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Delilah – Die Liebe einer Wölfin

von

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56. Kapitel

„Hey Jungs. Es ist Zeit. Habt ihr eure Favoriten?“ Delilah wedelte auffordernd mit ihrem Notizzettel in der Luft herum, bevor sie sich schwer in die Polster der Couch zurücksinken ließ, nur um dann eine Weile hin und her zu rutschen, bis sie eine Position gefunden hatte, in der der Kopf des Babys ihr nicht unangenehm in den Schoß drückte.

Es hatte sich in den letzten Tagen gedreht, so dass sie jetzt zwar wieder leichter atmen konnte, aber dafür brauchte sie nun ewig, um sich hinzusetzen, da sie jedes Mal Angst hatte, dem Baby eine Gehirnerschütterung zu verpassen, wenn sie sich zu schwer auf ihren Hintern fallen ließ.

Gott, sie konnte es kaum noch erwarten, bis es endlich da war. Immerhin wurde die Schwangerschaft mit jedem Tag nur noch beschwerlicher. Aber zumindest stand endlich Weihnachten vor der Tür und das lenkte sie dann doch ziemlich gut ab.

„Moment, ich hab’s gleich.“ Dean, der bisher am Küchentisch gesessen hatte, strich noch auf seinem Notizblock herum und kritzelte hastig etwas daneben. Danach ließ er sich auf seinem Stammplatz neben ihr auf der Couch fallen.

James prüfte seine eigenen Notizen noch einmal eingehend, ehe er sich ebenfalls erhob und sich zu ihr setzte.

„Gut. Womit fangen wir an?“ Delilah warf einen fragenden Blick in die Runde und erntete nur Schulterzucken. Was natürlich zu erwarten gewesen war.

„Dann die Mädchen zuerst. Also mein Favorit ist Sarah.“

Dean musste lachen. „Meiner auch.“

„Genau wie meiner“, offenbarte James breit grinsend und steckte sie damit alle an.

Kein Wunder, immerhin hatten sie alle den gleichen Gedanken gehabt. Denn sollte das Baby ein Mädchen werden, würden sie es nach Elijahs Mutter Sarah McKenzie benennen.

„Das war ja leicht. Hoffentlich können wir uns bei den Jungennamen auch so schnell einigen.“ James war guter Hoffnung, aber das es so leicht sein würde, bezweifelte Delilah dann doch stark.

„Dann versuchen wir es einfach mal“, begann sie erneut. „Mein Favorit ist Kevin.“

Das war der einzige Jungenname auf Delilahs Liste, die ohnehin nicht besonders lang war. Im Gegensatz zu ihren Jungs war ihr die Namenswahl des Babys absolut nicht schwergefallen. Sarah nach Elijahs Mutter und Kevin nach ihrem eigenen Vater.

„Okay, also meine Favoriten sind Connor und Jason. Weiter konnte ich es leider nicht eingrenzen.“ Dean warf noch einmal einen unschlüssigen Blick auf seine Notizen, bevor er seinen Bruder abwartend ansah. Delilah tat es ihm gleich, während sie überlegte, ob sie sich Deans Wahl vorstellen könnte.

James rubbelte sich etwas unsicher durch die Haare, bevor er endlich mit der Sprache herausrückte. „Also ich habe drei Namen auf der Liste. Wenn einer dabei ist, der euch überhaupt nicht gefällt, können wir ihn ja weglassen.“

„Na solange es nicht Dwayne 'The Rock' McKenzie oder James Junior ist, wird’s schon nicht so schlimm sein.“

Daraufhin erntete Dean einen finsteren Blick von seinem Bruder.

„Gut, meine Favoriten sind Ian und Jacob.“

Auch eine gute Wahl wie Delilah fand. Das mit den Jungennamen würde wirklich knifflig werden.

„Ich dachte, es wären drei“, stellte Dean ganz richtig fest, bis ihm die Erleuchtung kam. „Ernsthaft? Der dritte Name ist entweder Dwayne oder James Junior? Lass sehen!“

Bevor Dean eine halbe Bruchlandung auf ihrem Bauch machen konnte, drängte Delilah ihn gewohnheitsmäßig mit einer Hand gegen seine Brust wieder auf seinen Platz zurück, was ihn nur dazu brachte, ganz aufzuspringen und um die Couch herumzulaufen, direkt seinem Bruder hinterher, der bereits das Weite gesucht hatte.

„Bleib stehen! Ich will das jetzt verdammt noch mal wissen!“

Nicht sonderlich überrascht legte Delilah ihren Zettel zur Seite und fischte nach dem Keksberg, der sich auf dem Couchtisch türmte.

Während sie ihre eigene Kreation genüsslich verspeiste und dabei immer wieder zärtlich über ihren Bauch strich, konnte sie die Haustür auffliegen und das wilde Gerangel draußen im Schnee hören.

Spätestens das gespielt aggressive Knurren eines Wolfes machte ihr klar, dass das hier noch etwas länger dauern könnte, also schnappte sie sich Deans Notizblock, riss ein frisches Blatt heraus und zerteilte es in fünf gleich große Stücke, worauf sie dann feinsäuberlich die Jungennamen notierte, die zur Auswahl standen.

Delilah hatte sich schon die ganze Zeit gefragt, wann die Brüder endlich einmal die Anspannung herausließen, die sich inzwischen merklich spürbar in ihnen angestaut hatte. Wäre es ihr möglich gewesen, sie hätte die Wölfin ebenfalls herausgelassen und sich mit ihren Männern zusammen zum Spielen in den Schnee geworfen. Aber bis zur nächsten Verwandlung würde sie noch ein paar Wochen warten müssen.

Nachdem Delilah die Papierfetzen, auf denen die Namen standen, auch noch penibel gefaltet hatte, schnappte sie sich noch einen Keks und hievte sich dann mühsam von der Couch hoch, um dem Treiben wenigstens zusehen zu können.

