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Schuld - Bis du mir verzeihst...

RobertxJohnny
von

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Klärungsversuche

Klärungsversuche
 

Robert hatte ein Lächeln auf den Lippen, als er den Koffer für seine Heimreise packte. Auch wenn er gerne seine Ruhe von der Arbeit hatte und er es mochte, seine Schwester und seine Neffen zu besuchen, war es für ihn dennoch ein angenehmes Gefühl, wieder nach Hause nach Berlin zu kommen und sich wieder seinen Geschäften zuzuwenden. Vor allem, wenn er bedachte, was ihm alles in den vergangenen drei Wochen widerfahren war, war die Rückkehr zum Alltag eine willkommene Abwechslung. Sein Lächeln erstarb, als er seinen Gedanken nachging. Ein leises Räuspern brachte ihn wieder in die Realität zurück und er blickte überrascht auf. Sonja bedachte ihn mit einem aufmerksamen Blick.

„Weißt du, ich kenne dich jetzt schon mein ganzes Leben lang, Robert. Es fällt mir wahnsinnig schwer, nicht zu bemerken, dass du dich in letzter Zeit seltsam verhältst und dich irgendetwas beschäftigt. Auch wenn ich mir wirklich große Mühe gegeben habe, es zu ignorieren, weil ich weiß, wie ungern du über Gefühle und ähnliches sprichst. Aber allmählich mache ich mir wirklich Sorgen“, sie lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen des Gästezimmers und musterte ihren Bruder genau, fast so, als hoffte sie, dass er sich und seine Gedanken durch irgendeine Reaktion verriet, „Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“

Robert konnte nicht anders, als zu lächeln, und er richtete sich auf. „Du brauchst dir keine Gedanken wegen mir zu machen. Mir geht es gut.“ Sonja nickte: „Das ist schön. Ich glaube dir kein Wort.“ Mit einem Seufzen fuhr sich Robert durch die Haare. „Was willst du denn von mir hören?“ „Ich denke, die Wahrheit wäre ein guter Anfang“, es herrschte einige Zeit Stille, ehe Sonja mit ihrer Erklärung fortfuhr, „Weißt du, als du neulich erst am frühen Morgen zurückkamst, fand ich das ungewöhnlich, aber nicht schlimm. Als du angerufen hast und dann vier Tage lang nicht aufgetaucht bist, habe ich mich gewundert, aber nichts weiter dazu gesagt. Aber deine Stimmungsschwankungen in letzter Zeit geben mir wirklich zu denken.“

Der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern, da er nicht genau wusste, wie er reagieren sollte. Er hatte keine Lust, seiner Schwester zu erklären, dass er schon wieder mit seinem ehemaligen, besten Freund Johnny geschlafen und ihre Beziehung endgültig zerstört hatte und es nach einem Missverständnis zu einer Auseinandersetzung zwischen ihnen gekommen war. Genauso wenig wollte er ihr erklären, wie er sich fühlte. Dass ihn das Ganze durchaus ziemlich mitnahm und er sich absolut nicht sicher war, was er nun wirklich für Johnny empfand.

Doch Sonja hob nur eine Augenbraue: „Hast du jemanden kennengelernt?“

Natürlich, für langes Wegbleiben und auswärtiges Übernachten schien das wohl in der Tat die logischste Erklärung zu sein, auch wenn sie nicht wirklich den Fakten entsprach. Er wollte Sonja nicht anlügen, aber er hatte auch keine Lust, mit ihr über die Geschehnisse zu sprechen. Wozu auch? Es würde nichts an den Tatsachen ändern.

„Nein, ich habe niemanden kennengelernt“, meinte Robert und legte seiner Schwester eine Hand auf die Schulter, „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst, aber dazu gibt es wirklich keinen Grund. Mit mir ist alles in Ordnung.“ Er lächelte sie an und wandte sich dann mit einem Seufzen erneut dem Koffer zu, in einem Versuch, das Thema zu wechseln: „Ich habe für heute Abend ein Hotelzimmer am Flughafen bestellt. Mein Flug geht um sechs Uhr, da müsste ich sonst mitten in der Nacht von hier los.“

