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Schuld - Bis du mir verzeihst...

RobertxJohnny
von

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Missverständnisse

Missverständnisse
 

Robert hatte tatsächlich Wort gehalten. Nachdem es ihm besser gegangen war, war er eines Morgens spurlos verschwunden gewesen und Johnny fragte sich seitdem, ob er Robert für seine Fürsorge dankbar sein oder ihn dafür hassen sollte. Auf dem Küchentisch hatte er lediglich einen Brief gefunden, in dem sich Robert noch einmal für sein Verhalten im Hotel entschuldigt hatte. Zuerst hatte Johnny diesen Brief weggeworfen gehabt, doch nach einigen Stunden hatte er ihn letztendlich doch wieder aus dem Mülleimer gefischt und ihn gelesen.

Was auch immer Robert mit seinem Verhalten bezweckte, es war für Johnny schlicht und ergreifend ein Rätsel und die ganze Angelegenheit war ihm außerdem verdammt unangenehm. Er hatte sich in den letzten Jahren so sehr daran gewöhnt, niemanden allzu nah an sich heran zu lassen (zumindest auf psychischer Ebene, da er niemals bezweckt hatte, auf den Sex mit seinen zahlreichen Verehrerinnen verzichten zu müssen), dass es ihm schmerzhaft den Magen zusammenzog, wenn er spürte, dass alte Gefühle wieder hochkamen, die er so lange Zeit hatte unterdrücken können. Das Letzte, was er wollte, war wieder von Robert abhängig zu sein und noch einmal von ihm weggestoßen zu werden.

Er würde sich nicht noch einmal darauf einlassen. Und doch schien alles, was sein Verstand und sein Bauchgefühl ihm rieten, nichtig, sobald seine Gedanken erst einmal um diesen dämlichen Idioten kreisten. Warum hatte er über all die Jahre nicht dieses Gefühl der Geborgenheit vergessen können? Er wollte keine Beziehung zu Robert. Nicht mehr.

Und trotzdem...

Gedankenverloren blickte Johnny in den Spiegel, der an seiner Zimmerwand hing, und richtete sein Hemd für die Arbeit. Seit immerhin zehn Minuten. Mit einem genervten Seufzen ließ er von seiner Handlung ab, schloss die Augen und lehnte seinen Kopf gegen die kühle Oberfläche des Spiegels.

Was genau passiert war, wusste er nicht mehr. Das Einzige, an das er sich gut erinnern konnte, waren die letzten beiden Tage, die er alleine verbracht hatte. Robert war bereits vorher gegangen. Die Zeit davor war ein Durcheinander von verzerrten Bildern und Erinnerungsbruchstücken, die genauso gut seinen Fieberträumen hätten entspringen können. Was davon entsprach überhaupt der Realität? Er erinnerte sich an Roberts Sorge, an seine warmen Berührungen, an die Fürsorge und Hilfe, die er ihm hatte zukommen lassen und an-... Johnny hielt inne und öffnete die Augen, während er seinen Mund zu einem gequälten Lächeln verzog. Hatten sie sich wirklich geküsst? Oder spielte ihm sein Gedächtnis einen Streich? Er schüttelte verzweifelt seinen Kopf.

Was sollte er bloß von alldem halten? Was hatte sich Robert dabei gedacht, als er sich um ihn gekümmert hatte? Wieso hatte er das getan? Was versprach er sich davon? Worum ging es bei dieser ganzen Sache eigentlich?

Es hatte keinen Sinn, sich Gedanken über Robert und sein Verhalten zu machen. Er war bisher gut ohne ihn klar gekommen und das würde auch künftig der Fall sein! Er wollte dieses Arschloch nie wieder sehen. Nie wieder. Und je eher er ihn aus seinem Kopf verdrängte, desto besser.

Hastig zog er sein Handy aus seiner Hosentasche, als er sich wieder ordentlich aufrichtete. Schnell hatte er eine Textnachricht verfasst und abgeschickt: „Hallo Melody, meine Süße. Haben uns leider schon lange nicht mehr gesehen. Ich vermisse dich. Hast du heute Abend Zeit? In Liebe, Johnny.

