC Erebor. Während ich einen großen Bogen um das Spielfeld zog, blieben meine Augen trotzdem wachsam auf Thorin gerichtet. Ich wurde gelegentlich ein bisschen unruhig, wenn ich ihn kurz aufschreien hörte und sah, wie er das Gesicht verzog sobald er einen unschönen Seitenhieb auf seine verletzte Schulter bekam. Mich durchzuckte selbst beinah jedes mal ein Schmerz. Früher oder später würde er sicher mit dem Spielen aufhören müssen, weil er es übertrieben hatte. Dann durfte ihn vermutlich Oin wieder zusammen flicken. Ich seufzte kurz und riss mich Kopfschüttelnd von der Szenerie los. Ein bisschen schmunzeln musste ich aber schon über das Ganze. So etwas hatte diese Welt noch nie gesehen.

Auch wenn der Anblick von Fußballspielenden Männern nicht wirklich was ungewöhnliches war, so war es an diesem Morgen ein absolutes Highlight, gerade Zwerge bei so einer Aktivität zu beobachten.

Und ich war auch nicht die einzig Interessierte. Am Rand des nicht abgesteckten Spielfeldes hatten sich einige Fan-Girls versammelt, um ihrem jeweiligen Liebling Anfeuerungsrufe zu kommen zu lassen. Die Meisten hatten natürlich die beiden Sonnyboys Kili und Fili. Das war allerdings auch nicht verwunderlich. Egal auf welcher Internetseite man sie suchen würde, stets hieß es da, dass die Beiden gut Mitglieder einer Boy-Band sein könnten. Und damit hatten die Kommentatoren dieser Webseiten durchaus nicht unrecht. Thorins Neffen waren allseits beliebt und heiß begehrt, wovon man selbst auf der Zeltstadt nicht verschont blieb. Als ich die Mädels so musterte fiel mir auf, dass ganz hinten, hinter all den Weibern, die selbst für mich weit größer waren mit ihren durchschnittlichen ein Meter Siebzig, eine junge schlanke Frau stand, die sogar noch etwas kleiner war als ich und Fili heiter anfeuerte, obwohl sie selbst nicht mal etwas sehen konnte. Sie fiel mir gerade in diesem Moment besonders auf, da sie auf und ab hüpfte, wie ein durchgedrehter Gummiball und ihre hellblonden Haare dabei wie bei einem Heavymetal-Konzert herum wirbelten. Ich kicherte belustigt in mich hinein. So würden diese Mädels wirklich keinen Blumentopf bei den Herren gewinnen. Das war absolut sicher. Denn wie man es schaffte einen Zwerg herum zu bekommen, hatte ja nicht mal ich richtig verstanden. Dazu hatte ich Thorin bisher noch nicht befragt. Ich konnte daher vorerst wirklich mit Fug und recht behaupten, dass ich einfach nur Glück hatte. Oder war es doch mehr Glück im Unglück? Nachdenklich setzte ich meinen Weg fort und grübelte weiter über diese Frage. Als ich die Duschen erreichte, war dort bereits der Hochbetrieb vorüber und ich konnte mich bei warmen Wasser von oben entspannen.

Als ich mich unter dem Wasserstrahl von "Marilyn" zurück zog, breitete sich ein belustigtes Lächeln auf meinen Lippen aus. Was hatte ich nicht alles in diesen zwei Wochen durchgemacht. Von Panikattacken bis hin zu heftigen Gefühlsausbrüchen. Es war ein ganzes Sammelsurium an Ereignissen, welche mir vor meinem inneren Auge durch die Gedanken kreisten. Überhaupt stecke mir immer noch der Schock des ersten Tages in den Knochen. Die allererste Begegnung. War das wirklich schon so lange her? Mir kam es gerade vor als sei es erst Gestern gewesen, wo fünf kleine, bärtige Männern in Kapuzenmäntel gehüllt im Eingang des Fisse Ma "Tent" Chens aufgetaucht waren und lauthals nach meiner Wenigkeit verlangt hatten. Und erst der Jagdausflug bei dem mich Dwalin das erste Mal unsanft aus der Hängematte geworfen hatte. Nun im Nachhinein, wo ich es hinter mir hatte, musste ich schon darüber lachen. Inzwischen tat mir auch der erlegte Hirsch nicht mehr ganz so leid. Immerhin hatte ich ja selbst davon gegessen. Doch vieles war wiederum nicht ganz so lustig in den Tagen gewesen. Dass der Zwergenkönig mich versucht hatte mit dem Schwert zu erschlagen, als ich versehentlich den Arkenstein aus seinem Rucksack geworfen hatte zum Beispiel. Himmel! Ich dachte schon, mein letztes Stündlein hätte da geschlagen. Und die Schlacht mit den scharfen Hunden. Meine liebe Güte. Was für eine Aufregung. Dass sich darauf im Geheimen noch eine viel größere Schlacht aufbauen würde, daran hatte ich auch nicht im Traum gedacht.

Wirklich. Das waren die absolut schrägsten zwei Wochen meines Lebens. Und das Ergebnis aus den ganzen Scherereien war zweifellos der kleine, silberne Ring mit dem dunkelblauen Stein, der nun hoch oben auf meinem Wäscheberg thronte, da ich ihn zum Duschen lieber abnahm, ehe er mir versehentlich vom Finger rutschte und verloren ging. Wenn er tatsächlich so ein uraltes Erbstück war, wie mir der Zwergenkönig sagte, dann wäre er nicht nur unersetzlich sondern auch noch mehrere Milliarden schwer. Also, ganz gleich wer ihn danach finden mochte. Der oder diejenige hätte mit Sicherheit für den Rest seines Lebens ausgesorgt. Wobei ich mir nicht sicher war, ob das Material, aus dem er bestand, in meiner Welt wirklich mit einem großem Wert berechnet werden konnte. Ich hatte mich am vorherigen Abend noch einmal beim alten Balin erkundigt, um was es sich denn nun handelte. Laut seiner Aussage war der Stein wohl ein sogenannter Mitternachts-Saphir. Ein sehr seltenes Exemplar, welches man wohl nur in sehr tiefen Regionen der Erde ihrer Welt finden konnte. Und die Fassung bestand aus Mithril. Vielleicht das Beste an dem Teil. Denn dadurch war dieser nicht nur besonders leicht, sondern auch quasi unzerstörbar.

