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Bitte bleib bei mir!

BBC Sherlock
von

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Stell dich der Realität

11.

Stell dich der Realität
 

„Jetzt erst mal von Anfang an, wie kam es dazu? Alles was ich von Mycroft…oh bitte, jetzt schau nicht so skeptisch! Dein Bruder ist nur besorgt, gerade mehr um John, als um dich. Darum geht es aber jetzt nicht! Von Mycroft hab ich erfahren, dass John versucht hat aus der Badewanne zu klettern. Und, was hast du dazu zu sagen?“

„Es stimmt, ich war nicht im Bad, er hat gefroren und deshalb der Unfall.“

„Gott Sherlock, ich will dir helfen! Nicht dir jedes Wort aus der Nase ziehen müssen! Warum war John allein im Bad? Schon klar das du nicht neben Ihm stehen bleibst, während er in der Wanne sitzt, aber du solltest zumindest in Rufweite bleiben. Wie kommt es das ein Genie wie du so einen dummen Fehler macht?“

„Das hat nicht wirklich was mit meiner Intelligenz zu tun. Und um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Ich zerbreche mir seit John ins Krankenhaus kam den Kopf, was nur mit mir los sein könnte. Aber ich komm einfach nicht weiter!“
 

Lestrade musterte ihn immer besorgter. Der Mann ihm gegenüber benahm sich wirklich untypisch und nicht nur das, er schien echt am Ende seines Lateins angelangt, wenn er das offen gestand.

„Ich will dir helfen, aber du musst auch ehrlich zu mir sein. Sonst geht das nicht. Du musst mir hier einfach vertrauen, okay?“

Sherlock nickte tapfer, auch wenn er am liebsten weg gerannt wäre, er musste das hier durchziehen und wer wusste schon was es bringen würde, vielleicht, ja, nur vielleicht bot sich ihm hier ein Ausweg, eine Lösung für all seine Probleme. Er wollte es zumindest versuchen.

„Seit John weg ist…seit ich im Krankenhaus aufgewacht bin…ich kann so was nicht!“ schimpfte Sherlock und stand auf.

„Du gibst dir nur keine Mühe!“ maulte Greg frustriert. „Ist es John nicht wert das hier zu versuchen oder spielst du nur wieder das bockige Kind?“

Die unruhige Gestallt blieb stehen, setzte sich zwar nicht erneut, verließ aber auch nicht den Raum.

„Also, noch mal. Seit du weißt dass John verletzt wurde, hast du Schuldgefühle. Das ist ganz normal, Sherlock, und auch was gutes.“

Ein verächtliches Schnaufen war zu hören.

„Tu nicht so abfällig, das ist eine normale Reaktion und zeit mir, wie viel dir an John liegt. Gut, das war mir schon vorher klar, immerhin duldest du ihn schon lange genug in deinem Leben und das ist wirklich ungewöhnlich.“

„Das ist es ja!“ Sherlock war aufbrausend, begann wieder auf und ab zu gehen. Greg ließ ihn gewähren, sah ihm dabei zu, wie er durch das Büro schritt und angestrengt nachdachte.

„Ich toleriere Ihn nicht nur, ich will Ihn um mich haben! Ich möchte auf seine Gesellschaft nicht mehr verzichten.“

„Du magst Ihn also, das ist doch schon mal ein guter Ansatz. Du hast also endlich eine richtige Freundschaft geschlossen.“

„John in meinem Leben zu haben hat so viele positive Gründe. Er hilft mir, er kauft ein, er bringt mir mein Handy, er kann Kochen und macht Tee. Er räumt sogar auf, wenn Ihm meine Unordnung zu viel wird.“

„Das sind alles Punkte die sehr nach John klingen aber nicht nach einer echten Freundschaft. Ihr seid doch Partner, was machst du um John für all die kleinen Gesten zu danken, die du Ihm so hoch anrechnest?“

„Ich sage danke. Manchmal.”

