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Shinigami Haken Kyoukai desu - Shinigami Dispatch Society

von

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Regel Nr. 1: Passen Sie gut auf Ihre Brille auf

Die Welt der Shinigami war für die Menschen nicht sichtbar und nicht erreichbar. Genauso wenig konnten Dämonen oder Engel sie erreichen. Es gab nur wenige Ausnahmen der letzten Beiden. Jene waren besonders mächtige und starke Engel oder Dämonen. Doch diese hatten nie einen Grund zu den Shinigami zu gehen. So war diese Welt gut geschützt und unter sich. Doch wie auch in der Welt der Menschen, herrschte dort Wetterwechsel.

Nach tagelangem Regen war es endlich einmal wieder ein warmer und sonniger Tag in der Welt der Shinigami. Der Sommer war fast zu Ende und der Herbst würde auch hier bald Einzug halten.

Die Shinigami Dispatch Society war ein großes und weißes Gebäude mit vielen Glasfenstern. Eine kleine Allee von Bäumen war mit angepflanzt worden und verlieh der Kühle und Größe des Gebäudes einen warmen Anstrich.

Das Hauptgebäude bestand aus mehreren Abteilungen. Alle dienten nur dazu, dass die Seelen korrekt eingesammelt wurden und keine spurlos verschwand. Neben dem Hauptgebäude gab es noch zwei weitere, ebenfalls sehr große Gebäude.

Lily McNeil stand vor dem großen Anwesen der Shinigami Dispatch Society. Mit ihren grün-gelblichen Augen sah sie sich genau um.

Auf dem angrenzenden Gelände tummelten sich einige Shinigami und auch einige ältere Lehrlinge.

Sie gehörte zu Letzteren und heute würde ihre Ausbildung anfangen. Sie hatte endlich die Grundausbildung fertig abgeschlossen.

Die Grundausbildung war für jeden Shinigami gleich und dauerte drei Jahre. Man lernte etwas über die Menschen und deren Welt, trainierte seinen Körper, lernte, wie manche Menschen auch, lesen, schreiben und rechnen. Auch wurde einem beigebracht, wie man sich verteidigte und sich und andere schützte. Es waren Dinge, die für ihre spätere Berufswahl wichtig waren. Im letzten Jahr der Grundausbildung kam dann die Orientierung, wo man später in der Society arbeiten wollte. Alle absolvierten ein Praktikum in sämtlichen Abteilungen für einen Monat, schrieben Berichte dazu und wurden in entsprechende Kurse eingeteilt, die sie auf ihre Ausbildung zum vollwertigen Shinigami vorbereiten sollten.

Lily holte das Schriftstück aus ihrem Jackett und schaute noch einmal darauf. Sie sollte sich an der Rezeption melden, wo man sie zu den entsprechenden Ausbildungsräumen schicken und sie für ihr Ausbildungsjahr ausrüsten würde. Der zuständige Shinigami für die Ausbildung würde dann kommen.

Nervös faltete sie das Schriftstück zusammen, ordnete noch schnell ihre Kleidung und putzte ihre Brille.

Die Uniform der Shinigami war ein einfacher schwarzer Anzug mit weißem Hemd, schwarzer Krawatte und schwarzem Jackett. Für die Frauen gab es eine ähnliche Uniform. Anstatt Hosen trugen Frauen lange Röcke.

Mit einem tiefen Atemzug machte sie sich auf den Weg in das Gebäude und zur Rezeption. Der Frau, die dort saß, nannte sie ihren Namen und ihr Anliegen und zeigte das Schreiben vor.

Ihre Augen warfen einen fragenden Blick auf das vor ihr liegende Stück Papier und anschließend auf Lily.

„Ist das auch wirklich richtig? Da liegt auch sicherlich kein Missverständnis vor?“, fragte sie Lily und prüfte das Schreiben auf seine Echtheit.