Ein großer Vorteil, da ich bei meiner vorherrschenden Schusseligkeit mit Sicherheit das ein oder andere Mal irgendwo anecken konnte. Wobei ich, seit ich dieses Teil hatte, peinlichst genau darauf achtete, dass ihm nichts passierte. Mit Sicherheit bekäme der Zwergenkönig einen kleinen Tobsuchtsanfall, wenn seinem Erbstück etwas zu stieß. Eines durfte ich ja schlicht und ergreifend nicht vergessen. Er war immer noch ein Zwerg, und denen gingen ja Schätze häufig sogar über ihre Liebschaften. Diese Tatsache ließ mich kurz aufseufzen und ich stellte das Wasser ab.

Vermutlich war dies wohl der einzige Schatten, der auf unserer ungleichen Beziehung lag und immer liegen würde. Mit Gold und Juwelen konnte ich einfach nicht in Konkurrenz treten. Aber man musste sich schließlich immer irgendwo einschränken wo es gerade ging. Zumindest war ich mir sicher, dass er niemals mit einer anderen Frau etwas anfangen würde. Auch das hatte ich am vergangenen Abend kurz mit erlebt, als eine etwas angetrunkene Dame, um anfang Vierzig, versuchte sich ihn zu Eigen zu machen, indem sie mich beiseite stieß mit der Begründung, er brauche doch etwas reiferes, was seinem alter entspräche. Was er ihr darauf antwortete, würde ich nie vergessen.

"Ich wage es zu bezweifeln, dass man hierzulande einen so gut gereiften Wein bekommen kann."

Die Frau hatte empört den Mund aufgeklappt, nachdem er sie entschuldigend, aber grob beiseite geschoben hatte, um mir vorsichtig auf den Rücken zu klopfen. Ich hatte mich nämlich darüber so sehr amüsiert, dass ich mich glatt an meinem Glas Met verschluckte.

Ich kicherte immer noch belustigt vor mich hin, als ich mich anzog und meine Sachen zusammen suchte. Als ich endlich fertig war und gerade hinaus in die Sonne treten wollte, klopfte es plötzlich hastig an die Tür. Ich öffnete und vor mir stand ein sehr abgehetzt wirkender Bofur. Ich hob verwundert die Augenbrauen und sah ihn ganz irritiert an, da er nach Luft schnappte. "Was ist denn los? Du schnaufst ja wie eine alte Dampflok", sagte ich ruhig. "Du. Du musst sofort kommen. Thorin", stammelte er und schon ergriff er ungefragt meinen Arm, um mich hinter sich her zu schleifen. "Hey! Du reißt mir ja den Arm aus! Was ist denn mit Thorin?!", fragte ich und konnte gerade noch meine Duschutensilien festhalten. "Nicht reden. Komm. Dann siehst du es", meinte er abgehetzt. Mir schwante Übles, als wir um den Sandybor herum kamen und sich eine kleine Menschenmenge versammelt hatte, in deren Mitte es deutlich zur Sache ging.

Was auch immer passiert war, es verursachte einen Heidenlärm. Wie wir immer näher kamen, vernahm ich zwei Männerstimmen, die sich lauthals in einer fremden Sprache anbrüllten. Wir hatten große Mühe uns durch die versammelte Menschen, Hauptsächlich Fan-Girls, zu zwängen, die so dicht stand, wie ein Haufen junger Fichten. Schließlich erreichten wir den Mittelpunkt des Ganzen und schon sah ich die Bescherung.

Die beiden Herren, die diesen infernalischen Lärm verursachten, waren keine anderen als Gloin und der Zwergenkönig selbst. Und den Gesichtern der Beiden nach zu urteilen, war dem anschreien eine kurze Schlägerei voran gegangen. Verschreckt und ein bisschen verärgert trat ich näher und versuchte mir erst einmal einen Überblick zu verschaffen. Der rothaarige Zwerg hatte ein deutlich sichtbares Veilchen am linken Auge und Thorin blutete etwas an der Lippe. Beide wurden von den drei Zwergen ihres vorherigen Fußballteams in Schach gehalten, die große Mühe damit hatten sie weiterhin von einander zu trennen. "Was ist denn hier passiert?", fragte ich Bofur neben mir, der immer noch nach Atem rang. "Also. Wir haben etwas gespielt und Gloin hat Thorin mehrfach hart an seiner verwundeten Schulter getroffen. Nachdem Thorin ihn dann aufgefordert hat das endlich einmal sein zu lassen, weil es unehrenhaft wäre seinen Schwachpunkt wissentlich zum Vorteil zu nutzen, hat Gloin gesagt, er bräuchte ihm nichts von Unehrenhaftigkeit erzählen, wo er sich eine Menschenfrau ans Bein gebunden habe. Daraufhin ist Thorin auf ihn los gegangen", erklärte er so ausführlich, wie er nur konnte. "Und was machen sie jetzt gerade wo man sie auseinander gebracht hat?", hakte ich noch einmal nach. "Nun, also. Jetzt werfen sie sich gegenseitig Beleidigungen und Schimpfwörter an den Kopf", meinte dieser schulterzuckend. Ich seufzte kurz und schüttelte nur den Kopf.

Sicher ich hätte geschmeichelt sein müssen, dass Thorin nicht nur seine sondern auch meine Ehre gegen diese Verunglimpfung verteidigen wollte. Aber dass er gleich so ausrasten musste, war nun wirklich nicht nötig. Doch wie ich selbst inzwischen zu genüge wusste, erhitzte Zwergenblut wohl recht schnell. Und gerade beim Zwergenkönig stieg dieser Pegel wohl sehr rasant, wenn es um seinen Stolz ging. Vor allem wenn er Schmerzen hatte. Das konnte ich gut daran erkennen, wie er jedes mal das Gesicht verzog, wenn ihn Dwalin an seiner verletzten Schulter etwas zu fest packte.

