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Wenn sich die See und Nacht begegnen

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Wenn sich die See und Nacht begegnen

*
 

Die letzten Sterne am Firmament verblassten, die Dämmerung war hereingebrochen. Der Wald lag im Stillen, nur gelegentliches Gezirpe männlicher Grillen, sowie das Rascheln wilder Tiere auf der Suche nach Nahrung waren zu vernehmen. Es war ein perfekter Ort, sollte man seine Ruhe haben wollen. Es war der perfekte Ort für ihn.

Seine Hände warfen verschiedene Zutaten in einen bauchigen Kessel, Fischschuppen, Katzennieren, Lurchaugen. Das Feuer prasselte unter dem Metall, die Brühe brodelte. Ein schiefes Grinsen zierte das Gesicht des Magiers, er wusste, dass es bald so weit sein würde.
 

Sie schrieben das Jahr 2012.

Die Menschheit war nicht mehr das Selbe, was sie früher gewesen war. Keiner respektierte mehr Magier, niemand glaubte an richtige Zauberei. Hochstapler machten Zaubershows, versuchten die Welt mit Lügen von ihrer Kunst zu bezeugen. Die industrialisierte Welt entwickelte sich ins Negative. Lediglich arme Länder beherbergten noch wahre Zauberer .. doch wie sollte ihm das helfen? Sie waren arm und schwach. Sie besaßen keinerlei Macht.

Seine dunkelbraunen Haare zurückstreichend begann er nun mit dem eigentlichen Ritual.

Ein dunkler Singsang erfüllte die Ruhe des Waldes, in einer Sprache die nicht irdisch schien. Das Gebräu in dem Kessel verfärbte sich, dunkelrot, so wie frisches Blut. Es fing an zu brodeln. Dunkler Dampf stieg auf und ein beißender Gruch nach Verwesendem breitete sich aus, die Lichtung wirkte nun wie die Bühne eines Schauermärchens.

Es würde keine Minute mehr dauern und seine Marionetten erblickten das Licht der Welt. Leise, geschickt und tödlich. Mit ihnen würde er die Mächtigen dieser Welt zu Fall bringen und, geschickt, wie er war, die Regierung im Verborgenen leiten. Die Hochstapler der letzten Jahre hatten das Selbe versucht, wie er, doch sie hatten wesentlich weniger Intellekt besessen, weshalb sie gescheitert sind.

Nur noch eine einzige Zutat trennte ihn von der Weltherrschaft.

Ohne seinen Singsang zu unterbrechen, zog er einen kleinen gefüllten Sack aus seiner Manteltasche. Getrocknete Rattenschwänze wurden in ihm aufbewahrt, die Hälfte entnahm er dem Stoffbeutel und warf es in die dunkelrote, dickflüssige Masse.
 

Im nächsten Moment verstand der Magier, der auf den Namen Jonathan hörte, die Welt nicht mehr. Ein lauter Knall ertönte und Funken sprühten. Eine gigantische Rauchwolke legte sich über die Waldlichtung und hüllte sie in Schwärze. Es war ein ohrenbetäubender Lärm, der nach dem Knall ansetzte. Schreie und klirrendes Metall waren zu vernehmen, der friedliche Platz verwandelte sich in einen Ort des Chaos. Erde wurde aufgewirbelt und das Stimmengewirr wurde klarer.

Als die Rauchwolke sich legte, sah Jonathan das ganze Ausmaß seiner Beschwörung. Diese ... diese Witzfiguren, hatten nichts mit dem gemein, was er beabsichtigt hatte, heraufzubeschwören! Seine formbaren Marionetten sahen lächerlich aus. Sie sahen nicht aus, wie es in der alten Beschreibung geschrieben stand. Weder waren sie dezent, noch wirkten sie sonderlich tödlich. Sie wirkten wie Menschen in Fashingskostümen. Der eine .. war in eine schwarze Tracht gekleidet, die aussah, wie ein Ganzkörperanzug für Fetischisten. Glücklicherweise bestand dieser Anzug nicht aus Lack und Leder .. Durch eben diesen Anzug waren lediglich seine Augen zu sehen. Sie waren dunkel, fast schwarz und hatten eine Form, die definitiv nicht westlicher Natur waren. Der andere hatte lange verfilzte Haare, einen kurzen, aber ziemlich üppig wirkenden Bart und eigenartige Kleidung an. Auf dem Kopf einen Dreispitz, gehüllt in einem weißen hemdähnlichen Oberteil, die Hose aus dem selben Stoff. Der Mantel wirkte schwer und das dunkelrote Material wies schon einige Gebrauchtspuren auf. Am seinem dunklen Ledergürtel hing viel Schnickschnack. Gefährlicher Schnickschnack .. Revolver, Dolche, ein Schwert .. passend zu dem robusten Aussehen des Mannes.
 