Lily sah die Frau fragend an. Sie verstand nicht, was daran nicht richtig sein konnte.

„Natürlich ist das echt und es liegt kein Missverständnis vor. Mein Name ist Lily McNeil.“ Die Frau nickte, sah sie jedoch weiterhin kritisch an als würde sie auf einen schlechten Witz warten, als ob Lily gleich loslachen und sagen würde, dass es ein Scherz gewesen sei. Die Frau reichte ihr eine kleine Sense, die sie mit einem Halter am Gürtel tragen konnte.

Der Stab der Sense war nicht besonders lang und auch die Klinge war recht klein.

Die Frau an der Rezeption erklärte, dass dies die Anfängersensen seien, mit denen sie ihre Ausbildungszeit über arbeiten würde.

Es fühlte sich komisch an, sie in der Hand zu halten. Es war einfach ungewohnt.

„Du gehst hier den Flur entlang, bis zum Ende durch. Es ist die letzte Tür auf der linken Seite. Der für die Ausbildungsgruppe zuständige Shinigami wird auch gleich kommen. Viel Glück.“

Lily bedankte sich und ging den beschriebenen Weg entlang.

Es war ein langer Flur und überall traf sie auf vollwertige Shinigami. Männer und Frauen. Doch was sie irritierte, war, dass nur die Männer meistens eine Death Scythe trugen. Bei den Frauen sah sie nie eine. Nur Mappen und Ordner. Auch ihre Brillen waren einfach und schlicht gehalten, im Gegensatz zu denen der Männer. Die Gestelle der Frauen erinnerten an die, die sämtliche Anfänger trugen. Es gab nur wenige Unterschiede. Die Anfängerbrillen waren alle rund und hatten einen dünnen Rahmen. Die Sehhilfen der Frauen, die Lily traf, hatten alle einen ovalen oder leicht eckigen, dünnen Rahmen.

Plötzlich traf Lily gegen einen Widerstand. Sie stieß einen überraschten Laut aus und auch ihr Gegenüber gab einen ähnlichen Laut von sich. Durch den Stoß verlor sie das Gleichgewicht und fiel auf ihren Hintern. Akten fielen auf sie nieder und verteilten sich auf dem Boden.

„Aua….“, murmelte Lily und sah in das Gesicht eines rothaarigen Shinigami. Schnell richtete sie sich auf und entschuldigte sich. „Es tut mir leid. Ich habe Sie nicht gesehen.“

„Oh...“, meinte ihr Gegenüber intelligent, „Tut mir leid, ich hab dich durch die Akten auch gar nicht gesehen.“

Der rothaarige Shinigami erhob sich und reichte ihr die Hand. Dankend nahm Lily die ihr angebotene Hand an und stand auf.

„Danke“, sagte sie leicht verlegen. Es war ihr erster Tag und schon sorgte sie für Probleme.

„Bist du neu hier? Ich hab dich nie hier gesehen. In welcher Abteilung arbeitest du?“

„Ja, ich bin neu hier. Heute beginnt meine Ausbildung.“

Nervös sah sie zu Boden, als der Shinigami sie musterte und sein Blick an ihrer Anfängerbrille und Anfängersense hängen blieb.

Er betrachtete sie genauso wie die Frau an der Rezeption. Was hatte sie nur an sich, dass alle sie so komisch beäugten?

„Ich helfe Ihnen eben beim Einsammeln der Akten", sagte sie schnell und bückte sich nach den ersten Schriftstücken, „Ich war selbst unachtsam. Wir haben beide nicht aufgepasst. Oh...da fällt mir ein, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt! Mein Name ist Lily McNeil." Auch ihr Gegenüber bückte sich wieder zu den Dokumenten hinunter, um sie wieder einzusammeln.

„Oh, wie unhöflich von mir! Mein Name ist Grelle Sutcliffe, ich arbeite unter William T. Spears in der Dispatch Management Abteilung.“

Dann grinste er Lily an und sammelte die Mappen weiter ein.