Schließlich reichte es mir. Ich hatte genug gesehen und gehört. Nun war langsam ein Einschreiten nötig. Ich nahm meine Duschsachen, drückte sie Bofur in die Hände und stapfte auf die Gruppe zu. "HEY!", brüllte ich laut und sah wie alle zusammen fuhren. Sämtliche Köpfe im Umfeld wanden sich mir zu. Auch die der beiden Streithammel. "Ha! Da ist ja dieses niederträchtige Weibsbild!", kam es barsch von Gloin, der mir einen hämischen Blick aus seinem zerschundenen Gesicht schenkte. "Nenn sie nochmal niederträchtig und ich schlag dir das andere Auge auch noch Blau!", rief ihm der Zwergenkönig entgegen und zerrte erneut an dem Armen seiner Neffen und denen von Dwalin. "RUHE!", brüllte ich erneut, worauf Thorin kurzzeitig aufhörte sich nach Leibeskräften zu wehren. Als ich mir sicher war wieder von den Herren Aufmerksamkeit zu bekommen, ging ich langsam zwischen ihnen auf und ab. "Ich weiß ja nicht, was der ganze Mist hier soll. Aber habt ihr beiden Flachpfeifen eigentlich noch Nerven euch hier am helllichten Morgen in aller Öffentlichkeit wegen nichts zu prügeln?", fragte ich aufgebracht und wendete immer wieder den Kopf hin und her.

Doch mir hätte klar sein müssen, dass es nach dieser Frage in einer kindischen Zankerei enden würde. "Er hat damit angefangen", rief Gloin aus und deutete mit seinen kurzen dicken fingern auf Thorin der ihm darauf entgegnete, "Das ich nicht lache! Wer hat mich denn vorhin als unehrenhaft bezeichnet!"

"Weil es die Wahrheit ist! Wärst du nur noch halb so viel Zwerg, wie du einst einmal warst, dann hättest du dich niemals mit Der da eingelassen!", brüllte der rothaarige Zwerg und deutete mit seinem Zeigefinger unnötigerweise auf mich.

"Ich bin immer noch dein König, Gloin!", argumentierte Thorin daraufhin, was ich für einen sehr dürftigen Grund hielt und Gloin offensichtlich auch.

"Der warst du einmal! Früher hättest du dich niemals zu so etwas herab gelassen. Was ist nur aus dir geworden Thorin?", entgegnete er und warf ihm einen überhablichen Blick zu.

"DAS REICHT!", rief ich dazwischen, damit sie endlich wieder aufhörten. Was folgte war ein gegenseitiges, aggressives Anknurren. Sie benahmen sich wirklich wie zwei tollwütige Hunde. Ich atmete ein paar Mal tief durch und strich mir mit dem Arm über die Stirn. So konnte das nicht weiter gehen. Die Sache war doch weit verfahrener als ich geahnt hatte. Offenbar war eine ruhige, konstruktive Aussprache zwischen den Herren nicht mehr möglich. Sie wollten um jeden Preis Taten sprechen lassen. Und das mit ihren Fäusten. Aber so weit wollte ich es nicht mehr kommen lassen. Sie sahen nun schon schlimm genug nach dieser Kabbelei aus. Wenn das weiter ging, hätte ich nicht gewusst ob einer der beiden dies überleben würde. Vor allem da Thorin ja bereits einen erheblichen Nachteil hatte.

Ich überlegte einen Moment hin und her und sah dabei auf den staubigen Zeltplatzboden. Da stach mir die Lösung des Problems buchstäblich ins Auge. Nicht weit von mir lag völlig unscheinbar und unschuldig der Fußball, mit dem sie zuvor noch munter zusammen gespielt hatten. Ich grinste kurz breit und beugte mich runter, um diesen aufzuheben. Die Idee, die in meinem Kopf heran gereift war, war vermutlich eine der dümmsten, die ich in den ganzen zwei Wochen hatten. Aber wenn es helfen konnte den Frieden unter den Männer wieder her zu stellen, dann sollte ich wohl auch mal ein Opfer dafür bringen. Immerhin ging es ja in dem Streit ebenso um mich.

Langsam drehte ich die Pille in meinen Händen und sah mich zwischen den beiden Herren noch einmal um. Die Anderen hatten bemerkt, dass ich den Ball aufgehoben hatte und standen mit großen Fragezeichen im Gesicht vor mir. "Was hast du denn damit vor Cuna?", kam es von Kili, der seinen Onkel von hinten um die Hüfte gepackt hielt. Ich grinste ihn ruhig an und atmete noch einmal tief durch bevor ich den Männern meine Idee erläuterte.

"Nun. Da ich sehe, dass ihr nicht bereit seit ruhig miteinander zu reden und stattdessen lieber Taten anstatt Worte sprechen lassen wollt. Fiel mir gerade ein, dass ihr ja auf kleine Wettkämpfe steht. Und was wäre gerade naheliegender, als ein kleines Elf-Meter-Schießen, um die Sache endgültig zu klären und aus der Welt zu schaffen", meinte ich und ließ die Kugel immer wieder auf meinem Finger drehend tanzen. "Ein was? Elb-Meter-Schießen?", fragte Dori und legte fragend den Kopf schief.