“Und? Das war’s schon? Sagst du Ihm wenigstens ab und zu wie viel es dir bedeutet, dass er das alles für dich macht?“

“Wie schon gesagt, ich bedanke mich manchmal dafür.“

„Also hast du Angst John könnte dahinter kommen, dass er weit weniger von eurer Freundschaft profitiert als du und er dann geht?“

„Er wird so oder so irgendwann gehen. Irgendwann findet er die richtige Freundin und dann wird er ausziehen.“

„Das ist normal und wünschenswert. Wünschst du deinem Freund etwa kein Glück in der Liebe? Was gibt es für einen normalen Menschen wie John schon schöneres, als eine Liebesbeziehung?“

„Ich will einfach nicht das er geht! Er soll mich nicht allein lassen, ich brauche Ihn doch!“ Sherlock blieb stehen, schaute Lestrade an und ihm missfiel der mitleidige Ausdruck in dessen Gesicht.

Dann aber änderte sich die Gesichtszüge des Inspektors und wichen einem gewissen Unverständnis.

„Was bist du nur für ein Egoist!“ Lestrade ließ sich schwer gegen die Rückenlehne seines Sessels fallen. „John ist dir nützlich und deshalb möchtest du Ihn immer um dich haben, dein Glück über das seine, ist es so?“

„Nein! Nein so ist es nicht, ich möchte das er glücklich ist!“

Anscheinen war genau das der Satz, auf den Greg nur gewartet hat, denn er setzte sich ruckartig und mit einem gewissen Lächeln auf, das irgendwie siegreich wirkte. „Du möchtest das er bei dir ist und gleichzeitig glücklich, was bedeutet das du derjenige sein müsstest, der Ihn glücklich macht.“

„Oh bitte!“ theatralisch warf Sherlock die Hände über den Kopf. „So was musste ja kommen!“

Greg schmunzelte, „du liebst Ihn!“ neckte er seinen Gegenüber, der sich frustriert durch die lockigen Haare fuhr.

„Das tu ich nicht, ich kann nicht lieben. Ich kenne das Gefühl gar nicht.“

„Siehst du, und genau das glaub ich dir nicht! All deine Reaktionen, alles was du mir erzählst, das klingt so sehr nach Gefühlen. Jetzt schau nicht so skeptisch, auch du kannst lieben, erzähl mir da nicht das Gegenteil.“
 

Sherlock schwieg, unruhig fing er wieder an durch das Büro zu laufen. Was sollte er Greg alles anvertrauen? Sollte er ihm erzählen, wie stark er körperlich auf John reagierte und das John ihm klar gemacht hat, dass er keinerlei Interesse an ihm hätte? Wahrscheinlich würde das trotzdem nichts mehr an der sinnlosen Theorie des Inspectors ändern. Das zeigte doch wieder mal, dass sich der gute DI viel zu schnell auf die einfachste Theorie stürzte, die sich ihm bot. Ohne lang zu deduzieren oder auch nur noch mal genau darüber nachzudenken, ob er nicht gerade einem Hirngespinst nachjagte.

Natürlich wusste Sherlock es wie immer besser.

„Ich weiß das John nichts derartiges für mich empfindet und trotzdem möchte ich Ihn nicht verlieren, ich will das er für immer bei mir ist. Gut, ich gebe zu Ihn auch körperlich zu…also ich könnte mir das vorstellen…nur reich körperlich. Auch das ein Grund, warum ich Ihn keiner Frau überlassen möchte. Natürlich möchte ich nicht das er unglücklich ist, aber ich werde dennoch immer alles in meiner Macht stehende tun, um Ihn an weggehen zu hindern. Selbst wenn ich nur so unausstehlich bin wie man es mir oft vor wirft, solange es reicht die Frauen an seiner Seite zu vergraulen, soll es mir recht sein. Denn ich werde ihn nicht teilen!