Die Wucht des Knalls hatte den Magier zu Boden geworfen. Die eigenartigen Gestalten waren bis vor einem Augenblick mit sich selbst beschäftigt, sie sahen so verwirrt aus, wie er sich fühlte. Doch mit dem Aufstehen zog er auch die Aufmerksamkeit der beiden auf sich. Aggressivität spiegelte sich in ihren Gesichtern wieder.

Nur noch ein Gedanke schwirrte in Jonathans Kopf herum:

Er musste WEG!
 

Hektisch sprang er auf und flüchtete aus dem Wald.

Die messerscharfen Dolche und tödlichen Schusswaffen hinter sich lassend. Was aus den beiden werden sollte, interessierte ihn nun nicht mehr.
 

*
 


 

Das Schwert des Piraten sauste ziellos durch die Luft, verursachte dabei ein zischendes Geräusch. Ebenso ziellos torkelte auch dessen Besitzer .. es schien einem Wunder gleich, dass er sein Gleichgewicht halten konnte und nicht auf allen Vieren landete.

Desorientiert sah er sich um.
 

Wo sind sie, diese fiesen Feiglinge?! Kommt her, oder traut ihr euch nicht?! Was habt ihr benutzt? Rauchbomben? Einen Zauber? Müsst ihr euch etwa verstecken, um uns entfliehen zu können?! Das hat bisher noch keiner geschafft und bei euch werden wir keine Ausnahme machen!

Unser Schatz wird in unseren Händen bleiben, ihr dreckigen kleinen Ratten!
 

Doch ... nanu? Meine Crew ... mein Schiff! Mein Schatz, er ist verschwunden! Wieso ... wieso stehe ich in einem Wald? Welch fauler Zauber wird hier gespielt?!

Und wer in Neptuns Namen ist diese Witzfigur? Tse .. komplett verhüllt, wie ein verheiratetes Weib, welches sich nicht mehr zu zeigen hat. Und diese Augen ... solche Augen habe ich schon mal gesehen. Doch weit von meiner Heimat entfernt. Ein Schlitzauge, pure Nichtskönner! Was starrt er mich so an? Wenn ihm etwas nicht passt, soll er es mir offen ins Gesicht sagen!

Und auch wenn mir seine Herkunft bekannt ist, was soll diese eigenartige Aufmachung? Erwartet er damit Eindruck zu schinden? Dass er ein Mann ist erkenne ich auch nur, weil er nicht die typischen Rundungen einer Frau besitzt.
 

Doch das alles klärt nicht meine Frage, wo ich gelandet bin ... mit diesem eigenartigen Mann. Nanu? Was war das?

Da ist noch jemand... er sieht nicht aus, wie einer von hier. Eher als dieser Schlitzauge und dennoch .. gehetzt blickt dieser Mann sich nun um, erwarten ihn Feinde? Doch dieser Blick .. warum sieht er mich so an? Diese Feigheit in seinen Augen ist nicht mit anzusehen! Dieser Kessel, dieses Gesöff .. ist das Blut? Was hat dieser Schurke bloß getrieben?!

Ich bin mir sicher, dass er etwas mit dieser ganzen Sache zu tun hat. Alleine schon deswegen hat er den Tod verdient! Ich zücke meine Waffe, richte sie auf ihn und drücke ab.

Glück gehabt, dass er rennen kann, wie ein verschreckter Hase! Ein wenig langsamer und ich hätte ihm den unförmigen Kopf durchlöchert!
 

