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Crystal Riders

Reanimation
von

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Schüsse

Crystal – Schüsse
 

Valentin Boomes - -40 grad
 

„Bitte hör auf!“, schrie sie, doch hielt er ihr den Mund zu und nahm jede Regung ihres Gesichtes war. Sie hatte Angst und es gefiel ihm … es gefiel mir …

Ich presste meine Hände aufs Gesicht und drückte es in ein Kissen. Ich schrie hemmungslos hinein, denn ich wollte diese Erinnerungen loswerden, ich wollte dieses Gefühl von seiner Erregung nicht haben! Warum war es so eine Gabe? Warum?!

Ich atmete stockend ein und richtete mich langsam wieder auf. Weinen konnte ich nicht mehr, seit zwei Tagen war ich jetzt schon in diesem Zimmer und hatte geweint, doch letztendlich war scheinbar alles aufgebraucht. Immer wenn jemand hineinkam, meistens war es Moon, doch auch ab und zu Jade, schloss ich meine Augen. Sie brachten mir Essen, aber Appetit hatte ich so gut wie keinen. Ich blickte zum Fenster.

„Sieh mich an!“

Ich zuckte zusammen und schloss reflexartig meine Augen. Dieses Gefühl, zu wissen, dass er das gleiche mit mir vorgehabt hatte, war so abstoßend. Immer noch spürte ich seine Hand an meinem Hals, als er meinen Kopf zu sich gedreht und mir in die Augen gesehen hatte. Ich konnte seinen widerlichen Blick nicht aus meinem Gedächtnis verbannen. Sein krankes Grinsen, als er meine Angst sah und seine Berührungen, überall an meinem Körper … Ich begann zu zittern und spürte erst jetzt den Druck, den ich bei meiner kleinen Eule verursachte.

Mein Blick wanderte langsam zu der Holzfigur und mein Daumen strich über ihr Gesicht.

Es klingelte zum Unterricht und mein Blick glitt wieder zum Fenster. Nun würden die Gänge leer sein, ich konnte raus gehen ohne jemandem zu begegnen, ohne, dass ich mir ihren Spott anhören müsste. Es hatte sich schon herumgesprochen, da war ich mir sicher.

Ich stieg aus meinem Bett und stellte die Eule wieder auf den Nachttisch. Dann ging ich ins Badezimmer und wusch mich, kämmte meine Haare und zog mich um.

Ich wollte hinausgehen, doch als ich meine Hand an die Türklinke legte, stoppte ich in der Bewegung. Ich atmete tief ein und gab mir einen kleinen Ruck. Langsam öffnete ich die Tür und schaute durch den Spalt in den Flur. Niemand war zu sehen und es war ebenso still.

Ich ging hinaus und schloss die Tür hinter mir, dann ging ich den Flur entlang und senkte dabei meinen Blick.

Als ich aus dem Haupteingang trat, sah ich den Springbrunnen und setzte mich an seinen Rand. Ich hörte dem Plätschern des Wassers zu und atmete tief ein.
 

Valentin Boomes – Fuse
 

„Ich bin Onyx, wir sind zusammen im Philosophie-Kurs.“ Wieder zuckte ich zusammen und schloss meine Augen.

Ein Schluchzen kam aus meinem Mund und ich hatte nur einen Wunsch … Ich wollte zu Jet. Er fehlte mir so, seine Nähe, seine Wärme. Er hatte mich gerettet und ich wollte ihm danken. Aber … ich wollte ihn nicht verletzten, nicht so wie ich es bei Onyx auch getan hatte. Ich konnte ihm nicht mehr in die Augen schauen, das wollte ich nicht, ich wollte meine Gabe nicht noch einmal anwenden. Was war, wenn ich sie nicht unter Kontrolle hatte?

Aber ich wusste, dass es irgendwann von mir verlangt werden würde, dass ich in den Unterricht müsste und sie meine Gabe trainieren wollen würden. Ich wollte damit nichts zu tun haben!

Langsam ließ ich meine Hand auf der Oberfläche des Wassers gleiten und spürte, wie warm es schon war. Mein Kopf fuhr herum und ich erkannte an den Kirschbäumen bereits kleine Keime.

Ich hatte nicht vor meine Gabe noch einmal anzuwenden, ich wollte es nicht und … ich wünschte, es wäre bloß ein Traum gewesen. Ein Albtraum, dass Onyx mich angefallen hatte und dass ich in seinen Kopf hatte sehen können, dass ich all das gespürt hatte, was er je gespürt hatte. Das sollte nicht wahr sein, ich wollte das nicht wissen!