Als alle Akten wieder sortiert waren, verabschiedete sich Lily von Grelle und lief schnell zum Ende des Flures. Die ganze Aktion hatte sie doch einiges an Zeit gekostet. Hoffentlich war sie nicht zu spät.

Die Tür zu dem Raum mit der Ausbildungsgruppe war noch offen und sie hörte munteres Stimmengewirr. Sie war also nicht zu spät.

Schnell ging sie in den Raum und suchte sich einen Platz aus, wo sie warten konnte. Doch als sie ihre Ausbildungskollegen sah, wurde ihr etwas flau im Magen. Die Ausbildungsgruppe bestand nur aus Jungs. Es gab keine Frau im Team.

Die Klasse bestand aus etwa zwanzig Schülern. Alle trugen sie die gleiche Uniform. Lily bildete die Ausnahme mit ihrem Rock.

Lily hatte zwar damit gerechnet und wusste auch, dass niemand aus ihrer Grundausbildungsklasse dabei sein würde, aber innerlich hatte sie gehofft, dass es wenigstens ein oder zwei Frauen aus der Parallelklasse gab, die mit dabei sein würden. Hatte deshalb die Frau an der Rezeption so komisch geguckt und auch Grelle eben?

Langsam verstand sie. Es gab einfach keine Frau, die in der Dispatch Management Abteilung arbeiten wollte. Deshalb hatte sie nur Männer gesehen mit Death Scythe und deshalb wurde sie auch so komisch gemustert. Aber warum wollte keine Frau in dieser Abteilung arbeiten? Ihr Entschluss stand jedenfalls fest. Sie wollte in der Dispatch Management Abteilung arbeiten und nirgendwo sonst.

Plötzlich ging die Tür auf und sie wurde aus ihren Gedanken gerissen.

Die Schüler stellten sich alle ordentlich in Reih und Glied.

„Sind alle anwesend?“, fragte eine kühle Männerstimme und die Tür wurde geschlossen.

Vor der Klasse stand ein Shinigami mit schwarzen, ordentlich gekämmten Haaren und der klassischen Uniform. Sein Blick glitt kühl über die Reihen. In der Hand hielt er einen Lehrerstock und eine Mappe.

„Mein Name ist William T. Spears“, stellte er sich vor, „Sie sind der hoffnungsvolle Nachwuchs unserer Zunft.“ William T. Spears schob sich mit dem Lehrerstock die Brille höher. Seine Augen waren auf die Gruppe gerichtet, doch es lagen keinerlei Emotionen in ihnen.

Lily musterte ihn. Irgendetwas in ihr regte sich. Der Name sagte ihr etwas und auch sein Aussehen kam ihr bekannt vor. Aber das schien unmöglich zu sein. Immerhin sah sie diesen Mann heute zum ersten Mal. Sie wandte den Blick ab, bevor er merkte, wie sie ihn anstarrte. Um gar keinen Preis wollte sie am ersten Tag unangenehm auffallen.

Ihr Herz zog sich plötzlich zusammen und verkrampfte sich. Das Atmen fiel ihr schwerer. Niemand bemerkte es und Lily versuchte sich zu beruhigen und aufrecht stehen zu bleiben. Was war nur auf einmal los? Ihrem Körper lief es mal warm und mal kalt den Rücken hinunter. Die Worte von William T. Spears kamen nur noch sehr leise zu ihr. Schwarze Blitze zuckten vor ihrem inneren Auge.

„Während Ihrer einjährigen Ausbildungszeit werde ich Sie mit unterweisen. Wenn Ihnen etwas unklar sein sollte, können Sie mich gerne um Rat fragen. Meine tägliche Dienstzeit endet um achtzehn Uhr. Bis halb Sechs werde ich mich Ihrer annehmen. Also zuerst…“

Ein Summen hinter William T. Spears ließ ihn verstummen. Alle Augen wanderten zu der Stelle, woher die gesummte Melodie kam.

