Zum Inhalt der Seite

Tabula Rasa

A Doctor Who Miniseries
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Hunger

Er hatte sie gehört. Wenn auch nur kurz und leise, so hatte er sie dennoch gehört. Seine kostbaren Trommeln, den wunderschönen Vierertakt, der ihn all die Jahre über in den Wahnsinn getrieben hatte. Er hatte ihn doch nicht verlassen und musste nur wiedergefunden werden!

Benommen blinzelte der Master. Sein Kopf, nein, sein gesamter Körper schmerzte. Der rasante Verbrauch seiner Lebensenergie schien allmählich seinen Tribut zu fordern. Aber was sollte er dagegen tun? Zumindest war die Fähigkeit, die er dadurch erhalten hatte, seine Energie in einem Strahl zu bündeln, äußerst praktisch und konnte ihm bei der Suche nach seinen Trommeln vom Vorteil sein.

Erschöpft wollt er sich recken und erstarrte. Irgendetwas hielt seine Hände fest. Der metallische Klang, den sein Zerren hervorbrachte, verhieß nichts Gutes. Langsam sah der Master seine Schulter hinab zu seiner Hand. Es dauerte, bis sich seine Sicht vollkommen geklärt hatte, doch dann erkannte er mit Entsetzen, dass er angekettet war. Mit Handschellen! An einem Geländer, das ihn Böses ahnen ließ. Ein Blick um ihn herum bestätigte seine dunkle Vorahnung.

„Oh nein“, entfuhr es ihm. „oh nein, oh neinoneinonein. Das hast du nicht gemacht, Doctor.“
 

Der Master befand sich mitten in der TARDIS. Vor ihm ragte das Steuerpult auf, gerade so als ob es ihn verspotten wollte mit der lächerlichen Entfernung, die ihn von seinem Gebrauch trennte. Gegen seinen Rücken drückte ein teilweise gepolstertes Geländer, das ihn stützte und an dem die beiden Handschellen befestigt waren. Wie er den Doctor dafür hasste!

„Wäre es zu viel verlangt gewesen, mich wenigstens in einen Raum einzusperren?“, rief der Master verärgert, denn ihm klar war, dass der Doctor ihn hören würde.

„Tut mir Leid, ging nicht anders auf die Schnelle. Du warst kurz davor, wieder zu Bewusstsein zu kommen, da musste ich etwas improvisieren.“

„So, so“, brummte er und beobachtete missmutig, wie der Doctor hinter dem Steuerpult hervorkam. „Und was hast du jetzt mit deinem neuen Haustier vor?“

Ein wenig ratlos zuckte der Doctor die Achseln. „Dir helfen, nehme ich an.“

„Na großartig.“

„Du weißt, dass du so nicht mehr lange weitermachen kannst. Wenn wir nicht schnell eine Möglichkeit finden, den Verbrauch deiner Lebensenergie zu stabilisieren, wirst du sterben.“

„Das wäre vielleicht gar nicht mal so schlecht“, erwiderte der Master, dem es überhaupt nicht gefiel, dass der Doctor bereits damit anfing, von ihnen in der ersten Person Plural zu sprechen. Wir ... Pah! Als ob er darum gebeten hatte, dass ihn dieser selbstlose Samariter half. Wenn es nach ihm ginge, konnte sich ihre letzte Begegnung gerne wiederholen. Es würde nichts Schöneres geben, als mitanzusehen, wie der Doctor akzeptieren musste, dass er ihn nicht als Begleitung oder Freund gewinnen konnte. Andererseits ergab sich hier aber eine äußerst praktische Gelegenheit, mit Hilfe des Doctors und seiner TARDIS die Trommeln zu finden.

„An was für eine Möglichkeit hast du denn gedacht?“

„Ich war gerade dabei, nach einer zu suchen, als du wieder zu Bewusstsein gekommen bist.“

Der Master stieß ein entnervtes Seufzen aus. „Du glaubst hoffentlich nicht, dass du mich hier die ganze Zeit angekettet lassen kannst, bis du ‚eine Möglichkeit‘ gefunden hast.“

Der Doctor legte abwägend den Kopf von der einen auf die anderen Seite. „Tja, eigentlich nicht, obwohl jaah, nein, so ein bisschen vielleicht.“

Mit zusammengebissenen Zähnen schloss der Master die Augen. Das konnte alles nur ein schlimmer Albtraum sein! In seinen Fingerspitzen begann es unangenehm zu kribbeln und er spürte, wie sein gesamter Körper wieder zu zerfallen schien. Er musste seine Gedanken beisammen halten, musste seine Würde bewahren und zumindest von diesem elenden Geländer wegkommen! Er musste mit dem Doctor...
 