Ich wollte damit nichts mehr zu tun haben, ich hasste mich, ich hasste diesen Virus! Warum musste es mich treffen, von so vielen Menschen, warum ausgerechnet ich?!

Ich ballte meine Hand im Wasser zur Faust und dachte unwillkürlich an meinen Vater. Er war von einem Rider getötet worden … konnte meine Gabe auch töten? Hätte ich Onyx in dieser Nacht vielleicht töten können? Vielleicht hatte ich kurz davor gestanden, wäre Jet nicht dort gewesen. Meine Atmung wurde immer schneller und ich blickte auf meine Hände.

„Ich vermisse dich“, flüsterte ich und wünschte mir so sehr, dass ich meinen Vater nur noch einmal sehen könnte, ihn noch einmal in den Arm nehmen könnte. Ihm könnte ich alles erzählen, er würde mir zuhören und mir helfen. Ich wollte sein Lächeln sehen, seinen Geruch wahrnehmen, seine Stimme hören, doch konnte ich das nicht mehr … Genauso wenig konnte ich den Geruch meiner Mutter wahrnehmen, nie wieder ihre Stimme hören oder sie lächeln sehen.
 

Santiago Laserna & Chelo Navia - Never Let Me Go
 

Ich fasste einen Entschluss, der vielleicht nicht gerade schlau war, doch konnte ich nicht anders.

Ich ging vom Internatsgelände und währenddessen zog ich die kleine Schachtel aus meiner Hosentasche und setzte die Kontaktlinsen ein, die Jade mir gegeben hatte.

Ohne Umwege steuerte ich auf die U-Bahn zu, doch hielt ich die ganze Zeit meinem Blick gesenkt, denn ich wollte meine Gabe nicht an einen Menschen anwenden, ich hatte Angst es könnte mit nur einem Blick wieder passieren.

Ich hatte keine Fahrkarte, setzte ich mich aber einfach in die Bahn und fuhr bis zur Tilden Ave.

Meine Augen waren stets auf den Boden gerichtet.

Ich stieg aus und ging den üblichen Weg entlang zum Friedhof. Es dauerte nicht lange, bis ich am Grab meines Vaters ankam.

Ich versuchte ruhig zu atmen, doch als mein Blick auf den Grabstein fiel, spürte ich, dass mir die Luft weg blieb und ich begann zu husten.

Ich fiel auf die Knie und spürte die Tränen in meinen Augen, sie liefen an meinen Wangen entlang und nun konnte ich wieder Luft holen.

„Dad, i-ich bin ein Crystal Rider“, kam es stockend hervor und ich konnte nicht aufhören, zu weinen.

„Mom hat mich rausgeworfen und dann kam die Direktorin des Internats und hat mich mitnehmen müssen. Sie versuchten, herauszufinden, welche Gabe in mir schlummert, aber es war nichts zu finden. Ich habe dort Leute kennengelernt, sie sind sehr nett zu mir, doch wünsche ich mir die ganze Zeit, dass ich nie zu einem Rider geworden wäre. Man wollte mich unterrichten, hat damit versucht, meine Gabe hervorzulocken, aber es funktionierte nicht. Bis vor zwei Tagen …“, erzählte ich und konnte durch die Tränen nichts erkennen, aber ich wusste irgendwie, dass mein Vater hier war, dass er mir zuhörte.

„Mit meiner Gabe kann ich in die Seelen der Menschen blicken, ich sehe alles, was sie getan haben und ich spüre alles, was sie je spürten und … der erste, auf den ich meine Gabe angewendet habe, ohne dass ich es wollte, war ein Frauenvergewaltiger. Ich spüre immer noch seine kranke Lust, die er empfand, als er die Angst der Frauen sah, ich spüre die Freude, die es ihm bereitete, als er merkte, dass sie sich wehrten“, weinte ich und krallte in meine Haare, denn ich wollte diese Gefühle so schnell wie möglich loswerden!

„Ich kann niemanden mehr ansehen, ich will das nicht mehr, ich will diese Gabe nie wieder anwenden!“, schluchzte ich und hielt nun inne.

Es tat gut, das zu erzählen, auch wenn niemand da war, der es hören konnte. Ich atmete einmal tief durch und wischte meine Tränen weg. Ich hätte nicht einfach gehen sollen, es war keine gute Idee gewesen.

Moon, Amber und Jet … sie machten sich bestimmt Sorgen um mich.

