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Young Sherlock

von

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Regeln brechen

Am Tag nach unserem Besuch bei Scotland Yard hatte Sherlock mich mit ins Büro des Schulsprechers geschleppt mit den Worten: „Wenn niemand anderes dabei ist... kann ich für nichts garantieren...“, damit wir uns eine offizielle Erlaubnis fürs Betreten der Aktenräume zu holen. Nur leider machte der Bruder meines besten Freundes uns einen Strich durch die Rechung.

„Sherlock, zum letzten mal“, Mycroft setzte sich aufrecht in seinem Lehnensessel hin. „Ich lasse euch nicht einfach an die Akten eines Schülers!“

„Aber warum, Mycroft?“, rief Sherlock aufgebracht. „Es geht um wichtige Ermittlungen, verdammt noch mal! Willst du dich gegen Scotland Yard stellen?“

„Wenn ich dich daran erinnern darf“, die Stimme des Schulsprechers war so kalt wie Eis. „du hast noch einen Fall im Namen der Schule, die Computer- Diebstähle, klingelt es bei dir?“

„Sherlock?“, fragte ich leise, doch als er nicht reagierte zupfte ich an seinem Ärmel. „Was für ein anderer Fall?“

Doch der Detektiv ignorierte mich. „Was soll ich bei einem Fall, bei dem ich mich eh nur langweile, Mycroft?“, erwiderte er in dem selben Tonfall wie sein Bruder. „Und außerdem kannst du dich doch selbst darum kümmern!“

Der Angesprochene schüttelte den Kopf. „Ich habe im Moment keine Zeit, wir arbeiten an einem Projekt, bei dem wir mit der Queen... Nun ich glaube nicht, dass euch das etwas angeht...“ 

Sein Bruder schnaubte. „Dann eben nicht, ich komme schon in den Raum, verlass dich drauf!“ Mit diesen Worten rauschte er aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu.

„Verdammt...“, murmelte Mycroft und stützte den Kopf in die Hände.

„Was ist denn los?“, fragte ich ihn. „Von welchen Computern reden Sie?“

„Das soll Sherlock dir erzählen...“, antwortete er seufzend. „Jetzt mal was ganz anderes, wie ist es denn so für dich, mit meinem Bruder zusammen zu leben? Es tut mir leid, dass du dir mit ihm ein Zimmer teilen musst, es waren leider keine anderen mehr frei...“

„Er ist... ein interessanter Mensch...“, sagte ich. „Er hat eine unglaubliche gute Beobachtungsgabe und ist sehr intelligent...“

Mycroft schnaubte. „Intelligent? Mein Bruder ist ein gottverdammtes Genie! Er hat einen anstrengenden Charakter und er tanzte den Lehrern schon immer auf der Nase herum, aber er ist einfach ein Genie!“

 Dazu konnte ich nichts erwidern.

Auf einmal klopfte es an der Tür. „Sherlock, was willst du?“, rief Mycroft. „Hast du deine Meinung etwa geändert?“

„Woher wissen Sie, dass es...“, fragte ich verwirrt, doch da öffnete sich die Tür und Sherlock trat ein.

„Kommst du John?“, fragte er und ignorierte dabei die Frage seines Bruders.

Ich nickte und erhob mich von meinem Stuhl. „Auf wiedersehen, Mister Holmes!“, sagte ich und trat zur Tür.

„Tschüß, John!“, sagte er zu mir. Dann stand er auf und ging einige Schritte auf Sherlock zu. „Niedliches Hündchen“, hauchte er ihm ins Ohr und lächelte uns süffisant an.  

„Wa...?“, wollte ich fragen, doch Sherlock unterbrach mich.

„Gehen wir John!“

Er schmiss die Tür mit etwas mehr Kraft zu als nötig und ging schnellen Schrittes den Gang entlang.

„Sherlock?“, rief ich und rannte ihm hinterher. „Was meinte er eben mit Hündchen?" Doch er ignorierte mich und ging einfach weiter. „Verdammt Sherlock, du kannst mich doch nicht einfach erst holen und dann vor mir wegrennen!“, rief ich aufgebracht.