Plötzlich legte er den Kopf schief und starrte den Doctor an. „Ich bin so hungrig“, flüsterte er.

„Ja, genau, Essen ...“, meinte der Doctor ratlos und zugleich ein wenig beunruhigt. Die angekettet Gestalt war vom einen auf den anderen Moment von dem würdevollen Time Lord, den er in Erinnerung hatte, zu etwas geworden, das ihn unangenehm an ein Raubtier erinnerte. Die Gier, die in den braunen Augen glitzerte, behagte ihm nicht. Zu allem Überfluss kam noch hinzu, dass er sich in seiner TARDIS eigentlich keine Gedanken über Nahrung machte. Sicher, irgendwo befand sich schon etwas Essbares, aber es würde lange nicht reichen, um dieses Etwas, das vom Master Besitz ergriffen hatte, zu besänftigen.

Widerstrebend holte der Doctor seine Brille heraus, zog den Monitor, der über dem Steuerpult hing, zu sich heran und begann, Koordinaten einzugeben. Bei den Ergebnissen, die ihm die TARDIS ausspuckte, zog er nachdenklich die Augenbrauen hoch, bis er plötzlich ausrief: „Mezalblu!“

Während sich die Maschinerie schwerfällig in Gang setzte, kniff der Master angestrengt die Augen zusammen und versuchte, das Bild vor sich nicht verschwimmen zu lassen. Der Doctor hatte den Bildschirm gedreht, sodass auch er die Daten lesen konnte, doch verloren sie sich in Bedeutungslosigkeit. Es knurrte in ihm. Sein Hunger war das Einzige, an das er denken konnte. Er hatte das Gefühl zu schweben. Was für ein komisches Gefühl. Er lachte und ließ sich fallen.

„Nein!“, rief der Doctor und packte den Master entsetzt an den Schultern, als er bemerkte, wie dessen Äußeres immer weiter aufgezehrt wurde. Das durfte nicht passieren. „Konzentriere dich“, murmelte der Doctor. „Komm schon, reiß dich zusammen.“

„Weg ... von ... mir“, knurrte der Master und stieß den Doctor grob von sich. Überrascht starrte dieser ihn an. Dann dämmerte auch dem Master, was soeben geschehen war, und mit einem Ausdruck der Verblüffung hob er seine befreiten Hände vors Gesicht. Ein Grinsen erschien, als er vergnügt mit den Fingern wackelte, die in unregelmäßigem Abstand bläulich pulsierten und seine Knochen zeigten.

„So viel also dazu ...“

Unbewusst hatte der Master mit seiner Energie die beiden Handschellen zerstört. Jetzt konnte ihn nichts mehr aufhalten! Es gab bestimmt saftiges Fleisch, das auf ihn wartete, dort draußen im Universum. Seinem Universum.
 

Mit einem selbstgefälligen Lächeln öffnete er die Tür der TARDIS. Vor ihm erstreckte sich ein strahlend blauer Wald, durch den sich ein breiter Weg schlängelte. Die verzweigten Äste der dürren Bäume hatten nur wenig Laub, wodurch das bläuliche Licht zweier Monde bis in die kleinsten Nischen vordringen konnte. Geblendet hielt sich der Master den Arm vors Gesicht und wagte vorsichtig einen Schritt auf den fremden Planeten.

„Mezalblu“, ertönte die Stimme des Doctors neben ihm. Mit fast schon kindlicher Freude drehte dieser sich einmal um sich selbst und ließ das ungewöhnliche Bild auf sich einwirken. „So ein wunderschöner Planet!“

Der Master schenkte den Worten keine Beachtung. Es war egal, wo er sich befand, solange er an etwas Nahrhaftes kommen konnte. Er musste Prioritäten setzen und das gewaltige Loch in seinen Eingeweiden sagte ihm klar den Weg voraus. Danach konnte er sich immer noch um das Problem namens Doctor kümmern.

