Zum Inhalt der Seite

Eine Chance auf Glück?

~ Severus Snapes zweites Leben ~
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Albträume

„Nein... nicht Lily... Neeein!“

Er schrie und keuchte. Seine magere Gestalt wand sich hin und her, unfähig aufzuwachen. Der schweißnasse Pyjama klebte an seiner Brust. Er zitterte am ganzen Körper.

Der massive Vorhang an seinem Bett wurde beiseite geschoben. Hände griffen nach seinen Schultern und schüttelten ihn sanft. Jemand redete beruhigend auf ihn ein. Es verging eine gefühlte Ewigkeit, bis er endlich wach war.
 

Der Blick seiner schwarzen Augen zuckte panisch von einer Seite zur anderen, während er versuchte sich zu orientieren. Er konnte im Dunkeln zwei Gestalten an seinem Bett erkennen, eine von ihnen war über ihm gebeugt.

„Lumos“, flüsterte die andere Gestalt. Ein grelles Licht brach aus der Spitze des Zauberstabes hervor und blendete ihn.

Nur undeutlich konnte er Mulciber erkennen, der über ihm stand und ihn verschlafen ansah. Seine braunen Haare waren zerzaust und standen in allen Richtungen von seinem Kopf ab.

„Jetzt hör schon auf wie ein verschrecktes Kaninchen zu gucken, wir sind es nur“, sagte dieser und gähnte. „Du hattest mal wieder einen deiner Träume.“
 

Stöhnend rieb Severus sich die Augen. Der Schreck, den sein Traum hinterlassen hatte saß ihm noch immer tief in den Knochen.

„Das mit deinen Albträumen muss aufhören. Wenn du nicht endlich zu Madam Pomfrey gehst, sind wir gezwungen in einen anderen Schlafsaal zu ziehen. Wir haben schließlich Prüfungen und bei deinem Geschrei kann doch kein Mensch schlafen“, kam es von der anderen Seite. Avery hielt seinen leuchtenden Zauberstab auf ihn gerichtet. Seine Stimme klang schleppend.

„Heult nicht rum, es kann kaum schlimmer sein als Mulcibers Schnarchen“, murrte Severus halbherzig und setzte sich im Bett auf. Sein Rachen fühlte sich beim Sprechen wund an, offenbar hatte er aus Leibeskräften geschrien. Er fuhr sich durch die Haare, dann sah er an sich herunter und runzelte die Stirn. Er saß auf der nackten Matratze, Decke und Lacken lagen zerknüllt auf dem Boden.
 

An Schlaf war jetzt ohnehin nicht mehr zu denken. Seufzend erhob er sich und ging ohne ein Wort zu sagen, barfuß aus dem Schlafsaal. Darauf bedacht, niemanden zu wecken, schlich er in den Gemeinschaftsraum. Der kalte Steinboden half ihm dabei den Kopf klar zu bekommen.

Er ließ sich in einen Sessel fallen und betrachtete im Schein des Feuers gedankenverloren seinen linken Unterarm. Dort, wo sich noch vor Kurzem das Dunkle Mal unter seiner hellen Haut abgezeichnet hatte, waren nur noch feine, blaue Adern zu sehen. Er konnte es noch immer kaum glauben. Nach all diesen Jahren war er dem dunklen Lord nicht mehr verpflichtet. Er war kein Todesser mehr. Er war frei.

Wenn doch nur diese Träume nicht wären. Jede Nacht aufs Neue erlebte er die schlimmsten Augenblicke seines Lebens. Er war gezwungen alles mitanzusehen, war nicht in der Lage irgendwie in das Geschehene einzugreifen.

Er beugte sich nach vorne und schaute in das prasselnde Kaminfeuer.

Avery und Mulciber hatten Recht, es musste endlich aufhören. Er bezweifelte jedoch, dass Poppy etwas ausrichten könnte. Er zweifelte keineswegs an den Fähigkeiten der Heilerin, jedoch lag sein Problem viel tiefer, als ihre Zauber es hätten erreichen können.

Wenn er doch nur an die Zutaten für den Traumlos-Trank herankommen könnte.