"Elf-Meter-Schießen. Mit Elben hat das nichts zu tun. Auch wenn ich glaube, dass keiner von euch etwas dagegen hätte, Elben durch die Gegend zu treten", meinte ich lässig, titschte den Ball etwas auf und fing ihn immer wieder. "Und wie soll das funktionieren?", kam es von Kili, der aufgrund meiner Aussage ein bisschen beleidigt das Gesicht verzog. Ich ignorierte es für den Augenblick und begann weiter zu erklären: "Ist doch eigentlich ganz simpel. Für gewöhnlich stellt einer sich ins Tor und der andere schießt von einer Distanz von elf Metern darauf. Jeder hat fünf Versuche. Wer es schafft drei mal oder häufiger zu treffen, der hat gewonnen. Wenns Beide schaffen, dann wird so lange gespielt bis einer von beiden zwei Tore unterschied zum andern hat. Man kann es aber auch je nach Situation individuell gestalten. Habt ihr das denn nie bei euch so gemacht?"

"Ehrlich gesagt, nein. Entweder man gewinnt oder verliert. Wir spielen immer so lange bis alle keine Lust mehr haben. Dabei geht es nie um irgendetwas. Es ist ein reiner Zeitvertreib", antwortete Fili ruhig. "Verstehe. Aber wärt ihr denn damit einverstanden es auf diese Art zu regeln?", hakte ich nach und sah jeweils einmal zu Gloin und dann wieder zu Thorin. "Ich für meinen Teil schon", sagte der Zwergenkönig barsch und der Rothaarige schnaubte nur. "Das war ja zu erwarten, dass du auf diese lächerlichen Vorschläge deines Liebchens eingehst", spottete er überheblich. "Hör auf sie so zu nennen!", knurrte Thorin und machte wieder Anstalten sich dem frechen Kerl entgegen zu werfen. Doch erneut schafften es seine Neffen und Dwalin ihn davon abzuhalten. Ich musterte unterdessen den rothaarigen Zwerg eindringlich und machte einen Schritt auf ihn zu. "Sag bloß, du hast Angst, davor zu verlieren, wenn eine Frau im Tor steht", sagte ich und grinste ihn breit an. "Was? Wieso Frau im Tor?", fragte er und kratzte sich irritiert dreinschauend an der Schläfe. Ich grinste nur noch breiter und starrte ihm mitten ins haarige Gesicht. "Du hast schon richtig gehört. Ich gebe dir Gelegenheit mir zu zeigen, was du auf dem Kasten hast. Ich werde im Tor stehen und versuchen deine Schüsse zu halten", erwiderte ich ruhig.

Was auf meine mehr als deutliche Ansage folgte, war ein kurzer empörter Aufschrei von Thorin. "Was?! NEIN! Cuna bist du verrückt geworden?!", rief er und in jedem Wort schwang eine unhaltbare Fassungslosigkeit mit. Ich drehte mich langsam zu ihm um und lächelte ihn beschwichtigend an. "Ist schon gut Thorin. Ich hab das früher schon ein paar Mal gemacht. Ich weiß wie das geht", sagte ich langsam. "Du hast keine Ahnung worauf du dich da einlässt. Du könntest dabei schwer verletzt werden. Vielleicht sogar um kommen. Das lasse ich nicht zu. Ich verbiete dir, dass du das tust!", rief er mir drohend entgegen, doch ich lächelte ihn nur selbstbewusst an und wand mich dann wieder an Gloin, der ungläubig die nicht zu geschwollene Augenbraue hob. "Sag mir. Warum sollte ich gegen dich antreten wollen? Immerhin ist es eine Sache zwischen mir und Thorin", sagte er dann und wirkte sichtlich etwas verunsichert.

"Ganz einfach. Weil es bei dieser Sache hier um mich gegangen ist. Und darum, dass du mich endlich akzeptieren lernst. Außerdem will ich eine Chancengleichheit zwischen dir und Thorin schaffen. Er hat eine Schulterverletzung. Kann sich also nicht so gut bewegen wie ich. Daher nehme ich für die Zeit wenn du schießt seinen Platz im Tor ein", entgegnete ich entschlossen, worauf er in schallendes Gelächter ausbrach. "Ha! Das will ich sehen! Du wirst es nicht schaffen, dass auch nur einmal zu verhindern", sagte er und sein Tonfall wurde immer spöttischer. "Und wenn doch?", hakte ich nach und hob den Kopf etwas an um ihm nun einen hämischen Blick zu schenken. Er schnaubte kurz und hob ebenfalls den Kopf auf die gleiche Weise, wobei er die Arme vor der breiten Brust verschränkte. "Wenn du das tatsächlich schaffst einen einzigen Schuss zu fangen, was ich bezweifle, dann nehme ich alles zurück, was ich je über dich gesagt habe", meinte er selbstsicher. "Gut. Machen wir es so. Du schießt fünf mal aufs Tor, während ich drin stehe. Halte ich einen deiner Bälle, hältst du dein Versprechen, nimmst alles zurück und verlierst auch nie wieder ein schlechtes Wort über mich oder Thorin. Auch eine Entschuldigung für dein respektloses Verhalten ihm gegenüber ist darin mit inbegriffen. Wenn ich es nicht schaffen sollte, dann poliere ich für ein Jahr deine Äxte, wasche deine Kleider und so weiter", sagte ich und streckte die Hand aus.

"Abgemacht", sagte er und schlug extrem fest in meine wesentlich schmächtigere Menschenhand ein. Ich biss kurz die Zähne zusammen, als er zu packte und mich böse angrinste. Ein Raunen ging durch die Leute um uns herum. Zum Einen waren besorgte Stimmen zu hören und zum Anderen einige Ehrfürchtige. Unterdessen kam aus dem Hintergrund wieder ein Aufschrei vom Zwergenkönig, der es nach langem Gerangel mit seinen drei Bewachern endlich geschafft hatte sich zu befreien. Doch als er mich an den Schulter packte und zu sich herum drehte, war es bereits zu spät, um den Deal mit Gloin noch zu verhindern.