Mein Freund drehte sich langsam um. „Ich renne nicht vor dir weg, nur macht Ms Hudson grade Mittagspause und ihr Büro ist verlassen und sie hat schließlich auch einen Schlüssel für den Aktenraum!“

Überrascht blieb ich stehen. „Du willst doch nicht...“, fragte ich geschockt.

Er grinste und entblößte dabei seine scharfen Zähne. „Ich hab doch gesagt ich komme in das Zimmer.“

„Sherlock, wir fiegen von der Schule!“, zischte ich wütend.

„Du musst ja nicht mitkommen!“, antwortete er und lächelte süffisant. Er wusste, dass ich mir dieses Erlebnis nicht entgehen lassen würde.

Also schlichen wir stumm durch die Gänge, plötzlich wand sich Sherlock an mich. „Ich habe übrigens deinen Artikel in der Schülerzeitung gelesen...“

„Und...?“ Der Chef- Redakteur der elektronischen Schülerzeitung hatte mich gefragt, ob ich nicht als Redakteur mitarbeiten wollen würde und so bekam ich schon nach einer Woche meine erste Kolummne. Ich sollte einen Detektivfall schreiben, der alle 3 Tage ein Update bekommen sollte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Myroft seine Finger im Spiel hatte, damit er erfuhr, was sein Bruder so den ganzen Tag über tat.

„Interessant.“

„Wirklich?“, fragte ich überrascht.

„Ja, die Idee eines Unschuldigen, der mit einem unglaublich intelligenten aber psychopathischen Mann gezwungener maßen zusammen lebt, wirklich sehr interessant“, er nickte.

Ich wurde rot. Da der Abgabetermin so nahe war, hatte ich einfach mein eigenes Leben an der Schule beschrieben und ein bisschen ausgeschmückt. Und Sherlock war bei der Geschichte nicht so wirklich gut weg gekommen...

„Ich meinte...“, stammelte ich entschuldigend.

„Natürlich meintest du mich!“, fuhr Sherlock mich an. „Aber wenn du schon über mich schreibst, dann beschreibe mich nicht so, als sähe ich aus wie ein krankes Gespenst!“

„Wie sieht denn bitte ein krankes Gespenst aus?“, erwiderte ich.

Er zuckte mit den Schultern. „Lassen Sie Ihre Fantasie spielen, Mister Watson, Sie sind hier der Kreative von uns!“  Mit diesen Worten eilte er voraus, in Richtung Ms Hudsons Büro.

Ich hatte Sherlock Holmes gekränkt. Ein breites Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit, als ich an den gekränkten Sherlock dachte.

Der Tag könnte doch noch ganz nett werden.

„John, du hast nicht zufällig Draht dabei?“, fragte Sherlock mich, als wir vor dem Büro der Schulleiterin stehen blieben.

Verwundert zog ich eine Augenbraue hoch. „Nein, warum sollte ich auch, Sherlock? Wozu brauchst du denn Draht.“

„Raten Sie doch mal, Watson“, lachte mein Freund gehässig. „Ich knie vor einer Tür und bitte Sie um Draht, ist es so undeutlich, dass ich das Schloß knacken möchte, oder stellen Sie sich einfach nur dumm an, Watson?“

„Sherlock, lass den Quatsch und rede wieder normal mit mir, woher soll ich denn wissen, dass du... Moment, du willst das Schloß knacken?!“, rief ich, als mir bewusst wurde, was er da eben gesagt hatte.

Sherlock deutete auf die Tür. „Die ist abgeschlossen und ich will da rein, hast du also einen besseren Vorschlag? Und bevor dein langsames Gehirn die Idee überhaupt nur anfangen könnte zu entwickeln: Nein, wir kommen nicht durch die Fenster rein, schließlich befinden wir uns im dritten Stock!“

„Ich hab doch gar nichts...“, warf ich ein.

„Ja, aber du hast nachgedacht, das reicht!“, schnappte er zurück. „Ist jetzt auch egal...“ Er zeigte auf ein Mädchen das den Gang entlang lief. „Da kommt Molly Hooper, die dürfte etwas haben, das zu gebrauchen ist... He Molly!“, rief er und winkte ihr zu.