Die Vorstellung er könnte mich nach dem Unfall und all den Dingen die mit seiner Verletzung verbunden sind und vielleicht noch kommen mögen verlassen, ist das schlimmste für mich. Denn er hätte jedes Recht sich von mir abzuwenden und trotzdem würde ich es nie kommentarlos hinnehmen. Wenn das Liebe ist, dann ist das Gefühl an sich Egoistisch, nicht ich!“ Stellte er mit deutlichen Worten klar.
 

Jetzt war Gregory überrascht. So viel Offenheit und Eingeständnisse hatte er von Sherlock noch nie gehört. Klar, für ihn stand die Sache fest, Sherlock liebte John. Nur offenbar hatte sich der Soziopath noch nie wirklich Gedanken über das Gefühl gemacht, das alle einfach unter dem Begriff Liebe kannten.

„Liebe ist nicht immer nur ein schönes Gefühl. Es kann auch schrecklich hässlich sein, besonders das Gesicht der Eifersucht, welches stets erst aus der Liebe erwächst. Dabei ist Liebe an sich schon ein riesiges Wort, das eigentlich aus vielen verschiedenen Empfindungen besteht.

Man lernt in der Regel jemanden kennen, man merkt dann recht schnell, ob man gerne Zeit mit dieser Person verbringen möchte oder nicht. Erst dann….“

„Ich verbringe nur die Zeit mit John, in der ich Ihn brauche. Gut, ich kann auch sehr interessante Diskussionen mit Ihm führen, Fallbezogene wie andere. Aber dennoch schätze ich meine Privatsphäre und brauche meine Ruhe, die ich kompromisslos suche und sehr schätze. Ich kann nicht immer jemanden um mich her haben, nicht einmal John.“

Greg strich sich müde über seine Augen, dann griff er nach der 1,5 Liter Flasche mit Wasser, die auf seinem Schreibtisch stand und nahm einen großzügigen Schluck. Klar, er hatte schon befürchtet dass das hier nicht einfach werden würde.

„Aber die Zeit die Ihr zusammen verbringt, die genießt du?“ fragte er vorsichtig, und auch ein wenig neugierig, während er die Flasche wieder verschraubte und zurück auf das glatte Holz seines Schreibtisches stellte.

„Hör auf damit!“ maulte Sherlock erbost. „Ich bin kein kleines Kind das irgendwelche Belehrungen von dir nötig hat oder gar Unterricht im erkennen von Gefühlen braucht!“

„Du wolltest meine Hilfe!“ erboste sich der Inspector.

„Ja, in einem kurzen Anflug von geistiger Verwirrung! Wird sicher nicht noch einmal vorkommen!“ Sherlock wandte sich zum gehen.

„Bitte bleib! Bitte, wir sind kurz vor einem Durchbruch!“

„Jetzt klingst du wie die Psychologen, zu denen mich meine Eltern als Kind geschleppt haben!“

„Tja, vielleicht weil ich mich gerade wie einer fühle“ gestand Greg, lenkte aber dann sehr schnell ein, als er Sherlocks Gesichtsausdruck sah. „Was ich damit sagen will ist, du bist zu mir gekommen weil du ein Problem hast, das du alleine nicht lösen kannst. Das ist gut, früher hättest du dich in die Drogen geflüchtet oder sonst etwas Dummes angestellt aber du bist hier und wir reden miteinender, offen und ehrlich. Ich bin dein Freund und es wäre schön wenn du das gleiche in mir sehen würdest. Alles was ich möchte ist dir helfen. Bitte, lass mich dir helfen!“
 

Sherlock schloss die bereits geöffnete Tür wieder, ließ aber seine Hand auf der Klinke liegen.