"Wie konntest du nur?! Ich habe es dir vorhin deutlich verboten! Warum um alles in der Welt machst du das?!", fuhr er mich an und schüttelte mich dabei ordentlich durch. "T-t-thorin. Hör auf. Mir wird ja schlecht von deinem Geschüttel. Ich bin doch kein Wodka Martini", erwiderte ich und ließ dabei den Ball fallen. Er stoppte kurz drauf seine Schüttelbewegung, um mich mit zitternden Fingern steif vor sich zu halten. Sein Gesicht kam meinem hastig näher, aber diesmal nicht etwa um mich zu küssen, sondern um mich wutentbrannt anzustarren. "Du hast keine Ahnung was auf dich zu kommt. Gloin wird alles daran setzen zu gewinnen. Koste es was es wolle. Du überschätzt deine eigenen Fähigkeiten und ich werde dir jetzt, nachdem du so dumm warst das auch noch mit einem Handschlag besiegelt hast, nicht mehr helfen können, wenn du verletzt wirst, weil ich deinem Plan vorab zugestimmt habe", fauchte er und ich sah wie ein funken Verzweiflung durch seinen blauen Augen huschte. Ich schluckte kurz. Sicher, mein Handeln war sehr unbedacht und auch extrem überstürzt gewesen, dennoch gab ich mich zuversichtlich. Schließlich hatte ich schon als Kind immer mit meinem Bruder und seinen Kumpels Fußball spielen müssen, da ich keine anderen Mädchen in meiner Gegend zu spielen hatte. Meistens hatte ich da auch die Herrschaft über das Tor inne und musste den ein oder anderen harten Treffer einstecken. Sicher, meine Kindheit lag schon mindestens zwei Jahrzehnte zurück. Und Gloin war auch kein kleiner Junge, sondern ein ausgewachsener Mann. Naja Zwergenmann.

Was aber nicht gleich hieß, dass ich ihm gegenüber völlig Chancenlos war, auch wenn Thorin das offenbar zu glauben schien. Ich musste es ihm eben nur klar machen, dass er nichts zu befürchten hatte. Ganz sachte legte ich ihm die halb tauben Finger auf die kräftigen Oberarme und lächelte ihn beruhigend an. "Vertrau mir einfach. Ich brauche nur einen seiner Schüsse zu halten. Nur einen. Danach wird er nie wieder was schlechtes über mich sagen. Das ist doch alles was du wolltest", sagte ich mit sanftem Ton. "Aber doch nicht so, in Durins Namen! Nicht zu diesem Preis. Dem bist du nicht gewachsen. Das schaffst du nie", sagte er zähneknirschend.

Beleidigt verzog ich das Gesicht zu einer Schnute. "Na Bravo. Schön dass du so sehr an mich glaubst und mir Mut machst, Thorin. Jetzt bin ich ja wirklich motiviert", erwiderte ich sarkastisch. "Cuna. Er hat aber recht. Gloin ist von uns derjenige mit dem härtesten Tritt. Er kann dir damit schnell einige Knochen brechen", kam es von Fili, der sich mit besorgtem Blick neben uns stellte. "Genau. Selbst Nori hat vorhin große Probleme mit seinen Schüssen gehabt", meinte Kili aus dem Hintergrund. Nun war ich doch etwas perplex. Nachdem er das gesagt hatte überkamen mich doch einige Zweifel. Wenn sie wirklich recht hatten und Gloin so stark war und selbst ein gestandener Zwerg wie Nori diese Bälle nicht richtig halten konnte, wie stand es da um mich? Dann hatte der Zwergenkönig wohl mit Fug und Recht behauptet, dass mich das Ganze vielleicht sogar umbringen konnte.

Himmel, wie ich in jenem Augenblick meine große Klappe verfluchte! Allerdings kam meine Einsicht einen riesen Fehler begangen zu haben nun ein bisschen spät. Denn schon rief der rothaarige Zwerg zu uns herüber. "Was ist jetzt? Bekommst du kalte Füße, Menschenweib?", lachte er spottend und ich schüttelte kurz schaudernd den Kopf. Ich atmete einmal tief durch und sah dann wieder zu Thorin, der mich immer noch fest an den Schultern packte und besorgt die Augenbrauen gehoben hatte. "Es wird Zeit", meinte ich mit matter Stimme und versuchte die Hände des Zwergenkönigs von mir zu lösen. Doch dieser hielt mich immer noch fest. Allerdings nur noch, um mir hastig seine Lippen auf meine Stirn zu pressen. "Ich wünschte ich könnte dir diese Bürde noch abnehmen. Aber der Vertrag ist leider bindend. Möge Mahal seine Hände schützend über dich halten", murmelte er als er sich von mir löste.

"Über mir werden die wenig bringen. Er sollte sie lieber vor mich halten", sagte ich mit ein wenig Ironie in der Stimme und schritt langsam in Richtung des Torgestelles. Die Menge machte bereitwillig platz, sodass ich ungehindert zu dem selbstgebauten Teil gehen konnte. Ein bisschen schäbig sah es ja aus. Weder besonders hoch noch wirklich breit. Die Unterseite des Querbalkens reichte mir gerade mal bis an die Schädeldecke. Aber es war ja eben ein Zwergenfußballtor und es würde schon seinen Zweck erfüllen. Auch wenn mir immer mehr die Nerven flatterten. Noch ehe ich dort angekommen war hämmerte mir mein aufgeregter Herzschlag in den Ohren und machte mich fast taub. Immer wieder verfluchte ich mich auf dem eigentlich kurzen Weg zu meinem Platz. Den Ball, der mir aus der Hand gerutscht war, hatte ich wieder aufgehoben und mir unter den Arm geklemmt. Ich wollte Gloin nicht die Chance geben mich von hinten mit diesem Ding zu überraschen, hätte er ihn in die Finger bekommen. So hatte ich noch etwas woran sich meine zitternden Finger fest halten konnten, ehe ich mich meinem wohl oder übel sicheren Untergang zu stellen. Einer von so vielen, wie es mir plötzlich kurz schmerzhaft durch den Kopf flog.

