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Der Sanftmütigen Erbe

von

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„Da war eine gaaanz große, goldene Katze in meinem Zimmer“

„Wir sollten über die Weihnachtstage zu ihm fahren. Er kann unsere Hilfe sicherlich gebrauchen, jetzt wo Mrs. Mcready nicht mehr lebt. Der Professor wird auch nicht jünger“

Lucys Vorschlag traf bei ihren Brüdern nicht gerade auf Ablehnung. Das Landhaus des Professors war für sie alle drei Teil einer Erinnerung, die sie nie aufgegeben hatten und auch wenn sie dort wegen Nathan und Emily noch vorsichtiger sein mussten, gerade was die Dachkammern betraf, so genossen sie jeden Aufenthalt dort. Und der Professor wiederrum freute sich über jeden Besuch. Damit war es beschlossene Sache.
 

Anstatt dass sie, wie letzten Jahr noch, von der stets gestreng tuenden, aber eigentlich nur dienstbeflissenen Mrs. Macready am Bahnhof eingesammelt wurden, mussten die drei Geschwister mitsamt Nichte und Neffe diesmal jemanden aus dem Dorf bezahlen, der sie mit dem Pferdeschlitten hoch zum Landhaus des Professors brachte. Es schneite bereits seit Tagen ununterbrochen und dementsprechend unmöglich wäre die Wanderung mit den beiden Kindern gewesen.

Obwohl…, dachte Lucy bei sich, als sie sich daran erinnerte, dass sie mit acht durch einen Wald marschiert war, der seit hundert Jahren verschneit gewesen war.

Erst als Peter sie leicht in die Seite stieß, kam sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Emily hatte sie bereits aufmerksam gemustert. „Alles in Ordnung, Tante Lucy?“

Rasch nickte Lucy und wandte den Blick der verschneiten Landschaft zu. Sie zog ihren Mantel fester um sich und begann unwillkürlich vor sich hin zu summen.

Und wie immer, wenn Lucy Herrn Tumnus‘ Lied interpretierte, war Emily am Ende eingeschlafen.
 

„Willkommen, meine Lieben!“

Als die fünf den Korridor des Landhauses betraten, kam der Professor ihnen bereits entgegen. Er musste sich inzwischen auf einen Stock stützen, schien aber ansonsten kein bisschen von seinem Tatendrang verloren zu haben. Eine Tatsache, die Lucy und ihre Brüder mehr als erleichterte. Sie hatten den alten Mann nicht nur deswegen lieb gewonnen, weil sie ein Geheimnis mit ihm teilten.

„Wir freuen uns, dich so munter zu sehen“, sprach Peter schließlich für alle und erwiderte das Lächeln des Professors.

„Und ich erst, Kinder, und ich erst“, erwiderte der Alte, wobei alle wussten, dass mit der Ansprache ‚Kinder‘ nicht nur die Zwillinge gemeint waren. Gemeinsam machten sie es sich am Kamin gemütlich und gerade Lucy, Peter und Edmund freuten sich auf ein paar ruhige Tage.
 

Am Morgen des ersten Feiertages verspäteten sich Emily und Nathan zum Frühstück.

Lucy, die aus Erfahrung annahm, dass Emily mal wieder kränkelte, hob die Hand, um ihrer Nichte die Stirn zu fühlen, als diese endlich erschien, aber ihre Temperatur war vollkommen normal. Doch als Lucy die Hand sinken ließ, sah sie etwas viel bemerkenswerteres. Um Emilys Hals hing eine Kette, die das Mädchen sorgfältig unter ihre Kleidung gestopft hatte. Aber einige Kettenglieder schauten heraus.

„Was hast du denn da?“, wollte sie mehr neugierig wissen.

Emily schaute ihre Tante verständnislos an. „Was denn, Tante Lucy?“

„Die Kette, Emily. Zeig‘ sie mir doch mal“

Für einen Moment schien es, als wollte Emily sich weigern, aber dann zog sie die Kette aus ihrem Kragen. Das sicher früher einmal silberne Material wirkte angelaufen, die Kette musste schon alt sein. Wo sie die wohl gefunden hat…, überlegte Lucy, als ihr für einen Augenblick der Atem stockte.