Sonja nahm seine Hand in die ihre und Robert sah sie verwundert an, als sie im ernsten Tonfall meinte: „Es ist in Ordnung, wenn du endlich jemanden gefunden hast, Robert. Ich weiß nicht, wieso du dich schon immer so sehr gegen eine Beziehung gesperrt hast, aber was auch immer der Grund ist: Auch du darfst dich in jemanden verlieben und mit der Person zusammen sein.“ Ihr Bruder sah sie etwas schief an und grinste. „Falls es dir entgangen sein sollte, meine Liebe, war ich bereits vor einiger Zeit verlobt.“ Sonja seufzte nur und schüttelte den Kopf. „Ich meine eine Beziehung, bei der es nicht um das hier geht“, sie gab ihm einen Klaps gegen die Stirn, „sondern um das hier.“ Als sie die letzten Worte sprach, nahm sie seine Hand und drückte sie auf seine linke Brust, da wo sich das Herz befand. Noch ehe Robert in irgendeiner Weise antworten konnte, fuhr sie fort, während sie aus dem Zimmer ging: „Aber das ist jetzt auch egal. Du solltest weiterpacken, sonst wirst du bis zum Mittagessen nicht damit fertig und Henry und Tim wollten, bevor du abreist, noch einmal mit dir mit ihrer Autobahn spielen. Tobias arbeitet heute wieder bis spät abends.“

Im Zimmer zurück blieb Robert und er fühlte sich missverstanden. Gerade als er sich mit einem Seufzen wieder seinem Koffer zuwenden wollte, kam Sonja noch einmal zurück ins Zimmer. „Bevor ich es vergesse“, meinte sie und wirkte sehr beiläufig. Allem Anschein nach maß sie der Information keine allzu große Wichtigkeit zu. „Heute Morgen, als du einkaufen warst, kam ein Mann vorbei, der gefragt hat, ob du da bist. Er meinte dann allerdings, dass es nicht so wichtig sei, als ich gefragt habe, ob ich etwas ausrichten kann.“

Robert blinzelte verwirrt und blickte sie verdutzt an. „Ein Mann?“ Sein Gegenüber nickte. „Ich hab‘ ihn hier noch nicht wirklich gesehen. Rote Haare, gepflegt, gut gekleidet.“ In seinen Gedanken erschien ein Name und ein Gesicht, doch er schüttelte langsam den Kopf, ehe er meinte: „Sagt mir jetzt nicht wirklich etwas. Vermutlich war es in der Tat nicht so wichtig und es war einfach nur irgendjemand von der Presse oder von einer Firma, der mich sprechen wollte.“
 

Er wusste nicht was es war, Schicksal oder Vorsehung, vielleicht auch einfach nur der Zufall, doch irgendetwas führte sie immer wieder zusammen. Und nun stand er schon wieder hier, vor Johnnys Wohnung, seinen Koffer in der Hand, unsicher, was er nun eigentlich genau hier wollte, was er sich von alldem erwartete.

Nachdem er sich von Sonja und seinen beiden Neffen verabschiedet hatte (Tobias hatte zu diesem Zeitpunkt noch gearbeitet), war er mit dem Taxi statt zum Hotel zu Johnnys Wohnung gefahren. Warum auch immer Johnny vor Sonjas Tür aufgetaucht war, er hatte bestimmt seine Gründe dafür gehabt und es reizte ihn sehr, diese zu erfahren.

Er zögerte kurz, ehe er die Klingel betätigte. Durch eine Frau, die gerade das Gebäude verlassen hatte, war er ohne größere Schwierigkeiten in das Haus gekommen, von daher wusste Johnny vermutlich noch nicht, dass er sich hier, vor seiner Wohnungstür, befand. Robert lauschte und in der Tat konnte er kurz darauf leise Schritte vom Inneren der Wohnung hören. Es herrschte für einige Momente Stille, ehe Robert meinte: „Ich weiß, dass du da bist, Johnny.“

„Hau ab, Robert, ich will dich nicht sehen.“

„Johnny-...“

„Verschwinde!“

„Du hast zwei Möglichkeiten, Johnny: entweder du lässt mich jetzt herein oder ich nehme den Schlüssel und verschaffe mir selbst Zutritt. Ich habe in jedem Fall keine Lust, hier vor der Tür zu stehen und mit dir zu diskutieren, sodass es das ganze Haus hier mitbekommt. Du hast die Wahl.“

Es dauerte einige Zeit, ehe sich die Tür einen Spalt breit öffnete und Johnny ihn böse anblickte: „Was willst du hier?“ Robert erwiderte den Blick mit düsterer Miene und er kniff die Augen zusammen. Nachdem Johnny ihn bei ihrer letzten Zusammenkunft ziemlich beleidigt hatte, hatte er gehofft, dass er sich diesmal kooperativer zeigen würde. „Nun, ich war es zumindest nicht, der vor meiner Haustür aufgetaucht ist und sich nach mir erkundigt hat.“ Johnny wurde bleich. „Woher-...?“ „Ich kenne nicht viele rothaarige Kerle, die etwas mit mir zu besprechen haben. Vor allem nicht in Glasgow. Kann ich jetzt bitte hereinkommen?“