Obwohl Weihnachten war und kein Besuch erwartet wurde, hatten sich ihre Männer klugerweise hinters Haus zurückgezogen. Zwar konnten sie sich auf dem Grundstück relativ sicher verwandeln, aber unnötig riskieren, dass ihre ganze Art aufflog, musste man natürlich dennoch nicht. Außerdem musste Delilah dadurch nicht einmal aus dem Haus, um dem Spektakel zusehen zu können, stattdessen ging sie zum Küchenfenster hinüber und öffnete es weit, um auch noch den dazu passenden Ton zu haben.

Für Außenstehende mussten die wilden Knurrlaute wirklich schrecklich klingen und auch die Art, wie die beiden Brüder sich immer wieder ineinander verbissen, war nichts für schwache Nerven, aber letztendlich war es nur ein Spiel, und wenn einer dem anderen einmal wehtat, dann aus Übermut, aber ganz bestimmt nicht willentlich. Zumindest nicht mehr.

Delilah selbst fand den Anblick einfach unglaublich schön. Die Zwillinge waren wirklich riesig, ihr kastanienbraunes Fell glänzte in der Sonne, während sich darunter das Spiel ihrer Muskeln abzeichnete.

Im Moment konnte sie ihre Gefährten nicht auseinanderhalten, dafür hatte sie die beiden einfach noch zu selten im Pelz gesehen, aber sie vermutete stark, dass Dean der Tonangebende war. Immerhin war er nicht nur der ältere, sondern auch der körperlich stärkere Zwilling, was James aber auf jeden Fall mit seinem Feingefühl und seiner grenzenlosen Loyalität wieder ausglich. Und natürlich auch mit seiner Beharrlichkeit. Egal wie oft er unterlag, er stand immer wieder auf und stürzte sich erneut auf seinen Bruder.

Wenn Delilah darauf wetten müsste, wer von den beiden das längere Durchhaltevermögen hatte, dann wäre James ihr absoluter Favorit.

Irgendwann hatten aber beide genug, so dass sie sich schwer hechelnd den Schnee aus dem Fell schüttelten und sich schließlich zurück verwandelten.

Gerade in diesem Moment wünschte sich Delilah eine Kamera herbei, denn das Bild, das die beiden nackten Männer die im Schnee saßen abgaben, hätte sie gerne für die Nachwelt festgehalten.

„J-Mann, komm schon. Was stand auf dem Zettel noch?“, verlangte Dean immer noch schweratmend zu wissen.

James, der nicht weniger außer Atem war, formte mit der Hand einen kleinen Schneeball und warf ihn halbherzig in Deans Richtung. „Solange ich es verhindern kann, wirst du es nie erfahren.“

„Mann, sei nicht so gemein.“ Deans Schneeball traf seinen Bruder direkt in der Mitte der Brust.

„Heul doch.“ Hastig duckte James sich weg, bevor er erneut getroffen wurde, doch schon nach kurzer Zeit entbrannte eine wilde Schneeballschlacht und die zugleich offenbarte, dass ihre beiden Männer wahre Werwölfe waren, denn die Kälte machte ihnen nicht das Geringste aus.

Als Dean seinen Bruder schließlich im Schwitzkasten hatte und ihn gerade mit einer großzügigen Portion Schnee einreiben wollte, mischte sich Delilah dann doch ein, in dem sie aus dem Schnee auf dem Fensterbrett eine Kugel formte und auf seinen Rücken zielte.

Als sie traf, begann Dean lautstark zu protestieren. „Hey, Deli! Zwei gegen einen ist unfair.“

„Sagt derjenige, der seinen Bruder im Schwitzkasten hat.“ Delilah lächelte ihren Gefährten zuckersüß an und zuckte dann unschuldig mit den Schultern. „Gib einfach auf. Du weißt so gut wie ich, dass J dir nie den dritten Namen auf der Liste verraten wird.“

„Du sagst es, Süße.“ Damit befreite James sich aus dem Griff seines Bruders und marschierte mit einem breiten Siegerlächeln zu seinen Hosen hinüber, um sich wieder anzuziehen.

„Und welcher Name soll es jetzt werden?“ Dean knöpfte gerade die letzten Knöpfe seines Hemds zu, während er zusammen mit seinem Bruder das Wohnzimmer betrat.

„Kommt darauf an. Mir gefallen eigentlich alle eure Vorschläge und wie sieht es mit euch beiden aus?“ Delilah sammelte die gefalteten Papierschnipsel ein und wartete ab, was die Zwillinge zu sagen hatten, je nachdem würde sie entscheiden, wie sie weiter vorgingen.

„Na ja. Connor ist jetzt nicht so mein Fall, aber ich kann trotzdem damit leben.“ Wenigstens war James ehrlich und das war bei der Namensgebung ihres Kindes auch angebracht.

„Ich hab auch nichts gegen die anderen Namen. Wie wollen wir das jetzt also entscheiden?“ Dean warf ihr einen fragenden Blick zu. Was wieder einmal zeigte, dass sie sich letztendlich ganz nach ihr richteten, obwohl sie körperlich gesehen, die Schwächste von ihnen allen war. Aber das hatte eindeutig nichts zu sagen. In der Rudelhierarchie kam sie direkt nach Elijah ihrem Alphawolf und das war für Delilah immer wieder wie ein Wunder. Genauso wie die Tatsache nicht mehr alleine zu sein und sogar eine Familie zu haben, bei der sie so sein konnte, wie sie wirklich war.

„Ich dachte mir, dass wir einfach das Schicksal entscheiden lassen. Ich habe die fünf Namen auf diese Zettel hier geschrieben, und sobald Elijah mit dem Baum zurückkommt, können wir ihn dann vielleicht den Namen ziehen lassen, der es dann sein soll.“

James nickte zustimmend. „Klingt nach einem guten Plan.“

„Bin dabei“, bestätigte auch Dean.

Dann hieß es wohl abwarten und sich dann später überraschen zu lassen.
 

