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Eine Chance auf Glück?

~ Severus Snapes zweites Leben ~
von

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Lilys großer Auftritt

Es verging noch einige Zeit, in der Lily immer wieder nachgehackt hatte, woher Severus bereits bei der Heimfahrt gewusst hatte, dass seine Mutter verschwunden war. Dieser wich jedoch jedes Mal aus, bis sie schließlich aufgab und stattdessen begann nervös an ihrer Krankenakte herumzufummeln.

„Hör auf mit diesem Geraschel. Es nervt“, herrschte Severus sie nach einer Weile an. Mit einem Seufzen rollte sie die Akte zusammen, stützte ihr Kinn in die Hand und blickte zu Boden.

„Was machen wir, wenn sie uns nicht glauben?“, nuschelte sie. Severus warf ihr einen langen Blick zu.

„Mach dir keine Gedanken. Das wird schon.“

Severus verlieh seiner Stimme einen überzeugenden Klang, obwohl selbst in ihm langsam Panik aufstieg. Sein Blick fixierte die Tür. Wenn er sich nicht irrte – und auf sein Gedächtnis war in der Regel verlass – war es genau dieser Gerichtssaal gewesen, in dem er damals nur knapp, mit Dumbledores Hilfe, den Fängen der Dementoren entkommen war. Der Ort, in dem Avery und Mulciber… Er schluckte. Es behagte ihm ganz und gar nicht, erneut dort hinein zu gehen.

Als die Tür schließlich aufgerissen wurde, zuckten Lily und Severus zusammen. Es traten nur wenige Personen nach draußen, darunter ein ziemlich blasser und verängstigt aussehender Junge, der nach Severus‘ Schätzung allerhöchstens Zweit- oder Drittklässler sein konnte. Begleitet wurde er von einer streng dreinschauenden, hageren Hexe. Im Vorbeigehen warf sie Severus einen missbilligenden Blick zu, fast so als würde sie ihn persönlich für das Missverhalten ihres Sohnes verantwortlich machen.

Kurz darauf erschien erneut der kleine Mann und bedeutete den beiden wartenden, mit hektischen Armbewegungen, hinein zu kommen.

Severus straffte seine Schultern und beeilte sich, dicht gefolgt von Lily, der Forderung nachzukommen.

Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, als er den weitläufigen Kerkerraum hinter der Tür betrat. Es bestand kein Zweifel, es war tatsächlich schon einmal, unter weitaus schlimmeren Umständen, an diesem Ort gewesen. Zu einer Zeit, in der ihm sein eigenes Leben keinen einzigen Knut mehr wert gewesen war. Er blieb einen Moment lang verdattert stehen und spürte sogleich, wie Lily ihn von hinten anrempelte und sich hastig entschuldigte. Nachdenklich schüttelte er leicht den Kopf, bevor er weiter ging. Nein, die Situation heute war etwas völlig Anderes.

Trotz dieser Erkenntnis, stellten sich sämtliche Haare an seinem Körper auf, als er sich unter den bohrenden Blicken aller Anwesenden auf den riemenbesetzten Stuhl in der Mitte des Saales niederließ. Ganz kurz glaubte er sogar zu spüren, wie sich die Ketten bewegten und sich jeden Moment um seine Arme und Beine schlingen würden. Doch sie hatten sich kein bisschen gerührt. Das Zaubergamot hatte keinen Grund, ihn zu fixieren. Das beruhigte ihn ein wenig und er schaute sich im Saal um. Er war voll mit ihm unbekannten Hexen und Zauberern, die ihn neugierig musterten. Auf einer der vordersten Bänken saß ein, etwas dicklicher, in einen besonders kostspielig aussehenden Umhang gekleideter Mann, den Severus nach einiger Überlegung als den damaligen Zaubereiminister Harold Minchum erkannte. Wenn er sich recht erinnerte, war es diesem nur für eine relativ kurze Zeit gelungen, im Amt zu bleiben.

Die Tür zum Gerichtssaal wurde erneut aufgerissen und niemand anderes als Samantha, die als Sekretärin in der Abteilung für unbefugte Zauberei tätig war, kam herein. Ihre Absätze klackerten auf dem Steinboden, als sie stolzen Blickes und mit betont schwingenden Hüften herein stolzierte, was bei ihrer Figur eher hölzern als feminin wirkte. Sie ging direkt auf den Minister zu und drückte ihm eine dünne Akte in die Hände.