„Es ist so.“

„Bitte was?“

„Gerade wolltest du wissen, ob ich in dir auch einen Freund sehe, und ja, du bist mein Freund.“

„Dann darf ich dir helfen?“

„Du kannst mir nicht helfen. Deiner Meinung nach liebe ich John aber…“

„Nicht so schnell, du musst dich mit der Liebe auseinander setzten, nur dann kannst du das Gefühl hinter diesem Wort begreifen! Das ist wichtig, du musst versuchen…“

„Ich schätze es nicht unterbrochen zu werden. John liebt mich nicht, das hat er mir selbst gesagt. Also warum sollte ich Gefühle ergründen, die ich deiner Meinung nach habe, wenn sie mir doch nichts bringen würden, außer Schmerzen? Ich liebe nicht, vielleicht begehre ich, mehr aber auch nicht. Ich bin und bleibe ein Egoist und ich werde um John kämpfen. Seine Liebe jedoch…“ Er brach den Satz ab, drückte die Türklinke und wollte schon gehen, als Gregs Stimme ihn noch einmal innehalten ließ.

„Das hat er dir wirklich so gesagt?“ Verwunderung schwang in diesem Satz mit.

„Nicht exakt in dieser Wortwahl, schließlich sind Menschen wie John und dir solche Gespräche meist peinlich. Aber er gab ungewollt zu, dass ich nicht sein Typ bin. Mehr brauch ich doch nicht zu wissen, oder sieht das der Herr Hobby-Psychologe anders?“
 

Na ja, das stand zu befürchten. John war eben nicht Schwul, dessen war sich Greg auch sehr sicher gewesen. Vielleicht war es doch dumm Sherlock geraten zu haben, seine eigenen Gefühle zu ergründen. Er konnte John nicht haben, nicht wenn der das nicht auch wollte.

Klar, Sherlock war kein einfacher Mitbewohner und es wurde in ihrer Abteilung viel darüber spekuliert, was einen Menschen wie John bei einem Typen wie Sherlock hielt und ein sexuelles Verhältnis oder gar eine Beziehung waren da durchaus denkbare Theorien. Und wer konnte schon sagen, was sich nicht alles mit der Zeit entwickeln konnte? Gefühle waren wankelmütig, sie kamen und gingen wie es ihnen beliebte. Möglicherweise konfrontierte diese ungewöhnliche Situation nicht nur Sherlock mit noch ungeahnten Gefühlen und Gedanken, sondern auch den guten Doktor. Zumindest kamen sie an diesem Punkt mit ihrem Gespräch nicht mehr weiter, soviel stand fest. Sherlock schaltete auf stur und mit John hatte er noch nicht darüber gesprochen. Obwohl Greg das in nächster Zeit zu ändern gedachte.
 

„Keine Antwort? Fällt dir also nichts mehr ein? Dann geh ich jetzt.“

„Sherlock, ich…du solltest dich wirklich mit deinen Gefühlen beschäftigen. Schau, wenn du genau darüber nachdenkst, kannst du aus den einzelnen Puzzleteilen ein fertiges Bild deduzieren. Du musst es nur versuchen.“

„Wie ich bereits erwähnt habe, ich bin kein kleines Kind und auch nicht dumm. Ich weiß was Liebe ist, zumindest weiß ich über alle körperlichen Reaktionen bescheid und auch über die Definition dieses Wortes kenne ich alle Fakten. Glaub mir, ich weiß mehr über das was als Liebe bezeichnet wird als all die Menschen, die täglich davon reden.“

„Bücherwissen?“ fragte Greg und wusste, dass ihm für den Moment das Gespräch völlig entglitten war und er Sherlock nicht wieder für sich gewinnen würde. Nicht heute.

„Mehr als dieses Wissen brauche ich nicht. Es reicht all die Reaktionen deuten zu können, dafür muss man sie nie selbst gefühlt haben. Es ist mein Job Menschen zu lesen und darin bin ich ungeschlagen und das obwohl ich mich den Gefühlen nicht hin gebe. Also halt mir hier keine Predigten von wegen ich sollte mich ändern, über meine Empfindungen philosophieren und zu solch einem Spielball der Gefühle werden, wie du einer bist? Danke, aber nein danke.“
 

Damit verließ Sherlock das Büro, schloss die Türe hinter sich und ließ einen Gregory Lestrade zurück, der nicht wusste wo ihm der Kopf stand. War das Gespräch jetzt gut verlaufen oder phänomenal gescheitert? Hatte er Sherlock helfen können oder nicht?

