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Schwingen der Vergangenheit

Wenn sich das Schicksal wiederholt
von

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Spiegel - Levi

Dieses verdammte Telefon.
 

Das einzige Relikt meiner nicht ganz legalen Vergangenheit – ein heutzutage etwas altmodisches Handy – sorgte nun tagtäglich für Terror. Und das bereits morgens um 6:00 Uhr.
 

Genervt drehte ich mich auf die Seite um so mit meiner rechten Hand knapp den kleinen Nachttisch zu erreichen, auf dem mein Handy unkontrolliert klingelte und vibrierte. Erwin verstand es tatsächlich mir bereits vor dem Frühstück auf den Zeiger zu gehen.
 

„Was willst du?“
 

Sicher hatte Erwin eine andere Eröffnung des Gespräches erwartet, denn er brauchte eine Weile, um mir zu antworten.
 

„Levi?“ – wer denn sonst?! Ruft er mich an um zu prüfen, ob ich immer noch der aktuelle Besitzer meines Handys bin oder was? Ich versuchte mir jede ironische Bemerkung zu verkneifen, da ich nicht für eine Diskussion gestimmt war.
 

„Jaaaa?“
 

Leider konnte mich mir den ironischen Ton nicht verkneifen.
 

„Wir treffen uns um 7:00 bei vor meiner Kanzlei. Hab eine Idee für dich um dein Problem zu lösen.“
 

Ich hasste es. Es war ja wirklich nett von ihm, dass er mir helfen wollte, aber diese permanente Fürsorge war mir doch etwas zuwider. Aber das hatte ich mir wohl selbst zuzuschreiben. Ich war 34, ein Architekt mit mäßigem Erfolg und hatte weder Familie noch besonders viele Freunde. Momentan lief es wirklich nicht gut mit den Aufträgen und unser Architekturbüro stand kurz vor der Insolvenz. Erwin war einer meiner wenigen Freunde – uns verbanden die Studentenzeit und noch so viel mehr.
 

Als ich ihn vor sieben Jahren kennenlernte befand ich mich nicht gerade in der besten Phase meines Lebens. Mein Studium konnte ich nur durch ein Stipendium finanzieren, meine Mutter verstarb bei meiner Geburt und mein Vater war Alkoholiker, so wuchs ich seit meinem sechsten Lebensjahr im Heim auf. Bis zur Studienzeit war ich immer ein guter Schüler – die Anerkennung meiner Leistung war das einzige was mich antrieb weiter zu machen und es war das einzige was meinem Leben Sinn gab.
 

Doch als ich dann tatsächlich die Möglichkeit bekam Architektur zu studieren, verlor ich ein wenig die Kontrolle über mein Leben. Hochmut kommt vor dem Fall sagt man doch so schön. Und so geschah es, dass ich vom rechten Weg abglitt, mich mit falschen Leuten umgab und in einer Drogenfalle endete, welche mir beinahe mein hart erarbeitetes Studium kostete.
 

Dann traf ich auf Erwin. Er war acht Jahre älter ich und fing mit dem Studium an, um seine berufliche Karriere umzupolen – zuvor hatte er eine Ausbildung zum Sozialassistenten gemacht und nun studierte er Jura. Durch ihn überwand ich diese Phase und fand zurück ins Leben. Auch wenn wir uns anfangs nicht verstanden, hat er mich dennoch gerettet und er weiß wie dankbar ich dafür bin. Allerdings hat er nie Dankbarkeit erwartet.
 

Jedoch braucht auch diese Dankbarkeit Grenzen. Und vor allen Dingen braucht seine Fürsorge Grenzen. Dazu gehört zum Beispiel, dass man mich nicht morgens um sechs anruft, um mir irgendeinen Job zu vermitteln. Oder mich für eine Stunde irgendwo hinbestellt.
 

„Erwin, ich finde das ja echt ganz lieb, aber i-“
 

„Bis gleich!“ – aufgelegt.
 

Seine Angewohnheit mich zu unterbrechen, sobald ihm meine Antwort nicht gefiel, war mir ebenfalls zuwider.
 

Den Kopf schüttelnd taumelte ich aus dem Bett ins Bad. Ich brauchte unbedingt eine kalte Dusche. Als ich mich im Bad so im Spiegel betrachtete konnte einem echt schlecht werden. Was für erbärmlicher kleiner Kerl da doch stand. Ich wusste selbst nicht wirklich was mich eigentlich störte.
 

