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Yours to keep.

[Vivian & Theon]
von

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4. Kapitel - Different Light.


 

Theon
 


 

Er schien sich wieder gefangen zu haben.

Jetzt, wo er hier in meinem Wohnzimmer saß und sich unter die Sofadecke kuschelte, den Blick auf den Fernseher gerichtet, wirkte er wieder wie der Viv, den ich kannte. Sein Zusammenbruch hatte keine Spuren hinterlassen, er war ruhig und besonnen wie immer, obwohl ich eigentlich erwartet hätte, dass nun, wo wir allein waren, alles aus ihm herausbrach.

Doch nichts war geschehen. Und es war fast schon ein wenig unheimlich. In seinem Kopf arbeitete es sicher auf Hochtouren, das konnte gar nicht anders sein, schließlich war das, was sich eben zugetragen hatte, eine wahrlich harte Nuss. Selbst ich konnte meine Gedanken gerade nicht wirklich ordnen, musste mich immer wieder fragen, wie man Viv so etwas antun konnte. Ausgerechnet Viv.
 

Es behagte mir zugegebenermaßen nicht so wirklich, als ich langsam auf die Couch zuschritt, die Tasse mit dem Kakao in der einen und ein Glas Wasser für mich in der anderen Hand. Ich überlegte, was mir in dieser Situation am liebsten gewesen wäre: Alleinsein oder die Gewissheit besitzen, dass man jemanden neben sich hatte, mit dem man reden konnte, wenn einem plötzlich danach war. Auf die Schnelle kam ich jedoch zu keinem Entschluss und da es mir falsch vorgekommen wäre, wenn ich mich einfach ohne ein Wort in mein Schlafzimmer zurückgezogen hätte, nahm ich behutsam neben Viv Platz und reichte ihm seine Tasse.

Er bemühte sich sichtlich um ein kleines Lächeln, während das Geschehen im Fernseher mal hellere und dunklere Schatten über sein Gesicht huschen ließ, aber zu mehr als zu einem zaghaften Mundwinkelzucken genügte es nicht. Doch ich spürte nun, dass meine Anwesenheit für ihn okay war. Eigentlich war sie es immer, denn ich verhielt mich nie aufdringlich, wartete stets, bis der andere mir von sich aus sein Herz ausschüttete und hörte dann meist geduldig zu.

Außerdem wusste Viv, dass er in meiner Gegenwart nicht stark sein musste. Selbst wenn er geweint hätte, ich hätte mich nicht daran gestört. Wahrscheinlich hätte es mich lediglich zum Mitweinen animiert. In dieser Beziehung war es gut, dass er für nichts und niemanden Tränen übrig hatte. Aber hier ging es nicht um mich. Hier ging es ausschließlich um ihn.
 

Die Stille, die sich zwischen uns ausgebreitet hatte, war keine von unangenehmer Natur. Wir beide starrten auf die Mattscheibe, ich bekam allerdings nicht wirklich etwas von der Handlung mit. Viv ging es sicher ähnlich. Nebenbei hoffte ich, dass das warme Getränk seine Nerven etwas zu stärken wusste. Doch diese verdammte Sache hatte Wunden hinterlassen. Tiefe Wunden, die nun auch noch an seinem Selbstwertgefühl kratzten.

"Bin ich wirklich so schlecht und langweilig, dass man mich nach ein paar Jahren mit einem anderen ersetzen muss?"

Seine Stimme war fest und ruhig, passte nicht zu dem gerade Gesagten. Ich spürte, wie sich in mir etwas aufbegehrte, etwas, das sofort Einspruch erheben wollte, aber ich unterdrückte es. Dies hier war nicht der richtige Zeitpunkt für das Herauslassen meiner eigenen Gefühle. Jedenfalls erschien mir die Art und Weise nicht als die Richtige. Ob Viv tatsächlich eine Antwort auf seine Frage erwartete, konnte ich nicht sagen. Aber ich wollte ihm gerne eine liefern. Und ich wusste plötzlich ganz genau, wie ich sie verpacken würde.
 

Es dauerte nicht lange, bis ich mit meiner Gitarre zurückgekehrt war.

Als ich mich wieder auf die Couch setzte, trafen mich Vivs verwunderte Blicke, selbst während er einen erneuten Schluck aus seiner Tasse nahm, schaute er zu mir auf und stellte stille Fragen nur mit seinen Augen. Es war gut, dass er sich für diese Form der Kommunikation entschieden hatte. Ein Austausch ohne Worte war manchmal einfach intensiver als alles andere.