"Na los, Menschenweib! Ich werde nicht jünger", rief Gloin hinter mir und riss mich aus meinen Gedanken. Bedächtig drehte ich mich um. Der Zwerg stand schon in nicht ganz sechs Metern Abstand zu mir bereit und scharrte ungeduldig mit den Stiefeln im staubigen Kiesboden. Sicher es hieß eigentlich Elf-Meter-Schießen. Aber aufgrund der geringen Größe des Tores und des Platzmangels, war dieser Abstand bereits ausreichend. Wobei ich wusste, je näher er zu mir stand, umso heftiger würde der Schuss ausfallen. Aber da musste ich wohl oder übel einfach durch.

Um uns herum wurde es bis auf die Musik aus dem "ROZ" ziemlich still, als ich den Ball über den Boden zu meinem gegenüber rollen ließ. Nur vereinzelt hörte ich die ein oder andere Stimme mir zu rufen "Zeigs ihm Jacky!" oder "Mach ihn platt!". Gut platt machen war leichter gesagt als getan. Ich musste ja nur einen verdammten Ball fangen um zu gewinnen. Und das gestaltete sich wahrhaft schwerer, als ich mir erhofft hatte. Gloin hatte sich gerade den Ball zurecht gelegt und ging ein paar Schritte rückwärts. Ich ging ein bisschen in die Hocke und hob die Arme. Sicher würde er ohne Vorwarnung los stürmen und drauf bolzen wie ein Berserker.

Und mein Empfinden täuschte mich nicht. Ich sah ihn gerade noch böse hinter seinem Bart hervor grinsen, als er schon zu spurten begann und sein Fuß gegen die Pille hämmerte. Das Einzige was ich binnen weniger Sekunden vernahm, war ein zischendes Pfeifen an meinem linken Ohr und ein leicht brennendes Gefühl an dessen Läppchen.

Erschrocken wand ich den Kopf um. Da kullerte der Fußball völlig unschuldig aus dem Leinentuch heraus und blieb neben meinem rechten Fuß liegen. In der Menge gab es sowohl ängstliche als auch überraschte Keuchgeräusche. Einige der Mädchen hatten die Hände vor die Münder geschlagen. Thorin war zusammen gezuckt und seinen beiden Neffen, sowie Ori und Bofur, stand der Mund weit offen. Die Anderen nahmen es dahingehend gelassen.

Gut. Der Erste war ja bekanntlich bei allem der Schwerste. Bei den Nächsten hoffte ich bessere Chancen zu haben. Vorsichtig trat ich den Ball zurück zu Gloin, der sich erneut bereit machte. Diesmal wollte ich meine Augen genau auf den Ball halten, um zu sehen, in welche Richtung er wohl abdriften würde. Wieder nahm der Zwerg Anlauf und schoss genauso kräftig wie bereits zuvor. Er sollte in die linke untere Ecke gehen. Ich streckte also mein Bein danach aus um diesen so zu blocken. Doch hatte ich die Geschwindigkeit deutlich unterschätzt. Der Ball traf zwar mein Bein, aber dieses wurde von der Wucht so nach hinten gedrückt, dass ich stolperte und zum ersten Mal ungelenk im Staub landete. Der Ball selbst war wieder ins Tor gegangen. Erneut ging ein Raunen durch die Leute. Auch einige entsetzte Ausrufe meines Namen waren zu hören. Sowohl von den Zwergen, wie auch von den Menschen. Ich biss mir kurz auf die Unterlippe, als ich mein Schienbein schmerzhaft pochen fühlte.

Scheiße. Das hatte aber mal ordentlich gezwiebelt. Trotzdem merkte ich, dass noch alle Knochen an ihrem Platz waren, sodass ich aufstehen konnte um weiter zu machen. Aber es wurde einfach nicht besser.

Nach dem zweiten Tor hatte der rothaarige Zwerg offenbar Blut geleckt. Als ich wieder stand und er das dritte Mal auf mich einstürmte, um den Ball nach rechts oben zu zimmern, hob ich meinen Arm, um diesen so aufzuhalten. Diesmal klatschte es ordentlich und selbst ich konnte mir einen Aufschrei nicht verkneifen, als mir das Teil gegen den Unterarm schlug und diesen ruckartig nach hinten riss, sodass es böse in meinem Ellenbogen knackte. Wieder war der Ball in der Decke und ich um die Erfahrung reicher, dass ich nicht versuchen sollte diese Granaten einarmig abzufangen. Mit zugekniffenen Augen hielt ich mir nun diesen und musste mir von Gloin ein kurzes Hohngelächter anhören. "Was ist denn, Menschenweib? Tuts weh?", fragte er spottend. Ich hob langsam den Kopf und schüttelte zähneknirschend den Arm aus.

Nun war ich ein bisschen sauer. Nicht nur auf ihn, sondern auch auf mich selbst. Ich hatte nur noch zwei Versuche. Zwei ganz lausige Versuche um meine und Thorins Ehre wieder her zu stellen. Diesen sah ich am Rand des Geschehens, wie er sich fahrig mit den Händen einmal über das Gesicht fuhr. Er musste gerade ordentlich was durchmachen. Vor allem weil er sich selbst unglaublich im Zaum halten musste um nicht doch noch dazwischen zu springen. Aber immerhin tat ich das ja auch für ihn.

Für einen kurzen Augenblick tauchte ein uralter Spruch in meinem Kopf auf. "Was der Mensch nicht alles tut, wenn er verliebt ist". Und bei mir traf das mitten ins Schwarze. Genauso wie Ball Nummer vier, auf den ich wiederum nicht geachtet hatte und der einfach an mir vorbei gezischt war, wie der Erste, was Gloin erneut zum Spotten brachte. "Ha! Was hast du denn plötzlich? Ist dir die Lust vergangen oder denkst du bereits darüber nach, wie viel Wäsche du waschen musst, Weib!", rief er aus. Ich schnaubte und hob den Ball zum letzten Mal auf. Langsam drehte ich ihn in den Fingern. Jetzt oder nie, dachte ich. Nichts auf der Welt würde mich dazu bringen, dass ich mir die schmutzigen Unterhosen dieses kleinen haarigen Kerls betrachtete. Doch auf der anderen Seite schwand meine Hoffnung zusehends, die Sache noch zu meistern. Ein Versuch. Ein allerletzter Versuch. Mehr blieb mir nicht. Und diese Tatsache ließ bei mir jede Menge Zweifel aufkommen.