William T. Spears seufzte laut und genervt auf.

„Grelle Sutcliffe, sind Sie nicht ebenfalls für die Ausbildung zuständig?“

Lily sah zu dem Shinigami. Es war wirklich Grelle Sutcliffe, den sie eben auf dem Flur getroffen hatte und mit dem sie auch zusammen gestoßen war. Wann war er in diesen Raum gekommen? Sie hatte ihn gar nicht bemerkt. Aber sie war nicht die Einzige, die sich das fragte. Auch die anderen sahen fragend zu dem Shinigami.

Lily war froh über diese Unterbrechung. Keiner schien etwas mitbekommen zu haben. Langsam beruhigte sich ihr Körper wieder und ihre Atmung ging wieder normal. Auch hörte der Wechsel von warm zu kalt auf. Sie konnte William T. Spears ansehen, ohne dass ihr Körper ausflippte. Das Gefühl, dass sie ihn kannte, verließ sie aber nicht.

Grelle saß auf einem Stuhl und feilte seine rot lackierten Fingernägel.

„Bedauerlicherweise gebe ich mich schon aus Prinzip nicht mit Kindern ab“, gab Grelle zur Antwort ohne ihnen allen auch nur einen Blick zu gönnen. Sein Interesse galt viel eher seinen Nägeln, doch als er mit ihrem Zustand weitestgehend zufrieden war und nichts mehr vorfand, was er hätte ausbessern können, steckte er die Nagelfeile großzügigerweise wieder weg und erbarmte sich schließlich, sich doch noch zu erheben. Geschmeidig wie eine Katze ging er zu William, während sein roter Mantel seine Beine umspielte. „Aber als ich hörte, dass du hier unterrichtest, musste ich kommen.“ Er schmiegte sich an Williams Schulter an. „Ist das nicht schön? Wir sind endlich wieder zusammen. Du freust dich doch auch, oder?“ Mit seinem Finger strich er William sanft über die Schulter.

Lily beobachtete ihn neugierig. Er gab kein Zeichen der Wiedererkennung. Grelle schien ganz und gar mit dem Ausbilder beschäftigt zu sein.

William trat unbeeindruckt einen Schritt zur Seite und ließ sich nichts anmerken. Nichts ließ von außen darauf schließen, wie genervt er doch von Grelle war. Lediglich seiner Stimme hörte man es an.

„Was haben sich die vom Personalbüro eigentlich dabei gedacht?“

„Ach, du bist immer noch so herrlich kühl und abweisend…“ Grelles Gesicht rötete sich etwas.

William T. Spears ging nicht darauf ein und ignorierte Grelles Worte. Er fuhr fort als wäre nichts gewesen.

„Als erstes werde ich Sie durch unser Institut führen und die einzelnen Abteilungen erklären. Danach zeige ich Ihnen die Akademie und die Wohnräume. Später werde ich Sie auch einem vollwertigen Shinigami zuteilen, der Sie in die Praxis einführen wird.“

William wandte sich um und ging, gefolgt von der Ausbildungsgruppe, durch die Society. Grelle folgte ihnen gelangweilt und bildete den Schluss.

Jeder Flur sah identisch aus. Überall hingen Bilder zur Überprüfung der Augenstärke. Auch waren überall Shinigami unterwegs, doch niemand schenkte der kleinen Gruppe Aufmerksamkeit. Es war einfach schon Routine, dass jedes Jahr aufs Neue die Ausbildungsgruppen durch das Institut geführt wurden.

Obwohl außer der Gruppe noch viele Leute sich in den Gängen und Abteilungen aufhielten, kam es Lily recht leer vor. Sie hatte immer gedacht, dass es hier von Shinigami nur so wimmeln würde. Zudem konnte sie es sich auch nicht anders vorstellen. Selbst jetzt nicht, wo sie es mit eigenen Augen sah. Am liebsten hätte sie den Gruppenleiter gefragt, ob das normal war oder es einen bestimmten Grund für diese Leere gab, doch war dieser mit der Erklärung der Society beschäftigt. Sicherlich gab es später noch eine Möglichkeit ihn zu fragen.

