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Delilah – Die Liebe einer Wölfin

von

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44. Kapitel

„Dass du mir alles sagen kannst, weißt du, oder?“ Deans leises Flüstern holte sie wieder aus ihrem erschöpften Dösen zurück, in das sie abgedriftet war, nachdem sie es zumindest bis ins Bett geschafft hatten.

Delilah fühlte sich unglaublich erschlagen und emotional völlig ausgelaugt. Sie hatte kaum noch die Kraft, ihre Augenlider zu heben, um den Mann an ihrer Seite anschauen zu können, der sie da so wohligwarm im Arm hielt.

„Ich weiß.“, gab sie kaum hörbar zurück. Sie war ganz heiser vom vielen Weinen und schloss auch sofort wieder die Augen. Es war einfach zu anstrengend.

„Sagst du mir dann auch, was vorhin los war?“, drängte Dean auf seine fast schon zärtliche Art weiter, während er sie sanft streichelte. Zuerst über die Wange, dann durchs Haar ihren Nacken hinab zu ihrer Schulter und schließlich zu ihrer Seite, wo er seine Hand warm und beschützend liegen ließ.

Gott, wie sehr sie das liebte und gerade deshalb konnte sie ihm nicht die Wahrheit sagen. Er würde ihr diese Privilegien mit Sicherheit sofort entziehen und ihr seinen Schutz entsagen, obwohl sie ihn gerade jetzt am meisten brauchte.

Ohne Deans wärmende Umarmung würde Delilah einfach auseinanderfallen. Zumindest fühlte es sich in diesem Augenblick so an, also kuschelte sie sich näher an ihn heran und legte ihren Arm um seine Seite, um ihn bei sich festzuhalten, so gut sie das eben in ihrem Zustand konnte.

„Meine Hormone spielen zurzeit total verrückt.“, antwortete sie schließlich, auch wenn sie Dean damit belog. Vielleicht nicht ganz, aber zum größten Teil auf jeden Fall. Zumindest glaubte sie selbst, dass ihre Schwangerschaftshormone das alles noch viel intensiver gestalteten, als es sonst der Fall gewesen wäre. Sie ließ sich von James leichter provozieren, war schneller gereizt und überhaupt schien es nur noch selten ein normales Maß der Dinge bei ihr zu geben, aber das waren nur Nebenerscheinungen eines Problems, das absolut nichts mit ihren Hormonen zu tun hatte. Vielmehr war ihr Herz der Übeltäter und dass sie zugelassen hatte, sich so sehr auf jemanden einzulassen. Egal ob es hier um James oder Dean ging, sie hätte sich beiden nicht so weit öffnen dürfen.

Verdammt noch mal, sogar Elija mochte sie inzwischen!

Ihre Welt stand wirklich Kopf und sie konnte nichts mehr daran ändern, vor allem auch nicht, dass es immer noch weiter in diese Richtung ging.

„Ich glaube dir, dass du vorhin wegen deiner Hormone so über mich hergefallen bist, aber den Rest kaufe ich dir nicht ab, Deli. Ich bin nicht blöd. Ich weiß, dass da noch mehr im Busch ist, als du mir sagen willst und nebenbei bemerkt, auch mehr als J mir verraten will.“

Obwohl Deans Finger noch immer über ihre Seite streichelten, erstarrte Delilah unter seinen Worten und wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Sie wagte ja kaum noch zu atmen, so ertappt fühlte sie sich.

Überraschenderweise zog Dean sie daraufhin noch enger in seine Arme und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Er atmete tief ein und aus. Schien die Ruhe selbst zu sein, obwohl dem vermutlich gar nicht so war. Aber bei ihm gelang es ihr wirklich nicht, hinter seine Fassade zu blicken.

„Ich bin auch ein Wolf, Deli.“, hauchte er leise in ihr Ohr. „Ich weiß genau, wann du nervös bist oder Angst hast. Außerdem kann ich dein Herz gerade jetzt wie verrückt schlagen hören.“

Delilah zuckte erschrocken zurück, kam aber nicht weit, da Dean keinerlei Anstalten machte, sie loszulassen. Er hielt sie nicht gewaltsam fest, nicht einmal annähernd, aber trotzdem konnte sie erahnen, wie stark er im Gegensatz zu ihr war und wenn er wollte, er könnte sie nie wieder gehen lassen. Doch das tat er, als er sich so weit von ihr zurückzog, dass er ihr ins Gesicht blicken konnte.

„Schon gut. Wenn du es mir nicht sagen willst, dann sag’s nicht, aber wenn ich etwas falsch gemacht habe, will ich es wissen, okay?“ Sein karamellfarbener Blick war voller Wärme und Zuneigung und beruhigte sie zumindest wieder ein bisschen.

„Du hast nichts falsch gemacht.“ Sie zog ihre Hand zwischen ihren Körpern hervor und berührte Deans leicht kratzige Wange. „Eigentlich machst du das hier sogar verdammt gut.“ Viel besser als ich.

Delilah lächelte schwach und zog ihn zu einem sanften Kuss zu sich herab. Es fühlte sich gut an. Warm und vertraut. So wie es sein sollte.

„Ich liebe dich.“, hauchte sie ihm noch einmal gegen die Lippen, ohne dabei so verzweifelt zu klingen wie vorhin noch, auch wenn sich nichts an dem Gefühl in ihrem Herzen verändert hatte. Dennoch hatte sie den Wunsch verspürt, es noch einmal auszusprechen.

Deans Mund verzog sich spürbar zu einem Lächeln, obwohl er sich kaum von ihrem löste.

„Wenn ich nicht so viel Schiss hätte, dich damit wieder zum Weinen zu bringen, würde ich darauf antworten.“

So verrückt es auch war, aber die Worte rangen auch Delilah ein flüchtiges Schmunzeln ab, ehe sie ihn nachdrücklicher küsste, während ihre Finger sein Haar zerwühlten.

„Bitte...“ Sie küsste ihn wieder, ließ sich dabei ganz auf die positiven Gefühle ein, die dadurch in ihr ausgelöst wurden und versuchte währenddessen alles andere zur Seite zu schieben. Auch wenn es immer noch sehr schwer war.

„Riskiere es.“, bat sie schließlich.

Deans Hand legte sich daraufhin in ihren Nacken als er sich erneut ein kleines Stück zurückzog, um ihr wieder in die Augen schauen zu können. Sein karamellfarbener Blick drang dabei tief in ihren und berührte sie abermals auf diese einzigartige Weise, wie nur diese Augen es konnten.

Ihre Wölfin hob aufmerksam den Kopf. Wartete mit wedelnder Rute auf das, was Deans Blick ihr zusicherte. Ihrer Aufmerksamkeit entging dabei nicht das Geringste. Nicht einmal das heftige Pochen der Ader an seinem Hals und dass auch seiner Haut plötzlich der begleitende Geruch von Nervosität entstieg. Also war er doch nicht die Ruhe selbst.

Ein Wissen das sie irgendwie erleichterte.

„Ich liebe dich, Deli.“, hauchte er nachdrücklich und voller Ernsthaftigkeit. „Genauso wie mein Wolf sich dir schon längst ergeben hat. Er und ich – wir beide lassen dich nicht mehr so einfach gehen. Ich hoffe, das ist dir klar.“

Ihre Augen blieben trocken. Sie begann nicht zu weinen, doch dafür schlug Delilahs Herz wild in ihrer Brust und ein nagendes Gefühl machte sich gleich daneben breit.

Gespalten durch das Gefühl der Wärme und das des Unbehagens wusste sie gar nicht so genau, wie sie reagieren sollte.

Ohne es leugnen zu können, verspürte sie den Biss des schlechten Gewissens, denn nicht nur sie sondern auch ihre Wölfin waren sich einig, dass sie sich Dean nicht so einfach ergeben konnten. Sie wollten es, aber sie konnten es nicht und er schien das zu spüren.

Schwer seufzend ließ er sich mit dem Rücken ins Kissen zurückfallen. Vermutlich hatte er es aufgegeben, auf irgendeine Reaktion ihrerseits zu warten. Dabei hatte er sich mit seinem Geständnis so viel Mühe gegeben.

Obwohl es sie einiges an Anstrengung kostete, kämpfte Delilah sich ein Stück hoch, um sich über Dean zu beugen und auf ihn herabsehen zu können. Während sie sein Gesicht sanft berührte und er ihren Blick ausdruckslos erwiderte, suchte sie nach Worten, die ihn beruhigen konnten. Ein Versprechen, das sie ihm geben und es auch halten konnte. Doch da war nichts. Weder wusste sie die richtigen Worte, noch konnte sie ihm versprechen, dass es nur ihn für sie gab und immer geben würde. Nicht solange ihr James ständig im Kopf herumspukte.

„Schon okay. Lass uns einfach schlafen.“, meinte er nach einer Weile, in der sie immer noch keinen Ton herausgebracht hatte. „Ich bin ohnehin total erledigt. Der Tag heute war ziemlich anstrengend.“

Delilahs Hand rutschte auf Deans Brust, als sie sich zurückzuziehen begann und wieder einmal den Kopf hängen ließ. Sie wusste einfach nicht, wie sie die Situation noch retten konnte. Vielleicht hatte er auch einfach Recht und sie sollten jetzt wirklich schlafen. Morgen würde sicher auch ein anstrengender Tag auf sie warten. Vor allem da James wieder nach Hause kam.

Geschlagen ließ sie sich erneut neben Dean nieder, legte aber ihren Kopf auf seiner Schulter ab und schlang den Arm um seinen Bauch. Dass die Situation verzwickt war, bedeutete schließlich nicht, dass sie ihm weniger nahe sein wollte oder ihn weniger liebte. Es hieß nur, dass es alles andere als einfach war.

„Es tut mir leid.“, seufzte sie irgendwann schon halb schlafend, aber es hatte einfach noch rausmüssen.

„Mir auch.“, kam es ebenso leise zurück.
 

***
 

Er sah verdammt gut aus. Wie das blühende Leben und gar nicht so, als ob er vor kurzem noch eine Operation über sich hatte ergehen lassen. Lediglich der Arm in der einfachen Schlinge erinnerte noch an die Zeit, als James stark geschwächt im Bett hatte liegen müssen, da er zu mehr nicht fähig gewesen war. Jetzt aber waren seine Bewegungen wieder kraftvoll und voller Elan, als er die Tür des Pick-ups aufstieß und schwungvoll aus der Fahrerkabine stieg.

Seine Haut hatte eine gesunde Farbe. Sein Haar glänzte in allen möglichen Rot- und Brauntönen in der Sonne und seine Lippen zierte ein Lächeln, als hätte er gerade im Lotto gewonnen.

Genüsslich streckte er sich mit geschlossenen Augen in der Sonne, atmete tief die schwüle Sommerluft ein und seufzte dann zufrieden. „Endlich! Home sweet home.“

„Übertreib mal nicht.“ Dean kam grinsend um den Wagen herum und klopfte James brüderlich auf die gesunde Schulter. „So schlimm war’s ja wohl auch nicht.“

„Pah. Hast du eine Ahnung. Noch einen Tag länger in der Klinik und ich wäre Amok gelaufen. Am schlimmsten waren die morgendlichen Spritzen in den Allerwertesten.“

„Ach, gib’s zu, da stehst du doch drauf.“ Verschmitzt grinsend duckte sich Dean zur Seite weg, um dem Arm seines Bruders auszuweichen. Währenddessen gesellte sich auch Elija zu seinen Söhnen. Wie immer war er bis gerade eben noch am Arbeiten gewesen.

„Hey, Dad.“ James kam seinem Vater entgegen und umarmte ihn ohne zu zögern, doch dafür umso herzlicher. Kein Wunder. Er hatte ihn schon fast eine Woche nicht mehr gesehen.

„Alles klar bei dir?“ Elija trat einen Schritt zurück und musterte James eindringlich, als suche er nach Anzeichen, die das Gegenteil behaupteten, fand jedoch keine.

„Jetzt da ich wieder den Duft von frischem Motoröl in der Nase habe, könnte es nicht besser sein und die Schlaufe bin ich auch bald los. Also mach dir keine Sorgen.“

„Hmpf.“ Elija war offenbar der Meinung, dass es ein Ding der Unmöglichkeit war, sich keine Sorgen um seine Söhne zu machen. Wo er Recht hatte, hatte er Recht.

Nachdem sein Vater ihn losgelassen hatte, begann James sich suchend in der Runde umzuschauen. „Wo ist eigentlich-“

„Ich bin hier.“ Delilah trat aus dem Schatten des Hauseingangs und stieg barfuß die Veranda herab. Der sanfte Wind, der keinerlei Abkühlung versprach, wehte ihr den Saum ihres blauen Sommerkleides um die Knöchel, während sie langsam auf die drei Männer zuschritt. Eine Armlänge von James entfernt blieb sie stehen und sah zu ihm auf.

