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Schizophrenia

von

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Empire

Heute Nacht hatte es in seinem Kopf 'Klick' gemacht.
 

Nachdem er für ein paar Stunden an einem neuen Song gearbeitet hat, hatte er sich ein Glas Wein eingeschenkt, hatte sich seinen Lieblingssessel und einen kleinen Beistelltisch an das Fenster zur Terrasse geschoben und den Sturm über Tokyo beobachtet.
 

Das waren wahrscheinlich die einzigen Momente, in denen Uruhas geheime Schadenfreude zu Vorschein kam. Wenn es draußen regnete – und er saß im Warmen und hatte keine Gründe, das Haus zu verlassen.
 

Da unten liefen sie, seine durchnässten Mitbürger. Noch am Vormittag war es wolkenlos gewesen und man hatte merken können, dass der Winter endlich vorbei war und der Frühling vor der Tür stand. Erst am späten Nachmittag, als der junge Mann auf der Suche nach Inspiration und vor allem Motivation immer wieder aus dem Fenster lugte, hat sich der Himmel zunehmend verdunkelt. Hätte er nicht zuhause gearbeitet und nicht die Möglichkeit gehabt, seinen Blick frei wandern zu lassen, wäre es ihm wahrscheinlich auch nicht aufgefallen. Es war grade mal März und zu dieser Jahreszeit wird es noch verhältnismäßig früh dunkel.

Als der braunhaarige die Arbeit gegen 20 Uhr Arbeit sein ließ, nieselte es nur. Aber nachdem er duschen gewesen war und auf dem Weg vom Bad nach oben in sein Schlafzimmer einen Blick nach draußen erhaschen konnte, war schon landunter.

Also zog er sich schnell eine lockere Jogginghose an und schlüpfte in ein T-Shirt, um im Wohnzimmer dem bestmöglichem Schauspiel zu folgen – der Natur und dem erbärmlichen Versuch der Menschheit, sich dagegen zu schützen.
 

Uruha nippte an seinem Glas, verfolgte mit seinem Blick die Leute, die zur nächsten Möglichkeit sich unterzustellen eilten, und konnte sich ein überhebliches Grinsen nicht verkneifen.

Schadenfreude war eine der Eigenschaften, die er am wenigsten an sich leiden konnte. Aber wenn man für eine zu lange Zeit zu sehr gute Miene zu bösen Spiel macht, kann man seine Dämonen nicht immer kontrollieren. Und Uruha war ein Meister der Kontrolle. Seine tiefsten Geheimnisse kannte niemand und er ließ ihnen nur freien Lauf, wenn er alleine und ungestört war.

Heute war so ein Tag. Heute konnte er seinen inneren Teufeln ein wenig Freigang erlauben, wenn er sie sonst schon immer wegsperrte.
 

In jeder Minute, in der er sich heute nicht auf die Arbeit konzentriert hatte, war er durch alte Bilder und Interviews gegangen und hatte seine Ausstrahlung unter die Lupe genommen. Er hatte versucht, sich an seine Emotionen der jeweiligen Zeiträume zu erinnern und sich so gut wie möglich zu reflektieren.
 

Aber jetzt, wo ihn kein Job mehr aufhalten konnte, flossen seine Gedanken ohne Hindernisse und die Wahrheit sickerte mit jedem Schluck Rotwein weiter an die Oberfläche.

Uruha war nicht nur Musiker. Er war über die Jahre zum Schauspieler geworden, der sein Handwerk verstand. Das Vorgehen in seinem Inneren war unentdeckt geblieben.

Und jetzt, wo die dunklen Erinnerungen zugelassen wurden, kam auch der Schmerz ans Tageslicht.

Das gestörte Verhältnis zu seiner Familie. Der verwzeifelte Versuch seiner Schwester, die aus Sorge nur noch Briefe an ihn schrieb, weil er alle anderen Versuche der Kontaktaufnahme abblockte. Der Fakt, dass er seit Jahren unglücklich verliebt war. Und damit kam das dunkelste seiner Geheimnisse hoch: seine Sexualität.
 

Uruha war schwul. Nicht, dass das für ihn persönlich ein Problem dargestellt hätte. Er fühlte sich wohl in seinem Körper und hatte es niemals in Angriff genommen, sich dagegen zu wehren. Aber die Gesellschaft, in der er lebte, kannte auf Homosexualität nur eine Antwort: Ignoranz.

Er hatte im Internet von Schwulen und Lesben gelesen, die Scheinbeziehungen und sogar Ehen eingingen, weil sie keinen anderen Weg sahen, gesellschaftlich akzeptiert zu werden. In Japan gab es eine gewisse Toleranz den Homosexuellen gegenüber, die sich 'tuntig' oder im Fall von Frauen burschikos verhielten. Aber jeder Versuch von vermeintlich 'normalen' Leuten, sich zu outen, wurde nicht ernstgenommen und lediglich für eine Phase gehalten. Und da Charakterzüge wie aufgesetzt, überzogen und versucht 'kawaii' sein nicht seinem Wesen entsprachen, wurde Uruha zu einem Gefangenen seiner Sexualität.
 

Ein dunkles Lachen erfüllte die ansonsten totenstillen Wohnung.

Als er noch ein kleiner Junge war, hatte man ihn nie dazu bringen können, sich anzupassen. Er hatte immer seinen eigenen Kopf gehabt. Er hatte auch einen anderen Namen. Kouyou.

Diesen Namen trug er so lange, bis er mit Reita, seinem längsten Freund die Welt des Rock 'n' Roll entdeckte.

Reita brachte ihm auch bei, dass es manchmal weiser ist, seine eigenen Bedürfnisse hinter die anderer zu stellen. Kouyou war dazu nicht in der Lage, aber Uruha war sein Alter Ego, dass er dabei war aufzubauen. Uruha sollte also das komplette Gegenteil von Kouyou werden: altruistisch, bescheiden und omnipräsent.
 

Uruha betrachtete das leere Weinglas in seiner Hand. Er könnte es so handhaben, wie er es sonst immer tat. Er könnte sich nachschenken, wieder und wieder. Der Alkohol würde ihm zu Kopf steigen, er würde die Wut in sich kurz aufbrodeln lassen und danach schlafen gehen.
 

Ein Blitz erhellte das Apartment, kurz darauf ein bedrohendes Grollen.
 

Nein.

Es war Zeit, dem Dämon seiner Seele einen Namen zu geben.

Den Rest des Abends würde er nicht mehr Uruha sein.
 

Kouyou wollte raus..



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2014-04-09T14:33:31+00:00 09.04.2014 16:33
Sehr interessant ich freue mich darauf wenn es weiter geht
Von:  MelliMauus
2014-04-09T11:26:39+00:00 09.04.2014 13:26
Klingt spannend! Ich freu mich schon aufs nächste kapitel ! :)
Von:  NatsUruha
2014-04-09T10:28:24+00:00 09.04.2014 12:28
Uii da bin ich ja mal gespannr :3

klingt intressamt :3


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