Das einzige was mir gefiel war der Flügelpiercing im linken Ohr. Erwin schenkte ihn mir vor vier Jahren zum Geburtstag. Er stammte also aus einer noch etwas wilderen Zeit und immer wenn ich ihn ansah, erinnerte er mich an die Freiheit von damals.
 

Einige Sekunden starrte ich meinen Körper an, bevor ich unter die Dusche ging. Allerdings ging nur ich unter die Dusche und mein Spiegelbild nicht. Es bewegte sich nicht weg, blieb wir erstarrt. Verwundert ging ich einige Schritte zurück und machte einige Handbewegungen, die mein Ebenbild ausnahmslos nachahmte. Wieder entfernte ich mich vom Spiegel – und mein Abbild tat dasselbe. Seltsam - ich brauchte wirklich eine Dusche.
 

In frischer Kleidung stand ich in der Küche und kochte mir einen Kaffee. Nach der hirnlosen Einbildung im Bad musste ich unbedingt wach werden. Ich hatte das Radio eingeschaltet. Wie üblich entsprach das Programm nicht meinem Musikgeschmack, aber Sean Pauls „She makes me go“ genügte um mich wach zu machen und mich von dem Schock aus dem Bad zu erholen. Der Kaffee war mir auch nicht gelungen. Viel zu wässrig. Aufs weitere Frühstück verzichtete ich besser.
 

6:45 Uhr. Ich sollte mich langsam auf dem Weg machen. Erwin hasste Unpünktlichkeit.
 

Die Staatsanwaltschaft in der Erwin arbeitete war nicht besonders weit entfernt, so schaffte ich es drei Minuten vor verabredeter Zeit dort zu sein. Auch mein Freund stand schon dort, war aber gerade im Gespräch mit einem sehr großen, blonden Mann.
 

Als ich mich den beiden näherte, erkannte ich, dass es Mike war, der dort mit meinem Freund sprach. Mike war drei Jahre älter als Erwin und hatte mit ihm zusammen angefangen zu studieren, somit kannte ich ihn auch aus der Studienzeit. Allerdings hatte ich wenig mit ihm zu tun und als er später im Gegensatz zu Erwin anfing als Rechtsanwalt zu arbeiten, verlief sich der Kontakt im Sand.
 

Ich hatte ihn lange nicht gesehen, aber viel gealtert scheint er nicht zu sein. Er trug jetzt einen leichten Bart – außerdem waren seine Krawatte etwas schief und seine Schuhe schmutzig.
 

Ihn störte das anscheinend nicht.
 

Mich schon.
 

Mich hat so etwas schon immer gestört. Nur weil man aus Dreck geformt wurde, muss man nicht im Dreck leben. Vielleicht war dies ein verzweifelter Versuch etwas zu sein, was ich niemals war. Wie auch immer. Ich hielt mich zurück und wartete kurz, sodass ich einen Teil des Gesprächs mithören konnte.
 

„Dass du an deinem freien Tag mich besuchen kommst ist ja eine Ehre“ – Erwins sarkastischer Unterton zierte mein Gesicht mit einem leichten Grinsen.
 

„Sehr witzig Erwin – ich hab heute doch nicht frei, einer meiner Mandanten hat den Termin von gestern auf heute verschoben und da mein Büro auf dem Weg liegt dachte ich, ich schau mal vorbei. Haben uns ja lange nicht gesehen.“
 

Die blonden Haare meines Freundes glänzten in der Morgensonne und unterstrichen so sein schelmisches Grinsen, welches er Mike entgegenbrachte. Er sah wirklich gut aus für sein Alter. Nur zu gern beobachtete ich die wenigen Regungen in seinem Gesicht.
 

„Das schadet dir gar nichts Mike – freitags frei haben ist für manche Menschen Luxus.“ Nun veränderte sich sein schadenfrohes Grinsen in ein sanftes, freundliches Lächeln.
 

„Freut mich dich mal wieder gesehen zu haben. Vielleicht sehen wir uns mal ein Wochenende wieder. Werde dich demnächst mal anrufen – ich muss jetzt kurz was mit Levi besprechen.“
 

Mike sah mich an, als ob er mich jetzt erst bemerkt hatte, obwohl ich mich nicht sonderlich versteckt hatte.
 

