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Sudden Confusion

von

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9. Kapitel

Jui

Nicht auf seinen trotzigen Ton achtend, begab ich mich in die Küche und richtete eine Mahlzeit her. Zuerst befüllte ich den Reiskocher.

So hatte ich 20 Minuten Zeit, sodass ich schnell die Schuhe im Flur wegräumte und das Bett im Schlafzimmer ordentlich herrichtete. Fast schon wie eine Hausfrau. Allerdings war Jun gerade krank, und ich wollte ihn schließlich umsorgen.

Wieder in der Küche briet ich etwas Tofu in Sojasoße, danach noch etwas Gemüse.

Als alles fertig war, richtete ich den Tisch an.

Dann erst traute ich mich ins Wohnzimmer.

"Jun? Das Essen ist fertig, kommst du?", fragte ich zaghaft und er folgte mir, noch immer wirkte er sauer, aber es hatte sich gelegt.

Als wir beide am Tisch saßen, entschied ich, dass der Zeitpunkt günstig war.

"Jun? Es tut mir leid, dass ich meine schlechte Laune an dir ausgelassen habe..."

Dass er nicht unschuldig an meiner Laune war, blendete ich vollkommen aus.
 

Jun

"Danke fürs Essen", murmelte ich, während ich die Mahlzeit überblickte. Jui hatte sich wieder einmal viel Mühe gegeben, das ließ sich kaum bestreiten. Und trotzdem, obwohl ich schon gar nicht mehr so sauer war, fiel es mir schwer, mich normal mit ihm zu unterhalten. Da war einfach etwas, das zwischen uns war, auch, wenn es nur um ein Foto ging.

Ich hatte mir Gedanken gemacht und die hatten für Zweifel gesorgt, die ich vor dem Fotoshooting nicht erwartet hatte.

Unsicher blickte ich zu ihm auf, konzentrierte mich dann aber wieder auf den Reis, den ich vorsichtig auf meinen Teller schaufelte.

"Hm, machst du das denn öfter? Also, deine Laune an mir auslassen?"

'Liebt der Jun, der dich besser kennt, dich deshalb nicht?' war die Frage, die sich hinter meinen Worten verbarg, aber so konnte ich es unmöglich ausdrücken.
 

Jui

Zwar war meine Entschuldigung jetzt ausgesprochen, doch besser wurde es nicht. Stumm nahm ich mir ein paar Reiskörner auf meine Stäbchen und aß sie.

"Naja, so schlechte Laune bekomme ich selten. Aber ich weiß dann auch nicht mehr, wohin damit und lasse sie überall raus. Du kennst das. Meistens sagst du mir dann, dass ich eine Pause machen soll, schickst mich in einen anderen Raum, wo ich alleine sein kann. Da komme ich dann runter und alles ist wieder gut...", erklärte ich ihm.

Er hörte mir zu, ohne etwas zu sagen, ohne zu essen, ja ohne sich zu bewegen.

"Es war einfach ein bisschen viel heute und ich war angespannt, weil ich nicht wollte, dass dein Gedächtnisverlust ans Licht kommt", erklärte ich mich weiter. Inzwischen sollte er verstanden haben, warum ich so reagierte.
 

Jun

Nachdem er geendet hatte, ließ ich mir seine Worte noch eine Weile durch den Kopf gehen, aber schließlich nickte ich.

"Ich verstehe!"

Wie um meine Aussage zu unterstreichen, nickte ich dazu überzeugt und griff dann nach dem Gemüse, um es mir ebenfalls auf den Teller zu füllen.

"Willst du nach dem Essen noch ein bisschen allein sein? Dann schau ich mir ein bisschen die Gegend an..."

Merkwürdig. Noch vor einigen Stunden hatte es mich endlos viel Überwindung gekostet, mich überhaupt aufzuraffen oder auch nur einen Moment ohne Jui zu sein. Jetzt hingegen empfand ich den Gedanken, ein wenig Ruhe zu haben gar nicht so schlecht. Allerdings war mir unklar, ob ich nun auf dem Weg der Besserung war oder ob es an der Stimmung zwischen uns lag.
 

Jui

Erleichtert registrierte ich, dass er mich verstanden hatte, seine Augen glitzerten kurz. Ob er sich daran erinnerte?