Am Abend würde die ganze Robert-Angelegenheit vergessen und Geschichte sein...
 

Fast eine ganze Woche war seit seiner Krankheit vergangen und Robert hatte sich nicht mehr blicken lassen, er hatte sich nicht gemeldet. Kein einziges Mal. Johnny wusste nicht, was mit ihm los war, dass er deshalb ein gewisses Gefühl der Enttäuschung verspürte. Robert war in seine Wohnung eingebrochen, um ihn gesund zu pflegen und nun sah er nicht einmal nach ihm, wie es ihm ging?

Er hatte wirklich gehofft, Melody oder eines der anderen Mädchen könnte es schaffen, ihn von all den Geschehnissen abzulenken, ihn dazu zu bringen Robert und all die alten Gefühle, die mit seiner Rückkehr in Johnnys Leben, wieder hoch gekommen waren, zu vergessen. Aber er hatte sich wohl selbst etwas vorgemacht. Der Sex war weniger befriedigend gewesen, als er es erwartet hatte und statt des beruhigenden Gefühls der Genugtuung und Erleichterung, hatte er sich immer wieder gefragt, warum der Sex mit Robert so viel erregender und intensiver gewesen war.

Ja, er war wütend auf Robert. Er hasste ihn für das, was er ihm angetan hatte. Umso schlechter fühlte er sich, dass er ihn jetzt dennoch wieder gerne in seiner Nähe haben wollte. Dass er, trotz seines Zorns, Robert irgendwie doch noch gerne mochte und dass ausgerechnet er es auch noch schaffte, sein Verlangen zu stillen. Die ganze Situation wirkte bizarr und war ein einziger Widerspruch in sich. Es trieb ihn beinahe in den Wahnsinn.

Warum konnte er ihn nicht einfach weiterhin wieder so sehr hassen wie bisher? Es wäre alles so viel einfacher, als gegen das betäubende Gefühl des aufkommenden Verliebt Seins anzukämpfen. Er wollte das nicht. Und doch konnte er sich nicht wirklich dagegen wehren.

Gedankenversunken ordnete Johnny die Kleidung an den Kleiderständern und zupfte sie zurecht, sodass sie nicht verknitterten. Er wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis er Robert endlich wieder aus seinem Kopf hatte, aber er fragte sich, ob er das im Augenblick überhaupt wollte. Zwar hasste er es, abhängig zu sein, vor allem von jemandem, der ihn derart verletzt hatte, aber nach so vielen Jahren war er sich unsicher, ob seine Maske, hinter der er sich versteckt hatte, nicht vielleicht doch Risse bekommen hatte.

Wollte er überhaupt dieser Playboy sein, als der er sich immer ausgab? Wollte er überhaupt die Nähe zu den ganzen Frauen, mit denen er sich tagtäglich abgab? Oder war es nicht vielmehr der Versuch, sich selbst zu beweisen, dass irgendjemand ihn leiden konnte? Dass er liebenswert war? Roberts Abweisung vor all diesen Jahren hatte ihn in ein tiefes Loch stürzen lassen. Selbstzweifel, Selbsthass. Vielleicht war alles nur ein verzweifelter Versuch gewesen, sich selbst vor der Welt zu schützen.

Aber konnte es nicht sein, dass er sich danach sehnte, endlich jemanden in seiner Nähe zu haben, der ihn durchschaute und ihm sagte, dass es in Ordnung war, wenn er einfach er selbst war? Dass er sich durchaus selbst akzeptieren konnte, wie er war?

Was hatte Robert ihm nur angetan? Warum hatte er ihn nicht einfach in Ruhe lassen können?

Wie als wolle er vor seinen Gedanken und Erinnerungen fliehen, eilte Johnny zur Treppe. Vielleicht waren inzwischen Kunden da, die er betreuen konnte, die dafür sorgen konnten, dass er abgelenkt war und nicht weiter in diesen tiefen Abgrund in seinem Inneren blicken musste. Es tat ihm weh und es war angenehmer, wenn er etwas tat, das ihm gut lag, für das er eine gewisse Leidenschaft hatte.