„In wenigen Jahren wird von dem Planeten nichts weiter als eine unbewohnbare Wüste übrig sein“, erzählte der Doctor fröhlich weiter, während er jedes noch so winzige Detail zu studieren schien. „Keiner weiß warum. Eine ganze Zivilisation, einfach ausgelöscht...“

„Wenn du schon Reisführer spielen musst, sag mir doch bitte, wo man hier an Essen rankommen kann. Ich bin auch nicht wählerisch. Weißt du, selbst die kleinen Erdlinge schmecken gar nicht so schlecht, wie man auf den ersten Blick meinen könnte.“

„Du hast nicht...“, setzte der Doctor mit einer Mischung aus Abscheu und Entsetzen an.

Der Master grinste jedoch nur und überließ den Rest der Vorstellung des Doctors. „Ich rieche was“, murmelte er stattdessen. „Wenn wir den Weg weitergehen. Dahinten, siehst du, ich glaube, da ist eine Lichtung.“
 

In stummem Einverständnis folgten sie der vom Master angegebenen Richtung. Es fiel dem Doctor schwer, den wunderlichen Anblick, der sich ihm bot, in vollen Zügen zu genießen. Immer wieder stürzte er über den weiteren Verbleib des Masters ins Grübeln. Wie sollte es weitergehen, wenn sie eine Möglichkeit gefunden hatten, dessen schwächlichen Zustand zu heilen? Den Master indessen beschäftigten ganz andere Dinge. Sein Schädel brummte vor Ideen, Pläne, Erinnerungsfetzen, Geistesblitze - sie alle hatten sich in einem tobenden Chaos verloren, das es schier unmöglich machte, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn den Verstand nicht zu verlieren. So schaffte er es zwar, den nagenden Hunger zumindest etwas in den Hintergrund zu drängen, doch konnte das alles auch nicht verhindern, dass er wieder mit der Abwesenheit seiner Trommeln konfrontiert wurde. Alles um ihn herum war so still. Er hörte nichts bis auf das leise, sandige Geräusch, das jeden seiner Schritte begleitete. Aber das war nicht dasselbe. Er vermisste das stetige Wummern in seinem Kopf. Er brauchte es. Der regelmäßige Vierertakt brachte Ordnung .

„Erinnerst du dich an die Geschichten, die man uns von Mezalblu erzählt hat?“, fragte der Doctor unvermittelt.

Verwirrt sah der Master auf. Dann wühlte er in seinen chaotischen Gedanken herum, bis er schließlich meinte, sich an den Namen erinnern zu können. Es musste wirklich lange her sein, seit er ihn zuletzt gehört hatte. War es nicht sogar in den Jahren vor der Akademie gewesen? Damals, als er und der Doctor ... Wütend riss er sich wieder zusammen. Das dunkle Gefühl beschlich ihn, dass der Doctor Mezalblu mit Absicht ausgewählt hatte, um an sein altes Selbst zu appellieren; an die unbeschwerten Zeiten, in denen keiner der beiden auf die bloße Idee gekommen wäre, den anderen eines Tages bekämpfen zu werden.

„Die Völkergruppe der Anolas hatte eine außergewöhnliche Energiequelle gefunden, mit der sie fast alles versorgen konnte“, fuhr der Doctor unbeirrt fort. „Vielleicht können sie uns weiterhelfen.“

„Solange sie etwas gegen meinen Hunger haben, soll mir das recht sein“, brummte der Master, der auf die Erinnerung an vergangene Ereignisse gut verzichten konnte, und lief schweigend weiter.
 

Schließlich hatten sie das Ende des Weges erreicht. Vor ihnen wichen die Bäume einem großen, mit glatten Steinplatten gepflasterten Platz, in dessen Mitte in einer halbkreisförmigen Anordnung ein Festmahl aufgebaut war. Exotische Köstlichkeiten türmten sich auf den stabil aussehenden Tischen und schienen nur darauf zu warten, endlich verspeist zu werden. Der Anblick ließ den Master sich selbst vergessen. Mit einem Energiestoß schoss er hervor und landete inmitten des aufgetischten Festmahls. Ihn interessierte nicht, was genau es war, das er da vor sich hatte, solange es seinen Zweck erfüllte. Außerdem roch es gut. Es schmeckte besser als so manches, das er auf der Erde in seiner Not verschlungen hatte. Es war fettig und saftig und süß und sauer und scharf und bitter. Saft tropfte sein Kinn hinab, vermengte sich mit Fett, lief in seinen ungepflegten Bart, klebte zwischen seinen schmutzigen Fingern, während seine Hände wie von selbst nach dem Essen griffen und es in sich hinein schaufelten.