„Oh hi Levi, klar ich stör‘ euch nicht. Bis dann Erwin.“ - in einem bequem langsamen Gang machte sich Mike auf den Weg und Erwin widmete sich mir.
 

„Erstmal guten Morgen, tut mir Leid, dass ich dich so früh aus dem Bett geholt habe, ich wollte dich nur unbedingt vor der Arbeit sehen.“
 

„Schon gut. Ist ja nicht so, als ob ich es nicht gewohnt wäre. Also was gibt’s so Dringendes?“ Mir war einfach nicht nach einer Diskussion – außerdem hatte er sich wenigstens entschuldigt.
 

„Ich hab ein Jobangebot für dich gefunden. Der neue Zirkus in unserer Stadt sucht jemanden für eine paar Shows am Abend. Die Leute dort arbeiten wohl sonst auf Rummelplätzen und brauchen für einige ihrer Shows eine Aushilfe. Und da ich weiß, dass du auf Adrenalin stehst, hab ich gedacht, das wäre übergangsweise was für dich.“
 

„Ernsthaft? Ein Zirkus? Ich steh zwar auf Adrenalin, aber diese Menschenmassen gefallen mir gar nicht. Außerdem bin ich kein Clown oder so – was sollte ich da schon tun?“ Erwin meinte das wirklich ernst.
 

„Du bist jung, gelenkig, du schaffst das schon! Lass dir wenigstens einmal von mir helfen. Die sind bis 18:00 Uhr heute am Proben – schau doch nachher mal da vorbei.“ – kaum hatte er seinen Satz zu Ende gesprochen, drückte er mir eine Karte mit einer Adresse in die Hand. So tief war ich also schon gesunken? Ein gelernter Architekt, der abends den Clown spielt? Oh man…
 

„Ich muss dann rein – schreib mir nachher wie es war.“ Mit diesen Worten verschwand Erwin im großen Gebäude vor mir.
 

Was genau ich davon halten sollte, war mir noch nicht klar. Sicher, es war nett von ihm mit aus meiner miesen Lage helfen zu wollen, aber so? Ein klein bisschen Stolz war auch mir geblieben.
 

Ich schlenderte zur Arbeit und versuchte den Gedanken an diesen Zirkus erst einmal zu verdrängen. Ein Kaffee aus der Kantine und mit dem Fahrstuhl in den 5. Stock. Mein Büro befand sich in einer Art Sammelgebäude für mehrere Behörden. Also nichts weiter als ein Platzhalter. Ich arbeitete mit drei weiteren Architekten zusammen, die ungefähr genauso erfolgreich waren wie ich. Das steigerte die Produktivität ungemein.
 

Bis zur Mittagspause hatten wir nicht wirklich irgendwas zu tun – manchmal rief ein Kunde an, sprang dann aber doch wieder ab oder „wollte sich melden“. Wie ich dieses Satz hasste. „Ich melde mich“ – sag doch gleich, ich hab kein Bock darauf. Da mein Magen knurrte beschloss ich heute schon um 11:30 Uhr zu Tisch zu gehen. Hannes, einer meiner Kollegen, begleitete mich wie üblich.
 

„Alles okay mit dir – du siehst nicht so gut aus, Levi.“ Für solchen Smalltalk beim Warten auf den Fahrstuhl war ich ja überhaupt nicht geschaffen. Aber Hannes war für solch ein Geplapper bekannt. Manchmal waren seine Äußerungen sogar witzig. Meistens kam da aber nur Scheiße raus. Der Höflichkeit wegen antwortete ich dennoch.
 

„Mir geht es gut. Bin nur etwas müde.“ Ich hoffte, das reicht um das Gespräch abzuwürgen.
 

„Das kann ich gut verstehen. Mir geht’s nicht anders, Kleiner.“
 

Als endlich das Signal des Fahrstuhls ertönte, verzichtete ich sogar darauf die Anspielung auf meine Körpergröße zu kommentieren. Die Türen öffneten sich und zwei Menschen lächelten uns aus einer großen Fahrstuhlkabine freundlich an. Hannes ging zuerst hinein. Ich wollte ihm folgen, allerdings bemerkte ich etwas in der gegenüberliegenden Spiegelwand im Fahrstuhl.
 