„Slughorn...“, murmelte er, als ihm ein Geistesblitz kam. Sofort sprang er von seinem Platz auf. Natürlich, wieso war er nicht schon vorher darauf gekommen? Der Tränkelehrer müsste alle Zutaten auf Vorrat haben, da sie doch recht häufig gebraucht wurden.
 

Solange Horace Slughorn schlief, müsste es ein Leichtes sein an seine Vorräte dranzukommen. Tatsächlich, noch bevor er auch nur den Eingang zu den Gemächern des Hauslehrers erreichte, hörte er diesen laut schnarchen.

Der bissige Geruch von eingelegten Reptilien und Nagern, sowie etlichen getrockneten Pflanzen, drang in seine Nase als er die Tür auch nur einen Spalt breit öffnete. Welch eine Ironie, dass er sich in diesen Räumen, die fast zwei Jahrzehnte lang sein Zuhause gewesen waren, so fehl am Platz fühlte. Er wollte nur so schnell wie möglich alles Nötige zusammensuchen und verschwinden. Das Gebräu konnte er ebenso gut auch in seinem alten Schülerkessel anfertigen.

Er war so konzentriert, dass ihm die plötzlich aufgetretene Stille nicht weiter beunruhigte.

Er hatte fast alle Zutaten beisammen und suchte zwischen den vielen, mit krakeliger Schrift versehenen Fläschchen nach Nieswurzsirup.

Als er mal wieder versuchte ein Etikett zu entziffern, hörte er hinter sich ein Räuspern. Erschrocken fuhr er herum. Hinter ihm stand niemand anderes als Horace Slughorn, gekleidet in einen dunkelblauen Morgenmantel, und sah auf ihn hinab.

„Was machen Sie hier, Severus? Zu solch einer späten Stunde?“

„Ich...“, begann dieser, wurde jedoch gleich unterbrochen.

„Ich sehe schon, was Sie hier machen. Sie vergreifen sich ohne zu fragen am Schuleigentum. Haben sie auch nur den Hauch einer Ahnung, wie wertvoll all diese Zutaten sind? Marsch ins Bett, junger Mann. Die nächsten Tage werden Sie bei mir nachsitzen. Und so ungern ich es auch tue, werde ich Slytherin hierfür zehn Punkte abziehen.“

Prüfend betrachtete der Tränkemeister das Bündel das Severus immer noch an sich drückte.

„Was wollen Sie überhaupt mit all diesen Sachen?“

Severus zögerte. Wenn er ihm sagen würde, was er vorhatte, würde er wie ein Schwächling dastehen. Eine einzelne Portion dieses Trankes könnte er ebenso gut auch im Krankenflügel bekommen, jedoch wurde er normalerweise nie öfter als einmal im Monat verabreicht. Zu zahlreich waren die Nebenwirkungen dieses Gebräus. Daher griff er zu der erstbesten Ausrede die ihm einfiel.

„Es war eine Wette, Sir. Nur eine dumme Wette.“

Der Hauslehrer schüttelte missbilligend den Kopf.

„Wie dem auch sei. Wir sehen uns dann morgen nach der praktischen Prüfung. Eine schöne Nacht noch.“ Mit diesen Worten schob er ihn nach draußen und schloss die Tür.
 

Die letzten Schultage verbrachte Severus überwiegend in Horaces Büro und schrieb unter dessen Aufsicht seitenlange Strafarbeiten. Lily bekam er kaum zu Gesicht und wenn er sie doch mal sah, marschierte sie mit gesenktem Kopf an ihm vorbei und er traute sich nicht, sie anzusprechen.

Nachts lag er lange wach und ließ seine Gedanken schweifen. Wie schon so oft, versuchte er auf den Grund zu kommen wieso er wieder hier war. Auch Dumbledores Abwesenheit machte ihm immer mehr Sorgen.
 

Schließlich kam der Tag des Abschlussbanketts. Blaue Wappen zierten die Große Halle. Als alle Schüler Platz genommen hatten, erhob sich Professor McGonagall und begann die Abschlussansprache. Soweit es Severus bekannt war, war es in der gesamten Geschichte von Hogwarts nur ein einziges Mal vorgekommen, dass die Rede von einer Vertretung übernommen werden musste und da war er, Severus, dafür verantwortlich gewesen.