Zuerst war der Doctor zu perplex, um auch nur auf den Gedanken zu kommen, etwas zu unternehmen. Dann dämmerte ihm das zerstörerische Ausmaß, das der Master da gerade anrichtete, und er eilte nach vorne.

„Das ist nicht der richtige Zeitpunkt“, zischte er und zog den Master von dem steinernen Tisch herunter. Teller fielen mit einem blechernen Klang zu Boden, Früchte zerplatzten und Tränke von sonderbarer Farbe kippten um. Ihr zähflüssiger Inhalt ergoss sich über die sorgfältig dekorierte Anordnung und klebte an der Hose des Masters.

„Du machst alles kaputt!“, rief der Doctor aufgebracht. „Wenn du warten würdest ... wir könnten herausfinden, wofür dieses Festmahl aufgebaut worden ist. Wir könnten uns einladen lassen. So könntest du immer noch essen.“

„Hunger“, flüsterte der Master und fuhr sich geistesabwesend mit dem Ärmel über den verschmierten Mund. Sein Blick flackerte. „Guck es dir an! Das Fleisch, die Früchte, so saftig und lecker, so saftig, oh, wie ich das Fleisch liebe. Es ist zart. Es ist meins und dann blutig und...“

Der Ärger schwand, als der Doctor den Master in diesem Zustand des Wahnsinns betrachtete. Er fragte sich, ob es tatsächlich nur der Hunger war, der ihn den Verstand verlieren ließ, oder ob der Master das nicht schon vor langer Zeit getan hatte und es nun einfach nicht mehr für nötig hielt, die Maske der Vernunft zu tragen. Was es auch war, die Antwort würde ihm nicht behagen. Er konnte nur hoffen, dass mit der Widerherstellung seines normalen Energieverbauchs das bisschen Vernunft, das der Master besaß, wieder von selbst in Erscheinung treten würde.
 

Plötzlich horchte der Master auf. „Die Trommeln!“, entfuhr es ihm mit weitaufgerissenen Augen und er trat vorsichtig einen Schritt nach vorne.

„Ich-...“, setzte der Doctor an und wurde grob vom Master wegstoßen.

„Schhsch! Hör nur, hör nur, ich glaube, sie sind da, sie kommen zurück!“

Dann hörte auch der Doctor entfernte Geräusche. Aber es war kein Trommeln. Es war vielmehr ein Stampfen, das an marschierende Truppen erinnerte, wenn da nicht noch aufgeregtes Stimmengewirr gewesen wäre.

„Wir müssen hier weg!“

„Aber...“

„Schnell!“ Ungeduldig packte der Doctor den Master beim Arm und rannte los. Die Geräusche konnten nur eines bedeuten: Nämlich, dass diejenigen, für die das Festmahl bestimmt gewesen war, zurückkamen. Und wer auch immer die beiden in dem angerichteten Chaos entdecken würde, es war klar, dass sie nicht mit offenen Armen empfangen werden würden.
 

Keuchend stürmten sie durch das Gebüsch. Äste und Zweige griffen nach ihrer Kleidung, als wollten sie die beiden Eindringlinge von ihrer Flucht abhalten. Mit Erfolg. Der Master spürte auf einmal, wie etwas an ihm zerrte, und erkannte, dass sich seine Kapuzenjacke in dornigem Gestrüpp verfangen hatte. Ärgerlich blieb er stehen und versuchte, seine ohnehin schon zerschlissene Kleidung zu befreien.

Was tat er eigentlich? Essen konnte er hier nicht finden. Seine Trommeln waren ebenfalls nicht an diesem Ort. Tatsächlich waren sie sogar ganz verschwunden und an deren Stelle hörte er nun laute Stimmen.

Mit einem seltsamen Gefühl der Unwirklichkeit wandte er sich schließlich zu der Gestalt um, die ungeduldig darauf zu warten schien, dass er sich wieder in Bewegung setzte. Doctor. Ja, es war der Doctor, der dumme, dumme Doctor. Warum war er hier? Worte purzelten durch seinen Verstand und formten eine Frage, mit der er erklären können würde, was los war, was das Doctor vorhatte, was er hier überhaupt tat.