Greg schüttelte den Kopf glaubte ein paar Papiere von seinem Schreibtisch und sprach leise zu sich selbst: „Man will das ganze Glück und geht das nicht, dann zumindest das ganze Unglück dessen, den man liebt.“

Noch einmal seufzte er schwer, stapelte die weißen, bereits unterzeichneten Bögen im Regal für den Papierausgang, ehe er sich wieder auf den Fall von Stan Peters konzentrierte, dessen spärliche Daten und Informationen vor ihm ausgebreitet lagen.
 

*******
 

Greg irrte sich, er irrte sich gewaltig!

Hatte er vorhin doch tatsächlich noch geglaubt, mit Lestrade zu reden würde etwas bringen. Gut, vielleicht hatte er sich allgemein zu viel erhofft. Sein unruhiger Gemütszustand musste keinem wirklichen Rätsel unterliegen. Vielleicht gab es keine große, alles erklärende Antwort. Was an sich schon wieder logisch wäre, denn Sherlock kannte noch nicht einmal die genaue Frage.

Nur eines wusste er, Greg irrte sich!

Das war keine Liebe! Liebe war etwas schönes, etwas Leichtes und Unbeschwertes und etwas Erstrebenswertes. Nicht für ihn, verstand sich, aber alle anderen Menschen schenkten ihm genau diesen Eindruck. Viel hatte er von diesem Verhalten beobachtet, in all den Jahren seiner Schulzeit. Ein idealer Ort um Eindrücke zu sammeln, Bilder und Szenen mit denen er sein schauspielerisches Können hatte perfektionieren können. Und da hatte er die Liebe gesehen und ihr Gesicht zu deuten gelernt. Am Anfang war alles perfekt, man klebte förmlich aneinander, man teilte alles, vom Essen bis zum Bett.

Nein, das mit John war keine Liebe. Begierde, ja, die spürte er, aber er war viel zu sehr Profi um sich davon unterkriegen zu lassen. Dagegen konnte er ja durchaus was machen und wenn ihn nur das >Namenlos< als neuen Stammkunden gewann.

Nein, er liebte nicht. Er hatte keine Schmetterlinge im Bauch – eine mehr als dämliche und blumige Beschreibung für ein Magenkribbeln – und bekam auch keine weichen Knie wenn er John in die Augen sah. So was passte auch gar nicht zu ihm, er wollte das alles auch gar nicht haben! Jämmerlich würde er sich vorkommen, so primitiv und albern wie der Rest der Gesellschaft!

Nein, Liebe war das nicht und würde es auch nie werden! Klar war da immer noch das Gefühl, John nicht loslassen zu wollen und daran würde er festhalten. Wer verlor schon gerne Kampflos seinen besten Freund? Besonders dann, wenn man nur einen hatte.

Nein, zwischen ihnen würde sich nichts ändern! Sie blieben Freunde, Wohnpartner und Kollegen. Alles wie bisher, alles wunderbar!

Nein, er würde nicht mehr über all das nachdenken oder gar seine Gefühle ergründen, wie Greg es ihm vorgeschlagen hatte. Eine alberne und völlig dämliche Idee! Sollte er sich ins Bett legen und in sein innerstes horchen, vielleicht noch in der Hoffnung sein Herz würde mit ihm reden? Albern! Absurd! Undenkbar!
 

So stieg Sherlock zum ersten Mal seit Tagen recht gefasst aus dem Taxi aus, das ihn zurück ins Krankenhaus gebracht hatte.