Das Mädchen blickte überrasch von ihrem Buch auf. Als sie Sherlock erblickte, weiteten sich ihre Augen vor Schreck und ihre Wangen nahmen einen rötlichen Ton an. „Hallo... Hallo Sherlock!“, stotterte sie und ging ein paar Schritte auf uns zu. „Was hast du?“

Seine Augen blitzen vor Freude, als er das Interesse des schüchternen Mädchens an ihm bemerkte. „Ich wollte fragen ob du...“ Das Mädchen blickte ihn erwartungsvoll an. Man konnte ihr Herz fast Klopfen hören. „Ob du eine Haarnadel hast“, sagte Sherlock lächelnd und sein Grinsen wurde noch breiter, als er sah, wie Molly vor Enttäuschung in sich zusammensackte.

„Wofür brauchst du eine Haarnadel?“, fragte ich verwundert. Mein Freund blickte mich so unverständlich an, so als ob ich gefragt hätte, ob die britische Flagge Union Jack heißen würde.

„John, ich ignoriere diese unglaublich dämliche Frage nun einmal und wiederhole meine an Molly, hast du eine Haarnadel?“, meinte Sherlock Augen rollend.

Das Mädchen nickte langsam und griff in ihren Dutt. Einige Strähnen lösten sich aus ihrer Frisur und sie sah nun nicht länger wie das brave, schüchterne Mädchen aus, sondern wie eine wunderschöne Frau. „Hier Sherlock!“, sagte sie und überreichte dem Detektiv den Draht.

Als Antwort nickte er nur und machte sich so gleich am Schloß zu schaffen. Ich dachte, es sei nun ein guter Augenblick mich mal vorzustellen, denn, wie so häufig, hatte auch Molly mich ignoriert und nur Augen für Sherlock gehabt.

„Mein Name ist John Watson!“, sagte ich lächelnd und hielt ihr die Hand hin.

„Oh...“ Sie schien mich wirklich erst jetzt bemerkt zu haben. „Hi, ich bin Molly!“ Sie schüttelte meine Hand. „Molly Hooper!“

„Welche Klasse bist du, ich kann mich nicht erinnern, dich in meinen Kursen gesehen zu haben...“, fragte ich interessiert.

Sie lächelte mich an. „Ich bin in der elften, und werde hier später Pathologie studieren, und du?“

Ich räusperte mich. „Dieses Jahr mache ich meinen Abschluss aber danach... Ich bin noch nicht sicher ob ich lieber Englisch oder Medizin studieren soll...“

„Du wärst ein wunderbarer Arzt, John!“, erklang es von der Tür. „Geschafft!“ Er sprang auf und klopfte sich die Hände an der Hose ab. „Wir können eintreten!“

Überrascht starrte Molly ihn an. „Wollt ihr etwa in Ms Hudsons Zimmer einbrechen?“, fragte sie geschockt.

„Wir wollen es nicht...“, er öffnete die Tür und ging hinein. „Wir sind es bereits! Wollt ihr nicht hereinkommen?“ Er verbeugte sich spaßeshalber und deutete mit der Hand in den vor uns liegenden Raum.

„Ich... soll mit?“, stotterte Molly verdattert.

„Du hast gesehen, wie ich hier eingebrochen bin, du bist eine Zeugin, im Büro könnte ich dich, ohne dass ich von anderen gesehen werde umlegen und die Sorge, du könntest uns bei meinem Bruder“, er spuckte das Wort förmlich aus. „verpetzten ist dann dahin!“ Er lächelte sie freundlich an.

Beide starrten wir ihn an. „Du... willst sie... umbringen?!“, keuchte ich. „Wegen so einer...“

„John“, unterbrach er mich. „Hatten wir die Diskussion zum Thema „ob ich zu so etwas fähig bin“ nicht schon einmal?“ Verständnislos blickte ich ihn an. Entnervt riss er die Arme in die Höhe. „Ich habe einen Witz gemacht, verdammt! Wieso versteht niemand mein Witze?“ Vielleicht weil sie nicht witzig sind...? „Und jetzt rein, sonst sieht uns noch jemand!“

Er schubste erst mich und dann Molly ziemlich unsanft in den Raum und ließ die Tür mit einem Klicken ins Schloss fallen.

„Und was willst du jetzt, Sherlock?“, fragte ich meinen Freund, doch dieser ging nur zielsicher auf den Schreibtisch der Rektorin zu.