Er verlangsamte seinen Schritt ein wenig, als er die Treppen hinunter ging, als er jedoch aufsah, erstarrte er augenblicklich. Im ersten Augenblick rasten alle seine Gedanken durcheinander und er versuchte verzweifelt, sie zu ordnen. Sein Herz begann zu rasen, während sich sein Magen unangenehm zusammenzog, und er sich in Gedanken für seine Reaktion hasste. Während sich seine rechte Hand verschwitzt und verkrampft am Treppengeländer festkrallte, schluckte er hart und brachte ein unsicheres Lächeln zustande. Seine Augen fixierten Robert. Hatte er ihn gesehen? Der Deutsche stand etwas verloren im Eingangsbereich des Geschäftes und Johnny nahm allen seinen Mut zusammen. Sollte er Robert seine Beratung anbieten? Oder nicht?

Er trat ein paar weitere Schritte hinab und endlich schien Robert ihn zu bemerken. Auch er wirkte unschlüssig, wie er reagieren sollte, doch er schien das Lächeln auf Johnnys Gesicht nicht als schlechtes Omen zu deuten und so nickte er ihm freundlich zu. In diesem Augenblick spürte Johnny, wie seine Knie weich wurden, als er dieses unbeschreiblich angenehme Kribbeln verspürte, das es sich allem Anschein nach zum Ziel gemacht hatte, jede Pore seines Körpers zu erfassen. War Robert wegen ihm gekommen?

Der junge Schotte atmete tief durch und versuchte seinen Geist zu beruhigen. Er hasste sich für seine Reaktion. All die alten Gefühle schienen ihn fast zu übermannen. Vielleicht war es dieser kleine, hoffnungsvolle Gedanke, der ihn so quälte, der dafür verantwortlich war. Dieser fiese Gedanke, der dafür sorgte, dass ihm eine Frage immer und immer wieder durch den Kopf schoss: Konnte es vielleicht sein, dass Robert etwas für ihn empfand? Wie sonst konnte man sein Verhalten der letzten Wochen erklären? Konnte es wirklich sein, dass dieses Arschloch, das ihn so sehr verletzt und gedemütigt, sich aber auch so sorgsam und fürsorglich um ihn gekümmert hatte, ihn vielleicht liebte? Wäre es wirklich die Möglichkeit, dass Johnny nach all den Jahren endlich das bekam, wonach er sich schon so lange so sehr sehnte?

Er kam vor dem Deutschen zu stehen, der ihn sanft und freundlich anblickte. Die einfache Frage „Wie geht es dir?“, jagte ihm einen angenehmen Schauer über den Rücken. Doch in dem Moment, als er in seinem tranceähnlichen Zustand antworten wollte, zerriss ein erfreuter Kinderschrei die Situation und mit gerunzelter Stirn fuhr Johnny zu der Geräuschquelle herum. Sammy und Gillian bedienten gerade zwei kleine Jungen, die begeistert herumrannten. Er erstarrte und das Lächeln auf seinem Gesicht erstarb augenblicklich, als Robert den Mund öffnete, um die beiden zurecht zu weisen: „Henry, Tim! Benehmt euch bitte! Ihr wollt doch sicherlich nach dem Einkaufen noch ein Eis essen gehen, oder?“ Die beiden Jungen jubelten begeistert auf und kehrten erfreut und brav zurück zu den beiden Kundenbetreuerinnen, die Robert dankbar zunickten.

Es wäre ja auch zu schön gewesen. Wut und Enttäuschung baute sich in Johnny auf. Er wusste, dass er im Geschäft nicht einfach seine Kunden anpöbeln oder anschreien durfte, auch wenn ihm danach zu Mute war. Zumindest nicht, wenn ihm sein Job lieb war. Aber auf einmal war da wieder diese gähnende Leere, dieser Frust. Warum nur machte er sich immer wieder falsche Hoffnungen? Wieso? Er ballte seine Hände zu Fäusten und versuchte das Gefühl zu unterdrücken, Robert eine reinzuhauen. Ihn einfach niederzuschlagen und die Wut an ihm auszulassen, die er über sich selbst hatte. Warum war er nur schon wieder darauf reingefallen?