Eines hatte das Gespräch mit Lestrade also doch bewirkt, er war sich nun endlich klar darüber, dass er John nicht liebte! All seine Probleme ließen sich aus ein tief sitzendes Schuldgefühl herleiten, das er wegen Johns Verletzung verspürte. Bisher hatte er nie einen Freund gehabt und schon recht keinen, der sein Wohlergehen über das eigene stellte. Dafür bewunderte er John und dafür schätzte er ihn, als Freund und erst recht als Mensch. So jemand gegenüber Schuld zu empfinden war nicht verwerflich und sogar in einem gewissen Rahmen verständlich für Sherlock. Alles war darauf zu gründen, all die Unruhe, einfach alles. Wenn John erst wieder gesund war, würde das Schuldgefühl von selbst vergehen und bis dahin würde er all seine Energie in Johns Pflege stecken! Egal wie nervig es werden würde oder wie langweilig, er würde seine Schuld abarbeiten!
 

Die Sonne stand schon sehr tief, als sich Sherlock dem imposanten Gebäude näherte, das ihm seinen langen Schatten entgegen warf.

Er spürte fast so etwas wie Erleichterung. Die Einsicht das er der Liebe nicht unterlegen war, beflügelte ihn irgendwie. Selbst wenn er in Johns Nähe weiterhin ein gewisses Unwohlsein empfinden würde, konnte er damit leben. Er würde es verdrängen und sich danach ohne Konsequenzen erleichtern. Bis sich alles wieder normalisierte und er wieder nicht mehr für John empfand, als früher. Ja, das war ein perfekter Plan, ein guter Beschluss den er auch problemlos würde umsetzen können!
 

Kein hinterfragen von Gefühlen, am besten überhaupt keine Gefühle in diese Richtung mehr…

Je näher er jedoch dem Krankenhauseingang kam, desto schwerer vielen ihm die klaren Gedanken. Wurden überlagert von Sorge und Zweifel. Als würde der Schatten des großen Komplexes ihn erdrücken und alle seine eben noch positiven Gedanken aussagen…

So betrat Sherlock mit einem sehr mulmigen Gefühl, am diesem späteren Nachmittag das Krankenhaus.

Eine griesgrämige Dame mit eindeutigem Übergewicht und trotzdem einem Schokoriegel in der Hand, schickte ihn von der Information aus einen Seitenflügel hinunter. Das Krankenhaus war groß, aber Sherlock kannte sich aus. Obwohl er langsam ging um das Treffen mit John weiter hinaus zu ziehen – und waren es nur ein paar zusätzliche Minute – wusste er doch nicht, was er seinem Freund jetzt sagen sollte. Wahrscheinlich hatte Greg zumindest in einem Punkt Recht, mit einer einfachen Entschuldigung war das hier nicht getan.

Selbstredend bestand auch noch immer die Möglichkeit, dass John gar nicht mehr mit ihm sprechen würde. Außer vielleicht, um ihm Vorwürfe zu machen oder ihn zum Teufel zu wünschen.
 

Da stand er nun, blickte auf die schwarzen Ziffern 103, die auf der weißen Tür prangten. Was würde jetzt geschehen, was erwartete ihn hinter dieser unscheinbaren Tür? Ehe er sich zu große Gedanken machen konnte – oder seine Furcht obsiegte und er einen Rückzieher machte – öffnete er schnell die Tür und trat ohne ein Klopfen einfach ein.

John saß ihm Bett, blätterte durch eine Fachzeitschrift und sah im ersten Moment überrascht auf. Dann wurde ihm anscheinend klar, dass ein Besucher der nicht anklopfte, logischerweise kein anderer als Sherlock sein konnte und sein Blick wurde für einen Moment hart und steinern, als er dem des Detektivs begegnete. Wendeten dann jedoch seine Augen ab und konzentrierte sich erneut auf seinen Artikel.

Für Sherlock war dies Verhalten klar, John würde keine Unterhaltung beginnen, ihn aber auch nicht hinaus werfen ohne der Möglichkeit zu sagen, was er sagen wollte. Das war immerhin schon was, dafür sollte er dankbar sein.

„Es tut mir leid“, startete er dieses unangenehme Gespräch und hoffte innständig, es möge in den von ihm gewünschten Bahnen verlaufen. Aber eine Entschuldigung zu Anfang, das war nie verkehrt, vor allem deshalb, weil John wusste wie selten Sherlock Holmes sich für etwas entschuldigte.