„Ich... ich glaube nicht, dass es erlaubt ist, in den Sachen von Ms Hudson zu wühlen, Sherlock“, warf Molly ein.

Der Detektiv zog spöttisch die Augenbraue hoch. „Es ist genau so wenig erlaubt in fremde Büros einzubrechen, ich finde also für Gewissensfragen ist es jetzt ein bisschen zu spät!“ Dem Mädchen und mir blieb der Mund offen stehen. Was sollte man auch auf so eine Aussage antworten? Sherlock öffnete eine Schublade, kramte einige Momente darin und hob dann strahlend etwas glänzendes in die Luft. „Wusste ich´s doch!“, rief er fröhlich. „Der Schlüssel!“ Er deutete auf die Tür. „Wir sollten jetzt besser verschwinden, nicht?“

Stumm nickten wir. „Und was ist, wenn Ms Hudson wieder kommt und die Tür ist nicht abgeschlossen?“, fragte ich misstrauisch.

Sherlock winkte ab. „Die merkt sich nicht mal deinen Namen, John!“

„Woher...?“, wollte ich wissen. „Woher kannst du so etwas... schlussfolgern?“

„Da lag ein Zettel mit der Aufschrift Tom Watson“, grinste er. „Für diese Information muss man schlichtweg lesen können!“

„Idiot!“, fauchte ich. „Gehen wir jetzt?“

Er zuckte mit den Schultern und schob uns aus dem Raum.

„Was genau sollte das?“, fragte Molly geschockt.

„Was sollte was?“, antwortete Sherlock unschuldig.

Sie zeigte abwechselnd auf ihn und die Tür. „Ihr... du... Seid in Ms Hudsons Büro eingebrochen und... Was hast du da mitgehenlassen?“

Er griff in seine Hosentasche und zog den glänzenden Gegenstand von eben hinaus. Ein Schlüssel!

Ich keuchte auf. „Ist das der Schlüssel zum Aktenraum?“

Sherlock rollte mit den Augen und es fehlte nicht viel, dass er sich mit der Hand an die Stirn schlug. „Nein, das ist der Schlüssel zum Himmelsreich“ Er stöhnte. „Natürlich, warum sollte ich sonst in das Büro... eingetreten sein, wenn ich nicht den Schlüssel wollte?“

Wütend öffnete ich meinen Mund um ihm etwas zu antworten, doch mir fiel, wie so oft, keine gute Antwort auf seine Unhöflichkeiten ein.

Jetzt mischte sich Molly wieder ein. „Ihr wollt jetzt auch noch in den Aktenraum? Ihr fliegt von der Schule!“, rief sie aufgebracht. „Schneller als ihr bis drei zählen könnt, das sag ich euch!“

Sherlock legte den Kopf schief und musterte sie nachdenklich. „Wäre doch nicht das schlimmste, oder? Die Leute hier sind eh so... langweilig, ich finde von der Schule zu fliegen ist nicht die schlechteste Alternative!“

Ich winkte vor ihm auf und ab. „Hallo? Ich bin auch noch da! Und mir ist es überhaupt nicht egal, wenn ich von der Schule fliege!“

„Du musst ja nicht mitkommen!“ Und mit diesen Worten verließ er uns.

Einige Momente sahen Molly und ich uns unschlüssig an, doch dann rannten wir ihm hinterher.

Sherlock vor uns kicherte. „Wie die Hündchen!“

 Der Gang war verlassen, doch ich wurde das Gefühl, dass uns jemand beobachtete nicht los. Verstohlen blickte ich immer wieder hinter und neben mich, um mich zu vergewissern, dass wir wirklich alleine waren.

„Verfolgungswahn, Kleiner?“, fragte Sherlock spöttisch. „Keine Angst, hier ist niemand!“ Lachend steckte er den Schlüssel ins Schloss. Das Knartzen der aufschwingenden Tür hallte Laut durch die Leere.

Panisch blickte ich mich um. Wenn jemand da war, dann hatte er uns spätestens jetzt bemerkt.

Sherlock trat hinein und winkte uns heran. „Wenn ihr so vor der offenen Tür steht kommt noch wirklich jemand und dann“ Er gestikulierte wild in der Luft herum. „Und dann fliegen wir wirklich! Und zwar alle!“ Er deutete erst auf sich, dann auf Molly und zuletzt blieb sein Blick bei mir hängen.

Ich schauderte bei dem Gedanken und folgte ihm schnell in den Raum.

An der Schwelle des Raumes zögerte Molly. „Ich bin mir nicht sicher ob das richtig ist...“, murmelte sie leise, doch der Detektiv zuckte nur mit den Schultern, zog sie in den Raum und ließ die Tür mit einem Klacken zufallen. „He, was sollte das?“, protestierte sie. Dann sah sie an ihm hoch und ihre Wangen färbten sich wieder rötlich.

Warum genau war Sherlock so ein Frauenheld? 

Er griff an ihr vorbei und ich hörte, wie sie scharf die Luft einzog. „Sh... Sherlock? Was... willst...“, keuchte sie aufgeregt.

Das drehen den Schlüssels im Schloss unterbrach sie. „Ich mache die Tür zu!“, lächelte er die enttäuschte Molly an. Ihm machte es Spaß, einfach Spaß!

Laut räusperte ich mich, um das arme Mädchen von seinem Leid zu befereien. „Sollten wir nicht langsam nach der Akte suchen, Sherlock? Ms Hudson wird bestimmt bemerken, dass ihr der Schlüssel fehlt und dann...“

„Sie werden nicht den Raum kommen“, schnitt Sherlock ab. „Denn ohne Schlüssel...“ E lachte auf. „Naja, das geht eben schlecht!“

Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Aber Mycroft hat doch noch...“ Da sah ich, wie Sherlock in seine Hosentasche griff und etwas heraus zog. Ein silberner Schlüssel. Das... „Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein!“, rief ich laut. „Du hast deinem Bruder den Schlüssel geklaut? Warum... Warum genau sind wir in Ms Hudsons Büro eingebrochen, wenn du ihn doch hattest?“ Wütend starrte ich ihn an und zog scharf die Luft ein. „Was hast du dir dabei gedacht?“

Der Meisterdetektiv musterte mich abschätzig und lachte dann auf. „Ich dachte, dass sei mal ein spannendes Erlebnis und ich wollte es dir nicht nehmen!“

Molly riss die Augen so weit auf, dass sie ihr scheinbar aus dem Kopf fielen. „Du hast... den Schulsprecher beklaut?“

„Ja, hast du ein Problem damit?“ Er grinste sie breit an.

Sie öffnete ihren Mund, ließ ihn einen Moment offen stehen und klappte ihn dann, ohne ein weiteres Wort wieder zu.

„Na dann, wenn es hier niemanden mehr stört, dann geht’s jetzt weiter!“ Er schlenderte zu den Aktenschränken an der hinteren Wand des Zimmers und riss eine der großen grünen Metall- Türen auf.

„Leon.. L...“, murmelte er, während er die Akten schwungvoll durchblätterte. Mit einem Triumpfschrei hielt er die Akte in die Höhe. „Hab ich dich!“, jubelte er. Er öffnete den Braunen Umschlag und wühlte in den dort abgehefteten Blättern.

Da fiel mir etwas ein. „Was willst du eigentlich mit der Akte, Sherlock?“, fragte ich meinen Freund.

„Informationen, John! Ich besorge mir Informationen! Noten, Familie, Vorbestrafungen, Zimmernummer, alles Findet sich in diesem Haufen Papier!“, erklärte er ohne den Blick abzuwenden.

Ich seufzte. Wofür brauchte er dann uns, wir hätten uns den Ärger, der mit sicherheit folgen würde echt sparen können. Plötzlich blickte Sherlock von seinem Informations- Material auf und starrte geradewegs zur Tür. „Verdammte...“, zischte er und stopfte die Mappe zurück. „Molly, John! Noch dreißig Sekunden!“ Er rannte auf uns zu und stoß uns in eine dunkle Ecke. Eng presste er uns an sich.

„Sherlock...“, fauchte ich leise. „Was zur Hölle soll das?“ Ich versuchte ihn wegzuschieben, seine Nähe war mir unangenehm, doch wie als Protest drückte er sich noch näher an uns.

Molly neben mir war, so weit ich das in der Dunkelheit ausmachen konnte, knallrot angelaufen und ihr Atem ging schnell. Zumindest eine genoss Sherlocks Nähe...

Auf einmal wurde die Tür aufgerissen und ein Lichtstrahl, in dem man den gewaltigen Schatten Mycrofts ausfindig machen konnte, fiel ins Zimmer.

„Verdammt Sherlock“, polterte der Mann. „Ich hab dir gesagt, dass du dich hier nicht aufhalten darfst!“ Er trat in den Raum ein und ich hörte wie er seufzte. „John, Molly, wenn ihr nicht beide ebenfalls von der Schule fliegen wollt solltet ihr euch jetzt zu erkennen geben!“ Er machte eine kurze Pause und ich hörte ihn förmlich grinsen, als er sagte. „Ich weiß eh wo ihr seid!“, kicherte er schadenfroh und Sherlock über mir schnaubte genervt auf.

Ich spürte ein leichtes Zupfen an meinem Ärmel und blickte zu Molly, die mich fragend ansah. Sollten wir unser Versteck aufgeben? Ich zuckte mit den Schultern, nahm sie am Arm und zog sie hinter mir aus Sherlocks Klammergriff. Ich hörte das empörte schnauben meines besten Freundes, doch ich ignorierte es.

Mit Molly an der Hand trat ich aus dem Schatten auf Mycroft Holmes zu. „Hallo, Mr Holmes...“, murmelte Molly leise und ich nickte leicht.

Das Grinsen des Mannes wurde breiter und er lachte. „Sherlock, komm endlich und benimm dich nicht wie ein Kleinkind, deine Freunde sind doch auch aus ihrem Versteck gekommen!“

Da löste sich die Gestalt Sherlocks aus der Dunkelheit, doch das erste, das wir sahen waren Sherlocks funkelnde Augen, die seinen Bruder fixiert hatten. „Siehst du Mycroft?“, lachte er schelmisch. „Ich bin doch in den Raum gekommen!“

Mycroft zog spöttisch die Augenbrauen hoch. „Ich weiß, dass du die Mappe nicht benötigt hast, Sherlock! Du hattest alle deine Informationen doch schon, findest du es nicht albern, dass du hier eingebrochen bist, nur um dich mir zu widersetzen?“, kicherte der große Mann.

Jetzt war es an mir verwundert zu sein. „Du hattest deine Informationen schon?“, fuhr ich meinen besten Freund an. „Und warum zum Teufel sind wir hier eingebrochen?“

Doch der Detektiv ignorierte mich. Mit hochrotem Gesicht und erhobenem Kinn warf er seinem Bruder ein letztes zynisches Grinsen zu und verließ den Raum, doch dieses mal lief ich ihm nicht hinterher.

„Was... was passiert jetzt mit uns...?“, fragte Molly leise den Schulsprecher. Ihre Augen hatten sich vor Angst mit Tränen gefüllt und sie blinzelte Mycroft unschuldig an.

Er lächelte freundlich und meinte dann: „Ms Hooper, keine Sorge, Ihnen und John wird nichts passieren, soweit ich das einschätzen kann wurden Sie in die Sache... unfreiwillig mithinein gezogen und John...“ Er blickte mich an. „Er wohnt schließlich mit meinem Bruder in einem Zimmer, da würde ich einfach mal Gnade vor Recht walten lassen!“

Stumm nickte ich, zu viele Fragen schwirrten mir im Kopf: Was war das nur zwischen Sherlock und seinem Bruder? Warum hasste er ihn so und warum schien das den Großen nichts zu kümmern, aber vor allem: „Wie haben Sie gewusst, dass wir hier sind?“, fragte ich Mycroft.

„Nun“, begann dieser. „Ich könnte dir jetzt alle einzelnen Punkte sagen, aus denen ich geschlossen habe, dass ihr hier seid, aber der wohl mit Abstand wichtigste ist: Ich kenne meinen Bruder!“ Er lachte. „So und jetzt raus mit euch!“ Sanft, aber bestimmt schob er uns aus dem dunklen Raum. Ich blinzete gegen das helle Tageslicht und kniff die Augen zu.

Als der Gang wieder halbwegs sichtbar wurde, war Mycroft bereits verschwunden. „Komisch...“, murmelte ich. „Wo ist er nur hin?“ Doch ich war mir nicht ganz sicher welchen der beiden Holmes ich damit meinte.



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