Eine merkwürdige Unsicherheit überkam mich, als ich den ersten Akkord griff und dabei sacht die Seiten anschlug. Doch das war nur anfangs. Ganz schnell schaltete mein Tun auf Autopilot und auch Vivs Blicke, die mal mich, mal die Gitarre still anschauten, konnten mich nicht mehr verwirren.

Und dann begann ich zu singen. Leise, aber so, dass meine Stimme den warmen Klang der Gitarre noch übertönen konnte. Unsere Blicke trafen sich immer wieder. Und besonders in diesen Augenblicken sang ich nur noch für ihn. Ich dachte nicht mehr, ich fühlte nur noch. Hatte keine Angst mehr davor, dass sich meine wahren Gefühle entblößen könnten. Seit dem Videodreh war sie verpufft. Denn vor jemandem, dem man so nahe war, musste man sich nicht verstecken.

Irgendwie wollte ich, dass er es endlich wusste.
 

You´re in my soul

you´re in my head

and in every step

I take

I know I´m not

perfect in any way

but everything I do

I do it for you
 


 

Ich hoffte, er hätte die Antwort auf seine Frage in diesen Zeilen gefunden. Ich wollte nichts mehr ergänzen, denn ich hatte alles gesagt. Alles, was ich ihm immer sagen wollte.

Das Lied war für ihn. Von Anfang an. Und genau deswegen war ich so begeistert von Miikkas neuem Skript. Weil eben dies zeigen konnte, was Viv für mich war. Es wirkte sich zwar enthüllend auf meine Gefühle aus, aber es fühlte sich richtig an. Genauso richtig wie dieser Augenblick. Eigentlich brauchte es keine weiteren Worte, um ihm meine Liebe und Wertschätzung zu gestehen, aber ich wollte es ihm doch noch unverblümter mitteilen. Er sollte nie wieder denken, dass er schlecht war. Denn das zerriss mir fast das Herz.
 

"Viv", begann ich, hoffend, meine Stimme würde nicht zu zittern beginnen, aber sie blieb stark, wurde nicht zaghaft. Die Gitarre hatte ich auf den Boden gestellt, ich wollte nicht, dass sich eine Barriere zwischen uns bildete. Folgerichtig rückte ich ihm ein paar Zentimeter entgegen, allerdings nicht zu nah. Ich wollte ihn nicht bedrängen, ihn mit meiner Liebe erdrücken. Er sollte selbst entscheiden, wie nah er mich an sich heranlassen wollte.
 

"Denke bitte nie, nie wieder, dass du schlecht oder langweilig bist", forderte ich eindringlich, fast schon ein wenig zu leidenschaftlich, wie ich glaubte. "Wenn...wenn Katra dich nicht schätzen kann, dann hat sie dich auch nicht verdient."

Ich konnte seinen Blick nicht wirklich deuten, aber er hielt meinen gefangen. Vielleicht hielt meiner auch seinen gefangen. Ich wusste es nicht.

"Viv...ähm...was ich sagen wollte ist, dass du...einfach nur toll bist. Dass sie es bereuen wird, dass sie dich betrogen hat. So einen Mann wie dich...findet sie nie wieder...ich hoffe, dass da draußen noch irgendjemand ist, der genauso denkt wie ich und der dir niemals wehtun würde. Denn du...du bist einfach...einfach..."

Ich fand längst keine Worte mehr, um ihn beschreiben zu können. Denn Viv war für mich unbeschreiblich.

"Komm mal her", meinte Viv daraufhin nur, legte behutsam die Hand auf meine Schulter und zog mich schließlich ganz in seine Arme. "Danke, Toro, danke für alles. Dass du mich nie hängen lässt. Und dass du so ein toller Freund bist..."

Ich glaube, das war seine Art, mir zu zeigen, wie ergriffen er von meinen Worten war. Erst nach einer halben Ewigkeit entließ er mich langsam aus der Umarmung, hielt den Körperkontakt jedoch noch immer aufrecht, indem seine Finger auf meinem Hals ruhten und schaute mich eine ganze Weile lang halb fragend, halb abwartend an. Kurz überlegte ich tatsächlich, ob ich ihn einfach küssen sollte, aber ich entschied mich, ihn entscheiden zu lassen, welchen Ausdruck seine Gefühle mir gegenüber benötigten.