„Doctor, wa-...?“

Doch da hatte ihn der Doctor bereits gepackt und ihm die Hand auf den Mund gepresst. „Pssscht“, flüsterte er, „wenn sie uns finden nach dem, was du angerichtet hast, werden wir keine Hilfe von ihnen erwarten können. Wegen der ganzen Geschichten über ihre einzigartige Energiequelle aber könnten sie zu den wenigen gehören, die vielleicht wissen, wie man den Zustand deiner Lebensenergie wieder stabilisiert.“

Es war als hätte die Berührung einen Hebel im Master umgelegt. Mit einem verächtlichen Schnauben riss er sich los und meinte: „Es wird auch einen anderen Weg geben, mich zu heilen.“

„Oh, hör dich nur an! Immer geht es nur um dich. Schätzt du es denn gar nicht, neue Kulturen kennenzulernen? Denk doch mal an all die interessanten, neuen Dinge, die man dadurch erfahren kann!“

„Was kümmern mich schon Kulturen von solch niederen Völkern? Solange sie sich unter meine Herrschaft begeben, sollen sie mir egal sein.“ Dann legte der Master mit einem Grinsen den Kopf schief. „Und sie sollten gutes Essen haben... Steak-..:“

„Lass es.“

„... so richtig schön blutig und saftig und lecker, ich will Gebäck ... alles meins ... al-...“

„Bitte, lass es sein!“

„-les, alles, ich will alles, essen, alles, alles ...“

„Hör damit auf!“

Einen Moment starrten sie sich wortlos an. Wut und Verzweiflung kämpften im Gesicht des Doctors, während der Master nicht aufhörte zu grinsen. „Ich habe immer noch so einen Hunger, Doctor.“
 

Der Doctor war gerade versucht zu antworten, als sein Blick plötzlich auf einen beunruhigenden Punkt hinter dem Master fiel. „Lauf“, flüsterte er.

„Wa- ...?“

„Lauf!“

Zum zweiten Mal an diesem Tag packte der Doctor den Master beim Arm und zog ihn hinter sich her, noch bevor dieser die Situation erfassen konnte. Das bestialische Brüllen hinter ihnen erstickte den aufkommenden Protest des Masters augenblicklich und trieb sie voran. Seite an Seite stürmten sie durch das Gebüsch. Jedes bisschen Kraft verwendeten sie darauf zu rennen. Zu rennen und zu rennen und zu rennen. Schnell offenbarte sich ihnen aber die Klemme, in der sie steckten, als das Ungetüm sie unaufhaltsam in Richtung des Festmahls jagte.

Letzten Ende kam es, wie es kommen musste. Sie waren nur wenige Schritte von der Lichtung entfernt, da traf sie etwas von hinten. Die Wucht des Schlags beförderte die beiden Time Lords in die Luft und schleuderte sie auf die Lichtung, genau in das Festmahl hinein.
 

„Was zur Hölle ...“, entfuhr es dem Master beim Anblick des Ungetüms, das genau auf sie zu preschte. Es war nicht sonderlich groß für eine Bestie - überragte ihn selbst vielleicht um wenige Zentimeter. Den Körper bedeckten bläulich-grünliche Schuppen und um den länglichen Kopf herum wuchsen lange, dunkle Tentakeln, ähnlich einer Löwenmähne. Letztlich flößten ihm die feinen, spitzen Zähne den nötigen Respekt ein, um es nicht zu unterschätzen.

Hastig wich der Master zurück, als er erkannte, dass es zum Sprung ansetzte. Dann jedoch fiel sein Blick auf den Doctor, der sich stöhnend an eine frische Platzwunde fasste und darum kämpfte, das Bewusstsein zu behalten. Fluchend griff der Master nach dem Doctor und riss ihn zurück. Genau im richtigen Moment. Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen landete das Biest direkt neben ihnen und verfehlte sie nur knapp mit seinen peitschenden Tentakeln. Ein weiterer Schlag zerschmetterte einen der Tische, der mit einem leisen Summen zerbröckelte. Entsetzt beobachtete der Master, wie es plötzlich aufblitzte und Gitterstäbe aus bläulicher Energie ein Konstrukt um die Tische bildeten. Sie saßen im wahrsten Sinne des Wortes in der Falle.
 

