Zum Inhalt der Seite

Delilah – Die Liebe einer Wölfin

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

9. Kapitel

Sie war vom Duft frischgekochten Kaffees wachgeworden, und obwohl Delilah zunächst unentschlossen in dem unglaublich gemütlichen Bett liegengeblieben war, hatte sie sich nach mehrmaligem Hin- und Herüberlegen dazu entschlossen, doch aufzustehen und sich diesem neuen Tag zu stellen.

Aus Angst, sie könnte dem furchteinflößenden Dad der Zwillinge begegnen, hatte sie zuerst lange an der Tür gelauscht, ob die Luft auch wirklich rein war. Aber bis auf leise Geräusche aus der Küche war es ruhig und der Kaffee lockte wirklich unglaublich intensiv.

Also schlich sie sich auf nackten Sohlen aus dem Gästezimmer, immer darauf bedacht, dass keine der alten Dielen unter ihren Füßen knarrte, schob sich langsam an der Wand entlang die Treppe hinunter und blieb noch einmal stehen, um zu lauschen.

Es hörte sich so an, als wäre nur eine Person in der Küche und wenn sie sich wegen des Kaffeegeruchs nicht vollkommen täuschte, glaubte sie, James zu wittern.

Sicher war sie sich zwar immer noch nicht, aber sie wollte auch nicht dabei erwischt werden, wie sie wie ein Dieb durchs Haus schlich. Also raffte sie all ihren Mut zusammen, streckte den Rücken gerade und betrat den Wohnbereich des Hauses.

James lehnte lässig neben der Kaffeemaschine, in der einen Hand einen dampfenden Becher, in der anderen die Morgenzeitung und las gerade irgendeinen Artikel.

Er trug nichts weiter als rote Shorts mit schwarzen Pfotenabdrücken darauf.

„Guten Morgen", begrüßte sie ihn leise und kam nur zögerlich näher.

Delilah war sich nicht sicher, wie derzeit der Stand der Dinge zwischen ihnen war, da die beiden Brüder gestern nicht mehr mit ihr gesprochen hatten, nachdem sie direkt nach dem Bad auf dem Bett eingeschlafen war. Vielleicht hatten sie ihr Angebot inzwischen wieder zurückgezogen, nachdem die drei Männer genügend Zeit zum Diskutieren gehabt hatten.

Delilah hatte Angst, dass sie noch vor dem Frühstück wieder verschwinden musste, obwohl James ihr gestern noch etwas anderes gesagt hatte. Natürlich könnte sie dann immer noch die Babybombe hochgehen lassen, aber wenn es sich vermeiden ließ, wollte sie dieses Thema noch etwas weiter hinauszögern und vorher die richtigen Worte finden. Auch wenn es die vermutlich gar nicht gab.

„Hey, na gibt’s denn so was? Endlich mal jemand, der länger schläft als ich!“, begrüßte James sie fröhlich, nachdem er sie bemerkt hatte und wenn das Delilah nicht ein bisschen beruhigte, so tat es sein breites Lächeln auf jeden Fall. Allerdings wollte ihr nicht ganz der Blick gefallen, mit dem er sie einen Augenblick später musterte.

Verwirrt blickte sie an sich herab und stockte.

Fuck!

Das Einzige, was von ihren Klamotten trocken geblieben war, war ihr Pyjama ganz unten in der Tasche gewesen und der bestand nun einmal schon seit einigen Wochen aus roten Boxershorts und einem schwarzen Schlabbershirt.

Delilah hatte die Klamotten schon so oft getragen und gewaschen, dass sie gar nicht mehr darüber nachdachte, wem sie eigentlich gehörten, sondern als ihre eigenen ansah. Dementsprechend war sie gerade voll ins Fettnäpfchen getreten.

„Ich ...“, begann sie zu erklären, aber James winkte noch breitergrinsend ab.

„Du kannst sie behalten. Dir stehen sie sowieso viel besser und was das Shirt angeht, glaube ich nicht, dass Dean es allzu sehr vermisst. Der hat genug davon.“

So ganz wollte Delilah sich noch nicht entspannen, aber das war ohnehin nichts Neues.