Sollte ich weiter machen und es wirklich noch einmal wagen, einen dieser so gesehen unhaltbaren Bälle in die Finger zu bekommen? Oder sollte ich aufgeben, und mich dafür zur Arbeitssklavin diese Zwerges machen lassen? Daran hing so viel. Thorins Ehre, das Ansehen unter seiner Gefolgschaft und vor allem meine Gesundheit. Das ständige Für und Wieder meiner Gedanken wurde mir so zur Qual, dass ich kurz davor war wirklich alles hin zu werfen und aufzugeben.

Bis.

Ja bis ich schließlich aus der Menge vier sehr vertraute Stimmen hörte.

"Los Jacky. Gib jetzt nicht auf!"

"Du schaffst das! Du musst den nächsten nur halten!"

"Du hast es ja schon vorhin fast geschafft! Mach einfach weiter so!"

"Denk dran für wen du das hier tust!"

Ich hob den Kopf um mich nach den Stimmen umzusehen und lange suchen brauchte ich nicht. Da standen meine vier ältesten Freunde genau hinter Thorin, Kili, Fili und Dwalin und riefen mir aufmunternde Worte zu, die irgendwann sogar zu einem regen "Go Jacky go!" Sprechchor mutierten. Ich atmete noch einmal tief durch. Dass sie nun auch ganz Vorne in den Reihen standen, um mich anzufeuern, machte mir noch mehr Mut. So rollte ich von der Menge angestachelt den Ball ein allerletztes Mal rüber zu Gloin und machte mich bereit. Dieser war wegen der Anfeuerungsrufe gar nicht beeindruckt und grinste nur noch breiter. "Bist du bereit für deinen Untergang, Menschenweib?", brüllte er mir entgegen, damit ich ihn auch ja hörte. "Jederzeit. Dann zeig mal endlich was du wirklich drauf hast!", rief ich ihm entgegen und atmete noch ein letztes Mal ganz tief durch.

Wieder nahm er Anlauf. Wieder grinste er triumphierend. Ich hielt die Luft an, als er drauf los stürmte und dem Ball einen ordentlichen Drall verpasste. Er kam mit einer enormen Wucht genau frontal auf mich zu. Vor meinen Augen schien sich alles wie in Zeitlupe abzuspielen. Die Lederkugel flog und flog. Die Menge warf mir immer noch Anfeuerungsrufe entgegen. Das Ding kam näher und näher. Er würde mich mitten in den Bauch treffen. Das stand deutlich fest. Die Frage war nur, ob er mich umhauen würde.

Aber diese beantwortete sich in dem Moment, als ich den dumpfen Aufschlag auf meinem Magen fühlte, der mir sämtliche Luft aus den Lungen presste. Mir klappte der Mund zu einem schmerzhaften Keuchen auf. Ich fühlte, wie mein Körper ein wenig nach hinten gedrückt wurde.

Nein! Nein! Das durfte nicht passieren! Nicht so. Nicht auf diese lächerliche Art und Weise. So wollte ich mich nicht demütigen lassen. Erst recht nicht wegen seinem bereits triumphierenden Lachen, dass er nach dem frontalen Treffer sofort anstimmte.

Mit meiner letzten Kraft, die ich noch aufbringen konnte, stemmte ich mich dieser geballten Wucht entgegen und umschloss die Pille mit beiden Armen. Mein ganzes Körpergewicht war von Nöten, um mich nach Vorne zu stürzen. Ich schloss die Augen und sendete noch ein kurzes Stoßgebet zum Himmel. Dann fühlte ich, wie ich auf dem Boden landete und um mich herum Stille eintrat.

Ich meinte kurz ohnmächtig geworden zu sein, denn das Nächste woran ich mich erinnerte war ein hektisches Rüttelt an meinem Rücken und eine ungewöhnlich hohe männliche Stimme, die wohl verzweifelt versuchte festzustellen ob ich ansprechbar war. Langsam ließ ich meinen leicht tauben Körper zur Seite sacken und begann heftig zu husten, und nach Luft zu röcheln.

"Cuna! Cuna! In Durins Namen, sag doch etwas!", fuhr mich die Stimme panisch an und ich merkte, wie mein Kopf auf einem warmen, weichen Schoß landete. Benommen und immer noch nach Luft schnappend öffnete ich die Augen. Über mein Gesicht gebeugt erkannte ich zunächst nur verschwommen und schattenhaft, die langen schwarzen Haare und den kurzen Bart des Zwergenkönigs, auf dessen Knien ich wohl gelandet war. Drum herum standen jeweils aufrecht ein paar andere, undeutliche Gestalten, die alle samt beunruhigt murmelten. Ich blinzelte ein bisschen und spürte dann, wie ich langsam wieder etwas mehr Gefühl in meine Glieder bekam. Dabei stellte ich fest, dass ich etwas Rundes Ledriges mit beiden Armen fest umklammert hielt. Ich senkte etwas den trüben Blick darauf und schon erhellte sich mein Gemüt. Ich hob meine Augen wieder um Thorin, der so kreide bleich aussah wie noch nie, ein triumphierendes Lächeln zu schenken.

Und die einzigen Worte, die ich trotz meines Hustens, klar und deutlich über meine Lippen bringen konnte.
 

"Thorin. Ich hab ihn gehalten."
 

- 61. Anstoß für den FC Erebor / ENDE -


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine lieben FF Leserinnen und Leser.

Hui, das war ja mal ein Herzschlag Finale. Im Wahrsten Sinne des Wortes. (Und nein. Damit ist die FF NICHT abgeschlossen. Ich werd euch noch schön weiter Quälen^^). Nunja auf die Gafahr hin, dass ich einige mit diesem Fußball Special vergrault haben könnte. Seid versichert das ist das einzige Mal das so etwas vorkommen wird. Versprochen :D
Aber ich dachte mir, was passt besser zur Feier von 20 Favoriten auf diese Story als so etwas außergewöhnliches.
Ich danke euch allen recht Herzlich dafür, dass ihr fleißg meine Geschichte lest, kommentiert und weiter empfehlt.