Ich stand auf und wollte gerade gehen, doch fiel mir etwas auf. Meine Augen wanderten zu der Vase, in der ein vertrockneter Strauß lag. Weiße Rosen, blaue Lilien. Es war derselbe Strauß, den ich an meinem Geburtstag hier abgelegt hatte … Meine Mutter war nicht einmal hier gewesen und hatte sich um das Grab gekümmert…

Mit knirschenden Zähnen, nahm ich den Strauß und begab mich auf den Weg zu meinem alten Zuhause.
 

Epic Score – Time will remember us
 

Ich klopfte laut und schnell an die Tür und als meine Mutter diese öffnete, schreckt sie zurück. Ich schmiss ihr nur den toten Strauß vor die Füße.

„Du warst nicht einmal bei ihm?!“, schrie ich und blickte sie an, sah direkt in ihre Augen.

„Ich dachte, dir würde etwas an Dad liegen! Oder an mir! Du hast mich rausgeschmissen, obwohl ich immer noch deine Tochter bin! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie allein gelassen ich mich fühle! Ich habe alles verloren, was mir etwas bedeutet hat! Ich habe den Rest meiner Familie verloren!“

Ich stockte, als mir bewusst wird, dass ich genau in die Augen meiner Mutter schaute und bevor ich wegblicken konnte, sah ich schon die ersten Bilder.

Meine Mutter lag im Krankenhaus und sah zu meinem Vater auf, in ihrem Armen hielt sie ein Baby. Beide sahen so glücklich aus und sie nannten das Baby Crystal.

Dann änderte sich die Situation. Ich sah, wie meine Mutter von dem Sofa aus zusah, wie mein Vater mir mit vier Jahren den Walzerschritt beibringen wollte, doch das hatte ich gründlich vermasselt, ich wollte immer gegenführen.

Wieder war eine Änderung zu erkennen und nun erkannte ich mich mit neun Jahren, wie meine Mutter mir dabei zusah, wie ich versuchte, etwas zu schnitzen, dann rief sie meinen Vater und er zeigte mir, wie das funktionierte. Letztendlich wurde daraus die kleine Holzeule, die ich heute besaß. Jede Erinnerung rief wunderschöne Gefühle in meiner Mutter wach, die sich dann auf mich übertrugen.

Doch das nächste Bild rief eine so qualvolle Trauer in meiner Mutter hervor, dass es mich zum Zittern brachte. Es war eine Beerdigung und das Grab, vor dem meine Mutter stand, war das von meinem Vater.

Das letzte Bild zeigt mich, wie ich mit zahllosen Verbänden und Schläuchen in einem Krankenhausbett im Koma lag.

Ich blinzelte, spürte den Schmerz und taumelte einige Schritte zurück. Die schrecklichen Erinnerungen lösten sich auf und ich begann noch mehr zu zittern. Meine Mutter wurde für mich wieder sichtbar, sie lehnte weinend am Türrahmen und ihre Aufmerksamkeit galt nur mir.

„Es tut mir leid … es tut mir so leid, Crystal …!“, schluchzte sie und ich spürte etwas in mir reißen. Ich wollte meine Mutter nur noch in den Arm nehmen, ganz gleich was sie getan hatte, sie war meine Mutter und ich liebte sie so sehr.

Doch bevor ich nur einen Schritt auf sie zugehen konnte, unterbrach uns eine Stimme.

„Crystal Rider!“ Ich wirbelte herum und erkannte einen Polizisten, der auf mich zu marschiert kam, hinter ihm waren noch zwei weitere.

Sie nährten sich dennoch vorsichtig. Irritiert blickte ich zur Fensterscheibe und erkannte sofort meine glühenden Augen. Die Kontaktlinsen brachten so gut wie gar nichts, sie wirkten nicht!

Langsam drehte ich mich wieder zurück und wurde sogleich an den Armen gepackt.

Man brüllte auf mich ein, nicht nur die Polizisten, sondern auch die umstehenden Passanten. Sie riefen mir entgegen, ich sei ein Monster, dürfe nicht existieren und sei ein Mörder. Ein Polizist stand hinter mir, doch entfernte er sich und zielte plötzlich mit einer Waffe auf mich, genauso machten es die anderen ihm nach und ich kniff nur die Augen zu. Ich hätte mich mit meiner Gabe aus dieser Situation befreien können, doch wollte ich es nicht, nicht einmal zur Gegenwehr …

Ich fiel auf die Knie und wartete nur auf den ersten Schuss, doch dann hörte ich durch das Gebrüll schnelle Schritte.

„Stopp!“ Ich öffnete die Augen und erkannte Jet, wie er sich zwischen mich und die Waffen stellte.

Aber es war zu spät, denn die ersten Schüsse fielen.



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