„Also gehören die Boxershorts dir?“, wollte sie zur Sicherheit noch einmal wissen und wagte sich nun doch ganz an die Küchentheke heran.

„Klar. Dean würde so was nie anziehen. Das wäre unter seiner Würde. Kaffee?“ James legte die Morgenzeitung weg und stellte seinen Becher zur Seite, ehe er zu einem der Küchenschränke hinüber ging und eine frische Tasse hervorholte, um ihr wohl ebenfalls von dem köstlich duftenden Kaffee einzuschenken. Allerdings kam Delilah gerade noch rechtzeitig wieder in der Realität an.

„Ähm ... Nein, danke. Könnte ich vielleicht stattdessen ... heiße Schokolade haben? Aber nur, wenn’s dir nicht zu viele Umstände macht.“

Denn sie durfte ja keinen Kaffee mehr trinken. Hatte sie zumindest irgendwo gelesen und obwohl sie dieses Ding in ihrem Bauch immer noch nicht wirklich wahrhaben konnte, so war ihr doch bewusst, dass sie es austragen würde. Es wäre dem neuen Leben gegenüber nicht fair, ihm den Weg in diese Welt noch zusätzlich zu erschweren. Zumindest das war Delilah diesem kleinen Etwas schuldig.

„Ach, das mach ich doch gerne für dich.“ James stellte die Kaffeekanne wieder zurück und begann stattdessen einen kleinen Topf auf den Herd zu stellen und etwas Milch darin einzufüllen.

„Setz dich doch", gab er ihr mit einem knappen Nicken in Richtung Hocker zu verstehen, ehe er einen Schneebesen in die Hand nahm, um die Milch umzurühren.

Verwirrt tat Delilah, was er ihr gesagt hatte und setzte sich an die Theke, während sie feststellte, dass es hier keine Mikrowelle gab und er die Milch tatsächlich auf altmodische Weise warm machte. Aber sie ließ es unkommentiert, war sie doch froh, dass James wieder ein bisschen Süßholz raspelte. Das verminderte die Chance, dass er sie gleich rauswerfen würde.

„Wenn Dean keine Boxershorts mag, was hat er denn dann sonst an? Ich versteh gar nicht, wie er die nicht mögen kann", versuchte sie ein unverfängliches Gesprächsthema zu finden, um bloß nicht in eine gänzlich andere Richtung zu steuern. Schließlich würde es sie nicht wundern, wenn James schon bald das Thema von gestern Abend wieder aufgriff.

Ihm entkam ein leises Lachen, das sich sehr gut anhörte.

„Die sind ihm zu weit geschnitten. Mein Brüderchen mag’s nicht so luftig untenrum, also bevorzugt er Retroshorts. Du weißt schon. Die Teile, die Unterhosen ähneln, nur mit etwas längeren Beinen.“ Während er die Milch im Topf umrührte, betrachtete Delilah ausgiebig das Tattoo in seinem Nacken. Sie hatte es nicht vergessen und das würde sie wohl auch nie, ebenso wenig wie den dazu gehörigen Mann.

„Hm ... Das hätte ich nicht gedacht. Immerhin seid ihr euch so –“

„– ähnlich?“ James entkam ein leises Schnauben, ehe er aus einem anderen Schrank eine metallene Dose holte, die wohl das Kakaopulver enthielt.

„Ähm ... ja", bestätigte sie vorsichtig.

„Ein weitverbreiteter Irrtum.“ Er stellte den Herd ab, nach dem die Milch zu kochen begonnen hatte, und schüttete sie in den Becher, den er zusammen mit einem kleinen Löffel vor ihr abstellte.

Plötzlich war James so verdammt nahe, dass Delilah versucht war, ein Stück zurückzuweichen, aber das wäre nicht gerade höflich gewesen und sie wollte keine Schwäche zeigen, war sie doch so schon verunsichert genug. Also blieb sie standhaft und ließ es zu, dass er ihr über die Theke hinweg tief in die Augen blickte, die Arme dabei auf der Holzplatte abgestützt, den Bauch dagegengelehnt.