Auch Minervas Erklärung, Dumbledore sei auf einer wichtigen Geschäftsreise, beruhigte ihn nicht gerade. Ihr kurzes Zögern war ihm nicht entgangen und zeigte mehr als deutlich, dass nicht einmal die stellvertretende Schulleiterin über dessen Verbleib informiert war.
 

„Ich kann kaum glauben, dass Ravenclaw mit gerade mal zwei Punkten Vorsprung den Jahrespokal gewonnen haben“, murrte Avery nachdem die Rangfolge verlesen wurde.

„Noch vor wenigen Tagen waren wir in Führung, ich frage mich wie sie so schnell aufholen konnten“, murmelte Mulciber.

Severus enthielt sich. Wäre sein nächtliches Abenteuer bei Slughorn nicht gewesen, würde die Große Halle jetzt in Grün erstrahlen. Außerdem hätte er dann öfter die Chance gehabt, Lily zu sehen. Er schaute hinüber zum Gryffindor-Tisch. Sie saß mit dem Rücken zu ihm und war in ein Gespräch verwickelt.

Er ärgerte sich über sich selbst. Was hatte ihn nur geritten diesen Trank brauen zu wollen?
 

***
 

Severus hatte seinen Kopf an die Fensterscheibe gelehnt und betrachtete die vorbeiziehende Landschaft. Er war in einem Abteil mit Mulciber und Avery und beide waren in eine hitzige Diskussion bezüglich derer Sommeraktivitäten verwickelt.

Sommerferien... Severus lief es kalt den Rücken runter. Wo sollte er bloß hin? Seine Mutter war weg, sein Vater würde ihn nicht einmal in die Nähe der Wohnung in Spinners End lassen.

Damals hatte er diese Ferien bei Avery verbracht, dieses Mal schien es ihm jedoch keine wirkliche Option. Averys Eltern waren beide Todesser und mit denen hatte er in seinem Leben entschieden zu viel zu tun gehabt um dort einen gemütlichen Sommerurlaub verbringen zu wollen.

Seine Nackenhaare stellten sich bei der Erinnerung daran auf, was in diesen besagten Sommerferien passiert war. Er hatte Averys Eltern von seinem Vater erzählt und sie haben diesen kurzerhand aus dem Weg geräumt – somit hatte er die Wohnung für sich. Doch zu welchem Preis! Das Blut seines eigenen Vaters klebte an seinen Händen.
 

Die Abteiltür wurde ein Stück aufgeschoben und Lily erschien in der Öffnung. Die Röte in ihrem Gesicht konkurrierte mit ihren Haaren.

„Ähm... Hallo ihr drei.“ Sie winkte halbherzig Avery und Mulciber zu. „Severus? Kannst du bitte mal kurz kommen, ich möchte mit dir reden.“

Nachdem sie diese Worte gesagt hatte, war sie auch schon wieder verschwunden.

„Ohoho, Severus läuft da etwa was?“ Avery stieß ihn mit dem Ellenbogen von der Seite an.

„Ach Quatsch“, murmelte Severus und stand auf. Er stolperte bei dem Versuch, aus dem Abteil zu gelangen, über seine eigenen Füße und fiel der Länge nach hin.

Das darauf folgende Gelächter seiner Freunde entging auch Lily nicht, die ein paar Schritte von dem Abteil entfernt stand und auf Severus wartete.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jane-pride
2013-08-03T18:33:07+00:00 03.08.2013 20:33
Ein wenig unbeholfen unser Severus. In Lilys Gegenwart oder wenn es um sie geht, setzt sein verstand einfach aus.
Auch eine gute Entscheidung, dass er nicht zu Avery über die Sommerferien gehen will.

jane-pride
Von:  Omama63
2013-07-22T12:52:30+00:00 22.07.2013 14:52
Wieder ein klasse Kapitel.
Es ist vielleicht gut, dass in der Lehrer erwischt hat, denn sein junges Ich, hätte die Tränke vielleicht nicht so gut weggesteckt.
Schade ist nur dabei, dass er Lily nicht mehr sehen konnte.
Er sollte endlich mal seinen Hintern hoch bringen und mit Lily Klartext reden. Jetzt hätte er ja die Gelegenheit, wen sie ihn schon sprechen will.
Bin schon gespannt, was Lily mit Severus bereden will und ob Sevi endlich den Mund aufmacht.


Zurück