„Wir Shinigami überprüfen die Todeskandidaten anhand der uns von oben zugeteilten Listen der Seelen. Bei jedem Einzelnen werden mithilfe der Todessense die filmisch dokumentierten Erinnerungen abgerufen. Diese kinematografischen Aufzeichnungen spiegeln das gesamte Leben eines Menschen wieder. Man sieht sich diese an, entscheidet ob dieser den Tod verdient hat und sammelt seine Seele ein“, erläuterte William T. Spears und ging immer weiter durch die Flure.

„Gibt es überhaupt Menschen, die den Tod nicht verdient haben?“, fragte plötzlich ein Schüler.

Lily sah ihn an und musterte ihn. Er war brünett und nicht sehr groß. Er machte auch keinen besonders selbstsicheren Eindruck, wie die anderen Shinigami, die sie hier sah. Aber vielleicht würde das erst noch später kommen, wenn sie mehr gelernt hatten.

William blieb plötzlich stehen und wandte sich der Gruppe zu.

„Menschen, die der Welt von Nutzen sein könnten“, antwortete er emotionslos, „Wenn ihre Existenz weltbewegende Veränderungen erwarten lässt, werden sie von der Liste gestrichen und vielleicht sogar gänzlich vom Tod verschont. Aber solche Fälle kommen nur äußerst selten vor und damit uns das gar nicht erst in Schwierigkeiten bringt, kümmern wir uns nur um die Sichtung. Wir befolgen die Befehle von oben, nüchtern, sachlich und emotionslos.“

Man merkte ihm an, dass er schon lange dabei war und er schien nicht das erste Mal eine Ausbildungsgruppe zu leiten. Er verstand genau, wie man die Aufmerksamkeit auf sich zog und die Gruppe ruhig hielt.

Lily dachte da an ihren Grundausbildungslehrer. Er hatte so was nicht an sich gehabt. Bei ihm wurde immer getuschelt oder Zettelchen im Unterricht geschrieben. Ruhe und Aufmerksamkeit waren selten gewesen. William T. Spears dagegen wusste, wie er mit ihnen umgehen musste.

Er drehte sich wieder um und ging weiter, bis sie das Tippen von Schreibmaschinen hörten.

William öffnete die Tür und trat ein, während die Gruppe in der Tür stehen blieb und in den Raum schaute.

„Die Registratur. Hier werden die Listen der Todeskandidaten erstellt und die eingesammelten Seelen verwaltet.“

Lily konnte nicht sagen, wie viele Shinigami in dem Raum waren und alle blickten nicht einmal von ihrer Arbeit auf, als William die Tür geöffnet hatte und der Gruppe diese Abteilung erklärte.

Es war ein großer Raum mit vielen Diagrammen und Grafiken an der Wand, dessen Bedeutung sie nicht kannte. Weiter hinten in dem Raum waren unzählige Schränke mit Ordnern und Mappen.

Mehrere Schreibtische standen aneinander, jeder war gleich groß und auf ihnen standen die gleichen Sachen: eine Schreibmaschine, eine Lampe, ein Telefon und ein paar Mappen.

Nachdem sie sich in der Registratur umgesehen hatten, führte er sie weiter durch die Abteilungen zur Nächsten. Sie mussten dazu durch das Treppenhaus eine Etage höher gehen.

Diesmal war es eine sehr weitläufige Abteilung. Es gab mehrere Empfangsschalter. Alle waren mit dickem Glas ausgestattet. Hinter jedem Empfangsschalter saß eine Frau.