*
 

Die schwarze, unsichtbare Gestalt misste plötzlich den Boden unter seinen Füßen, genauer: das Dach, auf dem er noch einen Moment vorher geschlichen war; und fiel. Gerade noch rechtzeitig reagierte er, reflexartig, und kam mit beiden Füßen auf dem Boden, in geduckter, aber standfester Haltung, sicher auf.

Hektisch verschaffte er sich mit seinen dunklen Mandelaugen einen Überblick ...
 

Wo ist das Haus hin verdammt....? Mein Auftrag ! Aber wo befinde ich mich jetzt... ? War es eine Falle? Zur Hölle mit ihm! Sicherlich hat der Hausherr herausgefunden, dass jemand wie ich kommen würde und nun...?! Was hat er nur getan? Das kann nur ein übler Zauber sein! Nein, so etwas gibt es nicht. Vielleicht ein Gift? Wurde ich vergiftet, als ich das Haus betreten habe? Vergiftet, ohne dass ich es gemerkt habe? Ich muss aufwachen, oder zurück finden! Was auch immer, mein Auftrag steht über allem. Wenn ich ihn nicht ausführen kann... eine Schande, ich will nicht weiter darüber sinnen! Ich darf meinen Auftraggeber nicht enttäuschen. Es war sein Wille die Gattin des Hausherren zu entführen, und ich werde diesen Auftrag ausführen!
 

Und wer ist das? Um Gottes Willen... dieser Mann sieht widerwärtig aus. Er hat das Gesicht eines Mannes aus dem Westen, aber was sollte solch ein Mensch hier suchen? Ist er hier um mich zu töten? Der Hausherr hat ihn sicher beauftragt und mich in diese Falle gelockt! Ich muss mich wehren... Was hat das alles zu bedeuten?

Wie ungestüm er aussieht... und seinen Gestank rieche ich bis hier! Er riecht nach Alkohol; irgendein westliches Gesöff. Besser ich halte Abstand.

Seine Haare sind genauso ungepflegt wie seine Klamotten. Voller Schmutz und ohne Ordnung... Beinahe lächerlich! Die Kleidung muss hinderlich sein im Kampf, er trägt so viele Schichten; Hemd, Mantel... Wie soll er sich damit schnell fortbewegen? Geschweige denn leise? Unmöglich! Wie unklug; er kann kein Spion sein. Aber was ist er dann?
 

Was ist das? Waffen! Dolche, Messer, sogar eine Pistole! Ich hab ja schon oft von diesen... Schusswaffen gehört, aber hier gibt es keine! Wir kämpfen traditionell .

Um Gottes Willen... dieser Mann trägt zu viele Waffen für meinen Geschmack! Besser ich lasse seine schmutzigen Hände nicht aus den Augen. Allerdings scheint er verwirrt zu sein. Er schaut sich um... genau wie ich. Das bringt mich durcheinander! Was hat das nur alles zu bedeuten?
 

Da ist ja noch jemand! Hah! Seine Augen strahlen Schuldbewusstsein und Schrecken aus. Seine Schuld! Was hat er getan? Was ist... da ist ein... Kessel ! Er dampft ziemlich verdächtigt... Befindet sich dort drinnen das Gift? Oh nein! Oder handelt es sich doch um schwarzen Zauber, finstere Beschwörungen? So ein Hexer! Ja, jetzt rennt er! Lauf, lauf! Du kannst von Glück sprechen, dass du zu weit weg bist und meine Wurfsterne dich nicht getroffen haben!

Nicht mal die Schüsse des Fremden haben ihn getroffen, verdammt!

... Diese Schüsse sind lauter , als ich dachte. Schrecklich... Sie sind mir unsympathisch. Eine Pistole hat keinen Wert für mich. Was hat solche eine laute Waffe für einen Sinn?
 

Argh, zurück zu dem Mann. Auch wenn wir gerade noch den gleichen Feind hatten, wie es schien... so will ich jetzt vorsichtig sein. Ich vertraue ihm und seinen abscheulichen Waffen nicht. Auch wenn er vielleicht genauso unerwartet hier her befördert wurde (oder nur eine Einbildung ist? ), heißt es nicht, dass er mich nicht töten will...
 