„Ah, und da sind auch schon die Falldokumente. Herzlichen Dank, Liebes.“ Er warf ihr ein strahlendes Lächeln zu und Severus kam nicht umhin, bei diesem Anblick die Augen zu verdrehen. Sein Umgang mit der Sekretärin erschien im höchsten Maße unprofessionell.

Der Zaubereiminister breitete die Dokumente vor sich aus, räusperte sich kurz und begann, mit einer ruhigen, magisch verstärkten Stimme zu sprechen.

„Außerplanmäßige Sitzung des Zaubergamots am 28. August 1976, Beginn um achtzehn Uhr neunzehn…“

Samantha hatte sich inzwischen auf einer der vorderen Bänke niedergelassen, ein Pergament samt Feder aus ihrer Umhangstasche herausgeholt und schrieb hastig mit. Der Minister fuhr derweil fort, alle Anwesenden namentlich zu nennen, wobei Severus kaum zuhörte. Nur ein Name erregte kurzzeitig seine Aufmerksamkeit.

„…Das Protokoll führt Samantha Ignis Minchum.“

Nun, somit wäre auch die Frage, wie es ihr gelingen konnte, an einen Job im Zaubereiministerium zu gelangen, auch beantwortet, dachte Severus und gluckste im nächsten Moment leicht. Es musste ganz schön bitter für einen so hochangesehenen Zauberer sein, ausgerechnet eine Squib zur Tochter zu haben.

 

Nachdem Harold Minchum seine Einführungsrede beendet hatte, überflog er kurz die Dokumente und richtete seinen Blick erneut auf Severus. Sein Gesichtsausdruck hatte etwas genervt-gelangweiltes.

„Nun, Mister Snape. Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum Sie unsere kostbare Zeit vergeuden. Sämtliche Beweise deuten darauf hin, dass Sie wider besseren Wissens einen direkten Angriff auf einen wehrlosen Muggel verübt haben.“ Seinen Worten folgte ein kollektives Aufseufzen. „Und anschließend sind Sie mittels einem nicht genehmigtem Apparrierungszauber vom Ort des Geschehens geflüchtet. Für mich sieht dieser Fall ziemlich klar aus“, sagte er und gähnte. „Mr. Bennet?“, rief er nach einer kurzen Pause.

„J..Ja?“, kam die Antwort von einer Severus bereits bekannten Stimme. Es war der Schnauzbartträger, der ihn und Lily zum Gerichtssaal gebracht hatte.

„Würden Sie Mr. Snape bitte seinen Zauberstab abnehmen? Warum wurde dieser nicht bereits durch Ihre Abteilung beschlagnahmt? Ich denke, wir sind fertig für heute.“ Schon während er sprach, fing er an zusammenzupacken.

 „Wie bitte? Wehrlos?“, erklang plötzlich eine aufgebrachte Stimme hinter Severus. Er drehte sich um und sah, dass Lily von ihrem Platz aufgestanden war und den Zaubereiminister wütend anfunkelte. Sie hatte vor Aufregung die Fäuste geballt. „Was denken Sie, was der besagte Muggel in jenem Augenblick getan hat? Uns Tee serviert?“ Ihr Tonfall mochte unpassend sein, besonders angesichts des Regierungsführers der britischen Zauberergesellschaft, und doch erfüllten ihre Worte Severus mit Stolz.

Minchum erstarrte mitten in der Bewegung – er war gerade dabei gewesen, die letzten Dokumente in einer Mappe zu verstauen. Er blickte sie an und stützte dann mit einem genervten Seufzen seinen Kopf in die Hand.

„Und Sie sind?“, fragte er.

„Lily Evans. Ich war bei dem Zwischenfall dabei.“ Trotz der unfreundlichen Reaktion des Zaubereiministers klang ihre Stimme fest.

„Ich denke nicht, dass es etwas an der Situation ändert …“, versuchte Minchum abzuwehren, klang jedoch etwas verunsichert.

„Und ob es das tut!“ Jetzt hatte Lily auch das letzte bisschen Beherrschung verloren. Sie stampfte quer durch den Saal auf den Tisch des Ministers zu und knallte ihm ihre Krankenakte offen auf den Tisch. „Hier! Schauen Sie mal, wie wehrlos dieser Muggel war. Er hatte uns angegriffen.“ Sie deutete auf die Zeilen, in der ihre Verletzungen in medizinischer Akribie beschrieben waren. 