„Eigentlich hätte ich gehofft, dass wenigstens du unser Äußeres durchschaust.“

Sein Tonfall war ruhig und kein bisschen enttäuscht, aber es lag auch noch etwas anderes darin, das sie nicht zuordnen konnte und sie irgendwie dazu herausforderte, sich zu verteidigen.

„Ich kann euch jederzeit auseinanderhalten.“

„Wirklich?“ Er begann zu lächeln.

„Ja.“ Ihr Tonfall wurde selbstsicherer, woraufhin James sich ein bisschen weiter vorlehnte und ihr somit noch näher kam. Sie bräuchte sich ihm nur ein Stück entgegen zu lehnen und sie könnte ihn –

„Auch wenn du blind wärst und keinen Geruchssinn hättest?“ James’ Stimme war nur noch ein leises Raunen, das ihr einen Schauder den Rücken hinabjagte.

Könnte sie die Brüder ohne diese Sinne immer noch auseinanderhalten? Delilah war sich fast sicher, also nickte sie: „Ja. Auf jeden Fall.“

„Interessant. Und wie würdest du das anstellen?“

Er gab einfach nicht auf, während seine karamellfarbenen Augen sie so sehr in den Bann zogen, dass für diesen Augenblick alle Sorgen von ihr abzufallen schienen. Doch gerade als Delilah versucht war, ihm in einem praktischen Versuch zu zeigen, wie sie ihn von seinem Bruder auseinanderhalten konnte, begann ihr Bauch lautstark zu knurren.

Kurz sahen sie sich beide verdutzt an, ehe James zu lachen anfing und ihr damit ebenfalls ein Lächeln entlockte.

„Tut mir echt leid. Manchmal vergesse ich meine Manieren. Was willst du frühstücken?“ Er ging zu dem riesigen Kühlschrank hinüber und öffnete eine der Türen. Innen drin war jeder Zentimeter mit allem möglichen Essen vollgestopft, so dass Delilah beinahe die Augen herausfielen. Nie, niemals im Leben hatte sie je einen so gut gefüllten Kühlschrank gesehen.

„K-keine Ahnung. Worauf hättest du denn Lust? Oder hast du schon gefrühstückt?“, wollte sie immer noch ganz perplex wissen, ehe sie wenigstens den Mund wieder zuklappen konnte.

„Nein, ich hab extra auf dich gewartet und ich hätte Lust auf Pfannkuchen, Rühreier und Speck. Reizt dich irgendwas davon?“

„Ja!“

Machte der Kerl Scherze? Was konnte man an Pfannkuchen, Rühreiern und Speck nicht reizvoll finden? Allein beim Gedanken daran lief ihr das Wasser im Munde zusammen. Wann hatte sie zuletzt denn so ein ausgiebiges Frühstück gehabt?

James schenkte ihr ein breites Grinsen über seine Schulter hinweg, während er immer noch lässig vor der geöffneten Kühlschranktür stand und sie seine Kehrseite ausgiebig betrachten konnte. Im Augenblick war ihr Blick jedoch ohne Zweifel auf die richtigen Köstlichkeiten gerichtet.

„Geht’s noch ein bisschen genauer?“, half er ihr ein bisschen auf die Sprünge.

„Ich nehme einfach alles, was du nimmst.“

„Das ist aber eine ganz schöne Menge. Sicher, dass du damit fertig wirst?“

Nun war es an ihr, breit zu grinsen.

„Wollen wir wetten? Wer verliert, macht den Abwasch!“

„Ha! Die Wette gilt. Danke für den freien Tag im Küchendienst.“
 

Zwei Stunden, einen Berg voll Blaubeerpfannkuchen, Rühreiern und Speck später, ließ sich James geschlagen gegen die Lehne seines Stuhls fallen und schob seinen Teller von sich weg.

„Ich geb’s auf. Du hast gewonnen. Oh Gott, ich platz gleich.“

Er schlug sich eine Hand auf seinen nackten Bauch, dem auch das viele Essen nichts von seiner ästhetischen Form genommen hatte, aber Delilah verstand durchaus, was er damit andeuten wollte und grinste breit, nachdem sie sich noch einen Löffel Schokopudding in den Mund geschoben hatte.