An einigen standen ein paar Shinigami mit Zetteln in der Hand. Sie reichten sie der Frau und diese gab ihnen dann ihre Death Scythe. Es gab auch ein paar Sofas und Tische, wo ein paar Shinigami saßen und sich unterhielten, ihre Auftragsmappen und Death Sycthe neben sich.

„Das ist die Shinigami Ausrüstungsabteilung. Hier werden die Anträge für die Todessensen eingereicht und die Todessensen ausgegeben.“

Am Empfangsschalter stand gerade ein junger, vollwertiger Shinigami.

Er hatte blonde kurze Haare, doch hinten waren sie schwarz. Sein Hemd war ein wenig aufgeknöpft und die Krawatte hing ihm locker um den Hals. Er redete mit der Frau hinter der Glaswand. Wenn Lily richtig sah, flirtete er sogar ein wenig mit ihr. Nachdem er ihr einen Zettel gereicht und sich verabschiedet hatte, fiel sein Blick auf William und die Gruppe.

„Hallo, Mr. Spears!“, sagte er fröhlich und trat auf die Gruppe zu und musterte alle. „Wie ich sehe, führen Sie wieder die Neuen herum!“

Der Shinigami hatte noch junge Züge an sich. Er schien noch nicht allzu lange dabei zu sein, denn er strahlte nicht das aus, was William T. Spears ausstrahlte oder manch anderer Shinigami, den Lily bisher gesehen hatte.

„Guten Tag, Mr. Knox“, sagte William gelassen und wandte sich der Gruppe zu. „Das ist Mr. Ronald Knox. Er hat erst vor einem Jahr die Abschlussprüfung bestanden.“

„Werde ich auch jemanden zugeteilt bekommen?“, fragte, der ihnen als Ronald Knox vorgestellte Shinigami.

William seufzte. „Sie wissen selbst, dass Sie noch nicht allzu lange dabei sind. Aber das ist auch ein Thema, was wir nicht hier besprechen sollten.“

Vor Enttäuschung verzog Ronald sein Gesicht und seine Lippen zu einem Schmollen. „Dabei mache ich meine Arbeit richtig gut. Ich muss nie Überstunden machen, bin pünktlich und die Berichte sind auch immer da.“

Grelle trat nach vorne und grinste Ronald frech an.

„Ich finde, du solltest ihm eine Chance geben, William. Er macht seine Sache wirklich gut. Immerhin hast du ihn auch ausgebildet.“ Grelles Finger glitten über Williams Hals, doch dieser entzog sich den Berührungen und seufzte ergeben.

„Na gut, dann kommen Sie nachher in das Akademiegebäude, fünfter Stock, Raum Nummer 55 um zwei Uhr. Dann werde ich sehen, was ich tun kann.“

Ronalds Miene hellte sich wieder auf und er machte einen kleinen Freudensprung.

„Wir sehen uns dann nachher, ihr Lieben!“ Fröhlich zwinkerte er der Gruppe zu und eilte davon.

Lily sah dem Shinigami ein wenig verwirrt nach. Was arbeiteten hier für Leute, schoss es ihr durch den Kopf.

William führte sie ungerührt weiter, als hätte die Unterhaltung niemals stattgefunden. Die nächste Abteilung war ein weiteres Stockwerk höher.

„Die Personalabteilung. Hier werden die Shinigami eingeteilt und die Anträge der Todessensen bearbeitet.“

Diese Abteilung war recht klein und es arbeiteten hauptsächlich ältere Shinigami dort. Ihre Arbeit wirkte auch sehr monoton. Sie nahmen ein Schreiben, drückten einen Stempel darauf und nahmen das Nächste. Es ging immer so weiter.

Diese Arbeit war absolut nichts für Lily. Sie war froh über ihre Wahl und wenn sie die Arbeit sah, wusste sie, es war auch die richtige Entscheidung.

William T. Spears führte sie weiter und erklärte die verschiedenen Abteilungen. Es gab nicht mehr viele. Sie hatten die Wichtigsten gesehen und waren jetzt ganz oben im Gebäude angekommen.