"Wer bist du, Fremder?!" , kam es argwöhnisch und herablassend aus dem geschützten Mund des Ninjas.
 

*
 

Abfällig sah der Pirat den Ninja an.

"Du, Jungchen, fragst mich, wer ich bin?"

Er zog eine seiner buschigen Augenbrauen in die Höhe und bedachte den Schlitzaugen mit einem langen, durchdringenden Blick.

"Ich bin der Schrecken aller Weltmeere, mein Name ist überall bekannt, sowohl auf der See, als auch auf dem Lande! Niemand traut sich, meiner Crew und mir in die Quere zu kommen!"

Die tiefe, raue Stimme brachte die Luft zum Vibrieren. Mit verschränkten Armen und einem festen Stand war er dem Auftragskiller gegenüber getreten. Sein Blick war nun herausfordernd.

"Mein Schiff, Lady Diamond, hat schon Orte erblickt, von denen du noch nicht mal zu träumen wagst! Schätze von unschätzbarem Wert beherbergte sie schon."

Der Blick in seinen Iriden wurde nach diesen Worten für einen kurzen Moment fast zärtlich.

"Meine Crew, tödlicher und erfolgreicher, als all ihr Hochstapler zusammen!
 

Ich bin Captain Samuel William Morgan, König der sieben Weltmeere, merke dir diesen Namen, Bub und vergiss ihn nicht!"
 


 

Regungslos horchte der Ninja dem posaunenden Captain.

"Was kümmern mich deine leeren Worte, du Unbändiger!"

Die Stimme des athletischen Asiaten hallte leicht gedämpft durch das Tuch, das sein Gesicht wahrte.
 

"Und was kümmern mich diese wertlosen Schätze in den unerreichbaren Tiefen der Meere!

Was mir von höchster Bedeutung ist, ist Loyalität und Wahrung, Selbstbeherrschung und Perfektion."

Seine natürlich schmalen Augen verengten sich zu noch schmaleren Schlitzen.
 

"Das sind Werte, die dir unbekannt sind, liege ich richtig?!"

Der Auftragskiller festigte seinen Handgriff um einen seiner Dolche, unbemerkt und leise, während seine Augen auf dem korpulenten Mann ruhten.
 

"Wie nennst du mich und meine Gleichgesinnten? Welch stupide Wortwahl. Vielmehr sind du und deine... Sippe so zu nennen!

Ihr kennt keine Regeln und Gesetze, folgt nur euch und eurem Begehren.

Ihr kennt keine Treue und Ergebenheit und eure Kämpfe... laut und ungehobelt!

Wir Ninja ziehen im Stillen unsere Waffen. Nachts. Wenn es dunkel ist. Und niemand hört uns! Unsere Vorgehensweise ist effektiv und unauffällig und sie ehrt uns und unseren Auftragsgeber."

Leidenschaftliche Überzeugung drückten seine nun weit geöffneten, tiefbraunen Augen aus.
 

"Unser Ruf bringt die Reichen und Mächtigen nachts um ihren Schlaf. Wir sind gefürchtet und berüchtigt.

Und doch kennt keiner unserer wahres Gesicht. Lediglich unser Meister und Lehrer, dem wir treu untergeben sind.

Bis in den Tod gehen für ihn und alle Aufträge. Unser Leben geben wir für die Geheimnisse unserer Kunst!"
 

Die Brust des Ninjas hob sich und er streckte erhaben seinen Hals, bot dem Piraten die Stirn und nahm teilnahmslos seine Machtdemonstration hin.
 

"Du namenloser Räuber! Dein Name ist bedeutungslos. Meinen Namen wirst du nie erfahren!"
 


 

Mit jedem gesprochenen Wort des Bengels wuchs die Entrüstung und Wut in der Brust des Seeräubers immer weiter an. Wie konnte er es wagen, ihn und Seinesgleichen dermaßen zu beschimpfen?!

Mit zusammengekniffenen Augen umrundete er den Asiaten, ließ seine Hand zu einem seiner Revolver gleiten, die er ständig griffbereit an seinem Leib trug.

Die Erde knirschte leise unter seinen Füßen, als er zum Stillstand kam.
 

"Pass auf, was du sagst, Jungspund. Du redest hier von deinen Werten und erkennst dabei nicht, dass du dich der Sklaverei und Ausnutzung aussetzt? Denn nichts anderes beschreiben deine 'Werte'!

Wir haben uns den einzig wahren Weg zu leben ausgesucht! Ein Leben in Freiheit! Wir müssen uns keinem korrupten Meister beugen, wie ihr sie so schön zu nennen pflegt!

Wild und frei, das sind wir!"
 

Ein spitzbübisches Lächeln zog sich über das vernarbte Gesicht und entblößte vergilbte Zähne.

"Und wir wissen noch, wie Männer zu kämpfen! Sehen der Gefahr ins Gesicht, mit all ihren Abscheulichkeiten!"

Fast zärtlich strich der Captain nun über eins seiner Dolche.

"Seeräuber, die britische Marine, Ungeheuer .. kein Feind ist uns überlegen! Selbst die Krake ist uns schon zum Opfer gefallen! Eine Leistung von der du noch nicht mal zu träumen wagst!"
 

Morgan schüttelte den Kopf.

"Wahrung und Selbstbeherrschung .. weibische Werte! Und eure Art, den Feind zu überlisten ist ebenso ein Akt, den ein Weib würde bestreiten können! Das Opfer im Schlaf überfallen .. Pah! Das ich nicht lache! Ein Mann braucht Mut und muss sich der Gefahr stellen können! Ihr seid einfach bloß feige! Weshalb solltet ihr eure Identität sonst verstecken wollen?"
 

Keine Sekunde ließ der Ninja den wilden Menschen aus den Augen, während er ihn mit lauten Schritten umrundete. Die geschickten Füße des schwarz Gekleideten bewegten sich geräuschlos auf der Stelle, um den Piraten im Blick zu behalten.

„Du verstehst nichts von meinen Werten! Ich beuge mich niemanden, nur der wahren Kunst dieses Kampfs- und Lebensstil. Du bist so versessen in deine Gelüste, dass du dich selbst verloren hast! Dank Selbstbeherrschung und innerer Ruhe habe ich mein tiefstes Ich gefunden! Das ist ein Schatz, den du auf keinem Fleck des kalten Meeresboden finden wirst!“
 

„Du nennst mich einen Feigling? Nun wirst du erfahren, was Reue und Respekt ist!“

Mit einer sekundenschnellen Bewegung griff er nach drei Wurfsternen und rann zunächst einige Meter davon, nur um dann die Offensive zu ergreifen und die Sterne mit hoher Geschwindigkeit und höchster Präzision auf den älteren Captain zu werfen. Noch in der selben Sekunde des letzten Abwurfs, griff er nach seinem Ninja Tō und bewegte sich bedrohlich schnell auf den, auf die Wurfsterne konzentrierten Mann zu.
 

Auch wenn Morgans Gestalt schwerfällig wirkte, waren seine Bewegungen das komplette Gegenteil. Geschmeidig zog er sein Schwert aus der Scheide und parierte den Angriff. Die Wurfsterne fielen zu Boden und der Seeräuber glaubte sich nun im Vorteil, doch hatte er nicht mit dem nächsten, blitzschnellen Angriff gerechnet. Er sah eine Klinge auf sich zurasen, sie war gut gepflegt, das Blätterdach spiegelte sich in ihr. Alleine seiner guten Reaktionsfähigkeit war es zu verdanken, dass er dieser tödlichen Waffe nicht zum Opfer fiel. Da seine rechte Seite attackiert wurde, zog er mit seiner Linken einen Dolch. Metallgeklirre war zu vernehmen, das Kurzschwert des Piraten fiel zu Boden. Während der Ninja zu einem erneuten Hieb ausholte, griff Morgan nach einer weiteren Waffe seines großen Waffenarsenals.

Ein Klicken ertönte, ehe es von einem lauten Knall übertüncht wurde. Es verlangte dem Ninja einiges seiner Geschicklichkeit ab, auszuweichen, doch ein geübter Krieger wie er meisterte auch dies mit Bravur.
 

Dies war der erste Moment in dem er Eindruck bei dem Älteren schindete. Zuvor war es noch fast niemandem gelungen, seinen Todesschüssen zu entgehen! Sein Revolver war wie ein Todesengel - eigentlich. Der Bursche, der solch eigenartige Werte zu pflegen gedachte kämpfte besser, als er erwartet hatte .. er kämpfte wie ein Mann.

Doch auch diese Einsicht schützte ihn nicht vor dem nächsten Angriff. Der Pirat erblickte eine Waffe, die er zuvor nicht an dem Ninja bemerkt hatte. Es sah aus, wie eine überlange Eisenkette, an der eine Sichel befestigt war. In dem Ort, in der dem Ninja lebte wurde sie "Kusarigama" genannt.
 

Die Sichel rotierte in der Luft, die Klinge bedrohlicher, als die des Schwertes, das der Schlitzauge vorher benutzt hatte. Der Auftragskiller warf die Waffe, mit der Intention, den linken Arm des Piraten zu verletzen und ihm dem Revolver zu entledigen. Doch hatte er allem Anschein nach nicht damit gerechnet, tatsächlich einem erfahrenen Krieger gegenüber zu stehen. So gefährlich der Angriff auch aussah, der Pirat kannte seine Schwachstelle - den Angriff parierend, griff er nach der Kette und zog kräftig an ihr, der Asiate kam ins Straucheln, konnte einige Zeit nicht dem tatsächlichen Geschehen folgen. Zu sehr war er damit beschäftigt, sein Gleichgewicht wiederzufinden.

Diese Situation nutzte der Seeräuber. Die Klinge seines Schwertes ruhte nun auf der Brust des schwarz gekleideten Mannes.
 

Gefasst und regungslos blieb der geschickte Spion und Auftragskiller nur Millimeter entfernt von der bedrohlichen Klinge des Seemannes stehen. Durch das reflektierende Sonnenlicht blitzte sie gefährlich, aber der Ninja blieb standhaft. In der Brust pumpte sein Herz mehr Blut in seine Venen, um der Anstrengung des Kampfes entgegen zu wirken.
 

"Deine ... Kampfkunst verwundert mich", gestand ihm der Asiate und legte seine Hand an seinen letzten Dolch am Gürtel.

Mit solch präzisen Handlungen hatte selten jemand seinen Wurfsternen ausweichen können, und gar solche schnelle Reaktionen leisten können, um sich gegen sein Kampfschwert zu wehren! Dieser wilde Pirat musste Kampferfahrungen haben, von denen er nichts hätte ahnen können.

All seine Bewegungen und Techniken: sie warem ihm vollkommen fremd. Er war Experte im Nahkampf und doch schien auch er seine Kampfkunst zu respektieren. Der Ninja hatte die Überraschung in seinen geweiteten Augen gesehen, als er sein Ninja To auf ihn richtete, als er doch gerade noch die Klingen der Sterne abwehrte.
 

"Ich habe deine Bewegungen unterschätzt. Dich nun weiterzubekämpfen wäre sinnlos."

Die monotonen Worte klangen beinahe versöhnlich und allmählich löste sich die Spannung in seiner Körperhaltung. "Wir könnten uns tagelang weiter so bekriegen. Es wäre wohl letztendlich die Ausdauer, die den Kampf beenden würde!" Die dunkelbraunen Mandelaugen fixierten die helleren Augen des älteren Mannes.

"Du willst mich nicht als Feind haben. Genauso wenig wie ich dich als den meinigen." Endlich löste sich auf die angespannte Hand von seinem Dolch. "Senke dein Schwert, Mann der See! Der Kampf ist vorbei! Uns verbindet nichts. Kein Hass oder Zorn, keine Rache. Wir leben ohne uns unser Leben gegenseitig zu erschweren."

Respektzollend trat der schwarzgekleidete Mann ruhig zurück und löste das schwarze Tuch von seinem Mund, um sich dem Piraten als Person zu offenbaren. "Folge weiter frei deinem Sinn und ersuche deine wertvollen Schätze in den Tiefen der Ozeane!"
 

Gewissermaßen verwirrt zog der Pirat die Augenbrauen zusammen. Er hatte nicht mit solch einem Meinungswechsel gerechnet. Und doch musste er sich eingestehen, dass er es ähnlich sah - es war unsinnig zu kämpfen, vor allem, da sie nichts, außer ihrem Geprahle verbunden hatte.

Morgan senkte sein Schwert und grinste den Ninja nach Beendigung seiner Wort an.

"Worauf du dich verlassen kannst, Jungspund! Schließlich bin ich Captain Samuel William Morgan! Kein Schatz bleibt sicher vor mir!"

Dass der Asiate sein Gesicht nun entblößte, fasste er als eine respektzollende Handlung.

"Nun gut. Ich muss eingestehen, dass du besser kämpfst, als gedacht. Wie ein Mann."
 

Sein Schwert in die Scheide schiebend, sah er sich um und überlegte nun, wie sie weiter vorgehen sollten.

Sie waren nun definitiv nicht dort, wo sie sein sollten. Wie sollten sie nur zurück kommen?

Sein Blick fiel auf das Gebräu, das nur noch zum Teil in dem bauchigen Kessel vorhanden war, der Rest war durch die Erde gesickert.

Eine wahnwitzige Idee schoss dem Seeräuber durch den Sinn.

Was wäre wenn ...

"Wir müssen irgendwie zurück. Was würde passieren, wenn wir das Zeug dort", er deutete auf den dunkelroten Fleck im Kessel, "trinken?"
 

Der Ninja sah den Piraten an, als hätte eben dieser soeben den Verstand verloren.

Abwehrend hob er seine Hände.

"Ich meine ja nur! Irgendwie müssen wir hierher gekommen sein, oder? Vielleicht kommen wir auf gleichem Wege zurück!"

"Welch wahnwitzige Idee .. ja wahnsinnig! Doch kann ich auch einen Funken Wahrheit deinen Worten entnehmen .."

Noch immer skeptisch sah der Asiate zu der Flüssigkeit.

Diese Aktion konnte auch schrecklich schief gehen ..
 

Zusammen standen sie vor dem Kessel und rangen noch ein wenig mit sich selbst. Schließlich war Morgan es, der zuerst in den Kessel griff und die Flüssigkeit mit seiner Hand herausschöpfte.

Der Ninja folgte dem Beispiel zögernd. Zusammen tranken sie das Gebräu.
 

Im nächsten Moment ertönte ein Knall, ähnlich dem am Anfang. Die Rauchwolke war kleiner, als die zuvor, doch legte auch sie die Lichtung für kurze Zeit in Dunkelheit.

Als die Wolke sich legte, lag der Wald wieder im Stillen und von den zwei ungleichen Gestalten war nun nichts mehr zu sehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-04-17T19:02:53+00:00 17.04.2012 21:02
Hallo. ^^

Endlich finde ich Zeit, auch euren Beitrag näher anzuschauen. An dieser Stelle auch nochmal herzlichen Dank für die Teilnahme.
In der Kurzbeschreibung kann gerne noch ein bisschen was zum Inhalt selbst stehen, auch wenn es nur fünf Worte sind - das ist wohl eine Marotte von mir, auch wenn ich mich vielleicht selbst nicht zwingend dran halte. ^^

Uh, da treffe ich gleich auf ein Sternchen. Habt ihr also auf diese Weise gekennzeichnet, wer wann schreibt, da ihr es euch geteilt habt? Ich gehe jetzt einfach mal davon aus.

nur gelegentliches Gezirpe männlicher Grillen,
Mir fällt es auf, dass hier extra männliche erwähnt wird, weil es mir noch nie begegnet ist. Das finde ich total interessant. Für andere wird es vielleicht selbstverständlich sein, dass, wenn irgendjemand zirpt, es auch männliche Grillen sind... Wie dem auch sei. Es ist mir nur aufgefallen. Und das nicht negativ. ^^

sowie das Rascheln wilder Tiere auf der Suche nach Nahrung waren zu vernehmen.
Muss es wirklich "waren" heißen? Aus dem Bauch heraus hätte ich nämlich nur "war zu hören" geschrieben. Leider kenne ich keine diesbezügliche Regel.

Es war ein perfekter Ort, sollte man seine Ruhe haben wollen. Es war der perfekte Ort für ihn.
Hier ist eine Wortwiederholung als schön eingesetztes Stilmittel. Nicht dass ich zuvor etwas zu beanstanden gehabt hätte, aber ich bemerke einfach Unterschiede.
Wenn ich so weitermache, komme ich nie vorwärts...

Sie schrieben das Jahr 2012.
Puh, würde es ein "wir schreiben" nicht auch tun? Es ist ziemlich deutlich, dass hier ein Erzähler am Werk ist, aber sagt man es dann nicht trotzdem so?

Die Menschheit war nicht mehr das Selbe,
Entweder würde ich hier auf "Selbe" verzichten, oder "die selbe" schreiben. "dasselbe" scheint nicht zu passen. Oder ist mein Bauch einfach nicht gut drauf heute?

Es würde keine Minute mehr dauern und seine Marionetten erblickten das Licht der Welt.
Hat sich hier ein Zeitfehler eingeschlichen? Das "erblickten" klingt mir gerade so.

geschickt, wie er war, die Regierung im Verborgenen leiten.
Hier könnte auf das Komma nach "geschickt" verzichtet werden, glaube ich.

Die Hochstapler der letzten Jahre hatten das Selbe versucht, -> dasselbe

doch sie hatten wesentlich weniger Intellekt besessen, weshalb sie gescheitert sind.
"gescheitert waren"?

Am seinem dunklen Ledergürtel hing viel Schnickschnack. -> An seinem

Eine Zwischenfrage: Was hat es eigentlich mit den zwei Punkten auf sich? Ich will nicht so schrecklich pingelig erscheinen, aber man nimmt doch drei Punkte und dann auch nicht so viele Leerzeichen, oder?

Die schwarze, unsichtbare Gestalt misste plötzlich den Boden unter seinen Füßen, genauer:
Misste? Vielleicht "maß"? Und auch das letzte Komma scheint überflüssig zu sein.

genauer: das Dach, auf dem er noch einen Moment vorher geschlichen war; und fiel.
Ich glaube, dass hier die Satzzeichen an meiner Verwirrung schuld ist. Oder das "und fiel". Also fiel er hin, nachdem er bemerkt hat, dass er nicht mehr auf dem Dach steht?

Er zog eine seiner buschigen Augenbrauen in die Höhe und bedachte den Schlitzaugen mit einem langen,
"den schlitzäugigen"? Hmm... viel schöner ist es eigentlich auch nicht.

Die vielen Absätze ab der Mitte ungefähr, sind auch etwas zuviel des Guten. Absätze mitten in einem Monolog sind eher verwirrend. Zumindest für mich. Man weiß zwischenzeitlich nicht, wer eigentlich gerade spricht oder denkt, was schade ist.

Fast zärtlich strich der Captain nun über eins seiner Dolche.
"einen seiner Dolche"

Kunst dieses Kampfs- und Lebensstil. "Kampf- und Lebensstil"

Du bist so versessen in deine Gelüste,
Ich glaube, man ist "auf" etwas versessen, aber ob das hier passt, ist eine andere Frage, fürchte ich.

Mit einer sekundenschnellen Bewegung griff er nach drei Wurfsternen und rann zunächst einige Meter davon, -> "rannte"?

doch ein geübter Krieger wie er meisterte auch dies mit Bravur. -> "Bravour"

Den Schluss finde ich gut. Wenn auch plötzlich und ziemlich überraschend (dass sie so schnell auf die Lösung kamen).
Es ist etwas schwierig zu lesen, durch das ganze hin und her. Aber die größtenteils hochgestochene Aussprache finde ich ganz gut gelungen. Es wirkt nicht zu sehr aufgesetzt, als dass man irgendwas daran bemängeln könnte.
Die Idee finde ich witzig, hätte mir aber noch eine kleine Anekdote zu Jonathan gewünscht. ;)

Liebe Schreibziehergrüße,
Turnaris


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