„Jetzt schon? Wir haben doch grade erst angefangen.“

Was natürlich eine Lüge war und obwohl ihr Tonfall es nicht im Geringsten verriet, stand auch sie kurz vorm Platzen. Aber der Schokopudding mit Sahne war einfach zu lecker, um ihn wegzuwerfen. Also kämpfte sie sich noch durch den Plastikbecher, während James ihr einen ungläubigen Blick von der Seite zuwarf.

„Ich fass es nicht. Wie kann so viel Essen in so was Kleines reinpassen?“

„Hey!“ Sie gab ihm einen sachten Schubs gegen die Schulter und sah ihn gespielt böse an.

„Ich bin nicht klein, nur zierlich gebaut.“

„Fragt sich wie lange noch, wenn du so weiter machst.“

Sie erstarrte und sofort war James bewusst, dass er sie gerade beleidigt hatte. Zumindest musste er glauben, dass das der Grund für ihre Reaktion war. Leider irrte er sich da.

Delilah hatte keine Angst, jemals fett zu werden, dafür war ihr Stoffwechsel zu hoch, aber sie würde bald zunehmen. Das war unausweichlich.

„Deli, das meinte ich nicht –“, wollte er schon mit einem bis dahin noch nie vor ihr gezeigten Welpenblick ansetzen, doch Delilah fuhr ihm einfach über den Mund.

„Was dann wohl zweifelsohne deine Schuld sein wird, da du so verdammt gut kochst.“

Sie stieß ihm ihren Zeigefinger gegen die Brust und funkelte ihn noch mal gespielt böse an, was er allerdings dank seiner Worte falsch verstand.

„Also beschwer dich nicht, wenn ich wegen deiner Kochkünste schon bald in die Breite gehe. Immerhin ist das ein Kompliment an den Koch.“

Sie lächelte, obwohl sie innerlich total zitterte. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr, um den Brüdern das mit dem Baby zu sagen. Ein paar Wochen noch, dann würde langsam etwas zu sehen sein.

James hingegen saß noch immer in seinem Fettnäpfchen und schien ihrem Lächeln nicht ganz glauben zu wollen, weshalb Delilah demonstrativ die letzten Reste des Schokopuddings auslöffelte und ihn dann gelassen ansah.

„Wo sind eigentlich die Anderen?“

Hoffentlich half ihm ein Themenwechsel weiter, und obwohl James für ein paar Sekunden noch immer vom schlechten Gewissen angenagt wurde, begann er sich schon bald wieder zu entspannen und die Teller zusammenzustellen.

„Die sind mit dem Abschleppwagen in Beaver Creek, um ein Auto zu holen. Das wird den ganzen Tag dauern.“

Irgendwie wurde ihr beim letzten Satz unglaublich leicht ums Herz. Dann musste sie dem alten Herrn der beiden Brüder nicht so schnell wieder begegnen.

„Und warum bist du nicht mitgefahren?“

Delilah half ihm, den Tisch abzuräumen und alles in die Küche zu tragen.

„Dad braucht dafür nur einen von uns, und da ich der bin, der kochen kann, hat Dean beschlossen, dass ich mich besser um dich kümmern kann als er.“

Wieder erschien ein kleines Lächeln auf ihren Lippen.

„Das ist sehr nett von dir.“

„Verwechsle nett nicht mit eigennützig.“

Er grinste sie auf seine entwaffnende Art von der Seite her an. Sie hätte sich nur ein Stück zu ihm hinüberlehnen müssen, um mit ihrer Schulter seinen Arm zu berühren, so nah war er, aber es waren seine Worte, die sie fragend die Augenbraue hochziehen ließen.

„Eigennützig? Das musst du mir genauer erklären.“

Was auch immer sie für Ängste hatte ausstehen müssen, seit ihrer Ankunft gestern und diesem Moment hier, die letzten beiden Stunden hatten sie zumindest so weit beruhigt, dass sie keinen baldigen Rausschmiss mehr fürchtete.

Delilah war sich zwar ihrer Lage noch nicht sehr sicher, aber zumindest fühlte sie sich wohl genug, dass ihr Tonfall als vage flirtend bezeichnet werden konnte. Eine Reaktion auf die Art, wie James mit ihr schon die ganze Zeit über sprach.