"Wenn du das vorschlägst, habe ich wohl immer noch schlechte Laune? Tut mir leid, ich dachte es ginge von allein wieder", sagte ich reuevoll und begann erneut, in meinem Reis rumzustochern. Es war nicht böse gemeint. Ich merkte es wahrscheinlich wirklich nicht mehr. Und da brodelte sie wieder, die Wut auf mich selbst, dass ich nicht stärker war als meine Gefühle, dass ich den anderen solche Umstände machte. Es war alles andere als professionell.

"Du musst nicht unbedingt die Wohnung verlassen, ich könnte mich ins Schlafzimmer hocken, das reicht vollkommen. Ich hab ehrlich gesagt ein bisschen Angst, dass du dich verläufst... das ist dir in der Vergangenheit schon oft passiert, also in fremden Gegenden...", kommentierte ich seinen Vorschlag.
 

Jun

"Ich weiß nicht, ob du schlechte Laune hast, deshalb hab ich ja gefragt, ob du allein sein willst...", erwiderte ich leise und nahm mir vor, erst einmal in Ruhe darüber nachzudenken, ob ich rausgehen wollte oder nicht, bevor ich ihm darauf antwortete.

Zugegeben, ein bisschen Angst hatte ich schon davor, mich zu verlaufen und nicht mehr ohne fremde Hilfe zurück zu finden. Gerade dann, wenn mir das anscheinend in der Vergangenheit schon öfter passiert war.

"Es würde dir ja nur das Herz brechen, wenn ich mich verlaufe", meinte ich schließlich versöhnlich und beendete dann meine Mahlzeit, nachdem der Reis und das Gemüse vollständig geleert waren.

"Also verzieh dich ins Schlafzimmer. Ich kümmere mich um... das hier...", meinte ich schließlich mit wenig begeistertem Gesicht.
 

Jui

"Ich denke es wäre sicherer...", meinte ich leise und beendete ebenfalls meine Mahlzeit.

"Ja, das ist immer ganz schön nervenaufreibend. Aber inzwischen haben wir eine Technik entwickelt. Wir haben ein App auf dem Handy installiert, wenn du dich verläufst schickst du mir den GPS-Standort auf mein Handy und ich lese dich dann wieder auf. So geht es ganz gut. In deinen alten Bands hatte das auch immer einer deiner Kollegen", erklärte ich ihm ausführlich, da er es ja nicht wusste.

Als ich aufstand, griff Jun nach den Reisschalen, doch ich hielt ihn auf.

"Lass es stehen, du bist krankgeschrieben und ich bin da, um dich zu pflegen. Ich räume nachher auf. Vielleicht möchtest du ja auch einen Film sehen. Ich geh ins Schlafzimmer..." Mit diesen Worten schob ich ihn ins Wohnzimmer und verschwand im Schlafzimmer, hockte mich dort neben das Bett, schloss die Augen und konzentrierte mich nur noch auf meine Atmung.
 

Jun

Ich hatte keine Lust, mir einen Film anzusehen. Das merkte ich sofort, als ich das Regal mit den DVDs musterte, außerdem war es an der Zeit, Jui ein bisschen was von dem zurück zu geben, was ich von ihm bekam, fand ich. Darum wartete ich, bis Jui im anderen Zimmer verschwunden war, legte irgendeinen Film in den Player und startete ihn, bevor ich das Wohnzimmer verließ und mich um die Küche kümmerte. Sorgfältig stapelte ich die Kisten übereinander und wusch sie ab, wobei mir das Klappern des Geschirrs viel zu laut erschien, doch ich hoffte, dass der Film laut genug wäre, um Jui glauben zu lassen, dass ich seiner Empfehlung nachkam.

Es dauerte fast eine halbe Stunde, aber am Ende sah die Küche wieder sauber aus. Hoffentlich freute er sich darüber...

Ich jedenfalls fühlte mich überraschend besser und schließlich kam mir eine weitere Idee.

Jui war noch immer im Schlafzimmer, sodass ich unbemerkt in meine Stiefel schlüpfen und mein Portemonnaie und Schlüssel greifen konnte, ehe ich die Wohnung verließ. Ich war mir sicher, dass ganz in der Nähe ein Geschäft sein musste, das ich besuchen konnte, ohne mich gleich zu verlaufen.
 