Sie hatte den Anhänger gesehen. Ein Löwe, eindeutig.

Ein Blick zur Seite bestätigte Lucy darin, dass auch ihre Brüder es gesehen hatten, denn Edmund hatte im Kauen innegehalten und Peter wirkte nicht minder angespannt.

Er war es auch schließlich, der zuerst reagierte. „Wo hast du die her?“, wollte er ernst wissen.

Emily sah ihren Onkel verwundert an. „Aus meinem Traum!“, erwiderte sie dann im Brustton der Überzeugung, den nur ein Kind aufbringen konnte.

„Und wie war dein Traum?“, fragte Lucy rasch weiter, da sie merkte, dass Peter damit nicht zufrieden war. Und sie auch nicht. Etwas sagte ihr, dass diese Kette kein Zufallsfund war und auf ihre Intuition hatte sie schon immer hören können.
 

Emily schien die Anspannung der Geschwister nicht mitzubekommen. „Da war eine gaaaanz große, goldene Katze in meinem Zimmer. Und sie kam an mein Bett und ich durfte sie streicheln und dann hat sie plötzlich die Kette ganz vorsichtig auf meinen Nachttisch gelegt. Und heute Morgen, als ich wach geworden bin, war die Kette immer noch da!“

„Stimmt. Ich hab‘ das gleiche geträumt. Und meine Flöte war auch noch da!“, mischte sich Nathan ein und streckte etwas Kleines wie einen Pokal triumphierend in die Höhe.

Lucy kniff die Augen zusammen, als sie erkannte, was es war. Eine kleine Flöte, klar, aber die Form… Lucy hätte das Original nicht kennen müssen, um das Horn zu identifizieren, das einst Susan gehört hatte. Das Horn, das in der Lage gewesen war, sie vier, die ‚Könige und Königinnen der alten Zeit‘ zu rufen.

„Was hat das nur zu bedeuten…“, murmelte sie tonlos vor sich hin.
 

„Her damit!“, sagte auf einmal jemand streng. Peter.

Selbst Lucy zuckte unter dem barschen Tonfall ihres Bruders zusammen und Emily schloss die Finger fest um den Kettenanhänger, als könnte sie diesen damit beschützen.

„Gib’ es her, Emily! Und du auch, Nathan!“, wiederholte Peter erbarmungslos.

Emilys Schultern begannen verräterisch zu zucken.

„Niemals! Das ist meins!“, protestierte Nathan gleichzeitig und umklammerte seine kleine Flöte fester.

Peter sprang so ruckartig auf, dass sein Stuhl rückwärts umkippte und polternd auf die Dielen krachte. Alles zuckte zusammen – nur der Professor tat erfolgreich so, als sei nichts geschehen und kaute weiter auf seinem Brot herum.
 

Im nächsten Moment war Peter um den Tisch herumgelaufen und packte nach Nathans Hand. „Lass‘ los“, sagte er gefährlich ruhig.

Nathan, der nicht gewohnt war, so fest angefasst zu werden, sträubte sich und dachte nicht daran, loszulassen. „Nathan! Loslassen!“, wiederholte Peter gestreng und notgedrungen gab Nathan nach, auch wenn er seinen Onkel wütend anfunkelte. „Aber das ist meins!“, muckte er noch einmal auf, wohlwissen, dass das nichts nützen würde.

Peter wandte sich jetzt an seine Nichte. Seine Handgeste war eindeutig. Aber auch Emily war nicht bereit, ihr neues Kleinod so leicht rauszugeben. „Aber die goldene Katze!“, rief sie und fuchtelte mit den Armen, damit Peter ihr die Kette nicht abnehmen konnte.

„Emily Asla Pevensie!“, mahnte er unbeugsam.

Da ließ das Mädchen geschlagen die Arme sinken.

Mit einer knappen Bewegung löste Peter den Haken im Nacken seiner Nichte und nahm auch die Kette an sich. Dann verließ er wortlos den Raum.

Lucy sah ihm betroffen nach.

Alle waren still, das einzige, was zu hören war, war das lauter werdende Schluchzen Emilys.
 

~*~*~*~*~
 

Tja, weeeer kam die beiden da wohl in der Weihnachtsnacht besuchen?



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