Schließlich legte er mir seine Lippen auf die Wange, löste sie aber sehr schnell wieder. In meinem Bauch wühlte schlagartig das pure Glück, die tiefste Liebe, die ich jemals empfunden hatte. So sehr hoffte ich, er würde sie auch nur ein klein wenig erwidern. Doch man sollte manchen Dingen nicht zu voreilig eine Bedeutung zuweisen, die ihnen gar nicht zugrunde lag. Selbst als Viv mich urplötzlich auf den Mund küsste, musste ich mich zwingen, zu denken, dass er mich nicht auch liebte.

Lange brauchte ich jedoch nicht mit mir zu kämpfen; es verging nicht viel Zeit, bis ich komplett in diesen dumpfen, schweren Gefühlen zerfloss und alles nur noch so an mir vorbeirauschte, als wäre es nicht mehr als ein intensiver Traum, der meine bloße Fantasie abbildete.
 

*****
 

Viv blieb. Nicht nur in dieser Nacht, sondern auch in den darauffolgenden.

Er wusste, dass es nicht richtig war, den Schwanz einzuziehen und seiner Ex-Frau das Feld zu überlassen, aber ein friedliebender Mensch wie er gab lieber klein bei als sich in einen aussichtslosen Kampf zu stürzen.

Im Grunde kam das Angebot, so lange bei mir unterkommen zu können, bis er etwas Eigenes gefunden hatte, von mir. Er sollte sich bei mir willkommen fühlen, ein Stück weit zu Hause; ich wollte ihm Heimat geben.

Er hatte meinen Vorschlag dankbar angenommen, richtete sich genügsam in dem kleinen Gästezimmer ein und betätigte sich ab und an sogar in Haushalt und Küche. Und immer, wenn er sich mal wieder ohne Aufforderung nützlich gemacht hatte, stand ich kopfschüttelnd vor ihm und überlegte zum hundertsten Mal, wie man so einen tollen Mann einfach ersetzen konnte. Umso länger wir zusammenwohnten, desto eingespielter wurde unser gemeinsamer Tag. Es war, als hätten wir schon ewig unter einem Dach gewohnt. Ich genoss es, und Viv, ja, Viv genoss es auch.
 

Nur über den Kuss sprachen wir nie wieder. Es war gut, dass ich an jenem Abend nicht zu viel in ihn interpretiert hatte, schien er tatsächlich nur aus der Stimmung heraus entstanden zu sein und nicht aus tieferen Gefühlen, die eine Freundschaft auch von Vivs Seite weit überschritten. Und doch hatte ich in stillen Momenten, die ich nur mit meinen Gedanken teilte, die Hoffnung gehegt, dass auch er endlich erkannt hatte, wie viel ich für ihn war. All diese Momente mit ihm, in denen ich ihm nahe war, der Videodreh, der Abend auf der Couch - ich hatte geglaubt, jedes Mal ein Funkeln in seinen Augen erkannt zu haben. Irgendein Signal, das von Herzen kam und mein Herz erreichen sollte.

Doch als der Alltag uns wiederhatte und Viv tapfer seine Trennung verarbeitete, dachte ich nur noch selten über diese gravierenden Dinge nach. In meinem Unterbewusstsein lebten sie jedoch weiter fort und hüllten sich in meine Träume ein.
 

Es kam der Tag, an dem Viv mir zeigte, wie heimisch er sich wirklich bei mir fühlte.

Wir saßen gerade am Frühstückstisch, schwiegen uns wie ein altes Ehepaar an, aber Viv warf mir schon seit längerer Zeit prüfende Blicke zu. Und ich kannte meinen Freund gut genug um behaupten zu können, dass er mir etwas sagen wollte.

"Schieß los", forderte ich ihn seufzend auf, während ich das Messer zurück in das Marmeladenglas tauchte. "Ich sehs dir doch an, dass dir etwas auf der Zunge liegt."

Endlich gab Viv sich einen Ruck. Obwohl wir uns so gut kannten blieb er mir und auch anderen gegenüber oft höflich wie in Gegenwart eines Fremden; wahrscheinlich hatte dies aber nichts mit Reserviertheit zu tun, sondern mit Bescheidenheit und Wertschätzung.