Jui

Trotz meines fast schon meditativen Zustandes hörte ich, wie die Tür ins Schloss fiel. Jun war also wirklich gegangen.

Ich erhob mich um mein Handy aus dem Flur zu holen, überprüfte Akkustand und Lautstärke, ehe ich mich wieder in meine Ecke im Schlafzimmer verzog, das Handy neben mir.

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass dies unser erster Streit war und es war meine Schuld. Ich spürte Schmerzen in meiner Brust und die Tränen in meinen Augen. Diese schlechte Seite an mir, sie musste verschwinden, sie war nicht einmal annähernd so liebenswert wie Juns Übermütigkeit, egal wie oft man ihn aus irgendwelchen Patschen helfen musste.

Erneut besah ich mein Handy, hoffentlich passiert ihm nichts.

Langsam versiegten meine Tränen, meine Wut, meine ungewöhnliche Laune verschwand. Weinen war da immer die allerbeste Lösung. Es befreite und ich wusste inzwischen, dass ich das nächste Mal mehr auf mich achten würde, mich besser unter Kontrolle haben müsste.
 

Jun

Ich ging denselben Weg, den ich mit Jui gestern gegangen war und erkannte vieles wieder. Das Gute daran, wenn man wenige Erinnerungen hatte, war, dass man nicht allzu viel miteinander verwechselte und einem das Wenige, das man kannte, äußerst vertraut erschien.

Ich ging in den Konbini, der sich in der unmittelbaren Umgebung meiner Wohnung befand und grüßte die Kassiererin, bei der wir die Kondome bezahlt hatten, grinsend. So, wie mich ansah, erkannte sie mich wohl auch wieder.

Eigentlich wusste ich selbst nicht so genau, wonach ich suchte, sodass ich ziellos durch die Gänge schlich und über die vergangenen Tage und heute nachdachte. Ich wusste, dass ich seine Hilfe nur allzu selbstverständlich hingenommen hatte und trotzdem beschäftigte mich dieser sinnlose Streit noch immer und es wurde Zeit für eine Wiedergutmachung.

Bald darauf - ich hatte eingekauft und war noch eine kurze Runde gelaufen, bis ich einen Park erreichte - setzte ich mich auf eine Bank, die sich in einem kleinen Stadtpark befand. Von hier aus konnte man sogar ein paar Sterne sehen und das Plätschern des kleinen Springbrunnens im Teich hören.

Ich holte tief Luft, dann schickte ich meine GPS Koordinatoren an Jui und lehnte mich grinsend zurück. Ich war gespannt, wie lange er brauchte.
 

Jui

Kaum hatte ich mich einigermaßen beruhigt, klingelte mein Handy und Jun schickte mir seine Position. Mit meinem Handy noch in der Hand stürmte ich in den Flur, schnappte mir meine Tasche, den Ersatzschlüssel und meine Schuhe. Er war im Park, das war nicht weit, wahrscheinlich hatte er sich auf einem der Wege innerhalb des Parks verlaufen, das Handy zeigte den genauen Standpunkt, relativ weit in der Mitte.

Ich würde nicht lange brauchen, und doch rannte ich einen Großteil des Weges, denn ich wollte ein besserer Freund werden, auch einer, der den anderen nicht warten ließ.

Zielstrebig rannte ich in die Mitte des Parks, wo es einen kleinen Teich gab und entdeckte seine pinken Haare.

Schnaufend kam ich vor ihm zum Stehen.

"Hier bin ich!", brachte ich hervor.
 

Jun

"Zwei Minuten dreißig", sagte ich lächelnd, als Jui mich schwer atmend erreichte. Ihn so erschöpft zu sehen, sorgte dafür, dass es mir fast schon wieder Leid tat, ihn gehetzt zu haben. Vielleicht hätte ich ihm doch noch eine SMS hinterher schicken sollen, dass er sich Zeit lassen konnte.

"Wollen wir auf den Steg da drüben? Ich hab mich nicht allein getraut und dachte, es ist besser, wenn du dabei bist."