Widerwillig besah der Minister die Akte und in seiner Stirn zeichneten sich tiefe Falten ab.

Severus musste leicht schmunzeln. Lily war es doch tatsächlich gelungen, den Zaubereiminister persönlich einzuschüchtern. Alle Augen im Raum waren nur noch auf die beiden gerichtet, er selbst war völlig aus dem Fokus verschwunden. Selbst Samantha starrte mit offenem Mund auf Lily und hatte ihre Schreibfeder längst vergessen.

„Ihr wurdet angeschossen?“, fragte Minchum schließlich und sah Lily verwundert an.

Sie nickte. „Und wenn Severus nicht so schnell reagiert hätte, würde ich jetzt die Radieschen von unten betrachten“, fügte sie mit kühler Stimme hinzu. „Soweit ich weiß, ist es minderjährigen Zauberern in Notlagen, selbst in Anwesenheit von Muggeln, erlaubt zu zaubern, oder irre ich mich da?“ Jetzt hatte ihre Stimme etwas Triumphierendes an sich.

Einige der Anwesenden nickten bestätigend und ein immer lauter werdendes Gemurmel erfüllte den Saal.

„Ich bitte um Ruhe!“, rief der Minister und schlug mit einer Faust auf den Tisch. „Wissen Sie“, begann er, als die Anwesenden sich wieder beruhigt hatten. „Es mag sein, dass der…“ – er durchblätterte noch einmal kurz die Unterlagen – „…Körperklammerzauber durchaus berechtigt war, aber, und verzeihen Sie mir meine Neugier, wie kommt ein Fünftklässler dazu, apparieren zu können? Und dazu auch noch seit-an-seit mit einer bewusstlosen Hexe?“

„Ähm…“, Lily sah verunsichert zum Anklagestuhl rüber. Minchum setzte ein Lächeln auf, das Severus und Lily gleichermaßen erschaudern ließ. Samantha fing wieder an, hastig etwas auf ihr Pergament zu kritzeln.

Severus schluckte schwer. Hierfür hatte er keine plausible Erklärung.

Noch während er fieberhaft nach einer Ausrede suchte, die sich nicht so unglaubwürdig wie die Wahrheit anhörte, erklangen hastige Schritte hinter der Tür und schon im nächsten Moment wurde sie aufgerissen. Herein kam niemand anderes als Albus Dumbledore. Hinter ihm stolperte eine Hexe herein, die den Zaubereiminister entschuldigend zulächelte. Offenbar war es ihr nicht gelungen, den Schulleiter von Hogwarts davon abzuhalten, den Gerichtssaal zu stürmen.

„Dumbledore? Was tun Sie denn hier?“ Der Zaubereiminsiter sah ihn, nun völlig aus dem Konzept gebracht, erstaunt an.

„Mir ist zu Ohren gekommen, dass einer meiner Schüler ungerechtfertigt suspendiert wurde. Da wollte ich mir das Ganze mit eigenen Augen ansehen. Das ist doch sicherlich kein Problem für Sie.“ Die Stimme des Schulleiters war ruhig, dennoch schwang in ihr ein Ton mit, der keinen Widerspruch duldete. Der Zaubereiminister erbleichte. „Und verzeihen Sie mir die Verspätung“, fügte Dumbledore mit einem Lächeln hinzu. „Wie bereits erwähnt, habe ich soeben erst von diesen Umständen erfahren. Und das auch nur, weil ich einen kleinen Plausch mit meiner guten Bekannten in St. Mungos geführt habe. Wie kommt das Ministerium eigentlich dazu, meine Schüler zu suspendieren, ohne mir Bescheid zu geben?“

„Da muss es wohl Probleme mit der Briefeule gegeben haben…“, murmelte Minchum irritiert, doch Dumbledore winkte ab.

„Wie dem auch sei. Fahren Sie fort.“ Der Schulleiter, die Ruhe selbst, setzte sich auf eine der hinteren Bänke und sah den Minister gespannt an.

Der Minister räusperte sich und brauchte einen Moment, um sich wieder zu sammeln. „Nun, wo war ich? Achja.“ Er sah direkt zu Severus. „Ich habe Sie gerade gefragt, woher Sie in ihrem Alter das Wissen haben, um apparieren zu können.“

Zu seinem sichtbaren Unmut und zu Severus‘ großer Verwunderung mischte sich in diesem Moment erneut Dumbledore ein.