Er drehte sich ganz zu ihr herum und sah mit diesem besonders intensiven Blick auf sie herab: „Nun, sieh es doch mal so: Anstatt zu arbeiten, habe ich dank dir einen freien Tag und das ist das erste Mal, dass ich dich nicht mit meinem Bruder teilen muss ...“

Sofort wurde Delilah vorsichtig. Sie konnte es zwar nicht leugnen, dass sie James gerne berührt, sich an ihn gekuschelt und vielleicht sogar geküsst hätte, so sehr sehnte sie sich nach einer warmen Geste, aber sie hatte auch nicht vergessen, was da unter ihrem Herzen ruhte und dass der Vater durchaus der andere Bruder sein könnte. Was wenn Dean und nicht James der Vater des Dings in ihr drin war und sie gerade Gefahr lief, den falschen näher an sich heranzulassen?

Bevor sie auch nur weiter darüber nachdenken konnte, zog James sich zurück und begann Wasser in die Spüle zu lassen.

„Mach dir nichts draus. Morgen kannst du dich mit Dean begnügen und ich fahre mit Dad. Wir haben’s ausgeknobelt.“

Mit diesen Worten begann er sehr enthusiastisch die Teller zu spülen, während Delilah das Gefühl hatte, irgendetwas falsch gemacht zu haben. Aber an seinem Gesichtsausdruck war nichts abzulesen und sie wagte es nicht, danach zu fragen, also schnappte sie sich schließlich ein Geschirrtuch und begann das nasse Geschirr abzutrocknen und zu stapeln, da sie nicht wusste, wohin die Sachen gehörten.

„Das Essen war wirklich lecker. Wo hast du das gelernt?“

Es war zwar nur ein Versuch, das unangenehme Schweigen zu brechen, aber Delilah interessierte sich wirklich dafür, und obwohl James sich mit einer Antwort Zeit ließ, war sie doch sehr froh darüber, dass er überhaupt etwas sagte.

„In einem Kochkurs in Great Falls. Damals war ich so um die sechzehn.“

„Wirklich?“

Erstaunt hielt sie in ihrer Tätigkeit inne und sah den Mann neben sich neugierig an. Das hätte sie James gar nicht zugetraut. Nicht in diesem Alter, wo er doch sicher ganz andere Dinge im Kopf gehabt hatte.

Er sah sie immer noch nicht an, sondern arbeitete einfach weiter.

„Ja. Ich konnte den Fraß von Dad nicht mehr ertragen, also hab ich mich dazu genötigt, wenigstens die Grundlagen zu lernen und erstaunlicherweise hat es mir dann auch zunehmend Spaß gemacht. Jetzt probiere ich gerne herum, und obwohl mich Dean ständig damit aufzieht, treibt er es doch nie zu weit. Dafür schmeckt’s ihm zu gut.“

Langsam schlich sich nun doch so etwas wie ein Lächeln auf seine Lippen. Offenbar erinnerte er sich an etwas und seine Bewegungen begannen, ruhiger zu werden.

Sie hatte ihn also auf andere Gedanken gebracht. Das war gut.

Delilah nahm einen weiteren Teller entgegen und trocknete ihn gründlich ab, während sie James gestand: „Ich kann gar nicht kochen. Ich hab’s nie gelernt und hatte auch nie die Möglichkeit dazu.“

Dabei sollte man doch meinen, Frauen könnten so etwas im Schlaf. Aber da hatte sie definitiv in den falschen Gentopf gegriffen.

Nun hielt James inne und warf ihr von der Seite einen undefinierbaren Blick zu.

„Deine Mutter hat es dir nie beigebracht?“, fragte er überraschend vorsichtig.

Delilah schüttelte leicht den Kopf.

„Meine richtigen Eltern starben, als ich vier war und von meinen Pflegeeltern bin ich abgehauen, ein paar Monate, bevor ich volljährig wurde. Danach gab’s niemanden, der es mir hätte beibringen wollen.“

James schwieg einen Moment. Vermutlich wusste er nicht, was er auf diese gnadenlos ehrliche Antwort sagen sollte, umso mehr überraschte es sie, als er doch sprach.