Das war natürlich eine Lüge, denn der Steg war mir eben gerade erst aufgefallen, aber ich fand es nun, da ich ihn gesehen hatte, romantischer, dort zu sitzen, als auf einer Bank.

Vorsorglich nahm ich schon mal meine Einkaufstüte in die Hand und hoffte, dass er mir nicht erzählte, dass man da aus Sicherheitsgründen nicht rauf gehen sollte...
 

Jui

Verwirrt blickte ich ihn an. Hatte er sich nicht verlaufen?

"Äh okay...", stimmte ich zu, hielt ihm aber die Hand hin, wir waren sowieso recht alleine im Park.

"Nicht, dass du ins Wasser fällst... pass bitte gut auf", sagte ich sanft und war froh darüber, als er meine Hand nahm.

Der Steg war schmal, doch wir erreichten das Ende, ohne nass zu werden.

Leider trug ich keine Jacke, nichts, was ich hätte unter uns legen können, bis mir etwas einfiel.

Ich nahm ihm die Tüte ab, stellte die gekauften Dinge beiseite und legte die Plastiktüte auf das Holz.

"Setz dich darauf, mit deiner hellen Hose solltest du aufpassen", bot ich ihm den Platz an. Meine Hose war schwarz, also war es nicht schlimm.

Ich mochte diesen Frieden zwischen uns.
 

Jun

Ich tat wie mir geheißen, obwohl es mir auch nichts ausgemacht hätte, mich ohne die Tüte auf den Steg zu setzen. Aber so war Jui eben... überfürsorglich. anscheinend sogar so fürsorglich, dass er meinen Einkäufen noch nicht einmal Beachtung geschenkt hatte.

Seufzend griff ich zu der Flasche Rotwein und zu den Weingläsern aus Plastik, die ich im Konbini erstanden hatte.

"Ich hoffe, du magst Wein."

Es war mir wie die richtige Wahl erschienen und gleich würde sich zeigen, ob meine Intuition richtig gewesen ist.

Ich öffnete die Flasche und befüllte unsere Gläser, drückte eines davon in seine Hand, ehe ich die kleine Packung Pralinen hervorzog und vor seine Nase hielt.

"Ein kleines Dankeschön... weil du dich so gut um mich kümmerst...", sagte ich lächelnd.
 

Jui

Interessiert musterte ich den Wein.

"Hast du dich erinnert? Ich liebe Wein, vor allem Rotwein!", bestätigte ich seine Frage und rutschte ein Stück näher an ihn heran.

"Dafür musst du mir nicht danken, das ist selbstverständlich. Immerhin hast du dich mir anvertraut, obwohl du mich gar nicht kanntest...", sagte ich leise und musterte ihn. Ich konnte seinen Blick nicht deuten, so sehr ich es auch versuchte, doch er war wirklich wunderschön. Sein Gesicht war so jung, so lebendig, obwohl wir fast im gleichen Alter waren.

Ich nahm die Pralinenpackung an mich, öffnete sie und stellte Sie vor uns auf, während Jun die Gläser füllte.

"Iss ruhig von den Pralinen, du magst Süßes. Ich kann abends keine Schokolade mehr essen, das vertrage ich nicht so gut. Aber du kannst mir etwas für Morgen aufheben", schlug ich vor, als ich das Gefühl bekam, dass er sich Vorwürfe machte, es nicht zu wissen.
 

Jun

"Oh, ach so..."

Ich versuchte mir die Enttäuschung darüber, dass meine Überraschung nicht besonders geglückt war, nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Wenigstens hatte ich mit dem Wein richtig gelegen. Mit einem Räuspern versuchte ich, von dem Thema abzulenken, stellte mein Glas noch einmal ab, um mich meiner Stiefel zu entledigen und meine Füße ins kühle Nass zu tauchen.

"Trotzdem... es ist nicht selbstverständlich, glaube ich. Mochtest du mich denn schon vorher?"

Ich nahm mein Glas wieder in die Hand und stieß es leicht gegen seins. Ich erwartete ein Klirren, aber es blieb aufgrund der Plastik aus.

Neugierig nahm ich einen ersten Schluss, während ich Jui nicht aus den Augen ließ.
 