„Ich denke, dies kann ich Ihnen erklären. Ich selbst habe diesem Schüler das Apparieren beigebracht. Er erschien mir sehr begabt in dieser Hinsicht zu sein“, sagte er lächelnd. Severus sah ihn mit großen Augen an. Wovon zur Hölle redete Dumbledore da?

„Denken Sie nicht, dass ein Fünftklässler ein wenig … uhm … zu jung für diese Art von Zauberei ist?“, kam von einer der anwesenden Hexen aus dem Zaubergamot.

„Denken Sie nicht, dass ich als Schulleiter durchaus in der Lage bin, die geistige Reife meiner Schüler selbst einschätzen zu können?“

„Aber es ist dennoch ein Vergehen, ohne Apparierlizenz zu…“, begann Minchum, doch Dumbledore schnitt ihm das Wort hab.

„Papperlapapp. Wen kümmern Lizenzen, wenn es um Leben oder Tod geht? Aus meiner Sicht hat Mr. Snape das einzig Richtige in besagter Situation getan.“

 

Es ging noch eine ganze Weile hin und her, doch schließlich musste der Zaubereiminister einlenken. Murrend zerriss er vor Augen aller Anwesenden die Anklageschrift und marschierte aus dem Saal. Es war ihm anzusehen, dass ihm die ganze Situation höchst unangenehm war. Offenbar hatte er gehofft gehabt, den ganzen Fall schnell hinter sich bringen zu können ,um anschließend den Feierabend zu genießen.

 

Severus und Lily waren mit die Letzten, die den Gerichtsraum verließen. Etwas abseits der Tür blieben sie schließlich stehen.

„Lily… Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Du warst großartig! Danke…“, sagte Severus aufrichtig und sah ihr in die Augen.

„Ich konnte einfach nicht anders. Was ist schon ein Zauberer ohne seinen Zauberstab? Und außerdem…“ Sie biss sich nervös auf die Unterlippe, lächelte ihn dann an und überbrückte die Entfernung zwischen ihnen mit nur einem Schritt. Noch ehe Severus sich versah, hatte sie die Arme um seinen Hals geschlungen. „Wäre Hogwarts einfach nicht dasselbe ohne dich“, murmelte sie an seiner Brust.

Es vergingen einige Sekunden, bis Severus imstande war, ihre Umarmung zu erwidern. Bei Merlin, wie gut sie roch! Er drückte sie fest an sich und nahm mit geschlossenen Augen all die Sinneseindrücke auf, die auf ihn einprasselten – den süß-herben Duft ihrer Haut, ihr Haar, das sein Gesicht kitzelte, die weiche Haut ihrer Arme, die locker auf seinen Schultern ruhten. Irgendwo am Rande seines Verstandes registrierte er außerdem die weiche Rundung ihrer Brust, die gegen seinen Bauch drückte und sein Herz höher schlagen ließ. Als sie sich schließlich von ihm löste, ging sein Atem deutlich schneller und er dankte im Stillen dem Himmel dafür, dass sie es nicht zu bemerken schien.

Aus dem Augenwinkel sah er, dass Dumbledore ihm zuzwinkerte.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Omama63
2017-03-27T09:03:27+00:00 27.03.2017 11:03
Gut, dass Dumbledore gekommen ist, denn das mit dem Apparieren hätte er bestimmt nicht erklären können.
Minchum hätte Severus gar nichts erklären lassen, wenn Lily nicht so energisch eingegriffen hätte.
Ich konnte mir richtig gut vorstellen, wie missmutig Minchum, die Anklageschrift zerrissen hat.
Severus ist ganz heiß geworden, als ihn Lily umarmt hat.
Ich hoffe, dass es hier für Severus ein Happy End gibt.

LG
Omama63
Antwort von:  StarCat
27.03.2017 11:53
Lieben dank für deinen Kommentar.
Ja der gute alte Dumbledore hatte ja schon immer ein Händchen für gute Auftritte. :) Und ja, Minchum hat sich alles andere als vorbildlich/professionell verhalten. Da ist es gut, dass Severus jemand wie Lily an seiner Seite hatte.
Liebe Grüße

StarCat
Antwort von:  StarCat
27.03.2017 11:55
Und die Umarmung hatte Severus nach den letzten Strapazen wirklich gebraucht. ^^


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