***
 

„Wahnsinn, Dad. Ich dachte nicht, dass wir solche Bäume im Wald stehen haben!“ Dean half seinem Vater dabei, den bläulichschimmernden Nadelbaum auf einem Teppich durch den Flur ins Wohnzimmer zu ziehen.

James, der mit Delilah zusammen gerade das üppige Festmahl für den nächsten Tag zubereitete, wischte sich rasch die Hände an einem Geschirrtuch ab und kam den beiden zu Hilfe, damit der Baum nicht irgendwo hängen blieb. Sie selbst legte das Messer zur Seite, mit dem sie gerade Gemüse klein geschnitten hatte, um die Show nicht zu verpassen.

„So selten, wie ihr euch im Wald aufhaltet, wundert mich das gar nicht“, stellte Elijah fest, jedoch ohne Tadel in der Stimme. Vermutlich, weil er selbst auch die meiste Zeit in der Werkstatt verbrachte. Das war nun einmal ihr Leben.

„James, hol doch schon mal den Ständer für den Baum. Du weißt doch noch, wo der liegt?“ Elijah rückte mit einer kraftvollen Bewegung den Esszimmertisch zur Seite, damit sie leichter daran vorbei kamen.

„Klar. Ist zwar schon ein paar Jährchen her, aber ich werd ihn schon finden.“ Damit verschwand er schnurstracks aus dem Wohnzimmer und Dean verrückte mit seinem Vater auch noch die Couchgarnitur. Sie würden den Baum also direkt vor dem Schrank mit den Waffen aufstellen, was Delilah für ein gutes Zeichen hielt. Im Sinne von einem besinnlichen und friedvollen Weihnachten sozusagen.

Während James mit dem Ständer zurückkam und erst einmal das Teil abstauben und mit etwas Wasser befüllen musste, drückte Delilah Dean eine rotgoldene Zierdecke in die Hand. „Hier leg das unter den Ständer, der Boden ist schon ramponiert genug.“

Dean kam ihrer Aufforderung ohne zu zögern nach, und nachdem die drei McKenzies ein paar Minuten leise fluchend mit dem Baum und den dazugehörigen Ständer gekämpft hatten, war es geschafft.

Elijah hatte ein gutes Augenmaß bewiesen, denn der Baum war nicht nur prachtvoll und von jeder Seite schön anzusehen, sondern auch gerade noch klein genug, um auf die Spitze den goldenen Stern anbringen zu können, der ebenfalls in der Kiste mit dem Weihnachtsschmuck gewesen war.

Zwar waren dem Schmuckstück schon deutlich die Jahre anzusehen, die es bereits hinter sich hatte, aber genau das machte es für Delilah so perfekt.

Zu wissen, dass sie hier nicht auf einen neuen Brauch, sondern viel mehr auf eine alte Tradition bestand, war beruhigend und fühlte sich einfach richtig an. Denn wenn es nach ihr ging, hatte dieses Haus schon genug Leid gesehen und durfte gerne wieder mit so viel Liebe erfüllt werden, wie es vertragen konnte. Das Gleiche galt natürlich auch für dessen Bewohner.

Um gleich damit anzufangen, trat Delilah neben Elijah und berührte ihn kurz am Arm, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie musste sehr weit zu ihm hochsehen, doch das machte ihr inzwischen keine Angst mehr. So brutal sein Äußeres bisweilen auch erscheinen mochte, in seinem Inneren war er doch ein warmer, großherziger Werwolf, dem die Familie einfach über alles ging und da sie nun ein Teil davon war, hatte sie nichts mehr vor ihm zu befürchten.

„Danke, dass du extra einen Baum besorgt hast. Er ist einfach perfekt.“

Ihre Worte entlockten ihm ein kleines Lächeln, das man nur selten an ihm beobachten konnte. Seine Antwort war eine warme Berührung an ihrer Schulter, bevor er sich den feuchten Teppich schnappte und damit in der Waschküche verschwand.

„So, wer hat Lust, mit mir zusammen den Baum zu schmücken?“ Delilah sah voller Begeisterung in die Runde und rieb sich schon voller Vorfreude die Hände.

„Macht ihr nur, ich kümmere mich derweil weiter um das Essen.“ James drückte ihr einen kleinen Kuss auf die Lippen und schnappte sich dann das Messer, das sie vorhin zur Seite gelegt hatte. Sobald sie mit dem Baum fertig wären, würde sie ihm wieder helfen, aber das hier hatte für sie einfach Vorrang.

Abwartend sah sie also Dean an, der verschmitzt grinste. „Klar helfe ich dir. Ich bezweifle nämlich sehr stark, dass du auch nur in die Nähe der Baumspitze kommst.“

Er strich ihr zärtlich über den Bauch und zwinkerte ihr zu.

Delilah hatte verstanden und sie selbst würde auch aufpassen, dass sie beim Schmücken nicht einfach alles wieder runterfegte, wenn sie eine Drehung machte. Aber ihr gewaltiger Umfang hinderte sie ja nicht daran, zumindest den Teil des Baumes zu schmücken, an den sie gemütlich herankam.

Doch bevor sie loslegten, drehte sie die Weihnachtsmusik lauter und machte sich dann über die noch eingeschweißten Päckchen mit dem neuen Weihnachtsschmuck her. Das war fast schon besser, als die richtigen Geschenke auszupacken.

„Zuerst die Lichterkette.“ Delilah drückte Dean die Schachtel mit den kleinen bläulich weißen Lichtern in die Hand. Zum Glück hatte James keine bunten Lichter besorgt, die bei anderen scheinbar sehr beliebt waren, aber vermutlich fand nicht nur sie die Teile grottenhässlich.

„Ja, Ma’am.“ Dean flüchtete sich gerade rechtzeitig aus ihrer Reichweite, bevor Delilah ihn erreichen konnte. Er wusste genau, dass sie es nicht mochte, so angesprochen zu werden. Sie war zwar um ein paar Jahre älter als ihre Gefährten, aber so alt dann auch wieder nicht. Warum sie auch immer wieder damit aufgezogen wurde.