Jui

Wieder einmal verwirrt beobachtete ich, wie Jun seine Schuhe auszog und sich etwas drehte, um die Füße ins Wasser zu halten. Da die Stiefel wieder einmal gefährlich nah am Ende des Steges standen, nahm ich sie und stellte sie hinter meinen Rücken.

"Mach dir keine Sorgen deswegen...", sagte ich nur noch, eine Diskussion würde wohl nichts bringen.

Statt auf seine Frage zu antworten, kostete ich vom Wein. Er war etwas herber, doch ich ließ ihn mir auf der Zunge zergehen. Schon lange konnte ich keinen Wein mehr trinken, es ergab sich einfach nicht, doch heute konnte ich dies mit Jun tun. Gespannt beobachtete ich, ob sich sein Gesicht verzog, er mochte sonst eher süßere Getränke.

"Ich kann dir noch keine richtige Antwort geben, bis vor ein paar Tagen war ich noch so verwirrt... Ich werde dir sagen, wenn ich es weiß", sagte ich mit gesenktem Kopf. Es war bestimmt nicht die Antwort, die er hören wollte, doch anlügen konnte ich ihn auch nicht.

Vorsichtig legte ich einen Arm um ihn, hoffte, nicht wieder alles zu zerstören.
 

Jun

Ich seufzte leise auf, nach dem ich das Glas wieder gesenkt hatte. Der Geschmack war bitter und trocken und ich verzog das Gesicht. Verdammt, so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Jui vertrug keine Schokolade, der Wein war ekelhaft und der Ausgang des Themas nicht annähernd so romantisch wie ich es gehofft hatte...

"Das Zeug ist ja widerlich. Du musst es nicht austrinken!", sagte ich dann, ehe ich mich leicht und angespannt an ihn lehnte, derweil meine Füße leicht im Wasser plantschten.

Verdammt, ich hätte es so gerne richtig gemacht, aber irgendwie schien der Schuss nach hinten loszugehen.

"Ist ja auch egal. Ich weiß schließlich auch nicht, ob ich dich vorher mochte..."
 

Jui

Ich leerte bereits das erste Glas, während Jun nun doch zugab, dass ihm der Wein nicht schmeckte.

"Hey, mir schmeckt der Wein sehr gut!", rechtfertigte ich mich und zeigte ihm mein leeres Glas. "Mehr Wein für mich!", sagte ich, fast schon etwas fröhlich.

"Lass uns später darüber reden, das verwirrt uns doch beide nur", versuchte ich das Thema vorerst zu beenden.

Freudig besah ich, wie er mein Glas erneut befüllte. Da ich ihm schon sehr nah war, legte ich meinen Kopf an seine Schulter, stieß mit der Nase seine Wange an.

"Jetzt musst du mir aber noch eines erklären: hast du dich wirklich verlaufen?"
 

Jun

Ich schloss die Augen, legte meinen Arm um seine Hüfte und wollte gerade die Nähe genießen, als er mir plötzlich diese Frage stellte.

Sofort schlug ich meine Augen wieder auf, während meine Hand sich verkrampfte.

Konnte eine Überraschung eigentlich noch schlechter gelingen? Und lag es an mir oder an ihm? Stellte ich mich zu dumm an oder war er zu begriffsstutzig?

Ich wusste kaum, wie ich auf diese Frage antworten sollte, sodass sich eine endlose Stille zwischen uns ausbreitete, die nur von dem plätschernden Wasser unterbrochen wurde. Spätestens nachdem ich den Wein eingeschenkt hatte, hätte er doch merken müssen, dass ich die nicht mal eben zufällig dabei hatte und für zu Hause bestimmt keine Plastikbecher kaufte.

"Ja, hab ich... Und davor habe ich mir sicherheitshalber Wegzehrung gekauft, falls du länger brauchst oder mir zufällig jemand über den Weg läuft, der mit mir spontan Wein trinken will..."

Im nächsten Moment fragte ich mich, ob Sarkasmus so angemessen war, aber wer Romantik nicht mal erkannte, wenn sie direkt vor ihm stand, hatte es wohl verdient.

Jetzt fehlte nur noch, dass mir ein Piranha in den Fuß biss.
 