„Autsch, das war keine schöne Landung“, ächzte der Doctor, der langsam wieder zu sich kam. Einen Augenblick lang war seine Sicht verschwommen, dann kristallisierte sich aus dem unscharfen Wirrwarr die gebückte Gestalt des Masters über ihm und genau vor ihm der äußerst beunruhigende Anblick des Untiers, das sie gejagt hatte, heraus. Mit einem Satz war er wieder auf den Beinen, kämpfte kurz gegen seinen Schwindel an, während er einem weiteren Peitschenschlag der Tentakel auswich. „Wir sitzen in der Falle“, rief er überrascht, als er die Gitterstäbe bemerkte.

Unwirsch verdrehte der Master die Augen. „Was du nicht sagst! Irgendeine Idee, wie wir hier wieder rauskommen, Doctor?“

„Ich bin mir nicht sicher. Das sieht mir nach einer ziemlich ausbruchsicheren Falle aus.“ Neugierig lief der Doctor zum Käfigkonstrukt, während seine Gedanken sich bereits überschlugen. Insgeheim bedauerte er, dass ihm vorerst keine Zeit blieb, alles genau zu untersuchen, doch das Knurren der Bestie hinter ihm mahnte ihn zur Eile.
 

Währenddessen flog ein weiterer Hieb auf sie zu, den der Master nur knapp mit einem Energiestoß abwehren konnte. Widerstrebend sah er ein, dass es keinen Zweck hatte, den Hieben auszuweichen. Sie waren zu brutal und schnell, als dass sie auf Dauer unbeschadet davonkommen würden. Keuchend ließ er seine Barriere fallen und setzte sich dem entsetzlichen Sog aus, der seine Lebenskraft zu verschlingen schien. Er musste ihnen Zeit verschaffen! Wieder glaubte er, seinen Körper auseinanderfallen zu spüren, während er entschlossen Energie in seinen Händen sammelte.

„Doctor“, knurrte er, als er erneut zum Angriff gegen die Bestie ansetzte. „Wenn du irgendeinen Plan hast, wie wir hier rauskommen, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt.“

„Ich versuch’s!“ Das leise Summen des Sonic Screwdrivers mischte sich unter den Lärm der Kämpfenden. Hektisch suchte der Doctor nach einem Weg, das Gitter des Käfigs zu deaktivieren. Doch schnell musste er erkennen, dass es sich um einen äußerst komplexen Mechanismus handelte, den er so noch nie gesehen hatte. Forscherdrang schlug im Doctor empor, je mehr er sich mit dem Konstrukt auseinandersetzte. Es war brillant! So brillant, dass ihm die Zeit davonrannte, einen Ausweg aus der Falle zu finden. Er musste erst herausfinden, was genau sie aktiviert hatte, denn als der Master sich über die Speisen hergemacht hatte, hatte sich schließlich kein Käfig gebildet. Es musste mit der Bestie zusammenhängen.

Nachdenklich wandte sich der Doctor zu den beiden Kämpfenden und hielt beim Anblick des Masters entsetzt inne. Immer öfter wurde seine menschliche Erscheinungsform vom blauen Skelett verschluckt. Energie strömte aus ihm heraus, viel zu viel Energie, die auf das Ungeheuer niederprasselte, um ihnen mehr Zeit zu verschaffen. Er musste das Ganze stoppen! Sofort! Sonst würde es kein gutes Ende für den Master nehmen.
 

Instinktiv rannte der Doctor hinter die noch stehenden Steintische. Seine Hand tasteten fahrig nach etwas, das einem Schalter glich, während sein Screwdriver surrend nach Anzeichen von Sensoren suchte. Schwarze Flecken begannen vor seinen Augen zu tanzen und es fiel ihm schwer, seine Gedanken beisammen zu halten, geschweige denn länger auf den Beinen zu bleiben. Entschlossen biss er die Zähne zusammen und lief weiter. Er glaubte, die Ursache erkannt zu haben, doch da forderte die Platzwunde ihren Tribut.

„Doctor!“, brüllte der Master drängend, als das Gefühl auseinanderzufallen immer unerträglicher wurde. Er konnte den ungebändigten Strom nicht mehr stoppen. Seine Energie floss unaufhörlich aus ihm heraus und zehrte an seinen zusehends schwindenden Kräften. „Was dauert das so lange?“ Als immer noch keine Antwort kam, drehte er sich wütend um.