Sie nahm es mit Humor und ließ sich dabei Deans Anblick auf der Zunge zergehen, während er sich streckte und beugte, um die Lichterkette gleichmäßig auf dem Baum zu verteilen. Sein knackiger Hintern sah dabei in der engen ausgewaschenen Jeans einfach nur zum Anbeißen aus.

„Vorsicht Deli. Wenn du zum Sabbern anfängst, muss ich dir ein Lätzchen umhängen.“ James wedelte provokant mit dem Geschirrtuch und gluckste dann leise vor sich hin, als sie ihm dafür einfach nur die Zunge raussteckte. Dennoch konzentrierte Delilah sich anschließend wieder mehr auf den Schmuck und womit sie als Erstes anfangen wollte.

Es wurde ein sehr beschaulicher Nachmittag.

Zusammen mit Dean machte das Weihnachtsbaumschmücken einfach unglaublichen Spaß. Sie bewarfen sich gegenseitig mit Lametta, hängten sich kleine Kugeln an die Ohren und posierten dann vor James, der entscheiden musste, wem die Teile besser standen. Was ihm nicht so recht gelingen wollte, wenn man bedachte, dass er sich vor lauter Lachen kaum noch einkriegte. Das änderte sich dann auch nicht, als auch noch Elijah zu ihnen stieß und ihm beim Kochen ein bisschen unter die Arme griff bzw. den Tisch deckte und das sogar überraschend festlich. Der alte Werwolf hatte ganz offensichtlich noch nicht verlernt, wie man Weihnachten feierte.

Das anschließende Abendessen war zwar kein Vergleich zu dem Weihnachtsschmaus, der am nächsten Tag stattfinden würde, aber dennoch in vielerlei Hinsicht ein Hochgenuss. Nicht nur was die dekadenten Köstlichkeiten anging, sondern auch die Stimmung wurde immer ausgelassener, nachdem Elijah auch noch eine riesige Flasche Eierlikör auf den Tisch zauberte.

Delilah durfte zwar nichts davon trinken, aber das hinderte sie natürlich trotzdem nicht daran, mit allen zu schäkern und die Zwillinge kräftig aufzuziehen, nachdem man ihnen langsam anmerkte, wie sich der Alkohol selbst auf ihren Werwolforganismus immer deutlicher auswirkte. Das Teufelszeug musste offenbar hochprozentiger sein, als man dem Likör zutrauen würde. Aber es hatte auf alle Fälle auch eine gute Seite, denn manchmal kamen sie sogar in den unvergleichlichen Genuss, Elijah lachen zu sehen. So gut wie es ihm stand, hätte er ruhig noch öfter Alkohol vertragen können. Aber es war zumindest schön zu wissen, dass er auch das nicht verlernt hatte.

Gegen Mitternacht waren schließlich alle bereit fürs Bett und zum Glück stützten die Zwillinge sich gegenseitig, denn Delilah hätte ohne Hilfe nicht einmal einen der Brüder ins Schlafzimmer bringen können. Dafür musste sie ihnen dann beim Ausziehen helfen und dabei sanft aber bestimmt, ihre betrunkenen Avancen von sich lenken. Doch sobald sie in die Horizontale gingen, waren sie friedlich wie die Lämmer und auch ziemlich schnell eingeschlafen.

Delilah selbst brauchte ebenfalls nicht lange. Der Tag war zwar unglaublich schön aber auch sehr anstrengend gewesen und ihr Kreuz seufzte regelrecht erleichtert auf, als sie es endlich richtig entlasten konnte.
 

***
 

Es ist Weihnachten!

Mit diesem freudigen Gedanken schlug Delilah die Augen auf und war auf der Stelle hellwach, obwohl es draußen gerade erst einmal zu Dämmern begonnen hatte. Doch nicht einmal ihre beiden hinreißenden Gefährten könnten sie jetzt noch im Bett halten, selbst wenn sie nicht total im Tiefschlaf liegen würden. Also schob sie sich unter der Decke langsam und etwas unbeholfen in Richtung Fußteil des Bettes, bis sie am anderen Ende unter dem dünnen Stoff wieder zum Vorschein und auf ihre nackten Füße kam.

Delilah warf noch einen letzten prüfenden Blick zu den schlafenden Zwillingen hinüber, ehe sie sich auf leisen Sohlen durch das Zimmer bewegte und vorsichtig die unterste Schublade ihrer Kommode öffnete, um die drei sorgfältig eingepackten Geschenke, die sie unter einem Stapel Zeitschriften versteckt hatte, hervorzuholen.

Danach führte sie ihr erster Weg direkt die Treppe hinunter in den Wohnbereich, wo sie unter dem Mistelzweig an der Tür stehen blieb, um den wunderschönen Anblick desfunkelnden Weihnachtsbaum tief in sich aufzusaugen und die Erinnerung daran an einem ganz besonderen Platz in ihrem Herzen abzuspeichern.

Das war ihr erstes richtiges Weihnachten so weit ihre Erinnerungen zurückreichten. Egal wie viele Weihnachtsfeste es noch geben mochte, dieses hier würde immer etwas ganz Besonderes für sie bleiben.

Im ganzen Haus war es noch beschaulich still, als sie die letzten Schritte zum Baum zurücklegte. Selbst Elijah schien noch zu schlafen, was nach der gestrigen Eierlikörorgie auch nicht weiter verwundern dürfte. Er war zwar bei weitem nicht so betrunken gewesen wie die Zwillinge, aber dass er auch ordentlich einen sitzen gehabt hatte, konnte er nicht leugnen. Dafür hatte er eindeutig zu viel und zu herzlich gelacht.

Leise ächzend ging Delilah vor dem Weihnachtsbaum auf die Knie und drapierte ihre kleinen Gaben sorgfältig unter den letzten Ästen auf der rotgoldenen Zierdecke.