Jui

Verwirrt musterte ich ihn. Jetzt war er aber wirklich launisch und es war wahrscheinlich wieder meine schuld.

"Es tut mir leid... es ist schon eine Weile her, dass jemand so romantisch zu mir war...", versuchte ich es versöhnlich, stellte mein Glas ab und legte beide Arme um ihn und konnte nur hoffen, dass er mich nicht wegstoßen würde.

Ich hielt ihn fest umschlossen, wollte ihn nicht loslassen.

Es sollte nicht schon wieder schiefgehen, nicht nach einer solch langen Freundschaft. Auch deswegen hielt ich ihn fest, verbarg mein Gesicht nun ganz an seiner Schulter. Er sollte mir nicht mehr böse sein, und wenn es für mich bedeuten würde, gar nichts mehr sagen zu dürfen.
 

Jun

"Schon gut...", erwiderte ich leise, tätschelte dabei die Hüfte, an der meine Hand noch immer lag. „Ich wusste nur nicht, dass du so ein unromantischer Trampel bist", fügte ich dann mit einem schiefen Lächeln hinzu, bevor ich ihm mit der freien Hand die Haare aus der Stirn strich, um einen Kuss auf dieser zu platzieren.

"Ich wollte dich spontan entführen... Ich dachte, das ist vielleicht schöner, als wenn wir auf der Couch sitzen."

Sanft strich ich ihm durchs Haar, meinem kleinen Pragmatiker, und war erstaunt, wie unterschiedlich wir waren. In der kurzen Zeit, die ich ihn nun kannte, hatte ich vor allem gelernt, dass er äußerst reinlich und ordentlich und vernünftig war.

Ich fragte mich, wie Jui wohl reagieren würde, wenn ich ihn in den Teich schubste... vielleicht fand ich es ja heute Abend noch heraus. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er nicht der Typ für solche Verrücktheiten war.
 

Jui

Empört blies ich Luft aus, als er mich einen Trampel nannte. Doch eine Antwort verkniff ich mir, dass würde nur zu Streit führen.

"Ja, das war eine schöne Idee...", stimmte ich ihm zu und drückte ihn, noch etwas fester an mich.

Ich sah mich um. Es war dunkel, also stahl ich mir einen Kuss von ihm, ehe ich eine Hand löste und mein Handy aus der Hosentasche nahm, die Tastensperre löste und es auf das Holz des Steges legte. So hatten wir eine kleine Lichtquelle, denn ich sah ihn inzwischen kaum noch.

"Ich hoffe du verzeihst mir, aber ein App für Kerzenlicht habe ich nicht...", flüsterte ich leise in sein Ohr, ehe ich die Haut dahinter küsste. Hauptsache wir stritten nicht.
 

Jun

Es war schön, Jui endlich wieder so nah zu sein, ihn im Arm zu halten, ihn zu fühlen und zu riechen. Nach dem stressigen Tag heute war es eine willkommene Abwechslung, dass sich die Wogen zwischen uns allmählich glätteten.

"Stimmt, an Kerzen hatte ich auch denken können!", erkannte ich, aber eigentlich machte es mir nichts aus, im Dunkeln mit ihm zu sein. Das Mondlicht spendete uns Licht und selbst wenn nicht - seine Lippen würde ich auch so finden.

Lächelnd berührte ich seine Wange, strich sanft darüber und gab ihm dann einen weiteren Kuss.

"So könnte es immer sein, oder?"
 

Jui

"Musst du nicht, nachher fackelt uns noch der Steg ab. Es ist schön so, wie es ist..." Dass mich der schmale Steg etwas verängstigte, verschwieg ich.

Gegen meine Furcht leerte ich das zweite Glas Wein, bei dem ich merkte, dass ich wohl nicht viel mehr trinken konnte, immerhin musste ich uns noch nach Hause führen.

"Ja...", sagte ich leise und griff nach einer Praline mit weißer Schokolade.

Die mochte er am liebsten. Ich hielt sie ihm vor die Nase und sah glücklich, wie er sie naschte.

Ich wartete, bis er fertig war, dann küsste ich ihn erneut, schmeckte die Süße in seinem Mund.

"Siehst du, jetzt hatte ich auch was davon", meinte ich neckend.



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