Der Doctor hatte sich ihm zugewandt. Entschuldigend sah er ihm entgegen. Blut aus der Platzwunde an seiner Stirn lief ihm das Gesicht hinab. Und irgendwie wusste der Master, was passieren würde; Zeit schien mit einem Mal unglaublich langsam zu vergehen. Ein leises „Es tut mir Leid“, drang verzerrt an seine Ohren, während er zusah, wie der Doctor zu Boden fiel. Er spürte die Welt unter seinen Füßen kippen. Oben war unten. Sein Körper fühlte sich leer und zerfetzt an. Er sah ein Flackern, hinter dem eine Reihe dunkler Gestalten emporwuchs, dann wurde alles um ihn herum schwarz.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das hier war das, was ich insgeheim gerne als "1. Folge" bezeichne, weil es ab diesem Kapitel erst richtig losgeht mit dem Abenteuer der beiden.
Die "Folge" an sich - also die Ereignisse auf Mezalblu - habe ich letztlich in 3 statt 2 Teile aufgeteilt. Hat den Vorteil, dass es in einem schnelleren Rythmus Kapitel geben wird und diese von der Länge her etwas besser aufgeteilt sind. Heißt, nächste Woche wird es auch schon weitergehen ;D
Ansonsten freue ich mich natürlich, falls ich dem ein oder anderen wieder etwas DW Unterhaltung bieten konnte und sage, bis hoffentlich zum nächsten Mal :DD