Sie hatte sich für dunkelblaues mit silbernen Schneeflocken verziertes Geschenkpapier entschieden und das ganze noch mit einem versilberten Band umwickelt, um in der Mitte der Päckchen eine schöne Masche machen zu können, an der jeweils ein kleines Namensschild hing.

Es war zwar nichts besonderes, aber Delilah hoffte dennoch, dass die schlichten Geschenke, den Männern ihrer Familie gefallen würden. Zudem sah der Platz unter dem Weihnachtsbaum nun nicht mehr so leer aus und auch das war ein schöner Nebeneffekt.

Nachdem Delilah es geschafft hatte, wieder auf die Beine zu kommen, brühte sie erst einmal richtig guten Kaffee, um die Männer bei ihrem Erwachen wieder auf Vordermann zu bringen und zauberte dann ein üppiges Weihnachtsfrühstück auf den Tisch.

Danach begab sie sich zurück auf ihr Zimmer, um erst einmal schön heiß zu duschen und sich etwas Bequemes für den Tag anzuziehen.

Als sie fertig damit war und das Bad verließ, waren das riesige Bett in dem sie zu dritt schliefen schon sorgfältig gemacht worden, was eindeutig James' Handschrift trug und ihre Gefährten bereits verschwunden.

Delilah fand sie fix und fertig angezogen und mit Kaffeebechern hantierend in der Küche.

Während sie zu ihnen ging, um sich ihren Guten-Morgen-Kuss von ihnen abzuholen, streifte ihr Blick ganz wie von selbst den Weihnachtsbaum und der Anblick ließ ihr Herz plötzlich schneller schlagen. Zu ihrer eigenen Überraschung lagen jetzt nicht nur ihre drei Geschenke unter dem Baum, sondern es hatten sich auch noch ein paar weitere kleine Päckchen dazu gesellt.

Delilah strahlte übers ganze Gesicht, als sie James zuerst erreichte und ihn so fest in die Arme schloss, dass er den Kaffeebecher abstellen musste, um den Inhalt nicht zu verschütten.

„Hey. Guten Morgen, Süße. Alles klar bei euch beiden?“ James hauchte ihr einen Kuss auf ihren Scheitel, ehe sich seine Wange dagegen schmiegte, während seine Hände liebkosend über ihren Rücken streichelten.

Im entging dabei nicht, wie ihr ganzer Körper bebte, weshalb er sie sofort ein Stück weit von sich schob und ihren Blick suchte.

„Alles okay? Ist etwas mit dem Baby?“

Immer noch ein strahlendes Lächeln auf den Lippen nahm sie James' Gesicht zwischen ihre Hände und drückte ihm einen dicken festen Kuss auf den Mund.

„Ja. Alles in bester Ordnung.“ Schließlich zitterte sie lediglich so vor Freude und das war wirklich etwas Gutes.

Der Inhalt dieser neuen Päckchen war ihr im Moment egal und auch für wen sie waren. Das alles spielte einfach keine Rolle. Was wirklich für sie zählte, war die Tatsache, dass ihre Gefährten bei der Weihnachtsdekoration, dem Baum und den Plätzchen nicht Halt gemacht hatten. Nein, sie hatten sich sogar etwas für ihre Lieben überlegt und somit endgültig mit der alten McKenzie-Tradition gebrochen.

„Will auch“, jammerte Dean hinter ihr und zupfte wie ein kleiner trauriger Welpe am Saum ihrer Tunika, um ihre Aufmerksamkeit einzufordern.

Delilah lachte leise, gab James noch einmal einen kleinen Kuss, ehe sie sich zu Dean herumdrehte und nun auch ihm in die Arme fiel, um ihn einmal ausgiebig küssen zu können.

Erst als sie alle drei so viele Küsse und Streicheleinheiten ausgetauscht hatten, dass es wenigstens für die nächsten paar Stunden reichen würde, setzten sie sich an den Tisch und warteten darauf, dass auch Elijah zu ihnen stieß.

Zehn Minuten später war die Familie komplett und fiel erst einmal ausgiebig über das köstliche Frühstück her. Kleine Anekdoten das gestrige Eierlikörgelage betreffend wurden ausgetauscht und auch die Pläne für die nächsten Tage wurden besprochen.

Die Werkstatt hatte über Weihnachten und Neujahr zu. Auch deshalb, damit Delilah noch so viel Zeit wie möglich mit den Zwillingen verbringen konnte, bevor das Baby kam.

Holly würde die nächsten Tage immer wieder einmal vorbeischauen und sie noch weiter auf die Geburt und alles was danach wichtig für sie sein würde, vorbereiten. Aber Delilah war sich sicher, dass sie es nicht nur wegen ihr, sondern vor allem wegen Elijah tat, denn der Unterricht dauerte maximal ein bis zwei Stunden am Tag. Den Rest davon sah man sowohl ihre Hebamme wie auch den alten Werwolf nicht.

Delilah vermutete, dass die beiden die umliegenden Wälder unsicher machten und sie gönnte es ihnen von ganzem Herzen. Dass Holly Elijah in mehr als nur einer Hinsicht gut tat, war nämlich nicht zu übersehen. Selbst jetzt, da er nicht unter dem Einfluss von Alkohol stand, war er viel gelöster als früher und er strahlte, als hätte jemand in seinem Inneren ein Licht angeknipst, dort wo schon seit Jahren nur Finsternis geherrscht hatte.

Als schließlich das meiste Essen auf dem Tisch verschwunden und alle zufrieden satt waren, erhob sich Delilah und sah einmal aufgeregt in die Runde.

„Ich weiß, ich bin sicherlich nicht die Einzige hier, die die Bescherung kaum noch abwarten kann, aber vorher würde ich Elijah gerne, noch um etwas bitten.“

Der alte Werwolf nickte einmal zustimmend, so dass Delilah schnell die Schüssel mit den Namenszettelchen von der Anrichte holte.