Das macht mich unglaublich glücklich und Stolz!

Nochmals, Gang ganz gaaaaaanz vielen lieben Dank dafür. Ihr seid so super *mal einfach alle knuddel*

Wie immer hoffe ich sehr, dass euch mein Kapitel gefallen hat und dass ihr auch weiterhin am "Ball" bleibt. XD

Liebe Grüße Eure Virdra-sama Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2016-08-03T18:49:11+00:00 03.08.2016 20:49
Hi,
ach mensch Cuna, erst denken dann sprechen, mensch das sind Zwerge und die sind nicht gerade lasch. Ich kann Thorin gut verstehen, er hat höllische Angst um seine Cuna. Dazu kommt noch dass Gloin sowieso schon nicht gut auf Cuna zu sprechen ist.
Aber sie hat den letzten Ball ja Gott sei dank gehalten. Na nun darf sie sich was von Thorin anhören, ich möchte jetzt nicht an ihrer stelle sein.

LG Pellenor
Antwort von:  Virdra-sama
03.08.2016 20:55
Hallöchen,

ja manchmal ist sie mit dem Mundwerk schneller als mit dem Kopf. Obwohl sie sehr viel Nachdenkt. Meistens aber nicht über die wichtigen Dinge. Man fordert auch nicht einfach einen zuwerg zum Elf Meter schießen heraus, der einen ohnehin nicht leiden kann.
Und Thorin musste zu seinem Wort stehen. Er durfte nicht Eingreifen. Sein Stolz und sehr Ehre verbieten es dem guten Mann da. Auch wenn er sich noch so viele Sorgen um sie gemacht hat. Klar bekommt sie nen ordentlichen anschiss von Thorin. Nur würd es im nächsten Kapitel nicht darum gehen, dass er sie wieder zusammen faltet. Nein, es gibt wichtigeres zu klären.
Was es sein wird, wirst du dann schon erfahren.^^

LG Virdra-sama
Von: abgemeldet
2016-04-15T14:40:06+00:00 15.04.2016 16:40
Huhu,
was ist ihr da schon wieder eingefallen? Wenn das so weiter geht bekommt Thorin noch einen Herzanfall. Ich kann sie ja verstehen, Gloin ist aber auch ein großer Stinkstiefel. Man kann der sich denn nicht wie die anderen Zwerge auch über das glück seines Königs freuen? Aber nein der doch nicht. Man was hat der für Probleme?
Aber ich denke das Thorin jetzt etwas besser auf Cuna aufpassen wird, obwohl es sind ja nur noch wenige stunden bis er sie für kurze zeit allein lässt. Es ist doch nur für kurze Zeit?

War wieder ein prima Kapitel.

LG Anduril
Antwort von:  Virdra-sama
15.04.2016 16:57
Hallöchen,

naja sie ist eben typisch Menschlich und unterschätz dabei ein bisschen die Kraft eines Zwergs. Und Gloin hält natürlich voll drauf. Aber sie hat es ja geschaftt. Auch Ohne Thorin. Obwohl der jetzt erstmal ein Beruhigungsmittel bräuchte. Das wird er aber so schnell nicht bekommen. Denn nun geht es nochmal ans Eingemachte. Etwas anderes aber genausowichtiges steht an.
Und mach dir deiner Sorgen, so lange ist er gar nicht weg nah der Zeltstadt. Seine Rückkehr wird allerdings verfolgt von neuem Chaos und auch einigen Konfikten. Das wird eine Prüfung für beide. Bis dahin dauert es aber noch.

LG Virdra-sama

P.S.: Sollten hier und da mal bei wörtern die C's fehlen, tut es mir leid. Aber mein PC ist in die Binsen gegangen und muss deshalb an einem Laptop sitzen, dessen Tastatur ein wenig klemmt.
Von:  ai-lila
2016-03-06T06:53:42+00:00 06.03.2016 07:53
Hi~~

Man kann diesen "Verein" wohl einen Fußballzwerg nennen. Wo hingegen man doch sonst immer
von Fußballriesen spricht. ^^°
Jaaa ich gestehe... ich finde es soo süß, wenn sich der Herr Eichenschild um seine Cuna sorgt.
Ach ja~.

Und nun kommen wir zu fiesen kleinen Dingen.
Niemand verlangt von Gloin, das Cuna seine beste Freundin werden soll. Aber seine Attacken gehen weit
unter die Gürtellinie. Der olle Stoffel.

Dat war wieder ein klasse Kapi. ^^
LG Ai
Antwort von:  Virdra-sama
06.03.2016 10:18
Hallöchen,

tja der "Verein" ist was ganz besonderes. Wo sonst in der Liga bekäme man so viele Bärte auf einem Haufen zu sehen. Er ist zwar recht klein, aber dafür sind die Männer alle durch die Bankweg gut Trainiert.
Nun ja, Thorin und seine weiche seite müssen sich vielleicht erst noch annähern. Aber durch solche Situationen ist er auf einem guten Weg.

Bei den fiesen, kleinen Dingen (Gloin) muss man schon sageb, dass du recht hast. Niemand verlangt von ihm, dass sie gute Freunde werden müssen. Was ihm nur auf den Geist geht, ist wohl oder übel, dass er eine Menschenfrau in die Verwandschaft bekommt. Schließlich ist Thorin auch Gloins Vetter. Und in der Zwergenfamilie will man normalerweise verhindern, dass es zu schlechten Einflüssen von außen kommt.

In dem Fall ja leider zuspät. Doch mit Cunas Aktion wird er sie von diesem Zeitpunkt an zumindest akzeptieren. Tollerieren aber bestimmt nicht. Das wirst du aber später noch sehen. ^^

LG Virdra-sama


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