Mein Abbild schüttelte den Kopf und starrte mich mit eiskalten Augen an. So kalt, dass ich Gänsehaut bekam. Als hätte man jede Grausamkeit der Welt in diesen Augen gesammelt. Als würde eine gequälte Seele versuchen ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen. Mein Herz begann zu rasen.
 

„Komm‘ endlich Levi!“, sprach Hannes laut, während er seinen Fuß zwischen den Türen hielt, damit der Fahrstuhl sich nicht von allein schließen würde. Sollte ich Hannes sagen, was ich dort sah? Er würde mich doch sicherlich für verrückt halten – möglicherweise war ich das ja auch. Aber ich war mir sicher, nicht so ins Glas zu schauen wie es mich reflektierte. Hätte ich es einfach ignorieren sollen? Nein. Ich konnte dort nicht rein gehen.
 

„I-Ich hab‘ noch was vergessen, ich komme gleich nach.“
 

„Oh man du bist manchmal aber auch ein Dussel. Bis gleich.“
 

Hannes nahm seinen Fuß zurück und die Fahrstuhl Türen schlossen sich. Beim Schließen der Türen konnte man die beiden Frauen, die sich außer Hannes noch im Fahrstuhl befanden kichern hören. Oh man – lächerlich wie ein Clown war ich anscheinend schon. Doch was war das gerade? Ich hatte doch sonst nie Problem mit Fahrstühlen – oder Spiegeln. Ich betrachtete mich eigentlich sogar ziemlich oft im Spiegel, auch wenn mir nicht gefiel, was ich dort sah.
 

Kurz aufatmend drückte ich erneut den Knopf, um den Fahrstuhl zu rufen – doch plötzlich – ein Knacken und Geräusch, als würde Metall aufeinander schrammen.
 

Schreie - ein lautes Quietschen.
 

Es hörte sich an, als würde der Fahrstuhl nach oben rasen. Zitternd stand ich vor der Fahrstuhltür und wusste nicht was ich tun soll. Ich hörte Kreischen – dann einen sehr lauten Knall. Die Stimmen waren erloschen.
 

Wieder ein Knacken, etwas ist gerissen.
 

Jetzt raste er nach unten – mein Herz pochte schmerzend in meiner Brust.
 

Die Nothalterung griff. Etwas wurde abgefedert.
 

Ohne nachzudenken lief ich zum Notausgang, rannte wie ein Irrer die Treppen runter. Ich stolperte beinahe, fing aber mein Gleichgewicht wieder und rannte einfach weiter. Andere hatten den Krach anscheinend auch gehört, schon bald vernahm ich den Klang von Sirenen.
 

Polizei. Notarzt.
 

Unten angekommen sah ich die wie die Ärzte die Körper aus der Kabine des Aufzuges holten. Meine Augen fixierten den Körper von Hannes. Weit aufgerissene Augen, blasser Körper. Tot. Genickbruch.
 

Mit panischen Augen sah ich den Arzt an, bis mich plötzlich ein Polizist an der Schulter packte. Ich drehte mich um und sah ihm in die Augen.
 

„Alles in Ordnung mit Ihnen? Er war ihr Kollege, richtig?“ Er machte eine kurze Pause, die ich nutzte um kurz zu nicken. Der Kloß in meinem Hals verhinderte, dass ich etwas sagen konnte.
 

„Anscheinend war die Bremsen des Fahrstuhls defekt, sodass das Gegengewicht die Kabine mit rasanter Geschwindigkeit nach oben zog. Der Aufprall dort hat ihren Kollegen und die Damen wahrscheinlich schon getötet. Außerdem müssen die Seile dort beschädigt wurden sein, denn danach ist die Kabine abgestürzt. Allerdings wurde das Seil der Nothalterung nicht beschädigt, weshalb die Kabine im Erdgeschoss zum Stillstand kam. Leider konnten wir nichts mehr für die Passagiere tun. Es tut uns Leid.“
 

Mein Blick schweifte nachdenklich zur Seite. Ich konnte keine Worte finden, um meine aktuelle Gefühlslage zu beschreiben. Als Architekt konnte ich diese Erklärung durchaus nachvollziehen, auch wenn es schon ein ziemlich irrsinniges Ereignis war. Aber warum gerade jetzt? Ich war doch mit dem Fahrstuhl vorhin noch hochgefahren. Und dann noch dieser Typ im Spiegel…
 

„Warum haben Sie ihren Kollegen nicht begleitet?“, fragte mich der Polizist augenblicklich nachdem ich ihn wieder ansah. War das sein Ernst? Dachte er, ich hatte die Bremse zerstört? Ich konnte ihm ja wohl kaum sagen, dass mein Abbild im Spiegel mich gewarnt hatte.
 