"Ich wollte dich fragen, ob es okay wäre, wenn Liina für ein paar Tage hier schlafen könnte...", begann er, lenkte dann aber sofort ein. "Also nur, wenn es dir recht ist."

"Natürlich, das geht in Ordnung", gab ich ihm mein Okay, woraufhin er direkt zu strahlen begann, was mir wiederum ein warmes, dumpfes Gefühl in der Magengegend schickte. "Du weißt doch, dass ich die Kleine mag, und außerdem ist das hier ja jetzt auch deine Wohnung."

Viv nickte langsam, biss dann in sein Brot und auch ich sagte nichts mehr.

Wir waren eben häufig sehr finnisch.
 

Bereits am Nachmittag trafen Viv und Liina ein. Der Kleinen war es deutlich anzusehen, dass sie sich auf die gemeinsame Zeit mit ihrem Papa freute. Sie strahlte bereits über das ganze Gesicht, als ich sie im Flur begrüßte und als wir ihr zeigten, wo sie ihre Schuhe abstellen konnte, hüpfte sie fröhlich auf einem Bein durch den Raum. Auch wenn ich es nicht sonderlich mit Kindern hatte, Liina konnte man einfach nur in sein Herz schließen. So viel Lebensfreude, wie sie an den Tag legte, so eine Offenheit, wie sie unter finnischen Erwachsenen selten zu finden war. Und dann war ja auch noch der Aspekt, dass sie so viel von ihrem Vater geerbt hatte. Nicht nur die genauso nervige wie liebenswerte Sturheit war es, die sie mit Vivian teilte, nein, sie besaß auch haargenau seine Nase und die Form seiner Lippen. Wann immer sie mich anschaute, schaute mich auch ihr Papa an. Und dass mir dann stets ein wenig warm wurde, konnte ich einfach nicht leugnen.
 

"Ich geh schon mal in die Küche", meinte Viv, blickte erst mich und dann seine Tochter an, der er zudem noch fürsorglich durch das dunkle Haar fuhr. "Heute gibts Nudeln, Liina, nur für dich."

"Au ja!", jubelte das kleine Mädchen zugleich los und war kaum noch zu bremsen, purzelte mir beinahe gegen die Beine, wovon ich sie lachend abhalten musste.

Viv grinste ebenfalls in sich hinein, verschwand dann aber schnell in der Küche, während ich mich dazu bereiterklärt hatte, Liina zu zeigen, wo sie schlafen konnte. Natürlich würde das bei Vivian im Gästezimmer sein, und Vivian würde für die Zeit auf die Luftmatratze ausweichen, um seiner Tochter das gemütlichere Schlaflager zu überlassen.
 

Der Raum war wirklich nicht gerade groß, wie ich erneut feststellen musste, als ich die Tür aufstieß und Liina mit Fingerzeig auf den einzigen Schrank bedeutete, dass sie dort ihre Kleidung und ihre Puppen verstauen konnte.

"Meine Puppen wollen aber nicht in den Schrank!", durfte ich mir daraufhin empört anhören, lenkte aber ein und sagte, dass sie natürlich auch draußen sitzen bleiben durften, was sie zufrieden stimmte. Ganz nebenbei stellte ich mir Viv vor, wie er versuchte, im Puppenparadies ein Auge zuzumachen. Bei dem Gedanken musste ich schmunzeln, Liina bemerkte es zum Glück nicht.

Das Lachen verging mir im nächsten Augenblick ohnehin, denn wie Kinder nun einmal sind, so stellte auch Vivs Tochter aus heiterem Himmel eine sehr gewagte These in den Raum.

"Papa hat mir schon erzählt, dass er jetzt bei dir wohnt", plapperte sie unbeschwert darauf los, machte eine kurze Pause und schaute unschuldigen Blickes und mit hinter dem Rücken versteckten Armen zu mir herauf. "Du bist der neue Freund von Papa."

Ich verschluckte mich beinahe an meiner eigenen Spucke. Zudem spürte ich, wie mein Gesicht ganz heiß wurde und ich verzweifelt nach einer Erwiderung auf ihre Behauptung suchte. Einerseits wollte ich ihr widersprechen, sie darüber aufklären, dass ich mit Viv nicht so zusammen war wie er mit ihrer Mama damals, andererseits wollte ich sie ganz gern im dem Glauben lassen, schließlich war genau das mein heimlicher Wunsch.
 