Liebe Grüße, SweeneyL
Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  DavidB
2015-05-12T21:53:10+00:00 12.05.2015 23:53
"Wollen Sie damit also andeuten, dass die ganze Welt sich um Sie dreht?" - "Ein bisschen, ja." - "Sie sind verrückt!" - "Ein bisschen, ja."
"Andererseits ergab sich hier aber eine äußerst praktische Gelegenheit, mit Hilfe des Doctors und seiner TARDIS die Trommeln zu finden." Hm. Sind in dieser Fassung die Trommeln noch immer die Machenschaften von Rassilon? Wäre die Quelle der Trommeln dann weniger das bekannte Schlupfloch als vielmehr der Riss in der Zeit, durch den die Timelords die eine Frage stellen? In anderen Worten: Würde die Suche nach den Trommeln nach Trenzalore führen?
Oder wäre der Weg das Ziel? Würde der Master bei der Möglichkeit, die Trommeln wieder zu gewinnen, diesen Deal eingehen oder wäre er stark genug, um ohne Trommeln zu handeln?
Sorgten die Trommeln für den Wahnsinn oder ist der Master auch ohne Trommeln noch ein sadistischer, manipulativer Kerl? ...das wird spannend!
"Zu allem Überfluss kam noch hinzu, dass er sich in seiner TARDIS eigentlich keine Gedanken über Nahrung machte. Sicher, irgendwo befand sich schon etwas Essbares, aber es würde lange nicht reichen, um dieses Etwas, das vom Master Besitz ergriffen hatte, zu besänftigen." Nuuuun ja, an für sich gibt es eine Nahrungs-Maschine an Bord, die bestimmte Geschmacksrichtungen in Riegel presst. Die war glaube ich in einer der ersten Folgen - aber dort wurde auch direkt gesagt, dass die Maschine regelmäßig aufgefüllt werden muss. Sonderlich voll wird die also nicht mehr sein.
Und dem Heißhunger des Masters würde sie wohl auch kaum standhalten können.
"Ein Grinsen erschien, als er vergnügt mit den Fingern wackelte, die in unregelmäßigem Abstand bläulich pulsierten und seine Knochen zeigten." Irgendwie gefällt mir deine Fassung da besser als die Effekte im Original, wo nur der Kopf und vielleicht noch ein Teil des Oberkörpers "reagiert". Und du erwähnst auch nicht die affigen Augäpfel, die laut der Folge noch in seinem Schädel zu erkennen sind.
Mezalblu. -Blu verstehe ich anhand der Farbe schon, aber Mezal-? Wie Metall? Beim ersten Lesen dachte ich, du hättest Metebelis III falsch geschrieben oder einfach nur seltsam übersetzt.
(Hast du "Planet of the Spiders" eigentlich gesehen? Ein Planet voller Energie-Kristalle, welche im Überfluss nicht nur zum Steigen der Intelligenz, sondern auch der Körpergröße sorgen. Oh, und der Doctor konnte ein paar Folgen vorher damit hirngewaschene Leute wieder zur Vernunft bringen.)
"In wenigen Jahren wird von dem Planeten nichts weiter als eine unbewohnbare Wüste übrig sein [...] Keiner weiß warum. Eine ganze Zivilisation, einfach ausgelöscht..." Als ich dies das erste Mal las, schrie ich in Gedanken den Doctor an: Geniale Idee, den Master gerade auf so einen empfindlichen Planeten loszulassen! Warum bringt er ihn nicht direkt auf die Erd--, oh.
Die in deiner Fassung unerzählte Erinnerung des Masters an Gallifrey ersetzt sich hier durch eine Erzählung vom Doctor. Timelord-Nostalgie ist doch immer was Schönes!
Als ich deine One-Shots las, war ich mir etwas unsicher, ob du auch eine längere Handlung gut schreiben kannst. Bei einem übersichtlichen Text kann man einfach aussparen und dafür an anderen Stellen in die saftigen Details gehen, ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren.
Diese Zweifel zerstreute diese Geschichte als erstes, die "1. Folge" deiner Doctor-Who-Ministaffel. Die wechselnde Perspektive zwischen dem Doctor und dem Master (aber mit Hauptaugenmerk auf den Master), die sinnlichen Beschreibungen vom Essen und die wenigen Worte, die Mezalblu beschreiben, um ein komplettes Bild in unsere Köpfe zu setzen. So muss das sein!
"um den länglichen Kopf herum wuchsen lange, dunkle Tentakeln, ähnlich einer Löwenmähne" - da fiel bei mir der Groschen. Aber müsste der Master diese Alienart nicht erkennen?
"Es tut mir Leid" - und an der Stelle hattest du mich als Leser am Haken. Der Doctor hat es nicht geschafft?! Der zehnte Doctor? Unser Doctor? Niemals! Was wird denn jetzt passieren?!
...und bald danach hatte ich auch den Rest gelesen ;-)
Antwort von:  SweeneyLestrange
14.05.2015 17:51
Boah das ist eine verdammt gute Frage. Also für mich sind die Trommeln ein Resultat von Rassilons Machenschaft. Ich muss hier auch hinzufügen, dass das Konzept für die Fanfic entwickelt worden ist, da war nicht mal bekannt, dass David Tennant fürs 50th zurückkehrt xD
Deswegen würde ich einfach mal sagen, abwarten, was am Ende bei rauskommt^^ Mit großer Wahrscheinlichkeit werde ich lediglich die ersten 4 Staffeln berücksichtigen (weil es ja im Grunde genommen auch an deren Ende anknüpft)
Uh, das mit der Nahrungsmaschine ist interessant! Aber recht hast du. Wahrscheinlich würde die nie im Leben für den Heißhunger des Masters ausreichen xD
Ich versuche mir einfach einzureden, dass der hier beschriebene Effekt so beabsichtigt war, aber sich vom VFX her am besten so umsetzen ließ xD Wobei die Augäpfel ja schon beabsichtigt waren ...
Meteblis III kenne ich nicht .____. Reden wir nicht über Namen. Mit denen tue ich mich schwer. Es klang halt einfach irgendwie schön^^;
(Neeeein, wie cool, das wusste ich nicht! Gosh, ich muss wirklich mal aufholen...)
Was dir alles auffällt! Stimmt, ich hab gar nicht mehr dran gedacht, dass die schöne Erinnerung des Masters ja nun flöten geht in dieser Fassung.
Aww vielen, lieben Dank für das Kompliment! Es freut mich sehr zu hören, dass ich dich bisher mit der langen Handlung überzeugen konnte. Um ehrlich zu sein, hatte ich vor wenigen Jahren tatsächlich meine Schwierigkeiten Kurzgeschichten zu schreiben, weil die meisten Ideen sofort einen großen Plot mit sich gebracht haben xD Mittlerweile finde ich Kurzgeschichten angenehmer, weil man die tatsächlich fertig bekommt |DD Hier ist ja der Vorteil, dass ich dieses wannabe "Folgen"-Konzept habe. Das bringt viel Abwechslung und erlaubt Pausen.
Jein, das würde für mich bedeuten, dass ich die Geschehnisse von "Tödliches Paradox" als einen gewissen Canon für meine Fanfics betrachte und auch die Leser das kennen müssten; so etwas finde ich doof. Da begnüge ich mich mit der Anspielung^^;
Ist doch langweilig, wenn der Doctor alles kann und weiß und so. Mit zwei Time Lords wird das ja noch krasser. Da kann ich es denen doch nicht so einfach machen ;D


Zurück