„Wir, also Dean, James und ich haben gestern versucht, uns auf einen Namen für das Baby zu einigen. Wenn es ein Mädchen wird, wollen wir es Sarah nennen.“

Sie schenkte Elijah ein liebevolles Lächeln, da ihr das kurze Aufflackern in seinen Augen nicht entgangen war, bevor sie schnell weiter sprach. „Aber bei den Jungennamen sind wir uns nicht wirklich einig. Darum habe ich die Vorschläge auf Zettel geschrieben und wir möchten gerne, dass du einen davon ziehst und der soll es dann sein.“

Delilah hielt dem alten Werwolf die Schüssel hin.

„Seit ihr sicher, dass ihr das so entscheiden wollt?“, fragte er noch einmal in die Runde und fuhr dann mit der Hand durch die Schüssel, nachdem alle schweigend genickt hatten.

Schließlich zog er einen der Zettel heraus und faltete ihn auseinander.

Delilah konnte nicht sagen, ob seine nach oben wandernde Augenbraue ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, aber sie hielt wie ihre Gefährten den Mund und wartete darauf, dass er den Namen vorlas, den er gezogen hatte.

„Hier steht: Kevin.“

Innerlich machte Delilah einen Freudensprung, auch wenn sie nach außen hin ihre Fassung zu waren versuchte, um nicht so etwas wie einen Wettstreit, bei dem sie gewonnen hatte, daraus zu machen.

„Dann also Kevin.“ Die Zwillinge warfen sich wieder einen ihrer für sie so typischen Blicke zu, ehe sie Delilah offen und ehrlich anlächelte.

„Warum eigentlich Kevin?“, wollte Dean dann wissen.

Delilahs Finger begannen an ihrer Serviette zu zupfen und kleine Stücke davon abzureißen, während sie so ruhig wie möglich ihre Wahl erklärte.

„Mein leiblicher Vater hieß Kevin, und da mir sonst nichts von ihm geblieben ist außer vage Erinnerungen an einen sehr angenehmen Mann, dachte ich mir, es wäre ganz schön, wenn unser Sohn nach ihm benannt wäre.“

Kurz herrschte betroffenes Schweigen, bevor James es schnell wieder brach.

„Dann ist es beschlossene Sache. Kevin Bennet also.“ Er nickte ihr mit einem liebevollen Lächeln zu, das sie ebenso sehr erwiderte.

„Nein. Ganz bestimmt nicht.“ Delilahs Lächeln wurde im gleichen Maße breiter, wie sich James' Stirnrunzeln vertiefte.

„Nicht?“ Dean sah ebenfalls fragend drein.

„Ich bin die letzte Überlebende der Bennets und das ist schon okay. Aber unser Kind wird definitiv ein McKenzie werden, falls das für dich okay ist, Elijah.“

„Der Name McKenzie hat irische Wurzeln, ebenfalls der Name Kevin. Was würde besser zusammenpassen? Außerdem bist du inzwischen voll und ganz Teil dieser Familie und dieses Rudels. Deine Kinder werden hier immer einen Platz in der Familie McKenzie haben.“ Elijah schenkte ihr ein Lächeln, das ihr den Bauch wärmte. Ein schöneres Ja hätte er ihr nicht geben können.

Weshalb sie schließlich auch aufstand, um den Tisch herumging und vorsichtig ihre Arme um seinen Hals legte, was sie sich vor ein paar Monaten niemals getraut hätte.

„Ich danke dir.“

Sie war bereits wieder den Tränen nahe, doch als sie seine kräftigen Hände auf ihrem Rücken spürte, war es mit ihrer Selbstbeherrschung vorbei.

Beschämt löste sie sich wieder von ihm, wischte sich rasch über die Augen und setzte ihr unbekümmertstes Lächeln auf. „Wie wär's jetzt mit Bescherung?“
 

Eine Viertelstunde später saßen sie alle zwischen einem Haufen zerknüllten Geschenkpapiers auf dem Boden und bewunderten und kommentierten gegenseitig den Inhalt der Päckchen.

Delilah hatte den McKenzie-Männern einen neuen Arbeitsoverall in Schwarz gekauft, der auf dem Rücken den Namen und das Log der Autowerkstatt aufgedruckt hatte und vorne war ganz individuell der Schriftzug des Trägers eingestickt worden.

Sie hatte Schwarz deshalb für passend erachtet, da man bei dieser Farbe nicht gleich die Ölflecken sehen würde, die ganz bestimmt schon nach dem ersten Einsatz dort auftauchen würden.

Alle drei hatten sich riesig darüber gefreut, endlich einen eigenen Overall zu haben, der nicht schon tausend mal geflickt worden war. Sogar Elijah hatte sie für die Idee mit dem Logo am Rücken mehr als gelobt.

Er selbst hatte von den Zwillingen eine neue Uhr geschenkt bekommen, die er auch gleich angelegt und für gut befunden hatte. Das Leuchten in seinen Augen verriet mehr, als seine bescheidenen Worte. Ganz offensichtlich hatte er nicht mit einem solchen Geschenk von seinen Söhnen gerechnet.

James bekam von ihm eine Sammelbox von Prison Break, was eine unerwartet kluge Wahl für den alten Werwolf war, denn das war derzeit die Lieblingsserie seines Sohnes, ohne dass er ihn auch nur einmal wirklich dabei gesehen hätte, wie dieser sie anschaute. Zudem bezweifelte Delilah doch stark, dass er wegen des Geschenks Dean um Rat gefragt hatte. Das passte einfach nicht zu Elijah.

Dean hatte er jeweils ein Jahresabo von seinen beiden Lieblingsautotüftlermagazinen geschenkt, nach denen er immer so verrückt war, dass er damit sogar auf dem Klo verschwand und erst Stunden später wieder auftauchte. Was nicht nur Delilah des Öfteren ärgerte. Aber wenigstens machte er dabei das Fenster auf.