„Schön, dass du wieder Zuhause bist.“ Sie lächelte so ungezwungen wie möglich, obwohl ihr Erscheinen für einen rapiden Stimmungswechsel sorgte. Die Luft war plötzlich voller Spannungen und daran hatte bestimmt nicht das in der Ferne aufziehende Gewitter Schuld.

„Das Essen ist fertig. Falls überhaupt jemand Hunger hat.“, versuchte sie es weiter, nachdem keiner ein Wort gesagt hatte. James’ Blick blieb dabei an ihr haften, als hätte er noch nie zuvor eine schwangere Frau gesehen.

Dabei passte ihr das Kleid noch sehr gut, obwohl der Stoff sich schon deutlich über der von Tag zu Tag größer werdenden Rundung ihres Bauches spannte. Vielleicht hatte eine Woche Abwesenheit mehr Veränderung in ihr hervorgebracht, als sie sich selbst bewusst war.

„Ja ... Essen klingt gut.“ Dean ging mit angespannter Miene an seinem Bruder vorbei und legte den Arm in einer eindeutigen Geste um ihre Taille. „Ich bin schon kurz vorm Verhungern.“

Während sie mit ihm zusammen zum Haus zurückging, warf Delilah einen kurzen Blick über ihre Schulter und traf direkt auf den von James.

Um nicht auf der Treppe ins Stolpern zu geraten, richtete sie ihre Aufmerksamkeit schnell wieder nach vorne, doch es war bereits zu spät. Sie hatte sehr genau den Wolf und dessen gefletschten Reißzähne hinter James’ Augen aufglimmen sehen und wie sie sich am Schluss auf Deans Rücken geheftet hatten.

Ihr Herz begann mit einem mal so wild zu schlagen, dass Dean sie fragend ansah, doch sie schenkte ihm nur ein warmes Lächeln und löste sich schließlich von ihm, um die kalte Fleischplatte aus dem Kühlschrank zu holen, die sie extra für den freudigen Anlass vorbereitet hatte.

Werwölfe liebten Fleisch. Egal in welcher Form, Hauptsache es war reichlich vorhanden.

Während sie versuchte, die Frischhaltefolie vom Plattenrand zu lösen, trat Elija neben sie, um sich die Hände gründlich im Spülbecken zu waschen.

Ihre Finger zitterten inzwischen so stark, dass sie es immer noch nicht geschafft hatte, als er schon längst wieder damit fertig war.

Seine Hand war riesig und voller Schwielen, aber auch unglaublich warm, als er sie sanft auf die ihren legte und damit das Zittern stoppte.

Elijas ungewohnte Nähe hüllte sie regelrecht ein und war wie ein Mantel aus Ruhe und Geborgenheit, während der Duft des Alphawolfs sie schützend einlullte.

Delilah war lange nicht mehr so nervös wie noch zuvor, als sie fragend zu ihm hochsah. Wirklich weit hochsah. Der Mann war ein Riese.

„Ich mach das schon.“, raunte er leise, während man hinter ihnen Stühle scharren hörte, als seine Söhne sich an den Tisch setzten.

„Danke.“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern und auch den Schritt zurück machte sie nur zögerlich, da Delilah sehr genau spüren konnte, wann sie sich aus der beruhigenden Nähe des Alphawolfs entfernte. Dabei wäre sie gerne noch ein bisschen länger dort geblieben.

Dennoch hatte ihr Elijas Hilfe gut getan, denn sie hatte keine Probleme mehr damit, zuerst die riesige Schüssel Salat und dann auch noch den Krug mit der frischen Limonade unfallfrei auf den Tisch zu stellen, bevor sie sich neben Dean auf ihren Platz setzte.

Elija nahm zuerst, dann kam sie und anschließend griffen auch die Brüder tüchtig zu, obwohl sie es inzwischen nicht mehr wirklich mit der Portion auf Delilahs Teller aufnehmen konnten.

Man sah es ihr vielleicht nicht gleich an, aber sie verdrückte inzwischen doppelt so viel wie früher und hatte auch bereits nach wenigen Stunden wieder einen enormen Appetit. Weshalb ihr jetzt nicht einmal die gedrückte Stimmung auf den Magen schlagen konnte, sondern sie einfach in sich hinein schaufelte, was das Zeug hielt und dabei nicht immer auf gesittete Manieren achtete. Aber wozu hatte man sonst die Serviette erfunden?

Noch einmal kam ihr Elija zu Hilfe, als er endlich das Schweigen am Tisch brach und James lang und breit darüber informierte, was er durch sein Fehlen bei der Arbeit in letzter Zeit alles versäumt hatte. Da die Werkstatt ihr aller Lebensunterhalt war und die McKenzies wirklich gerne an Autos herumschraubten, war James sofort für das Thema zu haben und hörte interessiert zu. Er stellte auch Fragen und mit der Zeit löste sich dadurch die Anspannung etwas, da beide Brüder zu vergessen schienen, weshalb sie hier so die Stimmung gedrückt hatten.

Delilah selbst war sich dahingehend keiner Schuld bewusst. Ihr war zwar klar, dass es an ihr lag, aber sie hatte nichts getan, um aus einem freudigen Ereignis solch eine Grabesstimmung zu schaffen. Immerhin hatte sie klar gemacht, dass sie mit Dean zusammen war. James wusste das und obwohl sie noch nicht die Gelegenheit gehabt hatten, noch einmal über das zu sprechen, was da in dem Krankenzimmer vorgefallen war, so änderte es doch nichts an den grundlegenden Tatsachen. Sie liebte Dean und wollte ihm auf keinen Fall, durch irgendetwas das sie sagte oder tat, das Herz brechen. Auch wenn sie wusste, dass James genau darunter litt.

„Isst du das noch?“ Delilah nutzte die kurze Pause zwischen den Gesprächen, um auf Deans Teller hinüber zu spähen und dabei ein paar Schweinerippchen ins Visier zu nehmen. Er hatte nicht so ausgesehen, als würde er noch irgendetwas hinunter bringen.

Sie brachte ihn damit zum Grinsen. „Nein. Nur zu, bedien dich.“

Er hielt ihr den Teller hin und sie griff gleich mit bloßen Fingern nach dem Fleisch, da man Rippchen ohnehin nur auf diese Art wirklich essen konnte.

Herzhaft nagte sie an dem Knochen und wurde sich erst einen Augenblick später bewusst, dass alle am Tisch sie ansahen.

Sie schluckte hinunter. „Was? Ich esse hier für zwei, schon vergessen?“

„Also ich ganz bestimmt nicht.“ Dean tätschelte ihr sanft den Bauch und zog sich noch breiter grinsend vom Tisch zurück, als sie ihn böse anfunkelte. Aber zu seinem Glück kam er nicht einmal auf die Idee, sie irgendwie auf ihren anwachsenden Körperumfang anzusprechen.

Kluger Mann.

Auch James und sein Vater standen schließlich auf und trugen das Geschirr ab, während sie sich noch die fettigen Finger ableckte und dann erschöpft zurücklehnte. Kein Wunder, dass sie nach dem Essen immer so erledigt war. Die riesigen Mengen an Fleisch und zusätzlich auch noch das Baby lagen ihr schwer im Bauch, dennoch raffte Delilah sich schließlich hoch, um den Jungs beim Abwasch zu helfen. Zumindest hatte sie das vor, doch Dean gab ihr zu verstehen, dass sie ihre Hilfe nicht brauchten und sie sich ruhig etwas ausruhen sollte.

Zudem schien er offenbar etwas Zeit mit seinem Bruder alleine verbringen zu wollen und da auch James nichts dagegen sagte, verkrümelte sie sich schließlich aus der Küche.

Solange die beiden sich nicht wieder gegenseitig die Köpfe einschlugen, würde sie sich keine Sorgen darum machen, was für eine Wirkung ihre Anwesenheit auf die Brüder hatte.
 

Sie hatte schon eine Weile auf dem Bett gedöst und dem fernen Donnergrollen gelauscht, als die Tür in ihrem Rücken aufging und Dean leise das Zimmer betrat.

Delilah öffnete noch nicht einmal die Augen, als er sich auf dem Bett nieder ließ und zu ihr hinüber krabbelte. Stattdessen schnappte sie sich seinen Arm und bettete ihren Kopf darauf, während er sie mit dem Rücken an sich zog und schließlich seine Lippen flüchtig über ihre nackte Schulter streifen ließ, ehe er es sich hinter ihr bequem machte.

Deans Hand streichelte eine Weile träge über ihren Bauch, bis er sie ganz darauf liegen ließ. Noch konnte er die feinen Tritte nicht spüren, die sie selbst von Tag zu Tag deutlicher wahrnahm, aber auch das würde sich noch ändern.

„Habt ihr euch aussprechen können?“ Sie fragte nur leise und gedämpft, wollte sie doch die friedliche Stimmung gerade nicht wirklich stören, aber sie musste es einfach wissen.

Als Antwort bekam sie ein langes Seufzen und die Hand fing wieder an, über ihren Bauch zu streicheln.

„Wir könnten uns noch so oft aussprechen. Das ist nicht das Problem.“

„Und was ist es dann?“ Delilah verschlang ihre Finger mit den seinen, um ihn fest bei sich zu behalten und ihn zu erden. Er sollte nicht das Gefühl haben, als würde sie nicht voll und ganz zu ihm stehen.

„Mein Wolf mag es nicht, wie er dich ansieht.“ Deans Lippen berührten erneut ihre Schulter und glitten zu ihrem Hals hinab, wo er tief den Duft ihrer Haut einatmete, was ihn zu beruhigen schien.

„Und ich mag es nicht, was meine Anwesenheit zwischen euch beiden bewirkt.“ Sie seufzte schwer. Daran würde sie wohl kaum etwas ändern können. Aber ein Gespräch mit James stand ohnehin noch aus.

„Ich weiß. Aber es ist nun mal schwer, meine Instinkte zu unterdrücken.“

„Und was genau verlangen sie von dir?“, hakte sie vorsichtig nach, da Dean nicht unbedingt der Redseligste war, wenn es um seine Gefühle ging und sie das ausnutzen musste, wenn er schon so offen zu ihr sprach. Sie wollte gerne besser verstehen, was in ihm vorging, anstatt dass er ihr immer eine heile Welt vorspielte.

„Ich weiß, dass J dich will und bisher konnte ich meinen Wolf damit beruhigen, dass es nicht weiter von Bedeutung ist, solange du dem nicht nachgibst. Aber inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob das nicht schon längst geschehen ist.“

Wie schnell Delilah sich aus seiner Umarmung gelöst und sich zu ihm umgedreht hatte, überraschte sie selbst, doch das war es nicht, was ihr gerade im Kopf herumging, als sie sich seinem Blick stellte.

„Ich liebe dich. Warum sollte ich ihm also nachgeben?“

Dean richtete sich ebenfalls weiter auf, so dass sie sich Auge in Auge ansehen konnten. „Das weißt du selbst besser als ich. Ich würde sogar meinen Pelz darauf verwetten, dass es etwas mit diesem dummen Missverständnis zu tun hat, das ihr beide so verbissen verleugnet, dass es dadurch nur noch offensichtlicher wird. Oder willst du das immer noch abstreiten, nach allem was gestern zwischen dir und mir vorgefallen ist?“

Langsam schüttelte sie mit heftig klopfendem Herzen den Kopf und senkte den Blick. Sie konnte Dean nicht länger in seine goldenen Augen schauen, hinter denen sein Wolf sie so anklagend anzublicken schien.

„Sind wir dir nicht gut genug? Hast du deshalb auch ein Auge auf J geworfen? Ich weiß, dass ich nicht so leidenschaftlich wie er bin, aber bis auf gestern hatte ich immer das Gefühl, du würdest es ebenfalls genießen, wenn wir Sex haben und auch alles andere was darüber hinausgeht. Hab ich mich wirklich so geirrt?“

Sie starrte ihn fassungslos an.

„Es stimmt also?“ Deans Atem ging mit einem Mal schwer und während er sich wie ein Verrückter den Nacken zu kneten begann, suchte sein Blick das ganze Zimmer ab. Wonach er genau suchte, wusste sie nicht. Vielleicht versuchte er ihr auch einfach nur auszuweichen.

„Eigentlich hätte ich es wissen müssen. Von Anfang an schon, als du ihn dabei nicht aus dem Kopf gekriegt hast. Es war immer schon er!“

„Nein, verdammt!“ Delilah warf ihn mit dem Rücken aufs Bett und nagelte seine Schultern mit ihren Händen fest. Sein Atem ging so schnell, als würde er gleich hyperventilieren oder ... sich verwandeln, sollten die Emotionen noch mehr mit ihm durchgehen.

„Du bist für mich alles! Hast du verstanden? A.L.L.E.S! Ich liebe dich aus tiefstem Herzen, so sehr wie ich noch keinen anderen Mann geliebt habe und wenn du bei mir bist, ist es, als könne mir nichts etwas anhaben. Als wäre ich absolut sicher und behütet und der Sex ist einfach unglaublich schön. Ich habe ihn noch nie so sehr genossen wie mit dir, weil ich auch noch nie so eine tiefe Bindung dabei gefühlt habe. Also hör bitte auf, solche Sachen zu sagen.“

Sie weinte schon wieder. Aber Delilah wollte sich auch nicht die Tränen wegwischen, weil das bedeutet hätte, dass sie Dean hätte loslassen müssen und das wollte sie im Augenblick auf keinen Fall.

„Aber das ist nicht alles, oder?“ Dean sah gequält zu ihr auf, während seine Fäuste sich um den Stoff ihres Kleides ballten, so dass es an ihren Oberschenkeln zu spannen begann.

„Was willst du denn noch hören?“ Sie wusste nicht mehr weiter.

„Sag mir, dass du nichts für ihn empfindest und dass seine Anstrengungen nutzlos sind. Dass meine Eifersucht unbegründet und dämlich ist und ich ihm dafür nicht den Kopf abreißen muss, obwohl er mein Bruder ist und ich ihn liebe und mich dann dafür hassen werde.“

Das ... konnte sie nicht. Zumindest nicht alles.

„Du sollst ihm nicht den Kopf abreißen. Er ist schließlich dein Bruder und du liebst ihn und würdest durchdrehen, wenn ihm etwas passieren würde.“

Delilah ließ endlich Deans Schultern los und berührte dafür vorsichtig seine Wangen, während sie sich zu ihm herabbeugte und ihm tief in die Augen sah, so dass es auch seinen Wolf erreichen musste.

„Ich werde mit ihm reden. Ich werde ihm noch einmal deutlich klar machen, dass ich mit dir zusammen bin und ... egal was er sagt oder tut ... nichts etwas daran ändern wird. Also bitte, gibt deiner Eifersucht nicht nach. Ich will nicht, dass du etwas tust, was du später bitter bereuen würdest.“

Und bitte, frag mich nicht noch einmal nach meinen Gefühlen für ihn. Ich will nicht lügen müssen.

Vorsichtig küsste sie seine Lippen und hielt den Blick dabei aufrecht. Ein wilder Wolf sah ihr entgegen und schien sich noch entscheiden zu müssen, doch schließlich umfasste auch Dean ihr Gesicht und zog sie noch weiter zu sich herunter, um seinen Gefühlen in Form eines glühenden Kusses Ausdruck zu verleihen.

Einen Moment später rollte er sie beide herum, so dass nun sie unter ihm lag und küsste sie weiter. Heftiger, ganz so als wolle er beweisen, dass auch er zu Leidenschaft fähig war.

Delilah hatte nie daran gezweifelt.

„Ich hoffe, dass er auf dich hören wird.“ Sein Mund wanderte ihr Kinn hinab zu ihrem Hals, während seine Hände über ihren Körper strichen und sie zu markieren schienen.

„Für uns alle.“

Er biss sanft zu und entlockte ihrer Kehle damit ein heiseres Stöhnen.

„Ansonsten weiß ich nicht...“ Eine seiner Hände fuhr schließlich unter den Saum ihres Kleides und schob sich direkt zwischen ihre Schenkel. „...was passieren wird.“

Er fand schnell den richtigen Punkt, der ihr ein weiteres Seufzen entlockte, ehe sein Mund erneut den ihren verschloss.

Delilah hielt ihn nicht auf. Ihrer Wölfin fiel kein Grund ein, der das gerechtfertigt hätte, also ergab sie sich vollkommen Deans Drang, sich zu beweisen. Nach all den Zweifeln, die sie in ihm geweckt hatte, fühlte sich das hier nur allzu richtig an.



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