„Schon gut“, kam es gleichgültig von John, der in seiner Zeitschrift blätterte.

Jetzt war Sherlock überrascht. Er sah seinen Freund an, der noch immer seinen Blick mied und einen Artikel überflog. Langsam schritt er zum Bett, ließ sich dort auf einem Stuhl nieder und fragte sich, ob es gut oder schlecht war, das John ihm sofort vergeben hatte.

„Sie verzeihen mir? Einfach so? Ich…ich meine…“

„Warum nicht? Schauen Sie, “ endlich legte John das Magazin beiseite und sah seinen verwirrten Mitbewohner an. „Ich…es war meine Schuld. Ich war dumm und hätte nicht…“

„Sie saßen frierend in der Badewanne und ich, der Ihnen Hilfe versprochen hab, bin nicht gekommen.“

„Das meinte ich nicht.“ John war sachlich und viel zu gefasst für Sherlocks Geschmack. Wahrscheinlich hatte er das, was er jetzt zu sagen hatte, vorher schon in Gedanken geübt.

„Ich meine die ganze Sache mit mir. Sie sind kein Pfleger, Sie sind um ehrlich zu sein nicht mal ein besonders netter Mensch. Mir hätte von Anfang an klar sein müssen, dass Sie mit meiner Pflege überfordert sein werden. So was ist eben langweilig und es war abzusehen, dass Sie schnell aus dieser Verantwortung flüchten würden.

Wie Sie schon heute Morgen gesagt hatten, ich bin Ihnen aufgrund meiner Verletzungen nicht hilfreich und ich störe Ihre Konzentration. Das will ich nicht, ich will mich nicht aufgrund von Schuldgefühlen aufdrängen. Der Unfall zeigt uns doch deutlich, wie unwohl Sie sich in der aktuellen Lage fühlten und was Ihnen meine Pflege abverlangt.

Deshalb habe ich beschlossen hier zu bleiben, im Krankenhaus. Entweder bis ich als gesund entlassen werde oder bis fest steht, dass ich den Rest meines Lebens im Rollstuhl verbringen muss. Dann werde ich selbstverständlich in eine Pflegeanstalt gehen.

Meine Schwester war heute hier, Sie haben Sie gerade verpasst. Wir haben uns lange darüber unterhalten und ich werde dann im schlimmsten Fall in ein betreutes Wohnen in Ihrer nähe ziehen. Sie hat mir versprochen, sich dort schon einmal um zu sehen.

Mein Befund ist nach dem Sturz nicht bester geworden, offen gesagt sollte ich mich langsam an den Gedanken gewöhnen, nie wieder laufen zu können. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich gebe Ihnen keine Schuld, von dem her können Sie weiter leben wie früher.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Nara-san
2012-05-25T11:06:51+00:00 25.05.2012 13:06
OMG! Jetzt wäre der passende Zeitpunkt um John zu widersprechen, Sherlock! Los! Mach!

Ein tolles Kapi! ^^ Vor allem, da Sherlock immer noch nicht einsehen will, dass er John liebt!
Ich freue mich schon darauf, wie es weitergeht! x3
Von:  ImSherlocked
2012-05-25T11:00:56+00:00 25.05.2012 13:00
Ich glaube, Johns Worte haben Sherlock jetzt den Rest gegeben :D Auf der einen Seite tut er mir Leid und auf der anderen hat er es wirklich irgendwie verdient. Das mit Greg war auch wirklich lustig, zumal er sich streckenweise tatsächlich sehr nach Therapeut angehört hat, aber Sherlock ist auch da uneinsichtig.
Ich glaube, ein klärendes Gespräch muss dringend her ;)

Das Kapitel hat mir wieder sehr gut gefallen, aber vielleicht kannst du selbst nochmal drüberlesen oder drüberlesen lassen, da sind einige Rechtschreibfehler drin, macht aber nicht viel ^^

lg
ImSherlocked


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