Zu guter Letzt legten die Zwillinge ihr jeweils ein kleines Schmuckschächtelchen in jede Hand, die Delilahs Herz sofort höher schlagen ließen, auch wenn sie nicht glaubte, dass es sich hier um Ringe handelte. Aber der Gedanke kam ihr doch ganz kurz und war auch nicht vollkommen abwegig.

Trotzdem war sie irgendwie ein bisschen erleichtert, dass es keine Ringe, sondern zwei besonders schöne Teile eines Anhängers waren, die zusammengehörten.

Der Schmuck war aus echtem Silber und stellte zwei kleine Wölfe dar, die sich um ein Herz wandten, das in der Mitte geteilt war. Die Augen der Wölfe sahen so aus, als wären es winzige Bernsteine und auf der Rückseite der Anhänger war etwas eingraviert, das man nur lesen konnte, wenn man die beiden Teile zusammenfügte, was Delilah auch sofort tat.

Dort stand in verschnörkelter Schrift: Für immer die deinen.

Delilah war so sprachlos, dass sie kein Wort herausbrachte.

„Ich hab dir doch gesagt, dass das wahrscheinlich zu kitschig-“, begann Dean seinen Bruder anzunörgeln, wurde aber sofort von Delilahs heftigem Kopfschütteln abgelenkt.

„Ich liebe es!“, presste sie mühsam zwischen bebenden Lippen hervor, während sie die beiden Schmuckstücke wie einen kostbaren Schatz an ihr Herz drückte.

„Ich habe nur leider keine Kette dafür“, gab sie kleinlaut zu.

„Ha! Hab ich’s dir nicht gesagt?“ James grinste seinen Bruder triumphierend an, bevor er aufsprang und in die Küche lief, um dort etwas aus einen der obersten Schränke zu holen, an die sie niemals ohne fremde Hilfe herangekommen wäre.

Als er zurückkam, ließ er sich hinter ihr nieder, nahm ihr vorsichtig die beiden Anhänger aus den Händen und nur ein paar Augenblicke später, baumelten sie an einer ebenso schönen Kette aus Silber um ihren Hals.

Mit Worten konnte Delilah nicht ausdrücken, wie sehr sie sich über das Geschenk der beiden freute, also nahm sie sich schließlich zuerst James vor und küsste ihn mit aller Dankbarkeit, die ihr zur Verfügung stand, und widmete sich dann Dean, solange bis Elijah sich dezent räusperte und so wieder auf sich aufmerksam machte.

Delilah hatte ihn schon vollkommen vergessen. Peinlich berührt, richtete sie sich wieder die Haare und versuchte das Glühen ihrer Wangen mit ihren Händen etwas zu mildern, aber das war natürlich vergeblich.

Zum Glück ging Elijah nicht weiter auf die Knutscherei ein, sondern deutete mit erhobenem Zeigefinger an die Decke.

„Da gibt es noch etwas, das du dir ansehen solltest.“

„Oh, stimmt ja!“ Dieses Mal sprang Dean voller Tatendrang auf und zog auch Delilah mit sich in die Höhe. Mit ihrem Vater im Schlepptau bugsierten die Zwillinge sie die Treppe hoch, direkt vor die Tür zu dem für sie verbotenen Zimmer.

Dort drehte Dean sich noch einmal zu ihr um und senkte etwas die Stimme, als er zu ihr sagte: „James und ich hoffen darauf, dass du uns nach der Geburt des Babys ausgiebig dafür entschädigst, dass du uns wegen dieses Zimmers so oft das Fell über die Ohren gezogen hast.“

Bevor Delilah verstehen konnte, was Dean damit sagen wollte, nahm er das Betreten-Verboten-Schild ab und darunter kam ein gänzlich anderes zum Vorschein.

Delilahs Augen weiteten sich und jetzt ergaben seine Worte auch Sinn.

Das kleine hölzerne Türschild war zwar noch unvollständig, da der Name des Babys in der Mitte fehlte, aber dennoch wunderschön anzusehen.

Wie bei ihrem Anhänger gab es auch hier Wölfe, die rund um den Rahmen des Schildes eingearbeitet waren, doch jetzt waren es Welpen, die sich gegenseitig zu jagen schienen.

Noch bevor Delilah sich alles bis ins letzte Detail genau anschauen konnte, öffnete Dean die Tür.

„Frohe Weihnachten, Deli.“ Er trat zur Seite und gab den Blick auf das Innere des Zimmers frei.

Delilahs Hand tastete blind hinter sich nach der von James, die sie dann so fest umklammerte, dass sie sie ihm bestimmt zerquetschte, aber er gab keinen Mucks von sich.

Vor ihr offenbarte sich der wahrgewordene Traum eines reichlich ausgestatteten Kinderzimmers.

Zuerst konnte Delilah nur die hellen, sonnigen Farben des Raumes in sich aufnehmen, bevor mehr und mehr Details auf sie eindrangen.

In der Mitte der beiden Fenster ihr gegenüber stand ein schlichtes, aber aus schönverarbeitetem Holz gefertigtes Gitterbett, das an allen Seiten mit schmalen Kissen in der Farbe von Butterblumen ausgepolstert war und zu den Bezügen des winzigen Bettzeugs passten.

Gleich rechts daneben an der Wand war ein weißbemalter Kleiderschrank, von wo aus ein ebenso weißer Plüschwolf sie mit runden Glasaugen im Blick hatte.

Direkt neben dem Schrank befand sich in Reichweite ein ausladender Wickeltisch der gleichen Farbe, der bereits mit Windeln, Puder, Ölen und Feuchttüchern reichlich bestückt war.

Auf der anderen Seite des Zimmers, dort wo früher Deans Schreibtisch gewesen war, stand nun ein ziemlich moderner, schön gepolsterter Stillsessel mit passender Fußstütze und schien nur darauf zu warten, dass man sich hineinsetzte, was Dean auch schließlich tat, während er wie der Rest der McKenzies schweigend dabei zusah, wie Delilah das Zimmer auf sich wirken ließ.