„Wir haben unsere Mutter auch sehr früh verloren. Allerdings ist sie nicht gestorben, sondern mit einem anderen Kerl abgehauen. Einer der kein Werwolf war und somit besser zu ihr passte.“

Obwohl es schon lange her zu sein schien, glaubte Delilah doch immer noch ein bisschen Wut aus James’ Worten herauszuhören, und wenn man bedachte, wie sehr es ihn und seinen Bruder verletzt haben musste, von ihrer Mutter zurückgelassen zu werden, würde es sie nicht wundern. Auch sie war noch oft wütend auf ihre Eltern, da diese sie einfach allein gelassen hatten.

„Also ist deine Mutter kein Werwolf?“

Wie seltsam. Als sie die Brüder in ihrer anderen Form gesehen hatte, hätte sie niemals daran gezweifelt, Vollblutwerwölfen gegenüberzustehen. Verglich man sie allerdings mit ihrem Vater, fiel einem schon ein gewisses Maß an Friedfertigkeit bei den Brüdern auf. Aber das konnte auch am Charakter liegen.

„Nein. Sie ist ein Mensch. Ein Grund, wieso unser Dad es nicht gerne sieht, wenn wir etwas anderes als Werwolffrauen mit nach Hause bringen.“

Daher also die Abneigung.

Verdammt! Dann hatte sie doch schon von vornherein verloren und sie würde diesem Kerl auch noch einen Mischlingsenkel zur Welt bringen. Es würde sie nicht wundern, wenn er ihr deshalb gleich nach der Geburt das Fell über die Ohren ziehen würde, immerhin hatte sie sich als Nicht-Werwolf an seine Söhne herangemacht!

„Und, äh ... Bringt ihr oft welche nach Hause?“

Das war ein weiterer Punkt, der sie unerklärlicherweise ziemlich reizte. Allein der Gedanke, einer der beiden könnte ...

Reiß dich zusammen, Delilah! Sie sind schließlich nicht dein Eigentum!

Aber sie sollten es sein ...

Schnauze!

„Eifersüchtig?“

Ertappt hätte Delilah beinahe den letzten Teller fallengelassen, aber sie konnte ihn gerade noch im Sturz auffangen und dann vorsichtig zu den anderen auf den Stapel legen.

„Dafür müsstest du dich schon sehr viel mehr ins Zeug legen", meinte sie herausfordernd, die Fäuste in die Hüften gestemmt, obwohl das nicht sehr viel Eindruck machte, da sie ziemlich weit zu James aufsehen musste, der inzwischen wieder ein sehr schalkhaftes Glitzern in den Augen hatte.

„Wirklich?“

Er kam näher.

Ja!

Nein!

Rasch drückte sie ihm das feuchte Geschirrtuch gegen die Brust und wich einen halben Schritt zurück, um nicht in die dumme Situation zu kommen, etwas zu tun, was sie eigentlich nicht tun sollte oder in der sie einfach etwas zuließ.

„Ja. Beim Abendessen zum Beispiel. Außerdem hätte ich gerne eine Führung, nachdem wir uns was Richtiges angezogen haben.“

Sie lächelte so unschuldig wie möglich und James nahm es zum Glück locker hin.

„Lässt sich bestimmt machen.“

Er hängte das Geschirrtuch über den Griff des Backofens und nahm den Tellerstapel in die Hand, um ihn wegzuräumen.

Delilah ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen, sondern packte James’ Hände mit den Tellern, beugte sich so weit vor, wie sie konnte, und hauchte ihm einen Kuss auf die Brust, da sie nicht weiter hinaufreichte.

„Ich habe das Frühstück mit dir sehr genossen. Danke!“

Bevor der Werwolf noch etwas darauf erwidern konnte, rauschte sie wie ein Wolf auf der Jagd ab, um zu sehen, was von ihren Sachen schon trocken genug war, um sie für einen Ausflug ins Freie anziehen zu können. Denn heute war ein schöner Tag und nach der anstrengenden Reise war Delilah einmal froh, wenn sie sich einmal wieder frei bewegen konnte, nachdem sie einige Tage in dem einen oder anderen Bus hatte verbringen müssen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück