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Schlag dem Drachen den Kopf ab!

Original-Speedwichteln für Andromeda
von

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3

 

 

Rubio wartete, bis er sich sicher war, dass Isidor eingeschlafen war. Er beugte sich zu dem Schlafenden hinüber und lauschte dessen regelmäßigen Atemzügen. Erst als Isidor wirklich so fest schlief, dass ihn noch nicht einmal eine Horde betrunkener und shantygröhlender Seemänner ihn hätte aufwecken können, schlug Rubio seine Decke zur Seite und erhob sich von seinem Schlafplatz.

 

Das Feuer war bis auf eine Handbreit herunter gebrannt und wiegte sich in der leichten Abendbrise hin und her.

Ohne ein Geräusch zu viel zu verursachen zog sich Rubio seine Schuhe an und ging so leise er konnte zu Ganser hinüber, der die Ohren gebannt in die Richtung seines Besitzers drehte und leise schnaubte, als protestierte er gegen diese späte Störung. Auch Wilder blähte die Nüstern und stieß die Luft gut hörbar aus.

 

"Schscht", beruhigte Rubio die beiden Pferde. Schnell löste er Gansers festgebundene Zügel und führte den Schimmel möglichst ohne Hektik außer Hörweite seines Gefährten, ehe sich die beiden Pferde noch weiter gegenseitig ängstigen konnten und damit Isidor aufweckten.

 

Behende schwang sich Rubio auf den Rücken seines Reittiers und stieß ihm die Fersen leicht in die Flanken. Ganser setzte sich gemächlich in Bewegung. Ein letztes Schnauben deutete wohl an, dass er trotzdem nicht ganz einverstanden mit dem nächtlichen Aufbruch war, auch wenn er sich dem Willen seines Besitzers fügte.

 

 

 

"Was soll denn dieser Lärm?" Die Schimpftirade, welche dem ersten Satz folgte, prasselte wie ein heftiger Regenschauer auf Rubio hinab, der ungeduldig vor der Tür des Hauses stand, dessen Bewohner er gerade um den wohlverdienten Schlaf gebracht hatte.

 

"Bitte, es ist dringend", unterbrach Rubio das Geschimpfe und hämmerte erneut mit der Faust gegen die Tür. Er würde die ganze Nacht so weiter machen, wenn nötig, so lange, bis ihm endlich jemand aufmachte.

 

"Schluss jetzt, du weckst ja noch die ganze Stadt!" Die Tür wurde geöffnet und in dem schmalen Spalt, der sich aufgetan hatte, erschien das Gesicht eines älteren Mannes mit schütterem Haar. "Was willst du denn hier um diese gottlose Zeit?"

 

"Isidor", begann Rubio. Seine Hand, mit der er gegen die Tür geschlagen hatte, kribbelte. "Isidor geht es nicht gut."

 

"Dann bring ihn zu seiner Familie", knurrte der Mann in der Tür unwirsch. Er war im Begriff, Rubio die Tür vor der Nase zuzuschlagen, doch der junge Mann war schneller und schob einen Fuß in den sich schließenden Spalt.

 

"Seine Familie hat ihn weggeschickt!" Rubio sah den Grauhaarigen vor sich flehend an, der mit Abscheu den Fuß betrachtete, der die Tür blockierte.

"Bitte, Vater, er liegt draußen und diese Anfälle häufen sich."

 

"Ich kann seine Familie gut verstehen", zischte der Alte. Er rang noch kurz mit sich, öffnete die Tür dann aber doch und ließ den jungen Mann eintreten. "Jeder, der merkt, was mit Isidor los ist, fürchtet sich vor ihm", der Alte machte eine weit ausholende Handbewegung, die wohl die gesamte Stadt einschließen sollte. "An seines Vaters Stelle hätte ich ihn auch weggeschickt!"

 

"Sein Vater ist herzlos", grummelte Rubio verbissen. Er folgte dem Mann in einen Raum, der mit Regalen vollgestellt war, in denen unzählige Gläser und Tiegel in unterschiedlicher Größe standen. Die meisten waren mit getrockneten Blättern, Wurzeln und Blüten gefüllt, doch es gab auch welche, deren Etiketten Inhalte angaben, die auf den ersten Blick unmöglich erschienen.

 

"Findest du wirklich, dass er so herzlos ist?" Der Alte warf einen bedeutsamen Blick auf den Lederbeutel, der am Gürtel seines Sohnes baumelte.

 

Rubios Hand bedeckte den Beutel. "Ja, finde ich, wenn er dafür bezahlt, dass sein Sohn möglichst weit weggebracht wird, nur weil er sich davor fürchtet, dass er ihm die Gäste vertreibt!"

 

"Er ist ein Geschäftsmann, du Tunichtgut, genau wie ich." Der Alte nahm ein metallenes Gefäß aus dem Regal und hob den Deckel ab.

 

"Isidor ist noch nicht bereit. Er muss noch-" Der Inhalt des Gefäßes verströmte augenblicklich einen so furchtbaren Geruch, der Rubio mitten im Satz innehalten und das Gesicht angewidert verziehen ließ.

Wie brachte Isidor dieses Zeug nur herunter?

Rubio hielt sich eine Hand schützend vor Mund und Nase, um nicht noch mehr des übel fauligen Gestanks der Medizin einatmen zu müssen, der ihn an tote Katzen und brackiges Wasser erinnerte. Nervös sah er seinem Vater dabei zu, wie der, statt der gefalteten Papierbriefchen nun einen etwa faustgroßen Stoffsack nahm und diesen mit den grünen Brocken füllte.

 

"Das muss reichen, bis ihr in der nächsten Stadt seid." Der Alte zog die Schlaufen des Säckchens zu und gab es seinem Sohn. "Dort sucht ihr euch einen anderen Apotheker. Die Zutaten kennst du ja."

 

"Ich sagte doch, dass das noch nicht geht." Rubio unterbrach sich und warf einen finsteren Blick auf das Säckchen, ohne dessen Inhalt Isidor nicht einmal einen Tag schadlos durchhalten würde.

 

"Dann wird er es wohl schnellstens lernen müssen", entgegnete der Alte Rubio barsch und deutete mit seiner Hand zur Tür. "Geh, bevor deine Mutter wach wird."

 

 

Als Rubio endlich wieder auf seinem Nachtlager neben Isidor lag, und tat, als wäre er nie weg gewesen, kündigte sich bereits der Sonnenaufgang mit einem noch mattgelben Band am Horizont an, dem nach einiger Zeit die Sonne folgen würde.

Wie zufällig, stieß Rubio mit dem Ellenbogen gegen seinen Nebenmann, doch der regte sich kein bisschen. Der einzige Segen, den diese verfluchte Krankheit mit sich brachte, war wohl ein gesunder Schlaf. Obwohl – Rubio warf einen nachdenklichen Blick auf den atmenden Körper neben sich – auf einen Schlaf, der ihn letztendlich alles vergessen ließ, konnte er selbst gerne verzichten.

Rubio seufzte leise und wandte Isidor den Rücken zu. Bis in den kleinsten Muskel erschöpft, schlief er ein, kaum dass sich seine Augenlider geschlossen hatten.



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