Als sie sich weiter in den Raum vorwagte und auf einem flauschigen Schaffellteppich zum Stehen kam, konnten sie nun auch in der Ecke hinter der Tür einen zusammengeklappten Kinderwagen und daneben einen kleinen Buggy stehen sehen. Sogar an einen Stubenwagen hatten sie gedacht!

Der Rest des Zimmers war wie die ganzen Möbel darin sorgfältig ausgewählt und dekoriert worden, so dass man sich sofort wohl in diesem Zimmer fühlte.

Doch was Delilah am Meisten daran schätzte, war die neutrale Farbwahl. Sie konnte unmöglich anhand der Farben oder Gegenstände im Zimmer sagen, ob hier in Zukunft nun ein Junge oder ein Mädchen schlafen würde. Selbst daran hatten die Zwillinge gedacht.

Wie in einem Traum ließ sie James' Hand schließlich los, um den Rahmen des Kinderbettes berühren und die weiche Beschaffenheit des Holzes befühlen zu können. Es war sogar noch schöner, als das was in ihrem Schlafzimmer stand, auch wenn das kaum noch möglich zu sein schien.

Das kleine Kissen, in das sie kurz darauf ihr Gesicht drückte, war wunderbar weich und duftete nach frischer Wäsche.

Sorgfältig legte Delilah es zurück und musterte eine kleine Hightechausstattung, die direkt an der Wand angebracht war und von der sie im ersten Moment nicht genau wusste, was sie davon halten sollte.

„Das ist eine Kamera. Und mit dem Teil hier-“ James drückte ihr ein kleines Gerät mit einem Bildschirm und ein paar Knöpfen in die Hand. „-kannst du unserem Baby später dann beim Schlafen zusehen, oder ihm per Knopfdruck eine Melodie vorspielen lassen. Das ist heutzutage die moderne Variante eines Babyphons.“

Delilah hatte davon gelesen, aber da die Teile nicht gerade billig waren, wäre sie nie selbst auf den Gedanken gekommen, sich so etwas zu kaufen.

Überhaupt hätte sie sich nicht einmal einen Bruchteil von dem leisten können, was die Ausstattung dieses Zimmers gekostet haben musste.

Selbst das Einkommen der Brüder dürfte kaum noch für etwas anderes gereicht haben. So viel verdienten sie dann auch wieder nicht.

„So wundervoll ihr das alles auch hergerichtet habt, aber das muss euch doch wahnsinnig viel Geld gekostet haben.“

Delilah konnte nicht vor James verbergen, dass sie sich zwar wahnsinnig über das Zimmer freute, aber auch irgendwie schlecht dabei fühlte, dass sie nichts dazu hatte beisteuern können. Ebenso wenig wie zu den anderen Veränderungen im Haus, die die Brüder vorgenommen hatten, seit sie bei ihnen eingezogen war.

„Jeweils ein halbes Jahresgehalt im Voraus", steuerte Elijah hilfreich mit konkreten Details bei.

Als sich nicht nur ihre Augen entsetzt weiteten, sondern auch James' Gesichtszüge regelrecht entgleisten und Dean beinahe vom Stillsessel gefallen wäre, erklang plötzlich ein grollendes Donnern in ihrem Rücken und ließ sie auf der Stelle herumfahren, nur um noch weiter die Augen aufzureißen.

Elijah lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen im Türrahmen und begann immer heftiger zu lachen.

Rasch warf sie einen schnellen Seitenblick zu Dean und James, um zu prüfen, ob auch die beiden das sahen, was sie sah, aber ihre schockierten Gesichter waren die Bestätigung.

„Hat er uns-“, begann Dean verdattert.

„-gerade verarscht?“ James klang nicht weniger verwirrt und sah seinen Bruder hilflos an, der ihm auch nicht weiterhelfen konnte.

Da passierte es.

Es fing ganz klein an und wurde immer stärker, je mehr sie ihre anfängliche Überraschung von sich abschüttelte, bis Delilah sich nicht mehr länger halten konnte und ebenfalls in Elijahs Lachen mit einstimmte.

Aber verdammt auch, sein tiefes, grollendes Lachen so voller Heiterkeit war einfach unglaublich ansteckend und die Gesichter der Zwillinge machte es nicht besser, eher nur noch schlimmer.

Irgendwann, als Delilah schon mächtig vor Lachen der Bauch wehtat und sie sich die Tränen aus den Augen wischen musste, wurde es wieder ruhiger im Zimmer und Elijah räusperte sich, als wäre es ihm fast ein bisschen peinlich, dass er sich so hatte gehen lassen, bevor er sich an sie alle drei wandte.

„Nur um eines klarzustellen, das Zimmer hier ist mein persönliches Geschenk an mein Enkelkind. Ihr drei werdet auch so noch genug Gelegenheiten haben, ordentlich Geld loszuwerden. Das fängt schon im Kindergarten an und steigert sich mit jedem weiteren Schuljahr. Also fangt besser schon mal zu sparen an. So ein College ist nicht billig.“

So wahr seine Worte auch waren, im Moment zählte nur eines und das war Elijahs großzügiges Geschenk.

Delilah war die Erste, die den alten Werwolf umarmte und sich dabei aufrichtig bei ihm bedankte. Hätte sie vorher noch Bedenken gehabt, dass er ein guter Großvater sein würde, so wären sie spätestens jetzt endgültig ausgeräumt.

Kein Mann gab so viel Geld für ein Kind aus, das ihm nichts bedeutete.

Aber ihr Alphawolf hatte sie bisher auch noch nie enttäuscht, aber dafür begann er sie immer öfter, positiv zu überraschen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dragonie
2017-06-28T08:00:23+00:00 28.06.2017 10:00
Endlich wieder ein neues Kapitel!!! *w*

Und noch dazu ein wunderschönes... QwQ
Bei der liebevollen Schilderung des Schmückens und der Geschenke bis zum Kinderzimmer bekommt man ja Tränen in die Augen.....


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