Robert wandte sich zurück zu Johnny und schien in dessen bleichem und ausdruckslosem Gesicht deutlich zu sehen, dass etwas nicht stimmte. Er packte ihn am Handgelenk und zog ihn mit sich zur ausgeschilderten Toilette. „Komm mit“, meinte er lediglich. Anscheinend war ihm bewusst, dass der junge Schotte kurz davor stand, ihm eine Szene zu machen.

Als sie bei den Herrentoiletten ankamen, schloss Robert die Tür hinter ihnen beiden und stellte erleichtert fest, dass sich niemand sonst im Raum befand. Er wollte den Mund öffnen, als es aus Johnny herausplatzte: „Du perverses Schwein!“ Sein Gegenüber holte mit der Faust aus und wollte nach ihm schlagen, doch Robert blockte geschickt. Er hatte nicht umsonst seit Jahren einen privaten Kampfsporttrainer.

„Bevor du jetzt noch irgendetwas sagst, das du später bereust, hör‘ mir erst einmal zu!“, meinte Robert beschwichtigend und verschränkte mit skeptischem Blick seine Arme vor der Brust, „Ich kann mir vorstellen, wie es aussieht, aber-...“ Womit er in diesem Moment mit Sicherheit nicht gerechnet hatte, war, dass Johnny, der einfach nur seiner Enttäuschung und Wut Luft machen wollte, ohne Vorwarnung ein zweites Mal zuschlug. Mit einem erschrockenem Aufkeuchen stützte sich Robert an einer der Toilettentüren ab und starrte sein Gegenüber fassungslos an, während er sich die schmerzende Wange hielt.

„Du bist ein perverses Arschloch, Robert!“, Johnny wusste nicht genau, was er tun oder sagen sollte. Er wollte einfach nur seinen Zorn zeigen. Robert hatte Kinder, er hatte Familie und hatte nichts Besseres zu tun, als ihm falsche Hoffnungen zu machen. Wusste seine Frau, dass sie miteinander geschlafen hatten? War sich dieses Schwein überhaupt bewusst, was er seinen Kindern antat? Was er ihm antat? Der junge Schotte zitterte vor Wut und versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bringen.

„Johnny, lass mich die Sache bitte erst erklären-...“

„Was gibt es da zu erklären?“, fuhr ihn Johnny an und er deutete auf ihn, „Ich will dich nie wieder sehen, du elender Hurensohn!“ Nun wirkte auch Robert gereizt und er kniff zornig die Augen zusammen: „Ich verbitte mir-...“ Doch er wurde unterbrochen, als Johnny ihm den Mittelfinger entgegenstreckte und „Fick dich!“ knurrte. Dann stürmte er Richtung Tür. Robert reagierte schnell und folgte ihm, schaffte es jedoch nicht, ihn vor der Tür abzufangen – im Geschäft konnte er Johnny schlecht zur Rede stellen. Dieser stand nur wenige Meter von ihm entfernt, warf ihm einen giftigen Blick zu und bemühte sich allem Anschein nach, seine Fassung wieder zu erlangen, um weiter Kunden bedienen zu können.

„Mister Jürgens!“, die weibliche Stimme, die ihn rief, warf ihn ein wenig aus dem Konzept und Robert brauchte einen kurzen Moment, ehe er sich so weit gefasst hatte, dass er der Frau ein höfliches Lächeln schenken konnte. Er hatte Johnny immer noch gut im Blick und dieser fixierte ihn weiterhin mit seinen Augen. „Wir sind fertig, wenn Sie sich vielleicht einmal die Kleidung ansehen wollen, die sich die beiden Jungen herausgesucht haben? Und wenn ich das anmerken darf: sie haben wirklich zwei sehr nette und gut erzogene, kleine Neffen.“

In diesem Moment wurde Johnny kreidebleich und als Robert ihm einen kurzen, gereizten und vorwurfsvollen Blick zuwarf, blickte er betreten zu Boden und entschied sich, dass es wohl besser war, zu gehen.
 

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