Gerade setzte ich zu einer Antwort an, als sich der Spalt zwischen Tür und Angel so weit vergrößerte, dass Viv seinen Kopf hindurchstecken konnte.

"Ihr könnt schon mal in die Küche kommen und euch hinsetzen, Essen ist gleich fertig."

Puh. Ich war erleichtert über die Unterbrechung des Gesprächs, seufzte hoffentlich nicht hörbar, als Liina wie vom Blitz getroffen hinter Viv hersprang und ihm sichtlich hungrig in die Küche folgte.

Um ehrlich zu sein hatte ich keinen blassen Schimmer gehabt, welche Antwort ich ihr hätte liefern sollen.
 

Viv hatte sogar schon den Tisch gedeckt, wie ich feststellen musste, als ich den Raum betrat. Natürlich hatte er sich für das weiße Geschirr mit der Blütenborte am Rand entschieden, ich beschmunzelte ihn schon seit er bei mir eingezogen war für seine merkwürdige Vorliebe. Heute jedoch nahm ich es stumm hin, setzte mich auf den Stuhl gegenüber von Liina, die hyperaktiv wie immer die Beine baumeln ließ und fast über dem gesamten Tisch lag.

Immer wieder ließ sie ihren Blick hin zu ihrem Vater wandern, aber auch ich interessierte sie nach wie vor. Schließlich bewies sie mir, dass sie noch längst nicht wieder vergessen hatte, über was wir uns vorhin im Gästezimmer unterhalten hatten.

"Ich hab das im Fernsehen gesehen, dass Männer auch heiraten dürfen", krähte sie vergnügt. "Und dann ziehen die auch zusammen. So wie Papa und du."

Am liebsten wäre ich unter den Tisch gerutscht, wollte mich vor Vivs Blicken und besonders vor seiner Reaktion verstecken, wobei es mir im nächsten Moment selbst schon unsinnig vorkam.

Viv aber schien ganz ruhig zu bleiben, werkelte weiter auf dem Herd herum und machte beinahe den Eindruck, als hätte er Liinas Worte nicht einmal mitbekommen. Vielleicht ignorierte er sie aber auch nur, aus irgendeinem Grund, der mir gerade nicht einleuchten wollte. Er war doch derjenige von uns, der Liina ohne Wehmut über unser rein freundschaftliches Verhältnis hätte aufklären können.
 

Doch er tat es nicht. Kurze Zeit später trat er fast schon professionell wie ein Kellner mit den vollen Tellern zu uns an den Tisch, servierte uns unser Essen und nahm schließlich auf dem noch freien Stuhl Platz.

Wir wünschten uns alle einen guten Appetit und noch während ich nach der Gabel griff, schaufelte Liina bereits gierig die Spaghetti in sich hinein.

"Liina, nicht so hastig, du hast alle Zeit der Welt", maßregelte sie Vivian schmunzelnd, woraufhin das Mädchen tatsächlich sein Tempo herunterschraubte und Gabel für Gabel fast schon mit Bedacht in den Mund schob.

Aber schon nach ein paar Mal kauen verzog sie angewidert das Gesicht und schob den Teller beiseite.

"Iiiih", machte sie dabei, Viv und ich tauschten prompt verdutzte Blicke, dann kostete ich gespannt, wollte wissen, ob Viv tatsächlich ein Patzer beim Kochen unterlaufen war.

Und tatsächlich. Die Tomatensoße war vollkommen versalzen. Ich ahmte mit großer Wahrscheinlichkeit Liinas Blick nach.

Vivs Tochter aber schien sich von dem Schreck da schon längst wieder erholt zu haben und schmiss mit einer großen Weisheit um sich.

"Mama sagt, wenn das Essen versalzen ist, dann ist der Koch verliebt."

Wie vom Donner gerührt schaute ich Vivian an. Dieser hüstelte ein wenig vor sich hin und lief dann sogar ein ganz kleines Bisschen rot an.
 

Mir blieb beinahe das Herz stehen. Und ich hoffte wieder. Hoffte so sehr, dass das Funkeln in seinen Augen tatsächlich Liebe geheißen hatte.

Mit einem Mal wähnte ich mich meinem größten Wunsch so nah. Und doch war mir seine Erfüllung nach wie vor so fern.
 

Bis zu diesem Tag, an dem sich alles verändern sollte...



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