Ein weiteres Mal durchbohrte Johnny ihn mit einem bösen Blick, ehe er bei Seite trat und Robert in die Wohnung ließ, bevor er die Wohnungstür schloss. Seine Augen fixierten den Koffer, als sein Gegenüber eintrat, und wanderten dann wieder nach oben zu Roberts Gesicht: „Willst du hier einziehen oder was?“

Der Deutsche rollte mit den Augen, als er sein Gepäckstück abstellte und die Arme vor seiner Brust verschränkte. „Ich reise morgen in aller Frühe ab und bin gerade auf dem Weg zum Hotel. Wie du siehst, hat es also nichts mit dir zu tun. Entgegen deiner Erwartungen dreht sich nicht mein ganzes Leben nur um dich.“ Es hatte vermutlich ein wenig härter geklungen, als beabsichtigt, denn Johnny wirkte für einen kurzen Moment ziemlich betroffen, ehe er sich wieder fasste. „Hör zu, Johnny-...“ „Pass auf, wenn du nur hergekommen bist, um mir blöde Bemerkungen an den Kopf zu werfen, dann kannst du auch gleich wieder abhauen!“

„Keine Sorge. Ich kenne nicht so schöne Beleidigungen wie du. Du brauchst also nichts zu befürchten“, die trockene Bemerkung brachte den jungen Schotten dazu, nach Luft zu schnappen und Robert schoss zum ersten Mal die Frage durch den Kopf: Was hatte sich Johnny eigentlich davon versprochen, als er bei Sonja aufgetaucht war? Was war sein Ziel gewesen, als er mit ihm hatte sprechen wollen? Was hatte er sich erhofft?

Wenn in jedem Fall eine Sache offensichtlich war, dann, dass ihr Gespräch nicht sonderlich lange dauern würde, wenn sie sich gegenseitig nur irgendwelche Dinge vorwarfen. Robert wusste, dass er durchaus ein ziemlich vernünftiger Mensch war, dass er sachlich denken und handeln konnte. Wieso fiel es ihm so verdammt schwer, in den Auseinandersetzungen mit Johnny bei klarem Verstand zu bleiben? Warum nahm er in diesem Fall alles so furchtbar persönlich? Er leitete ein riesiges Unternehmen und selten schaffte es jemand, ihn zu provozieren. Johnny hingegen schien es geradezu herauszufordern und er selbst ließ sich jedes Mal bereitwillig drauf ein. Wieso? War es, weil sie sich schon so lange kannten?

Das Gesicht des Schotten wirkte angespannt und während er gereizt seine Augen zu Schlitzen verengte, trat er ein paar Schritte auf Robert zu, packte ihn mit der rechten Hand am Kragen, zog ihn ein Stück nach unten und presste ihm seine Lippen auf den Mund.

Völlig überrumpelt benötigte Robert einen kurzen Augenblick, um die Situation überhaupt zu erfassen. Er hatte mit Vielem gerechnet: dass Johnny ihn anschrie, ihn schlug oder ihn aus der Wohnung warf. Aber ein Kuss? Wie, verdammt noch einmal, sollte er darauf reagieren?

Die unterschiedlichsten Gedanken schossen ihm durch den Sinn. Sollte er den Schotten von sich stoßen? Sollte er ihn zur Rede stellen, was er mit seinen Handlungen bezweckte? Oder sollte er sich der seiner Lage einfach beugen?

Das Gespräch mit Sonja kam ihm in Erinnerung, als sie ihm unterstellt hatte, dass er sich auf keine Beziehung einlassen würde. Sein Problem war schlichtweg, dass er nicht wusste, was er nun genau von Johnny hielt. Er würde in ihrer Beziehung nicht von Liebe oder etwas Ähnlichem sprechen, denn das Einzige, was sie beide im Moment verband, war der Sex. Aber wurde überhaupt mehr von ihm erwartet?

All diese Überlegungen spielten sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in seinem Kopf ab und er zögerte kurz, ehe er Johnny mit der linken Hand näher zu sich zog und den Kuss erwiderte.

Vielleicht war es ein Fehler, sich darauf einzulassen.

Aber vermutlich war es das wert.
 

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