„Das hier ist die Brillenabteilung. Hier wird alles bearbeitet, was unsere Brillen betrifft. Das Herzstück unserer Gesellschaft zur Entsendung der Shinigami.“

Diese Abteilung war größer als alle anderen und umfasste das gesamte obere Stockwerk.

Angefangen wurde mit den Apparaten, die die Augenstärke maßen, dann den Schaubildern, um die passende Brillenstärke zu finden. Es gab gleich mehrere Apparate und Schaubilder auf einmal und an jedem stand eine lange Warteschlange. Es gab auch eine Menge Bäder, wo die Brillen gereinigt wurden.

Die Vitrine mit der Brillenauswahl war riesig. Es gab alle erdenklichen Formen und Farben.

Weiter hinten gab es die Gläserformen. Dort saß auch ein Mann an einem Schleifbock und bearbeitete gerade konzentriert eine Brille. Mit prüfendem Blick musterte er sie und setzte erneut zum Schleifen an. Neben ihm auf den Tisch lagen unzählige Werkzeuge.

„Dieser Anblick ist jedes Mal elektrisierend!“, seufzte Grelle und sah interessiert dem Shinigami bei seiner Arbeit zu, den es nicht zu stören schien.

„Wer ist das denn?“, fragte ein Schüler. Es war ein blonder Junge. Er war noch kleiner als Lily.

„Das ist der Abteilungsleiter, Lorence Enderson. Aber alle nennen ihn nur Meister“, erklärte William.

„Das ist er? Das ist der legendäre Meister, der die Brillen für die Shinigami herstellt?“

Die Antwort war wirklich eine Überraschung. Alle hatten von ihm gehört und jeder hatte sein eigenes Bild von diesem Meister.

Der Mann sah aus wie Mitte Fünfzig. Seine Haare hatten bereits ergraute Strähnen. Er war groß gebaut und hatte breite Schultern. Seine Erscheinung war einfach nur imposant und einnehmend.

„Und wir werden später auch mal seine Brillen tragen dürfen!“ Es war der brünette Junge von vorhin.

Es war wirklich eine Ehre, wenn man seine Brille tragen durfte und jeder wollte so eine. Selbst Lily musste zugeben, dass sie gerne eine seiner Brillen hätte.

„Also ich hätte jetzt schon gerne eine seiner Brillen. Die Brillen der Neulinge sind so gewöhnlich.“

Alle Augen wandten sich zu dem schwarzhaarigen Jungen, der zusammen zuckte. William musterte ihn kühl und der Meister warf ihm einen zornigen und strengen Blick zu.

„Es werden wohl noch etliche Jahre ins Land gehen, bevor ihr eine Brille vom legendären Meister tragen dürft.“ Grelle musterte die verunsicherten Schüler und kicherte. Es war für ihn immer wieder ein Spaß, sie zu ärgern.

William wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Meister zu. „Seine Brillen dürfen nur von denjenigen getragen werden, die die Abschlussprüfung bestanden haben. Kurzum, sie sind der sichtbare Beweis dafür, dass man ein vollwertiger Shinigami ist.“

„Woraus besteht diese Abschlussprüfung?“, wandte sich ein Schüler nun an William.

„Ihre Noten werden aus verschiedenen Bereichen zusammengefasst. Die Bereiche umfassen: Praxis, Theorie und Ethik. Am Ende ihrer Ausbildungszeit wird jemand mit ähnlichen Noten ausgesucht und Sie werden in Zweierteams die Beurteilung einer Seele vornehmen und diese einsammeln. Das ist die Abschlussprüfung.“

„Die Beurteilung einer Seele?“

„So bald…“

Ängstlich und sichtlich verunsichert fing die Gruppe an zu tuscheln. Selbst Lily bereitete dieser Gedanke Unbehagen. Sie hatte nicht erwartet, dass sie schon nach einem Jahr die Beurteilung einer Seele vornehmen sollte.