„Ich…hatte was im Büro vergessen.“ Meine Antwort schien glaubwürdig genug. Der Polizist nickte.
 

„Okay, dann notiere ich mir ihre Personalien und wir werden uns nochmal bei ihnen melden.“
 

Meine Personalien? Der tut gerade so, als wäre hier ein Überfall passiert. Widerwillig füllte ich sein Scheiß-Formular aus und nahm seine Karte mit der Telefonnummer entgegen. Ein letztes Mal blickte ich noch einmal zu Hannes rüber. Dann deckten sie sein Leichnam zu.
 

Mein Chef sagte, ich sollte für heute nach Hause gehen. War vielleicht auch besser. Konzentrieren hätte ich mich sowieso nicht können.
 

Draußen angekommen schien mir die Sonne ins Gesicht. Vögel zwitscherten, kaum ein Wölkchen am Himmel. Zum Glück befand sich auf der Straßenseite, die ich entlang schritt fast nur Schatten.
 

Man sah diesem Tag nicht an, wie schrecklich er war. Die Straßen waren gut besucht, viele Autos, man hörte die Geräte der Bauarbeiter an der alten Stadtmauer. Ich ging an dem Gebäude vorbei, in dem Erwin jetzt saß und überlegte kurz, zu ihm zugehen. Ich wollte ihn jedoch nicht beunruhigen und verzichtete deshalb darauf. Viel lieber wollte ich mich irgendwo zu Hause verkriechen.
 

Mit gesenktem Kopf folgte ich meinem Weg, bereute dies jedoch nur wenige Schritte später, da ich mit jemanden zusammengestoßen war. Ich konnte mich gerade noch halten, er hingegen schien in Eile und verlor somit das Gleichgewicht, was dafür sorgte, dass er auf dem Allerwertesten landete.
 

Ein junger Mann mit kurzen braunen Haaren saß vor mir. Sich den Kopf reibend schaute er mich mit wütenden grünen Augen an.
 

„Hey, sag mal kannst du nicht aufpa-?“ – Augenblicklich beendete er seinen Satz und starrte mich erschrocken an.
 

„Ist alles okay bei dir?“ Seine Stimme brachte seine Sorge zum Ausdruck.
 

„Das sollte ich dich fragen oder?“ Ich untermauerte meine Antwort mit einer ausgestreckten Hand, die er ergriff um wieder aufzustehen.
 

„Mir ist nichts passiert. Du siehst nicht so gut aus.“ – diese Worte, die ich eben noch aus dem Mund meines Kollegen vernommen hatte, drangen nun aus diesem Jungen und erinnerten mich daran, was gerade passiert war. Aber ich durfte mir nichts anmerken lassen – er hatte damit nichts zu tun.
 

„Alles okay. Keine Sorge.“, gab ich zurück. Er schien nicht überzeugt.
 

„Na gut. Nächstes Mal nach oben gucken, Kleiner. Ich hab einen Termin und muss weiter – also mach’s gut!“ Kaum ausgesprochen lief der junge Mann auch schon weiter.
 

Bevor ich weiterging drehte ich mich nochmal um und schaute ihm nach. Er rannte so schnell, als würde ihn etwas jagen.
 

Als ich mich wieder umdrehte, traf sich mein Blick mit meinem Abbild in der Scheibe eines parkenden Autos. Ich starrte auf die Scheibe, dieser Mann dort schaute aber weiter dem jungen Mann hinterher. Auf solch einen kranken Scheiß hatte ich keine Lust. Jegliche Spiegelung vermeidend, rannte ich nach Hause – dort würde ich meinem Abbild spätestens wieder begegnen…



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