Grelle seufzte. „Diese Grünschnäbel scheinen ja nicht sonderlich tauglich zu sein.“

„Wenn sie nichts taugen, müssen sie uns eben wieder verlassen.“

Grelle schmiegte sich wieder an William an. „Du bist so gefühllos wie immer.“

Wieder ging William nicht auf Grelles Annäherungsversuch ein und ignorierte ihn stattdessen. Seine Aufmerksamkeit galt wieder der Ausbildungsgruppe.

„Die Brille bekommen nur jene, die die Würde des Lebens gesehen haben. Deshalb wird die Brille der Shinigami auch die Brille des Lebens genannt.“

„Die Abschlussprüfung scheint schwierig zu sein“, merkte ein Schüler an, „Einem Menschen beim Sterben zu zusehen erfordert ganz schön viel Mut.“

Williams Augen durchbohrten die Gruppe förmlich mit dem eiskalten Blick seiner grün-gelben Augen. Auch seine Stimme war nicht anders.

„Man erledigt seinen Job. Gefühle bei der Arbeit sind nur hinderlich. Wir führen einfach die vorgeschriebene Prozedur durch. Wir befolgen die Befehle von oben, nüchtern, sachlich und emotionslos.“ William ging weiter durch die Abteilung, ohne darauf zu achten, dass ihm die Gruppe beeindruckt, aber auch etwas eingeschüchtert hinterher sah.

„Er ist einfach wunderbar“, seufzte Grelle und musterte Williams Rückseite.

„Da wäre noch etwas.“ William blieb stehen, drehte sich noch einmal um und schob sich die Brille höher. „Achten Sie gut auf Ihre Brillen. Das ist die oberste Regel.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  AkaiOkami
2013-09-03T15:05:59+00:00 03.09.2013 17:05
Ich dachte mir soo hmmm das kenn ich doch, also das vom anfang...Ach ja das ist von OVA XD ich find's richtig gut dass du bekannte Szenen eingebaut hast ^^
Von: abgemeldet
2013-01-23T16:04:14+00:00 23.01.2013 17:04
Langsam finde ich mich hinein in diese Serie bzw. in diese FF.
Liest sich jedenfalls nicht schlecht.
Die Situation der Lily (hab ich das jetzt richtig gelesen?) ist nicht einfach und das bekommt sie sicherlich noch mehr zu spüren. Es wird bestimmt sehr emotionsreich, auch wenn diese gerade sehr unerwünscht sind.
Von: abgemeldet
2012-08-15T17:54:22+00:00 15.08.2012 19:54
du hast so ne geniale Erzählsweise.
Und auch anscheinend seeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeehr viel Zeit,Arbeit und Herzblut einfliessen lassen. Man merkt dass du wirklich mit ganzen Herzen beim Schreiben dabei warst!
Ich hoffe dass dir noch viele klasse Ideen kommen!
Ich bin schon sehr gespannt auf das Endergebnis. :D
Von:  DanteVale
2012-05-10T10:37:00+00:00 10.05.2012 12:37
ein wenig anstrenend dern Handlung zu folgen, hab zwichendurch mal den Faden verloren. Muste mansche Stellen mehrmals lesen, aber was es mit der Brille auf sich hat, habe ich auch noch nicht so ganz verstanden. Ansonnsten hat mir das Kapittel gut gefallen, kann es kaum erwarten weiter zu lesen.
Von:  Kele
2012-04-04T16:55:15+00:00 04.04.2012 18:55
Ich muss zu geben, einmal mitten drin, hab ich kurz die Konzentration verloren, weil es so viele Räume gab, dass hat mich nach ne zeit gelangweilt, aber irgendwie gehörte das zu dem Kapitel!
Aber ansonst super! Mach weiter zu, bin gespannt was noch so passiert <3


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